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OWi II: Fristberechnung bei der Verjährungsfrist, oder: Was häufig übersehen wird….

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Die zweite Entscheidung des Tages ist eine Verjährungsentscheidung. Das OLG Koblenz behandelt im OLG Koblenz, Beschl. v. 08.02.2023 – 4 ORbs 31 SsBs 1/23 – die Frage, wie sich die Verjährungsfrist berechnet.

Das AG hatte den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt, das OLG hat auf die Rechtsbeschwerde aufgehoben und das Verfahren eingestellt:

„Das Rechtsmittel der Betroffenen führt zu einer Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidung und zu einer Einstellung des Verfahrens aufgrund des Verfahrenshindernisses der Verfolgungsverjährung.

Die korrekt erhobene Sachrüge führt zur Prüfung des Fehlens von Verfahrensvoraussetzungen und des Vorliegens eines Verfahrenshindernisses (vgl. BGH NStZ 2001, 440; OLG Koblenz, Beschluss v. 12.08.2008 – 2 SsBs 54/08; OLG Hamm NZV 2003, 396; OLG Köln NZV 2002, 241). Wenn eine Rechtsbeschwerde in zulässiger Weise erhoben wurde, kann auch im Rechtsbeschwerdeverfahren eine Einstellung wegen Verjährung erfolgen (vgl. BGH a. a. O., OLG Koblenz MDR 1977, 954; König in: Göhler, a. a. O., § 31m Rn. 19). Denn der Ablauf der Verjährung ist -so eine gerichtliche Prüfungsmöglichkeit besteht- von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu berücksichtigen, auch noch im Rechtsbeschwerdeverfahren (vgl. BGH NStZ 2001, 440; BGHSt 16, 115).

Das Verfahren gegen den Betroffenen war unter Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 206 a StPO einzustellen, da hinsichtlich des gegen ihn erhobenen Vorwurfs der fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung bereits am 10. November 2022 Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrem, dem Verteidiger bekannt gegeben Votum wie folgt ausgeführt:

Die Verkehrsordnungswidrigkeiten weisen eine absolute Verjährungsfrist von 2 Jahren auf (§ 33 Abs. 3 Satz 2 OWiG i.V.m. § 26 Abs. 3 StVG). Die Verjährung beginnt, sobald die Handlung beendet ist (§ 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG). Vorliegend wurde die in Rede stehende Geschwindigkeitsüberschreitung am 10.11.2020 begangen und beendet. Der Tag, an dem die Verjährung mit Eintritt des Ereignisses beginnt, ist der 1. Tag der Verjährungsfrist, hier also der 10.11.2020. Der letzte Tag der Verjährungsfrist ist der im Kalender vorhergehende Tag (Göhler § 31 Rn. 16; OLG Karlsruhe vom 28.06.2019 – 2 RB 8 Ss 486/19; OLG Bamberg vom 12.12.2005 – 3 Ss OWi 1354/05), vorliegend demnach der 09.11.2022. Die Fristberechnung nach § 43 StPO kommt bei Fristen des materiellen Rechtes, wie den Verjährungsfristen, hingegen nicht in Betracht, da diese Norm aus-schließlich auf Fristen prozessualer Natur beschränkt ist (KK-Schneider-Glockzin, § 43 StPO, Rn. 6 m. w. N.). Die absolute Verfolgungsverjährung ist daher vorliegend mit Ab-lauf des 09.11.2022 eingetreten. Der Beschluss nach § 72 OWiG ist indes erst am 10.11.2022 unterzeichnet worden, sodass zu diesem Zeitpunkt bereits eine Verjährung der Ordnungswidrigkeit eingetreten ist und nicht das Ruhen der Verjährung gemäß § 32 Abs. 2 OWiG herbeigeführt werden konnte.

Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.

Die Kostenentscheidung basiert auf § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO StPO.

Im Rahmen der Ermessensentscheidung geht der Senat davon aus, dass gegen den Betroffenen ohne Eintritt des Verfahrenshindernisses zu Recht wegen einer fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 43 km/h eine Geldbuße von 160,– Euro festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt worden wäre.

Das Amtsgericht hat sich rechtsfehlerfrei mit den Einwendungen gegen die Geschwindigkeitsmessung auseinandergesetzt. Es hat die technischen und personellen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Messung überprüft, keine Fehler festgestellt und auch zutreffend begründet, warum die Beiziehung der weiteren von der Verteidigung angeforderten Unterlagen wie das Erstinbetriebnahmeprotokoll, Fotos von der Messstelle mit Trailer, die Verwendungsanzeige und die fehlende Speicherung der Rohmessdaten mit einem Verweis auf die hierzu ergangene Rechtsprechung ebenso wenig erforderlich war, wie die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Es hat auch die Höhe der festgesetzten Geldbuße und die Verhängung eines einmonatigen Fahr-verbotes rechtsfehlerfrei begründet, indem es zutreffend besonderes Gewicht auf eine einschlägige Tatwiederholung hinsichtlich einer weiteren unzulässigen Geschwindigkeitsüberschreitung (dort um 29 Kmh) vom 20. Juli 2020 (Rechtskraft der verhängten Geldbuße in Höhe von 80 € am 17. September 2020, knapp zwei Monate vor der hiesigen Tat) gelegt und hierbei die besondere berufliche Situation des Betroffenen (Umfangreiche Kundenbesuche in weiten Teilen Deutschlands für sein Unternehmen) berücksichtigt hat.

Das Verfahren hätte jedoch am 10. November 2022 aufgrund der eingetretenen Verfolgungsverjährung durch das Amtsgericht eingestellt werden müssen, so dass es nicht zu einer rechtsmittelfähigen Sachentscheidung hätte kommen dürfen. Die notwendigen Auslagen für das Rechtsbeschwerdeverfahren wären dann nicht angefallen.“

Diese Frage wird bei der Berechnung der Verjährungsfrist im OWi-Verfahren häufig übersehen, kann aber, wie man sieht, entscheidend sein.

OWi II: Leivtec kein standardisiertes Messverfahren, oder: Toleranzwert bei der Messung durch Nachfahren

Das zweite Posting des Tages enthält zwei OLG-Entscheidungen zur Geschwindigkeitsüberschreitung, und zwar zu den Anforderungen an die Urteile in diesen Fällen bzw. zur Berücksichtigung von Toleranzwerten beim Nachfahren.

Zunächst hier der OLG Koblenz, Beschl. v. 15.12.2021 – 3 OWi 32 SsRs 108/21 –,  zu den Darlegungsanforderungen bei Verurteilungen wegen Geschwindigkeitsverstößen, die mit dem Messgerät Leivtec XV3 ermittelt wurden. Das OLG geht – wie die h.M. in der Rechtsprechung der OLG – anders nur das OLG Schleswig – davon aus, dass derzeit bei dem Messverfahren die Voraussetzungen eines standardisierten Messverfahrens nicht mehr gegeben sind.

Bei der zweiten Entscheidung handelt es sich um den OLG Köln, Beschl. v. 03.12.2021 – III-1 RBs 254/21 -, der folgenden (gerichtlichen Leitsatz hat:

Bei der Geschwindigkeitsermittlung durch Nachfahren in einem Fahrzeug mit nicht justiertem Tachometer ist regelmäßig ein erster Toleranzabzug von der abgelesenen Geschwindigkeit von 10% zuzüglich 4 km/h für mögliche Eigenfehler des Tachometers sowie ein weiterer Toleranzabzug zwischen 6 und 12% der abgelesenen Geschwindigkeit erforderlich, um weiteren Fehlerquellen, wie Ablesefehlern sowie solchen Fehlern, die aus Abstandsveränderungen und/oder der Beschaffenheit des Fahrzeugs resultierten zu begegnen (teilweise Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung).

Falsa demonstratio non nocet, oder: Formal richtig, inhaltlich falsch

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Und als zweite gebührenrechtliche Entscheidung am heutigen Freitag weise ich auf das BGH, Urt. v. 22.02.2018 – IX ZR 115/17 – hin. Über das ist ja schon an verschiedenen anderen Stellen berichtet worden. Dabei ging es aber meist um den Leitsatz 1 der Entscheidung, nämlich die Frage: Geschäfts- oder Beratungsgebühr für die Anfertigung des Entwurfs eines Testaments? Damit habe ich es hier ja nicht zu tun. Insoweit verweise ich auf die Entscheidung.

Mir geht es heute hier um den Leitsatz 2 des Urteils, der da lautet:

„Teilt der Rechtsanwalt dem Mandanten eine den gesetzlichen Anforderungen formal entsprechende, aber inhaltlich falsche Berechnung seiner Vergütung mit, kann er die tatsächlich entstandene Vergütung einfordern, soweit sie die berechnete Vergütung nicht übersteigt.“

Der BGH bestätigt damit BGH NJW 2007, 2332. Viel mehr steht dann aber auch im Urteil zu der Problematik nicht:

„Da eine nachträgliche Einigung der Parteien auf eine bestimmte Vergütung nach dem eigenen Vortrag der Kläger weder auf den Betrag von 2.400 € noch auf den Betrag von 1.400 € zustande gekommen ist, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, welche Vergütung die Kläger nach § 34 Abs. 1 RVG in Verbindung mit den Vorschriften des bürgerlichen Rechts beanspruchen können. Eine solche Vergütung kann den Klägern zugesprochen werden, obwohl ihre nach § 10 RVG erteilte Berechnung eine Geschäftsgebühr und kein Beratungshonorar zum Gegenstand hatte. Die Berechnung war deshalb unrichtig. Dies berührt indessen die Wirksamkeit der Mitteilung nicht. Zugesprochen werden können allerdings nur die wirklich entstandenen Gebühren und Auslagen, soweit sie über die abgerechnete Vergütung nicht hinausgehen (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 – IX ZR 89/06, NJW 2007, 2332 Rn. 7).“

Der Zeitablauf beim StGB-Fahrverbot – wie berechne ich ihn?

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Im OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.03.2016 – 4 Ss 700/15 – ging es u.a. um ein nach § 44 StGB verhängtes Fahrverbot in einem Urteil, das den Angeklagten wegen versuchter Nötigung (§ 240 StGB) und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) verurteilt hat. Das OLG hat die Revision des Angeklagten verworfen und damit auch das Fahrverbot bestandskräftig werden lassen:

„Der Verhängung eines Fahrverbots steht im vorliegenden Fall auch nicht der Zeitablauf seit der Tatbegehung entgegen. Zwar kann es grundsätzlich gerechtfertigt sein, von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen, wenn die Tat lange zurückliegt und der Täter sich in der Zwischenzeit verkehrsgerecht verhalten hat. Denn das Fahrverbot hat nach der gesetzgeberischen Intention in erster Linie eine Erziehungsfunktion. Es ist als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme gedacht und ausgeformt und kann als solche seinen Sinn verloren haben, wenn die zu ahnende Tat lange zurückliegt, die für die lange Verfahrensdauer maßgeblichen Umstände außerhalb des Einflussbereichs des Angeklagten liegen und in der Zwischenzeit kein weiteres Fehlverhalten des Angeklagten im Straßenverkehr festgestellt worden ist. Dabei wird der Sinn des Fahrverbotes nach einer in Rechtsprechung und Literatur erkennbaren Tendenz in Frage gestellt, wenn der zu ahnende Verkehrsverstoß jedenfalls ein Jahr und neun Monate zurückliegt (so insbesondere BGH, wistra 2002, 57; vgl. auch Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 44 Rn. 15 mwN).

Diese Voraussetzung war zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung vor dem Landgericht am 16. Juli 2015 noch nicht gegeben (Tatzeit: 8. Dezember 2013), weshalb für das Landgericht keine Veranlassung bestanden hat, in den Urteilsgründen die Frage des Absehens von der Verhängung des Fahrverbotes wegen des Zeitablaufs seit der Tat zu erörtern.

Die Zeit zwischen dem angefochtenen Urteil und der Entscheidung des Revisionsgerichts ist bei der Prüfung der Frage, ob wegen Zeitablaufs von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen ist, jedenfalls für das strafrechtliche Fahrverbot gemäß § 44 StGB nicht zu berücksichtigen (anders OLG Hamm, StV 2004, 489, wobei dort das tatrichterliche Urteil mangels Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen Haupt- und Nebenstrafe einen Rechtsfehler enthielt; anders wohl auch Thüringer OLG, VRS 112, 351). Der in der Rechtsprechung zum Fahrverbot gemäß § 25 StVG teilweise vertretenen Auffassung, dass in jedem Fall auch der Zeitraum bis zur Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts in die Beurteilung einzustellen sei (so OLG Zweibrücken, DAR 2011, 649; KG Berlin, VRS 113, 69; implizit auch OLG Köln, StraFo 2004, 287  und BayObLG, ZfSch 2004, 91; a.A. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 25 StVG Rn. 24; OLG Oldenburg, NStZ-RR 2011, 385; OLG Hamm, DAR 2011, 409; OLG Celle, VD 2013, 200), kann jedenfalls für die Nebenstrafe gemäß § 44 StGB nicht gefolgt werden. Denn das Revisionsgericht hat auf die Sachrüge hin lediglich zu prüfen, ob das Urteil des Tatrichters – auch was den Rechtsfolgenausspruch und insbesondere die Verhängung und Begründung eines Fahrverbotes betrifft – Rechtsfehler aufweist. Aufgrund der eingeschränkten Prüfungsmöglichkeiten kann das Revisionsgericht auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen und daher für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen in dem angefochtenen Urteil auch nur für den Zeitraum bis zur letzten tatrichterlichen Verhandlung prüfen, ob der Betroffene nach der abgeurteilten Tat noch in anderer Weise strafrechtlich bzw. straßenverkehrsrechtlich in Erscheinung getreten ist; ihm ist es jedoch verwehrt, hierüber eigene Feststellungen zu treffen (so zum Fahrverbot gemäß § 25 StVG auch Saarländisches Oberlandesgericht, VRS 126, 203).“

Na ja, darum kann man wegen der Besonderheiten des Revisionsverfahrens, das dem Revisionsgericht ja eine eigene Entscheidung versagt, streiten – ggf. wird die Frage dann mal der BGH entscheiden. Für das Fahrverbot nach § 25 StVG gilt aber m.E. wegen § 79 Abs. 6 OWiG etwas anderes – und es wird ja auch in der OLG-Rechtsprechung zum Teil anders gesehen.

„Bewährungsversager“?, oder: Keine Verlängerung der Bewährungszeit zum Nachteil des Verurteilten

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Interessante Ausführungen zum Ablauf der Bewährungszeit und zur Frage der Anwendbarkeit des § 43 StPO in dem Zusammenhang enthält der KG, Beschl. v. 03. 11. 2015 – (2) 161 Ss 233/15 (66/15). Zugrunde liegt der KG-Entscheidung ein landgerichtliches Urteil, in dem das LG im Rahmen der Strafzumessung u.a. darauf abgestellt hatte, dass der Angeklagte bei Begehung der vom LG festgestellten Tat noch unter Bewährung gestanden hat. Ausgangspunkt für die landgerichtlichen Überlegungen war die nach seinen Fesstellungen am o2.10.2014 begangene Tat. Verurteilt war der Angeklagte zuvor bereits durch am 02.10.2012 rechtskräftig gewordenes Urteil, das eine Freiheitsstrafe mit zweijähriger Bewährungszeit festgesetzt hatte. Bei den zeitlichen Vorgaben ist nach Auffassung des KG die Annahme des LG: „Bewährungsversager“ falsch:

„Die vom Landgericht vorgenommene Berechnung der Bewährungszeit trifft nicht zu. Allerdings fehlt für die Berechnung von Bewährungsfristen eine spezielle gesetzliche Regelung im StGB. Fest steht immerhin, dass die Bewährungszeit „mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Strafaussetzung“ beginnt (§ 56a Abs. 2 StGB). Da die Rechtskraft hier nach den Feststellungen des Landgerichts am Tag der Urteilsverkündung – also am 2. Oktober 2012 – eingetreten ist, begann die Bewährungszeit an diesem Tage. In Ermangelung einer abweichenden gesetzlichen Regelung bestimmt sich der Ablauf kalendarisch. Das heißt, das Jahr, das am 1. Januar beginnt, endet am 31. Dezember desselben Jahres – und nicht erst am 1. Januar des Folgejahres. Danach endete die Bewährungszeit hier mit Ablauf des 1. Oktober 2014.

Eine analoge Anwendung von § 43 StPO für die Berechnung der Bewährungszeit hält der Senat weder für geboten noch für zulässig (a.A. Mosbacher in: Satzger / Schluckebier / Widmaier, StGB 2. Aufl., § 56a Rdn. 8).

Gemäß § 43 StPO, den das Landgericht unter Umständen bei seiner Entscheidung im Blick hatte, endet eine prozessuale Wochen- oder Monatsfrist tatsächlich erst „mit Ablauf des Tages“, (…) „der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat“ (§ 43 Abs. 1 Halbsatz 1 StPO). Das wäre hier – hielte man diese Berechnungsmethode auch auf die Frist aus § 56a StGB für anwendbar – der 2. Oktober 2014 gewesen. Zu bedenken ist jedoch einerseits, dass jede Analogie eine ausfüllungsbedürftige (unbeabsichtigte) Regelungslücke voraussetzt, die der Senat hier nicht erkennt, und dass andererseits die Regelung des § 43 StPO – wie auch ihr systematischer Zusammenhang mit den Vorschriften über die Wiedereinsetzung zeigt – dazu dienen soll, die Rechtsmittelfristen tendenziell (rechtsmittelfreundlich) zu verlängern. § 43 StPO regelt zu diesem Zweck eine Abweichung von der ansonsten anzuwendenden kalendarischen Berechnung (der Monat, der am 1. Januar beginnt, endet mit Ablauf des 31. Januar – nicht erst am 1. Februar). Besonders deutlich wird das in § 43 Abs. 2 StPO. In der Praxis wirkt sich die durch § 43 StPO statuierte Berechnungsmethode zumeist zugunsten des Beschuldigten aus, weil dieser in der Mehrzahl der Fälle Rechtsmittelführer ist. Hier würde sich die (analoge) Anwendung des § 43 StPO auf die Jahresfristen des § 56a StGB jedoch immer zum Nachteil des Verurteilten auswirken, weil die Bewährungszeit dadurch (wenn auch nur um einen Tag) verlängert würde, was – wie der vorliegende Fall exemplarisch zeigt – erhebliche Folgen haben kann (nicht nur für die Strafzumessung bei Rückfalltaten, sondern vor allem beim Widerruf der Aussetzung der Vollstreckung mehrjähriger Strafen oder Strafreste gemäß §§ 56f, 57, 57a StGB). Derart nachteilige Konsequenzen dürfen nicht durch eine richterliche Analogie herbeigeführt werden, sie bedürften aus Sicht des Senats zu ihrer Legitimierung einer gesetzgeberischen Entscheidung (dies übersieht Mosbacher in seiner Kommentierung in Satzger / Schluckebier / Widmaier, StGB 2. Aufl., § 56a Rdn. 8, wenn er zwar aus genau diesem Grunde § 43 Abs. 2 StPO nicht analog auf die Berechnung der Bewährungszeit anwenden will, im Übrigen aber meint, die Bewährungszeit ende mit Ablauf des Tages dessen Benennung dem Tag des Eintritts der Rechtskraft entspreche; im Ergebnis demgegenüber so wie hier z.B. OLG Hamm, Beschluss vom 15. März 2011 – 2 Ws 29/11 – [juris]; Senat, Beschluss vom 11. April 2007 – 2 Ws 266/07 –).“

Also: Keine „stillschweigende“ Verlängerung der Bewährungszeit…..