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Mittelgebühren im straßenverkehrsrechtlichen OWi-Verfahren, oder: Der richtige Umsatzsteuersatz

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Und als zweite Entscheidung dann der LG Itzehoe, Beschl. v. 18.02.2021 – 2 Qs 209/20 -, mal wieder zur Bemessung der Gebühren in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren und zur Frage der Anwendung des „richtigen“ Umsatzsteuersatzes

Dem Betroffenen war im Bußgeldverfahren vorgeworfen worden, beim Abbiegen in ein Grundstück einen Unfall verursacht zu haben. Deswegen war gegen ihn in einem Bußgeldbescheid eine Geldbuße von 100,00 EUR festgesetzt und angekündigt worden, bei Rechtskraft ein Punkt im FAER eingetragen werde. Der Verteidiger, der Kollege Ermer aus Marne, hat Einspruch eingelegt und Einstellung des Verfahrens angeregt. Das Verfahren wurde an das AG abgegeben. Dort hat dann eine dreißigminütige Hauptverhandlung stattgefunden, in der sich der Betroffene zur Sache eingelassen hat. Außerdem sind vier Zeugen vernommen worden. Das AG hat den Betroffenen freigesprochen und die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse auferlegt.

Der Betroffene hat insgesamt 910,47 EUR notwendige Auslagen geltend gemacht. Diese hat das AG nur teilweise festgesetzt, und zwar von den bei den Verfahrensgebühren Nr. 5103 VV RVG und Nr. 5109 VV RVG jeweils geltend gemachten Mittelgebühren lediglich 80,00 EUR bzw. 100,00 EUR und von der bei der Terminsgebühr Nr. 5110 VV RVG angesetzten Mittelgebühr lediglich 160,00 EUR. Außerdem hat es die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG gekürzt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte Erfolg:

„…. Nach diesen Maßstäben hat das Amtsgericht die oben genannten Gebühren zu Unrecht nur gekürzt dem Kostenfestsetzungsbeschluss zugrunde gelegt.

Allgemein ist voranzustellen, dass die in Teil 5 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG vorgesehenen Gebührenraten für die Vergütung in sämtlichen Bußgeldsachen heranzuziehen sind. Dies sind neben Verkehrsordnungswidrigkeiten auch solche aus den Bereichen des Bau-, Gewerbe-, Umwelt- oder Steuerrechts, die häufig mit Bußgeldern im oberen Bereich des Bußgeldrahmens von 60,00 bis 5.000,00 Euro geahndet werden und mit rechtlichen Schwierigkeiten und/oder umfangreicher Sachaufklärung verbunden sind. Zwar können auch Verkehrsordnungswidrigkeiten im Einzelfall einen gleich hohen oder höheren Aufwand als andere Ordnungswidrigkeiten verursachen. Sie betreffen auch eine Vielzahl der Ordnungswidrigkeitenverfahren. Allerdings werden sie dadurch nicht bedeutsamer oder schwieriger. Durchschnittliche Verkehrsordnungswidrigkeiten mit einfachen Sach- und Rechtsfragen, niedrigen Geldbußen und wenigen Punkten im Verkehrszentralregister sind daher nach Auffassung der Kammer grundsätzlich als unterdurchschnittliche Bußgeldsachen anzusehen. Für sämtliche der hier im Wege der Beschwerde verfolgten Gebührenansätze ist die Kammer unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gleichwohl der Auffassung, dass der vorgenommene Ansatz der Mittelgebühren jedenfalls nicht nach den eingangs aufgezeigten Maßstäben unbillig ist.

Zwar ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Sache für den Betroffenen eine besondere Bedeutung gehabt hätte. Ein Fahrverbot drohte ihm nicht. Auch kommt der möglichen Eintragung eines Punktes in das Fahreignungsregister keine gesteigerte Bedeutung bei. Maßgeblich ist insoweit, dass konkrete über die Eintragung hinausgehende Folgen für den Betroffenen nicht ersichtlich sind und eine Löschung der Eintragung nach § 29 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. a StVG bereits nach Ablauf von zwei Jahren und sechs Monaten möglich gewesen wäre. Auf der anderen Seite vermag die Kammer jedoch auch nicht zu erkennen, dass die Sache für den Betroffenen damit eine besonders unterdurchschnittliche Bedeutung hatte. Für die Frage des Umfangs der Tätigkeit des Verteidigers sei neben dem unter I. Dargelegten darauf hingewiesen, dass er nach seinem unwidersprochen gebliebenen und plausiblen Vorbringen die Unfallörtlichkeiten in Augenschein genommen hat. Insofern ist zwar nicht näher ausgeführt, wann dies geschah — mit welcher Gebühr dieser Aufwand also konkret abgegolten ist. Gleichwohl belegt auch dieser Umstand, dass hier kein routinemäßig unter Nutzung von Synergieeffekten abzuarbeitender Massenfall wie eine geringfügige Geschwindigkeitsüberschreitung vorlag. Nach Dafürhalten der Kammer lag nach allem damit insgesamt eine Tätigkeit des Verteidigers in einem Bereich vor, in dem für die geltend gemachten Gebühren für die Betreibung des Verfahrens vor der Verwaltungsbehörde nach Nr. 5103 VV RVG und für die Betreibung des Verfahrens nach Abgabe der Akten an das Amtsgericht nach Nr. 5109 VV RVG der Ansatz der Mittelgebühr von 160,00 Euro jeweils zumindest nicht nach den aufgezeigten Maßstäben unbillig ist.

Im Hinblick auf die Gegenerklärung der Bezirksrevisorin im Beschwerdeverfahren sei noch aus-geführt, dass die Kammer die vom Amtsgericht antragsgemäß auf 100,00 Euro festgesetzte Grundgebühr nach Nr. 5100 VV RVG in dieser Höhe nicht für unbillig hält. Selbst wenn man mit der Gegenerklärung der Bezirksrevisorin im Beschwerdeverfahren die Gebühr nur in Höhe von 80,00 Euro für angemessen hielte, wäre eine Überschreitung um 25 % auf 100,00 Euro nach Dafürhalten der Kammer angesichts der nur geringfügigen Überschreitung der eingangs genannten, nur regelmäßig geltenden 20 %-Grenze nicht als unbillig zu qualifizieren.

Zur Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV RVG sei ergänzt, dass die nach Aktenlage zu erwartende Vorbereitung der gerichtlichen Hauptverhandlung nach Dafürhalten der Kammer (schon) dem durchschnittlichen Bereich für die von den Gebührentatbeständen erfassten Ordnungswidrigkeiten zuzurechnen ist.

Ebenfalls nicht unbillig ist nach Dafürhalten der Kammer der Ansatz der Mittelgebühr von 255,00 Euro für die Terminsgebühr nach Nr. 5110 VV RVG, bei der vor allem auf die aufgewendete Zeit abzustellen ist: Eine Dauer von 30 Minuten ist bei Hauptverhandlungsterminen in den von Nr. 5110 VV RVG erfassten Bußgeldsachen nach Auffassung der Kammer als durchschnittlich anzusehen (vgl. m.w.N. Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG 24. A., Vorbem. 5 Rn. 13).

Nach alldem war auch die nach Nr. 7008 VV RVG anzusetzende Umsatzsteuer wie vom Betroffenen beantragt mit 19 % auf den von ihm beantragten Betrag festzusetzen. Zwar beträgt nach Art. 3 Nr. 3 Abs. 1 des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz (Zweites Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise vom 29. Juni 2020) vom 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 Prozent der Bemessungsgrundlage. Entscheidend für die Anwendung dieses verringerten Steuersatzes ist jedoch der Zeitpunkt der Erledigung des anwaltlichen Auftrags. Der Auftrag des Verteidigers endete hier mit der Erreichung des Rechtsschutzziels durch das bereits im Mai 2020 rechtskräftig gewordene freisprechende Urteil und damit vor dem Zeitraum, in dem der reduzierte Umsatzsteuersatz galt.“

Bußgeldverfahren mit Verletzung des Zitiergebotes, oder: Wenn schon, dann da zumindest die Mittelgebühr

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Heute ist 2. Weihnachtstag. An sich gibt es ja an diesen Tagen keine Entscheidungen. Aber in diesem Jahr ist ja alles anders bzw. soll alles anders sein. Also habe ich mir überlegt: Was kann man mal anders machen? Und man kann: Man kann nämlich auch mal an dem Tag Entscheidungen vorstellen. Natürlich nichts „Schlimmes“, denn man will den Leser ja nicht ärgern.

Und da habe ich mir – zumal ja heute auch gerade erst Freitag und damit der Gebührentag vorbei ist 🙂 – positive RVG-Entscheidungen ausgesucht. Die gibt es ja auch 🙂 . Und die liest mal ja vielleicht auch an Weihnachten ganz gern.

Ich starte dann mit dem AG Trier, Beschl. v. 08.12.2020 – 35a Qs 58/20. Es ist eine besondere Entscheidung, die in einem besonderen Verfahren ergangen ist, nämlich in einem Verfahren, in dem es um die Verletzung des Zitiergebotes – Stichwort: StVO-Novelle – gegangen ist (vgl. hier: OWI III: Verletzung des Zitiergebotes ==> Rücknahme des “BGB” , oder: Wer trägt die notwendigen Auslagen?). 

Das AG sagt zu den Gebühren bzw. zur Gebührenhöhe:  Wenn schon, denn schon, oder: Zumindest die Mittelgebühr ist angemessen:

„Es war die Mittelgebühr festzusetzen.

Unter der Geltung der BRAGO war streitig, ob in Bußgeldverfahren wegen alltäglicher Verkehrsordnungswidrigkeiten die Mittelgebühr oder lediglich nur im unteren Bereich des jeweiligen Rahmens liegende Gebühren als angemessen angesehen werden können. Unter der Geltung des RVG ist jedoch nach weit überwiegender Rechtsprechung bei straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren grundsätzlich der Ansatz der Mittelgebühr als Ausgangspunkt gerechtfertigt (vgl. Burhoff RVGreport 2007, 252, Einl. Teil 5 W Rn 20, LG LSK 07 230178, AG Saarbrücken RVGreport 2006, 181). Insbesondere wird die Mittelgebühr in der Regel als gerechtfertigt angesehen, wenn ein Fahrverbot in Frage steht oder Eintragungen in das Verkehrszentralregister (vgl. AG Frankenthal AGS 2005, 293 f, AG Viechtach AGS 2007, 83f, AG Pinneberg AGS 2005, 552 f). Dies ist hier der Fall. In dem Bußgeldbescheid vom 16.06.2020 wurde gegen den Betroffenen ein Bußgeld in Höhe von 80,00 € festgesetzt und ein Fahrverbot von 1 Monat angeordnet. Unerheblich ist, dass selbst ohne Einlegung eines Einspruchs die Nebenfolge des Fahrverbotes aufgrund zwischenzeitlich erfolgten Weisungen des zuständigen Ministeriums nicht vollstreckt worden wäre, da auch ein Bußgeld in Höhe von 80,00 € die Eintragung von einem Punkt im Fahreignungsregister nach sich zieht.

Auch unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, war vorliegend die Mittelgebühr nicht herabzusetzen. Entgegen der Auffassung der Bußgeldbehörde ist das vorliegende Verfahren als absolut durchschnittliche Verkehrsordnungswidrigkeit einzustufen.

Allein aus dem Grund, dass bei Erlass des ersten Bußgeldbescheides am 16.06.2020 der Bußgeldbehörde noch keine Hinweise auf den Verstoß gegen das Zitiergebot vorlagen, kann darauf geschlossen werden, dass eine anwaltliche Tätigkeit von nicht nur unterdurchschnittlicher Schwierigkeit vorlag. Vielmehr musste auch nach Bekanntwerden des Verstoßes von Art. 3 (Änderung der Bußgeldkatalog-Verordnung) der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften gegen das Zitiergebot anwaltlich geprüft werden, ob tatsächlich ein Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG vorliegt. Der Verstoß gegen das Zitiergebot war nicht derart offensichtlich, dass von einer einfachen Angelegenheit ausgegangen werden kann. In diesem Kontext wird auch auf die fehlerhafte Annahme des Justizministeriums Baden-Württemberg hingewiesen, dass die STVO-Novelle von 2013 das Zitiergebot verletze. Die Angelegenheit war daher insgesamt als durchschnittlich anzusehen.“

Terminsgebühr beim Schöffengericht, oder: Bei nur 51 Minuten Terminsdauer müssen 150 EUR reichen

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Die zweite Entscheidung stammt vom AG Saarlouis. Das hat im AG Saarlouis, Beschl. v. 09.09.2020 – 6 Ls 35 Js 1187119 (49/19) – zur Höhe der Terminsgebühr in einer beim Schöffengericht anhängigen Verfahren stellung genommen und meint, das 51 Minuten unterdurchschnittlich sind. Der Verteidiger hatte 275,00 EUR geltend gemacht, festgesetzt worden sind 150,00 EUR:

„Bei Rahmengebühren ist es Sache des Rechtsanwaltes, die Gebühren unter Berücksichtigung der in § 14 I RVG aufgestellten Kriterien zu bestimmen.

Gemäß § 14 Abs. 1 S. 4 RVG ist die Gebührenbestimmung des Rechtsanwalts für die erstattungspflichtige Staatskasse nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. In der Regel werden Abweichungen von bis zu 20 % von der angemessenen Gebühr noch als verbindlich angesehen (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage, § 14 RdNr. 12; Burhoff, RVG, Straf- und Bußgeldsachen, § 14 RdNr. 52, 49; Ried& Sußbauer/Fraunholz, RVG-Kommentar, 9. Aufl., § 14 RdNr. 4, Anwaltskommentar, RVG, Gebauer/Schneider (Hrsg.), 2. Aufl., § 14 RdNr. 83).

Ob eine getroffene Gebührenbestimmung unbillig ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber, sowie dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse und dem Haftungsrisiko für den Verteidiger, zu prüfen.

Der Umfang beschreibt den zeitlichen Aufwand, den der Rechtsanwalt in einer Sache aufbringen muss.

Die Schwierigkeit beschreibt die Intensität der Arbeit, maßgebend ist allein die objektive Schwierigkeit. Hierbei muss zwischen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten unterschieden werden. Die Bedeutung der Angelegenheit ist aus der Sicht eines Unbeteiligten, nicht oder nicht so hoch verurteilt zu werden, zu betrachten (LG Koblenz, JurBüro 2010, 32). Dabei ist die Sicht der Angeklagten mit zu berücksichtigen.

Wegen der Schwierigkeit zu bestimmen, wann eine Gebührenfestsetzung unbillig ist, wird nach gefestigter Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, Rn. 10 zu § 14) in den Normalfällen, in denen sämtliche nach § 14 I 1 RVG zu berücksichtigenden Umstände durchschnittlicher Art sind, von der Mittelgebühr ausgegangen, wobei jedes der Bemessungskriterien Anlass geben kann, vom Mittelwert der Gebühr nach oben oder unten abzuweichen (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage, W Vorb. 4, Rdnr, 19).

Hierbei ist die Kompensationstheorie anzuwenden, welche bestimmt, dass das geringere Ge-wicht eines Merkmals das überragende Gewicht eines anderen Merkmals kompensiert. (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage, § 14 RdNr. 11; Saar!. OLG, Beschlüsse vorn 08.07.2004 — 1 Ws 112104 und 24.03.2006 — 1 Ws 52/0630.10.2009 — 1 Ws 198/09, Mayer a. a. O., § 14 Rn. 11 m. w. N.).

Die Mittelgebühr soll eine Vielzahl von vorkommenden Fällen gebührenrechtlich abdecken. Werden diese Grundsätze auf hiesigen Fall übertragen, ergibt sich Folgendes:

1. Hinsichtlich der in Ansatz gebrachten Mittelgebühren für die Grund- und Verfahrensgebühr ergeben sich keine Bedenken.

Bei dem Ansatz der Terminsgebühr für den Termin vom 16,09.2019 liegt hingegen eine unbillige Gebührenbestimmung i.S.d. § 14 RVG vor.

Wesentliches Bemessungskriterium bei der Terminsgebühr ist regelmäßig die Dauer des Termins (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage, W Vorb. 4 Rdnr. 32; Burhoff, a.a.O., Nr. 4108 Rn 19 i.V.m. Nr. 4120 Rn 3; Riedel/Süßbauer, RVG, 9. Auflage, W Teil 4 Abschnitt 1, Rn 55; vgl. Saarl. OLG, B. vom 24.08.10, 1 AR 2/09).

Die mit der Terminsgebühr abgegoltene Vor- und Nachbereitungszeit (vgl. Sean. OLG, B. v, 28.11.2007 — 1 Ws 215/07 — und 29.01.2010 — 1 Ws 203/09) des konkreten Termins darf bei der Bemessung der Terminsgebühr jedoch nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. u.a. Saarl. OLG, B. v. 10.05.2010 — 1 Ws 56/10 , 30.09.2014 —1 Ws 130/14).

Ausweislich des Vermerks in dem Sitzungsprotokoll (BI. 90 d.A.) ergibt sich eine Terminszeit von lediglich 51 Minuten.

Damit liegt die Dauer des Termins deutlich unter dem für vergleichbare Verhandlungen vor dem Schöffengericht geltenden Durchschnittswert von 3 – 4 Stunden (vgl. ständige Rechtsprechung des Saarländischen Oberlandesgerichts Saarbrücken in den Beschlüssen vom 4. April 2000 – 1 AR 2/00 -, vom 7. Juni 2001 – 1 AR 11/01 -, vom 19. November 2002 – 1 AR 24/02 – und vom 3. April 2003 – 1 AR 3/03 -).

Termine mit einer Dauer von 2 Stunden können nur in Einzelfällen gerade noch als durchschnittlich angesehen werden (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24.08.2010 1 AR 2/09).

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung und unter Berücksichtigung des ebenfalls unter-durchschnittlichen Vor- und Nachbereitungsaufwandes bei zwei geladenen Zeugen ergibt sich eine aus Sicht der Landeskasse angemessene Gebühr von 150,00 EUR. Die von dem Verteidiger in Ansatz gebrachte Terminsgebühr von 275,00 EUR übersteigt die aus hiesiger Sicht angemessene Gebühr jedoch um mehr als 20 %, sodass diese nicht verbindlich ist.

Die Terminsgebühr ist daher auf 150,00 EUR zu reduzieren.“

Ohne Worte/Kommentar.

Im Strafverfahren fällt in der Regel die Mittelgebühr an, oder: So ist es richtig

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Die zweite Entscheidung aus dem Gebührenrecht kommt heute vom LG Wuppertal. Das hat im LG Wuppertal, Beschl. v. 23.01.2020 – 23 Qs 136/17, den mir die Kollegin Ernst aus Düsseldorf geschickt hat, zur Rahmengebühr Stellung genommen. Das LG meint – zutreffend:  Sind keine Umstände erkennbar sind, die eine Erhöhung oder eine Ermäßigung der Rahmengebühr rechtfertigen, entspricht die Verteidigung also in jeder Hinsicht dem Durchschnitt entspricht, steht dem Verteidiger grundsätzlich die Mittelgebühr des einschlägigen Rahmens zu:

„Ist mithin die grundsätzliche Entstehung dieser Gebühren anzunehmen, war sodann die Kürzung auf den Mindestbetrag des jeweiligen Betragsrahmens nicht gerechtfertigt. Die Verteidigerin hat im Kostenfestsetzungsantrag von ihrem Bestimmungsrecht nach § 14 RVG Gebrauch gemacht und die jeweilige Mittelgebühr geltend gemacht. Dass diese Bestimmung etwa unbillig gewesen wäre, hat das Amtsgericht nicht dargelegt. Vielmehr hat es lediglich darauf abgestellt, dass sich aus der Akte keine aussagekräftigen Hinweise auf Tätigkeiten der Verteidigerin ergeben, welche die jeweilige Geltendmachung der Mittelgebühr rechtfertigten. Dabei wird jedoch übersehen, dass es aufgrund der negativen Fassung des § 14 Abs. 1 S. 4 RVG Sache des Gerichts ist, eine etwaige Unbilligkeit darzutun, und dass die erforderlichen Tatsachen von Amts wegen zu ermitteln sind (Mayer, in Gerold/Schmidt, § 14 RVG Rn. 7). In Strafsachen kommt hinzu, dass nach ganz überwiegend vertretener Auffassung jedenfalls dann, wenn keine Umstände erkennbar sind, die eine Erhöhung oder eine Ermäßigung rechtfertigen, die Verteidigung also in jeder Hinsicht dem Durchschnitt entspricht, dem Verteidiger grundsätzlich die Mittelgebühr des einschlägigen Rahmens zusteht (Mayer, in Gerold/Schmidt, § 14 RVG Rn. 41). Solche Umstände hat das Amtsgericht nicht festgestellt, sondern letztlich nur darauf abgestellt, dass es an einem ergänzenden Sachvortrag der Verteidigerin trotz Aufforderung fehle, womit indes nach dem Vorgenannten die Darlegungslast verkannt wird. Auch für die Kammer sind derartige Umstände für eine Reduzierung der Mittelgebühr nicht ersichtlich, vielmehr sprechen der Umfang des Verfahrens mit sechs Angeklagten wie auch der erhebliche Aktenumfang eher für eine der Billigkeit entsprechende Bestimmung und damit für eine Rechtfertigung der Mittelgebühr.“

Und: Das LG macht ganz interessante – ebenfalls zutreffende – Ausführungen zum Anfall der Grund- und Verfahrensgebühr. Der Bezirksrevisor hatte gegenüber deren Ansatz geltend gemacht, „der Akte ließen sich Tätigkeiten der Verteidigerin außerhalb der Hauptverhandlung nicht entnehmen, weswegen ergänzender Vortrag hierzu erforderlich sei; auch ist solcher ergänzender Sachvortrag trotz entsprechender Anforderungen des Gerichts seitens der Verteidigerin nicht erfolgt.2

Dazu das LG:

„Mit Blick darauf, dass die Übernahme der weiteren Verteidigung durch Rechtsanwältin pp. seitens des früheren Verteidigers Rechtsanwalt pp. bereits am 28.05.2018 zur Akte angezeigt wurde und Rechtsanwältin pp. sodann in der Hauptverhandlung auch als Verteidigerin aufgetreten ist, liegt es aber schon nach den äußeren Umständen nahe, dass diese beiden Gebühren entstanden sind. Dabei entsteht die Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (VV Vorbemerkung 4 Abs. 2 RVG), was nach überwiegend vertretener Auffassung sogar dann bereits der Fall ist, wenn der Rechtsanwalt erst im Hauptverhandlungstermin zum Verteidiger bestellt worden ist (vgl. Burhoff, in: Gerold/Schmidt, RVG VV 4106, 4107 Rn. 4). Die Grundgebühr VV Nr. 4100 entsteht neben der Verfahrensgebühr für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall, unabhängig davon, in welchem Verfahrensabschnitt sie erfolgt. Damit wird der zusätzliche Arbeitsaufwand abgegolten, der mit der Übernahme des Mandats entsteht. Nach den hier erkennbaren Umständen liegt es damit nahe, dass die Verteidigerin entsprechende Tätigkeiten erbracht hat, und nicht etwa ohne Beratung und Information und ohne Einarbeitung in den Rechtsfall an der Hauptverhandlung teilgenommen hat. Einer weitergehenden Darlegung seitens der Verteidigerin bedurfte es daher unter den hier vorliegenden Umständen nicht. Auch das Amtsgericht hat im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss keinen Anlass mehr gesehen, die grundsätzliche Entstehung der beiden Gebühren in Zweifel zu ziehen.“

Geht doch 🙂 .

 

Straßenverkehrsrechtliche Bußgeldverfahren, oder: Wird nur eine „herabgesetzte Mittelgebühr“ verdient?

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Und die zweite Entscheidung befasst sich mal wieder mit den Kriterien des § 14 RVG im Bußgeldverfahren und insoweit der Frage, ob in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren grundsätzlich von Gebühren unterhalb der Mittelgebühren auszugehen ist. Das LG Kassel hat das im LG Kassel, Beschl. v. 20.05.2019 – 8 Qs 18/19 – bejaht:

„Das Amtsgericht hat zutreffend die vom Verteidiger angesetzten Kosten gemäß § 14 Abs. 1 S. 4 RVG als unbillig erachtet und stattdessen herabgesetzte Mittelgebühren angesetzt.

Nach § 14 RVG bestimmt ein Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände. Solche sind v. a. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Trotz des Ermessensspielraums bei Rahmengebühren unterliegt eine Erhöhung der Gebühr aber – auch innerhalb einer Toleranzgrenze von 20 % – der gerichtlichen Überprüfung (BGH NJW 2013, 2441). Wenn die Gebühr von einem Dritten, mithin auch von der Staatskasse, zu ersetzen ist, ist die anwaltlich getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 S. 4 RVG). Das ist hier hinsichtlich der geltend gemachten Gebühren der Fall.

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer für Bußgeldsachen des Landgerichts Kassel (vgl. Beschluss vom 19.09.2018, 8 Qs 20/18; 13.07.2018, 8 Qs 18/18; Beschluss vom 11.08.2017 – 8 Qs 25/17; Beschluss vom 09.08.2017 – 8 Qs 24/17) und anderer Gerichte (LG Koblenz, Beschluss vom 18.07.2006 – 9 Qs 77/06; LG Göttingen, Beschluss vom 05.12.2005 – 17 Qs 131/05; LG Zwickau, Beschluss vom 25.11.2015 – 1 Qs 174/15; LG Landshut, Beschluss vom 19.01.2017 – 3 Qs 14/17; LG Neuruppin, Beschluss vom 23.02.2012 – 11 Qs 3/12; LG Berlin, VRS 111, 434; LG Cottbus, zfs 2007, 529; LG Dortmund, RVGreport 2005, 465; LG Dresden, RVGreport 2010, 454; LG Hannover, RVGreport 2008, 182; LG Leipzig RVGreport 2010, 182) gelten in durchschnittlichen Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren grundsätzlich sog. herabgesetzte Mittelgebühren.

Der demgegenüber teilweise in der Literatur (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., § 14, Rdn. 30 m.w.N.) und Rechtsprechung (LG Chemnitz, Beschluss vom 09.06.2016 – 2 Qs 76/16 und Beschluss vom 23.02.2016 – 2 Qs 159/15; LG Weiden, Beschluss vom 01.08.2005, Az. 1 Qs 60/05; AG Plauen, Beschluss vom 22.03.2018 – 7 Owi 440 Js 18243/16; LG Leipzig; RVGreport 2009, 61; LG Saarbrücken, RVGreport 2013, 53; LG Stralsund, zfs 2006, 407) vertretenen Auffassung, wonach unter der Geltung des RVG bei durchschnittlichen straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren grundsätzlich der Ansatz der Mittelgebühr gerechtfertigt sei, vermag nicht zu überzeugen.

Ausgangspunkt der Bemessung der Gebühr für die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes ist auch in Bußgeldverfahren grundsätzlich die Mittelgebühr (Hartmann, Kostengesetze, VV 5100, Vorbem. Rdn. 5). Bei der gebührenmäßigen Bewertung des jeweiligen Verfahrens ist dabei aber zu unterscheiden zwischen einem allgemeinen Durchschnittsfall, gemessen an den Verfahren aus allen Ordnungswidrigkeitsbereichen, und einem Durchschnittsfall aus dem Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten (vgl. auch LG Landshut, Beschluss vom 19.01.2017, 3 Qs 14/17). Nach den Bewertungsmaßstäben der Kammer ist eine durchschnittliche Verkehrsordnungswidrigkeit keineswegs gleichzusetzen mit einem allgemeinen Durchschnittsfall in der Gesamtbetrachtung aller Ordnungswidrigkeitenbereiche. Auf diesen Durchschnittsfall ist aber die Mittelgebühr zugeschnitten und nicht auf einen Durchschnittsfall aus dem Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten. Bußgeldverfahren betreffen zwar praktisch überwiegend verkehrsrechtliche Bußgeldverfahren. Es gibt aber daneben eine Vielzahl weiterer unterschiedlicher Bußgeldverfahren aus ganz verschiedenen spezialgesetzlichen Gebieten.

Der Bedeutung und der Wertigkeit der Angelegenheit nach sind Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren dabei regelmäßig unterdurchschnittlich im Vergleich zu anderen möglichen Ordnungswidrigkeiten und der Umfang sowie die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit lassen den Ansatz der Mittelgebühr regelmäßig nicht als angemessen erscheinen. Es ist im Einzelfall eine Relation herzustellen zu der umfangreichen Anzahl von spezialgesetzlichen Bußgeldtatbeständen, die einerseits mit erheblichen Bußgeldern drohen, andererseits häufig mit rechtlichen Schwierigkeiten sowie umfangreicher Sachaufklärung verbunden sind, wie beispielsweise Bußgeldsachen auf dem Gebiet des Umwelt-, Kartell-, Wirtschafts- und Steuerrechts. Demgegenüber betreffen die weit überwiegende Anzahl der Verkehrsordnungswidrigkeiten alltägliche Verkehrsübertretungen, die in großer Zahl auftreten und zu deren Verfolgung und Ahndung in allen Verfahrensabschnitten überwiegend automatisiert bzw. standardisiert gearbeitet wird, auch auf Seiten der Verteidiger. Diese Massenverfahren weisen regelmäßig weder einen komplizierten Sachverhalt auf noch ist zu ihrer Bearbeitung ein umfangreicher Zeit- oder Begründungsaufwand erforderlich. Deshalb ist es nicht gerechtfertigt, für ein durchschnittliches Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren generell die allgemeine Mittelgebühr anzusetzen. Auch die große Anzahl dieser Verfahren rechtfertigt dies nicht. Die Mittelgebühr ist auf den allgemeinen Durchschnittsfall in der Gesamtbetrachtung aller Ordnungswidrigkeitenbereiche zugeschnitten.

Hier ist Gegenstand des Ordnungswidrigkeitenverfahrens ein Bußgeldverfahren in Verkehrssachen von überschaubarem Umfang, das keine rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten aufweist. Es ging allein um die Frage, ob der Betroffene ein Fahrzeug im öffentlichen Verkehrsraum geführt hat.

Dieses Verfahren weist gegenüber alltäglichen Bußgeldverfahren keine Besonderheiten auf, die es von diesen unterscheidet. Der Verteidiger hat über den routinemäßigen Verfahrensablauf hinaus (Akteneinsicht, Einspruchseinlegung, Einspruchsbegründung, Teilnahme an der zwölfminütigen Hauptverhandlung) keine weiteren Aktivitäten entfaltet. Mithin handelt es sich um ein sowohl rechtlich als auch tatsächlich einfach gelagertes Verfahren. Im Übrigen war lediglich eine geringe Geldbuße in Höhe von 100,- € verhängt worden. Dem Betroffenen drohte zwar neben dem Bußgeld die Eintragung von einem Punkt im Verkehrszentralregister, doch fällt dieser Umstand im konkreten Fall bei der einfachen Sachlage nicht erheblich ins Gewicht (vgl. LG Berlin, VRS 111, 434).

Deshalb erscheinen unter Berücksichtigung aller Umstände die im Kostenfestsetzungsantrag angesetzten Gebühren als unbillig überhöht im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 4 RVG. Vielmehr liegt sogar ein Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren mit geringem Aufwand und Schwierigkeit und geringerer Bedeutung vor, bei dem herabgesetzte Gebühren, wie sie im Beschluss des Amtsgerichts zutreffend begründet angesetzt wurden, angemessen sind.“

M.E. falsch, aber ich habe es inzwischen dran gegeben, mich über solche Entscheidungen aufzuregen. Es bringt nichts. Man kann gegen die behauptete Weisheit landgerichtlicher Kammern, über die der so. „blaue Himmel“ ist, nichts ausrichten. Man weiß es eben besser. Jedenfalls meint man das.