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Bußgeldverfahren mit Verletzung des Zitiergebotes, oder: Wenn schon, dann da zumindest die Mittelgebühr

Bild von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay

Heute ist 2. Weihnachtstag. An sich gibt es ja an diesen Tagen keine Entscheidungen. Aber in diesem Jahr ist ja alles anders bzw. soll alles anders sein. Also habe ich mir überlegt: Was kann man mal anders machen? Und man kann: Man kann nämlich auch mal an dem Tag Entscheidungen vorstellen. Natürlich nichts „Schlimmes“, denn man will den Leser ja nicht ärgern.

Und da habe ich mir – zumal ja heute auch gerade erst Freitag und damit der Gebührentag vorbei ist 🙂 – positive RVG-Entscheidungen ausgesucht. Die gibt es ja auch 🙂 . Und die liest mal ja vielleicht auch an Weihnachten ganz gern.

Ich starte dann mit dem AG Trier, Beschl. v. 08.12.2020 – 35a Qs 58/20. Es ist eine besondere Entscheidung, die in einem besonderen Verfahren ergangen ist, nämlich in einem Verfahren, in dem es um die Verletzung des Zitiergebotes – Stichwort: StVO-Novelle – gegangen ist (vgl. hier: OWI III: Verletzung des Zitiergebotes ==> Rücknahme des “BGB” , oder: Wer trägt die notwendigen Auslagen?). 

Das AG sagt zu den Gebühren bzw. zur Gebührenhöhe:  Wenn schon, denn schon, oder: Zumindest die Mittelgebühr ist angemessen:

„Es war die Mittelgebühr festzusetzen.

Unter der Geltung der BRAGO war streitig, ob in Bußgeldverfahren wegen alltäglicher Verkehrsordnungswidrigkeiten die Mittelgebühr oder lediglich nur im unteren Bereich des jeweiligen Rahmens liegende Gebühren als angemessen angesehen werden können. Unter der Geltung des RVG ist jedoch nach weit überwiegender Rechtsprechung bei straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren grundsätzlich der Ansatz der Mittelgebühr als Ausgangspunkt gerechtfertigt (vgl. Burhoff RVGreport 2007, 252, Einl. Teil 5 W Rn 20, LG LSK 07 230178, AG Saarbrücken RVGreport 2006, 181). Insbesondere wird die Mittelgebühr in der Regel als gerechtfertigt angesehen, wenn ein Fahrverbot in Frage steht oder Eintragungen in das Verkehrszentralregister (vgl. AG Frankenthal AGS 2005, 293 f, AG Viechtach AGS 2007, 83f, AG Pinneberg AGS 2005, 552 f). Dies ist hier der Fall. In dem Bußgeldbescheid vom 16.06.2020 wurde gegen den Betroffenen ein Bußgeld in Höhe von 80,00 € festgesetzt und ein Fahrverbot von 1 Monat angeordnet. Unerheblich ist, dass selbst ohne Einlegung eines Einspruchs die Nebenfolge des Fahrverbotes aufgrund zwischenzeitlich erfolgten Weisungen des zuständigen Ministeriums nicht vollstreckt worden wäre, da auch ein Bußgeld in Höhe von 80,00 € die Eintragung von einem Punkt im Fahreignungsregister nach sich zieht.

Auch unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, war vorliegend die Mittelgebühr nicht herabzusetzen. Entgegen der Auffassung der Bußgeldbehörde ist das vorliegende Verfahren als absolut durchschnittliche Verkehrsordnungswidrigkeit einzustufen.

Allein aus dem Grund, dass bei Erlass des ersten Bußgeldbescheides am 16.06.2020 der Bußgeldbehörde noch keine Hinweise auf den Verstoß gegen das Zitiergebot vorlagen, kann darauf geschlossen werden, dass eine anwaltliche Tätigkeit von nicht nur unterdurchschnittlicher Schwierigkeit vorlag. Vielmehr musste auch nach Bekanntwerden des Verstoßes von Art. 3 (Änderung der Bußgeldkatalog-Verordnung) der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften gegen das Zitiergebot anwaltlich geprüft werden, ob tatsächlich ein Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG vorliegt. Der Verstoß gegen das Zitiergebot war nicht derart offensichtlich, dass von einer einfachen Angelegenheit ausgegangen werden kann. In diesem Kontext wird auch auf die fehlerhafte Annahme des Justizministeriums Baden-Württemberg hingewiesen, dass die STVO-Novelle von 2013 das Zitiergebot verletze. Die Angelegenheit war daher insgesamt als durchschnittlich anzusehen.“