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Bekommt der Pflichtverteidiger eine Mittagspause bezahlt?

Geld MünzenBringen wir dann heute am Ostermontag noch zwei Gebührenentscheidungen: Eine „gute“, und eine „schlechte“. Die „schlechte“ zuerst. Es handelt sich um den OLG Celle, Beschl. v. 12.03.2014 – 1 Ws 84/14 -, der die in Rechtsprechung und Literatur heftig umstrittene Frage behandelt, ob der Pflichtverteidiger im Rahmen des sog. Längenzuschlags eine Mittagspause bezahlt bekommt oder nicht. Das OLG Celle ist da ganz rigoros und sagt: Nein:  Die Zeit der Mittagspause ist unabhängig von ihrer Länge grundsätzlich und regelmäßig in vollem Umfang von der Dauer der Hauptverhandlung abzuziehen. Das sehen andere OLG anders (vgl. zuletzt das Posting Ich habe da mal eine Frage: Bekommt der Pflichtverteidiger die Mittagspause bezahlt? zum OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.10.2013 – 1 Ws 166/12 ). Kann man drum streiten und auch dazu schreiben, warum es nicht richtig ist. Es bringt aber letztlich nichts mehr, da die OLG von ihren einmal gefundenen Positionen nicht abweichen.

Zutreffend ist allerdings der Hinweis des OLG:

„Es ist zwar misslich, dass der Gesetzgeber trotz des nunmehr schon mehrjährigen Streits über diese Frage bislang eine Klärung nicht herbeigeführt hat. Dies hat aber nicht automatisch zur Folge, dass der Ansicht des Beschwerdeführers zu folgen ist. Der Gesetzgeber hat die Regelungen über Längenzuschläge für bestellte Verteidiger in das RVG aufgenommen, um diesen den besonderen Zeitaufwand für anwaltliche Tätigkeit angemessen zu honorieren und sie nicht mehr auf die Möglichkeit der Bewilligung einer Pauschvergütung zu verweisen. Diesem gesetzgeberischen Willen lässt sich weder für noch gegen die Anrechnung der Mittagspause etwas entnehmen. Zwar hat der Gesetzgeber an die obergerichtliche Rechtsprechung zur Annahme eines besonders umfangreichen Verfahrens im Rahmen der Prüfung einer Pauschvergütung angeknüpft, als er die Zeitrahmen für die Längenzuschläge festsetzte. Hinsichtlich der Berücksichtigung der Mittagspause bei der Bestimmung des Verfahrensumfangs bestand aber bereits damals keine einheitliche Rechtsprechung (vgl. OLG Celle aaO; OLG Oldenburg aaO jew. mwN).“

Das Ganze ist sicherlich ein Punkt, den man in einem 3. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz regeln sollte. 🙂

Ich habe da mal eine Frage: Bekommt der Pflichtverteidiger die Mittagspause bezahlt?

© Comugnero Silvana - Fotolia.com

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Das RVG sieht seit 2004 in den Nrn. 4110, 4111, 4116, 4117, 4122, 4123, 4128, 4129, 4234, 4136 VV RVG für den Pflichtverteidiger sog. „Längenzuschläge“ vor, und zwar einen Zuschlag von 50 % der „normalen“ Terminsgebühr, wenn der Pflichtverteidiger mehr als fünf und bis zu acht Stunden an der Hauptverhandlung teilgenommen hat, bzw. einen Zuschlag von 100 %, wenn die Hauptverhandlung mehr als acht Stunden gedauert hat. Schon bald nach Inkrafttreten des RVG 2004 war in der Rechtsprechung und in der Literatur die Frage heftig umstritten, ob bei der Berechnung der für die Gewährung des Längenzuschlags maßgeblichen Hauptverhandlungsdauer auch Wartezeiten des Rechtsanwalts und Pausen zu berücksichtigen sind.

Die dazu ergangene Rechtsprechung ist unüberschaubar (vgl. dazu die Zusammenstellung bei Nr. 4110 VV RVG in Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl. Eine klare Linie lässt sich in der Auffassung der OLG m..E. nicht erkennen, so dass in der Literatur teilweise  von einem „Gebührenatlas“ gesprochen worden ist, den sich der Pflichtverteidiger anlegen muss/soll, wenn er einen Überblick über die Rechtsprechung der OLG bekommen will.

In der letzten Zeit war die Flut von Entscheidungen zum Längenzuschlag ein wenig abgeebbt. Jetzr ruft allerdings das OLG Karlsruhe im OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.10.2013 – 1 Ws 166/12 – die Diskussion und die offenen Fragen ins Gedächtnis zurück. Das OLG stellt den Streit- und Meinungsstand umfassen dar und kommt zu einer klaren und damit in der Praxis auch einfach umsetzbare Auffassung. Es geht nämlich davon aus, dass bei der Berechnung der Hauptverhandlungsdauer Wartezeiten des Rechtsanwalts immer und Pausen grundsätzlich auch immer berücksichtigt werden. Nur bei Pausen, die über drei Stunden gedauert haben, tritt das OLG in eine Einzelfallprüfung ein. Da solche Pausen in der Praxis sicherlich nicht häufig vorkommen, ist das Fazit der Entscheidung des OLG: Sowohl Wartezeiten als auch Pausen werden beim Längenzuschlag immer berücksichtigt. Ein Ergebnis, dass sicherlich auch dem Sinn und Zweck der (Neu)Regelung des Längenzuschlags entspricht. Denn der sollte für Rechtsklarheit une vereinfachte Kostenfestsetzung sorgen. Was die OLG daraus gemacht haben, verdient den Namen sicherlich nicht….

Das OLG Frankfurt und das Berufsbild des Rechtsanwaltes/Verteidigers – ärgerlich

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Eine gebührenrechtliche Problematik beschäftigt die Gerichte seit Inkraftreten des RVG im Jahr 2004, nämlich die Frage: Sind bei der Berechnung der maßgeblichen Hauptverhandlungsdauer für den dem Pflichtverteidiger zustehenden „Längenzuschlag“ Wartezeiten und Pausen mit einzubeziehen oder nicht. Die Frage ist natürlich für das Überschreiten der „Grenzwerte“ von mehr als 5 bzw. mehr als 8 Stunden von erheblicher Bedeutung.

Während die OLG in der Frage, ob Wartezeiten miteinzurechnen sind, sich weitgehend einig sind, besteht bei der Frage der Berücksichtigung von Pausen erheblicher Streit in der OLG Rechtsprechung. Das geht von: Ja immer, über verschiedene Abstufungen bis zu: Nein nie. Ich bin der Meinung, dass man auch Pausen berücksichtigen muss, weil es dem RVG gerade auf eine angemessene Honorierung des Zeitaufwandes des Rechtsanwalts/des Verteidigers ankommt. Nun gut, man kann ja über alles diskutieren und streiten. Dann aber bitte auch mit fairen und nachvollziehbaren Argumenten. Und die vermisse ich in zwei Beschlüssen des OLG Frankfurt, die sich vor einiger Zeit mit dieser Problematik auseinander gesetzt haben, nämlich der OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.03.2012 – 2 Ws 182/11 und OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.06. 2012 – 2 Ws 83/12:

Argumentiert wird mit dem Berufsbild des Rechtsanwaltes:

„Wartezeiten und Vorhaltezeiten wie sie durch Pausen und Unterbrechungen während der Hauptverhandlung entstehen, sind typische Begleiterscheinungen des Berufsbildes des Rechtsanwaltes und insb. des Strafverteidigers und weder eigenständig vergütungspflichtig noch stellen sie Besonderheiten da, die durch Ausweitung bestehender Vergütungstatbestände aufgefangen werden müssen. Der Gesetzgeber wollte mit dem RVG gerade die intransparente Kasuistik zu Sondervergütungen für Rechtsanwälte beenden und durch transparente Vergütungstatbestände pauschalisieren. Dem RVG liegt die Konzeption einer Mischkalkulation zu Grunde.“

Im Grunde genommen hätte man auch schreiben können: Deine Arbeitszeit hast du zur Verfügung zu stellen. Nur bezahlt wird dir das nicht vollständig. Ärgerlich.

Längenzuschlag: Mit oder ohne Wartezeit? – Natürlich mit

Manche Probleme spielen in Rechtsprechung und Literatur eine Zeit lang eine – manchmal erhebliche – Rolle, dann sind sie aber auf einmal verschwunden. Es erinnert dann häufig nur später noch einmal ein Gerichtsbeschluss, dass es da mal eine (Streit)Frage gab. So ist es mit dem gebührenrechtlichen Problem der Berechnung der für den dem Pflichtverteidiger zustehenden Längenzuschlag maßgeblichen Hauptverhandlungszeit (vgl. z.B. Nr. 4110 VV RVG).

Umstritten war u.a. die Frage, ab welchem Zeitpunkt gerechnet wird: Ab angesetzter Terminsstunde oder erst ab Aufruf der Sache. Je nachdem, ab wann man rechnet, können die für den Längenzuschlag erforderlichen fünf bzw. acht Stunden Hauptverhandlungszeit erreicht sein oder nicht.

Ganz h.M. in der Rspr. der OLG ist es, dass ab angesetzter Terminsstunde gerechnet wird, wenn der Pflichtverteidiger zu dem Zeitpunkt anwesend ist.

Dieses Gebührenproblem hat jetzt noch einmal das OLG Köln, Beschl. v. 27.03.2012 – 2 Ws 227/12 in Erinnerung gerufen. Er schließt sich der h.M. an, so dass nun nur noch das OLG Rostock und das OLG Saarbrücken a.A. sind. Und: Das OLG Köln, a.a.O., verweist auf unseren RVG-Kommentar. Liest man natürlich gern, denn (ein wenig) eitel ist man als Kommentator ja doch 🙂 :-).

Unentschieden

So steht es für den Verteidiger gebührenrechtlich nach dem LG Osnabrück, Beschl. v 25.02.2011 – 6 Ks / 830 Js 55726/08 – 5/09, der zwei Fragen behandelt:

  1. Die in Rspr. und Lit. höchst umstrittene Frage, ob sich die Pflichtverteidigerbestellung auch automatisch auf das Adhäsionverfahren erstreckt und der Verteidiger ohne Erweiterung bzw. besondere Bestellung auch die Gebühr Nr. 4143 VV RVG geltend machen kann. Insoweit hat der Verteidiger „verloren“, da sich das LG der wohl überwiegenden Auffassung angeschlossen hat, die eine besondere Bestellung verlangt.
  2. Die Frage der Berechnung der für den sog. Längenzuschlag maßgeblichen Hauptverhandlungsdauer (z.B. Nr. 4110 VV RVG). Da ging es darum, ob eine längere Unterbrechung der Hauptverhandlung, die durch das Einlassungsverhalten des Angeklagten entstanden war, dem Verteidiger zugute kam. Das hat das LG bejaht, da es sich insoweit um eine unvorhergesehene Unterbrechung gehandelt habe. Da hat der Verteidiger „gewonnen“.

Also: Unentschieden.