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Verfahrenseinstellung wegen Todes des Angeklagten, oder: Notwendige Auslagen i.d.R. bei der Staatskasse

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Und dann gibt es heute natürlich Gebühren- oder Kostenentscheidungen. Es ist ja schließlich Freitag 🙂 .

Ich beginne mit dem

Es geht in dem Beschluss um die Auslagenerstattung nach Einstellung des Verfahrens wegen Todes des Angeklagten im laufenden Berufunsgverfahren. Dazu führt das LG im LG Bremen, Beschl. v. 15.09.2025 – 63 NBs 220 Js 62977/23 (16/25) – aus:

„Die Kostenentscheidung richtet sich im Fall des Todes des Angeklagten entsprechend § 467 Abs. 1 StPO nach den Grundsätzen, die bei einer Einstellung wegen eines Verfahrenshindernisses allgemein anzuwenden sind (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 3).

Die Kammer macht keinen Gebrauch von der Ausnahmevorschrift des § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO, wonach davon abgesehen werden kann, die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn der Angeklagte nur deshalb nicht rechtskräftig verurteilt wird, weil mit seinem Tod ein Verfahrenshindernis eingetreten ist. Denn der Angeklagte wäre bei Fortführung des Berufungsverfahrens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht (erneut) verurteilt, sondern freigesprochen worden.

1. Die Vorschrift des § 188 StGB ist – auch unter Berücksichtigung ihrer Erweiterung in Absatz 1 Satz 2 durch das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität v. 30.03.2021 (BGBl. 2021 I 441) – nicht auf (leitende) Mitarbeiter eines Jugendamtes zugeschnitten. Denn den besonderen Schutz des § 188 StGB genießen nur Personen, die im politischen Leben des Volkes stehen und die deshalb, weil sie besonders exponiert sind, in erhöhtem Maß auch das Ziel von Ehrverletzungen sind. Schon wegen des relativ hohen Maßes an Unbestimmtheit des damit umschriebenen Personenkreises und der damit bestehenden Gefahr einer Ausuferung sind die Grenzen jedoch eng zu ziehen. Für den Sonderschutz des § 188 StGB genügt insbesondere nicht schon die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, auch wenn dies in einer herausragenden Stellung geschieht (vgl. Eisele/Schittenhelm, in: Tübinger Kommentar zum Strafgesetzbuch, 31. Auflage 2025, § 188 Rdnr. 2 m.w.N.). Dass der Geschädigte B.L. über seine berufliche Funktion hinausgehend bzw. unabhängig von ihr (kommunal-) politisches Engagement entfaltet hätte und in dieser Funktion zur Zielscheibe der unzulässigen Äußerungen geworden wäre, ist hingegen nicht ersichtlich.

Der vorstehenden Rechtsauffassung der Kammer ist die vor Erlass des hiesigen Einstellungsbeschlusses angehörte Staatsanwaltschaft Bremen nicht entgegengetreten.

2. Darüber hinausgehend bestehen auch auf tatsächlicher Ebene durchgreifende, einem hinreichenden Tatverdacht entgegenstehende Zweifel daran, dass der Angeklagte nach Durchführung des Berufungsverfahrens – auch wegen anderer in Betracht kommender Straftatbestände nach den §§ 185 ff. StGB – (erneut) verurteilt worden wäre.

Die Person, die am 11.08.2023 auf dem Parkplatz des … in der C-Straße in [Ort 1] mindestens 14 Notizzettel mit den maschinell-schriftlichen Aufdrucken „B.L. fickt Kinder“ und „B.L. vergewaltigt Kinder“ hinter die Scheibenwischerblätter dort geparkter Fahrzeuge geklemmt hatte, ist polizeilich nicht festgestellt worden. Die Person flüchtete vielmehr, bevor ihre Identität durch die eingesetzten Polizeibeamten aufgeklärt werden konnte.

Das Amtsgericht stützte seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten insbesondere auf die Aussage des vernommenen Zeugen W und in noch größerem Maß auf die Angaben des Zeugen E. Hierzu merkt die Kammer an, dass diese beiden Zeugen zwar am Tattag vor Ort mit dem Täter in Kontakt standen und sich mit ihm unterhielten. Gleichwohl haben beide im Laufe des Ermittlungsverfahrens erklärt, von dem Gesicht der betreffenden Person wenig gesehen zu haben, da diese an dem regnerischen Tattag eine Kapuze bis tief in die Stirn getragen habe. Zu etwaigen Details wie Brille oder Bart konnte der Zeuge W gar nichts sagen; der Zeuge E seinerseits konnte ebenfalls nicht viele Einzelheiten benennen und schätzte den Täter auf ca. 40 Jahre und damit rund 10 Jahre jünger als den Angeklagten.

Bei einer polizeilichen Wahllichtbildvorlage haben die Zeugen den Angeklagten nicht sicher identifiziert; vielmehr ging der Zeuge W von einer Wiedererkennungswahrscheinlichkeit von 85% aus, der Zeuge E (der nach Aktenlage und insbesondere nach den Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil in wesentlich intensiverem Kontakt zu dem Täter gestanden hatte) sogar nur von einer solchen von 70% bzw. 75%. Hierbei bezog sich der höhere Prozentwert auf das Lichtbild einer Person, die nicht der Angeklagte gewesen ist.

Dass der Angeklagte Konflikte mit dem Jugendamt hatte, könnte zwar ein mögliches Motiv für die ihm vorgeworfene Tat darstellen; gleichwohl ist u.a. aus dem Verfahren 63 NBs … Js … (…/…)) gerichtsbekannt – und liegt im Übrigen auch auf der Hand –, dass das Jugendamt [Ort 1] vor dem Hintergrund seiner im Einzelfall besonders eingriffsintensiven Maßnahmen und einer damit verbundenen Machtfülle oftmals Adressat besonders starker Kritik ist.

Der frühere Angeklagte selbst hat den Tatvorwurf über eine Verteidigererklärung abgestritten und war in der ersten Hauptverhandlung auch nicht anwesend. Bei der am 22.12.2023 erfolgten Wohnungsdurchsuchung sind keine Beweismittel gefunden worden, die den früheren Angeklagten belastet hätten, wobei die eingesetzten Beamten u.a. seine elektronischen Medien eingesehen hatten. Dass der Täter am Tattag gegenüber dem Zeugen E erklärt hatte, er käme aus [Ort 2] – was auf den Angeklagten zutrifft – fällt auch in einer Gesamtschau der Indizien nicht entscheidend ins Gewicht, zumal es für den wahren Täter nahegelegen hätte, unzutreffende Angaben zu seiner Herkunft zu machen, um seine Identifikation zu erschweren.

Nach alledem wäre der Angeklagte bei Fortführung des Berufungsverfahrens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit freigesprochen worden, sodass die Kammer von der Ausnahmevorschrift des § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO keinen Gebrauch gemacht hat. Vielmehr hat sie neben den Kosten des Verfahrens auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt.

III.

Die Entscheidung über die Entschädigung des früheren Angeklagten für die am 22.12.2023 erfolgte Durchsuchung seiner Wohnung in der A-Straße … in [Ort 1] dem Grunde nach folgt aus § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 StrEG.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 StrEG kann die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen ganz oder teilweise versagt werden, wenn der Beschuldigte wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis bestand. Für die Anwendbarkeit der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 StrEG bestehen hierbei die gleichen Voraussetzungen wie für § 467 Abs. 3 Nr. 2 StPO (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 20.07.2010 – 1 Ws 218/10, NStZ 2011, 176 (Ls.)). Auf die Ausführungen unter Ziffer II. des vorstehenden Beschlusses wird daher Bezug genommen. Die Kammer hat auch von der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 StrEG keinen Gebrauch gemacht.“

Kostenentscheidung zu Lasten eines Beistandes, oder: Rechtsmittel im Auftrag und mit Willen des Mandanten

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Heute ist Freitag und damit Gebühren- oder Kostentag. Und zu der Thematik gibt es heute dann zwei Entscheidungen, die sich mit Kostenentscheidungen befassen.

Ich beginne mit dem BVerfG, Beschl. v. 24.07.2025 – 2 BvR 424/24. Das hat sich mit einer zu Lasten eines Beistands ergangenen Kostenentscheidung befasst.

Die Staatsanwaltschaft hat gegen zwei Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Urkundenfälschung geführt. Mit Schreiben vom 30.04.2022 beantragte der Geschädigte die gerichtliche Genehmigung des Beschwerdeführers als seinen Verletztenbeistand. Dies wurde vom AG gemäß § 406f Abs. 1 i.V.m. mit § 138 StPO genehmigt. Dies begründete es damit, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um einen Studenten der Rechtswissenschaften, der als Familienangehöriger des Geschädigten dessen Vertrauen genieße. Im Hinblick auf den Gegenstand des Verfahrens und die Aufgaben des Verletztenbeistands sei das Tätigwerden eines Familienangehörigen, der über Rechtskenntnisse verfüge, mit den Belangen der Rechtspflege vereinbar.

Mit Verfügung vom 16.5.2023 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen beide Beschuldigte gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Gegen diese Entscheidung legte der Beistand mit Schreiben vom 12.06.2023 „namens und in Vollmacht des Geschädigten“ Beschwerde ein und beantragte die Gewährung von Akteneinsicht durch Übersendung der Papierakten an seine Wohnanschrift. Nachdem die Staatsanwaltschaft die beantragte Akteneinsicht abgelehnt und darauf hingewiesen hatte, dass jedoch dem Geschädigten Akteneinsicht in den Räumlichkeiten der Staatsanwaltschaft gewährt werden könne, beantragte der Beistand mit Schreiben vom 23.06.2023 eine gerichtliche Entscheidung im Hinblick auf sein Akteneinsichtsgesuch.

Das AG bestätigte daraufhin mit Beschluss vom 21.07.2023 die Entscheidung der Staatsanwaltschaft. Die Kosten des Verfahrens legte das AG dem Beistand auf. Zur Begründung führte es u.a. aus, dass eine Genehmigung gemäß § 138 StPO nicht dazu führe, dass der Beistand einem Rechtsanwalt gleichzustellen wäre.

Dagegen erhob der Beistand „namens und in Vollmacht für den Geschädigten“ Beschwerde. Das LG hat dann „auf die Beschwerde des Verletztenbeistands […] vom 31.07.2023“, die Beschwerde auf Kosten des Beistands als unbegründet verworfen. Dagegen hat der Beistand Verfassungsbeschwerde eingelegt. Er meint, die Entscheidung des LG, ihm die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, sei willkürlich und verletzte ihn in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Das BVerfG führt zur Begründetheit aus:

„2. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Die angegriffene Entscheidung verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot, soweit das Landgericht dem Beschwerdeführer die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels auferlegt hat.

a) Die Auslegung des Gesetzes und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür zuständigen Gerichte und daher der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen; ein verfassungsrechtliches Eingreifen gegenüber den Entscheidungen der Fachgerichte kommt unter dem hier gerügten Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Bedeutung als Willkürverbot nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht (vgl. BVerfGE 74, 102 <127>; stRspr). Ein Richterspruch verstößt nicht schon dann gegen das Verbot objektiver Willkür, wenn die angegriffene Rechtsanwendung oder das dazu eingeschlagene Verfahren fehlerhaft sind. Hinzukommen muss, dass Rechtsanwendung oder Verfahren unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 80, 48 <51>), etwa wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>; 112, 185 <216>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. September 2024 – 2 BvR 375/24 -, Rn. 15).

b) Nach diesem Maßstab verletzt der angegriffene Beschluss den Beschwerdeführer hinsichtlich der Kostentragung in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.

aa) Ziel der Erhebung von Gebühren und Auslagen ist die zutreffende Zuordnung der Kosten nach dem Veranlassungsprinzip und die Entlastung des Justizhaushalts von Kosten, die andernfalls von der Allgemeinheit zu tragen wären (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Juni 2006 – 2 BvR 1596/01 -, Rn. 29 m.w.N.). Das Mittel liegt im öffentlichen Interesse und ist verfassungslegitim (vgl. BVerfGE 10, 264 <268>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Juni 2006 – 2 BvR 1596/01 -, Rn. 29). Auch dem geltenden strafprozessualen Kostenrecht liegt das Veranlassungsprinzip zugrunde, das in manchen Regelungen ergänzt wird durch den Verschuldensgrundsatz, in anderen durch den Billigkeitsgrundsatz (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. August 1994 – 2 BvR 902/94 -, juris, Rn. 41; Schmitt, in: Schmitt/Köhler, StPO, 68. Aufl. 2025, vor § 464 Rn. 3). Bei der hier gegenständlichen Kostenzuordnung gemäß § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO gilt ausschließlich das Veranlassungsprinzip (vgl. Gieg, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 9. Aufl. 2023, § 473 Rn. 3; Maier, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2. Aufl. 2024, § 473 Rn. 25).

Kostenp?ichtig ist daher gemäß § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO grundsätzlich auch, wer ein Rechtsmittel für einen anderen ohne Vertretungsmacht eingelegt hat (vgl. Gieg, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 9. Aufl. 2023, § 473 Rn. 2; Maier, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2. Aufl. 2024, § 473 Rn. 43; Steinberger-Fraunhofer, in: SSW-StPO, 6. Aufl. 2025, § 473 Rn. 3). Dies gilt für den vollmachtlosen Verteidiger (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2024 – 6 StR 516/24 -, juris, Rn. 3), aber auch für den Verteidiger, der das Rechtsmittel gegen den Willen des Beschuldigten eingelegt oder weiterverfolgt hat (vgl. Thüringer OLG, Beschluss vom 29. Mai 2017 – 1 Ws 134/17 -, juris, Rn. 15; Maier, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2. Aufl. 2024, § 473 Rn. 43; Niesler, in: BeckOK StPO, § 473 Rn. 2 <Juli 2025>; Schmitt, in: Schmitt/Köhler, StPO, 68. Aufl. 2025, § 473 Rn. 8), wenn der Beschuldigte der Einlegung des Rechtsmittels widersprochen oder seinen entgegenstehenden Willen zu erkennen gegeben hat (vgl. Thüringer OLG, Beschluss vom 29. Mai 2017 – 1 Ws 134/17 -, juris, Rn. 15; S. Hohmann, in: Radtke/Hohmann, StPO, 2. Aufl. 2025, § 473 Rn. 6). Nach teilweise vertretener Ansicht kommt eine Kostentragungspflicht des das Rechtsmittel im fremden Namen einlegenden Vertreters nach § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO dabei schon dann in Betracht, wenn er damit eine ihm erteilte Vollmacht überschritten hat (vgl. Maier, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2. Aufl. 2024, § 473 Rn. 46).

bb) Eine solche Fallgestaltung liegt im Streitfall nicht vor. Der Beschwerdeführer hat die Beschwerde gegen die versagte Akteneinsicht ausdrücklich namens und in Vollmacht des Geschädigten erhoben. Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der Vollmacht oder eine Vollmachtsüberschreitung bestehen nicht. Somit war das von dem Verletztenbeistand eingelegte Rechtsmittel nach allgemeiner Ansicht – ähnlich wie im Falle des Verteidigers nach § 297 StPO – auch im Hinblick auf die Kostenentscheidung zwingend als ein Rechtsmittel des Geschädigten selbst zu behandeln (vgl. etwa Kurtze, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl. 2024, § 473 Rn. 11). Für eine Kostenauferlegung zu Lasten des Beschwerdeführers verblieb kein Raum. Die gegenteilige, nicht näher begründete Auffassung des Landgerichts ist unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar.

cc) Dass das Landgericht ausweislich des Eingangssatzes zur Beschlussformel „auf die Beschwerde des Verletztenbeistands“ entschieden hat, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Diese Formulierung steht bereits im Widerspruch zu der weiteren Aussage im angegriffenen Beschluss, der Beschwerdeführer habe die Beschwerde „namens und in Vollmacht“ des Geschädigten erhoben. Schließlich verbleibt bei der Ermittlung des Kostenschuldners im Sinne des § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO auch für die Berücksichtigung materieller Gesichtspunkte – wie hier etwa des Umfangs des Akteneinsichtsrechts eines nichtanwaltlichen Verletztenbeistands – kein Raum.“

Die Entscheidung ist zutreffend. Die Entscheidung des LG ist/war nicht nachvollziehbar. Denn der Beistand hatte die Beschwerde gegen die versagte Akteneinsicht ausdrücklich namens und in Vollmacht des von ihm vertretenen Geschädigten erhoben. Wie man dann, wenn keine Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der Vollmacht oder eine Vollmachtsüberschreitung gegeben sind, auf die Idee kommen kann, es handele sich nicht um ein Rechtsmittel des Geschädigten sondern um eins des Beistands, erschließt sich nicht. Damit war aber nach § 297 StPO die Kostenentscheidung zwingend zu Lasten des Geschädigten zu treffen.

Arbeitsaufnahme durch Kostendruck im JGG-Verfahren, oder: Erziehungsgedanke hin, Erziehungsgedanke her

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Im zweiten Posting dann einen LG-Beschluss zur Kostenentscheidung im JGG-Verfahren, und zwar zum Absehen von der Auferlegung der Kosten. Es handelt sich um den LG Münster, Beschl. v. 24.01.2024 – 1 Qs 4/24.

Der Angeklagte wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen die Kostenentscheidung eines im JGG-Verfahren ergangenen Urteils, durch das er wegen Körperverletzung zu 100 Stunden Sozialdienst nach näherer Weisung der Jugendgerichtshilfe, um dadurch die Auszahlung eines Betrages in Höhe von 1.200 EUR durch den Opferhilfe e.V. an den durch die Körperverletzung Geschädigten zu bewirken, sowie zu einer Zahlung von 1.200 EUR in monatlichen Raten zu je 100 EUR an den Geschädigten verurteilt worden ist. Das AG hatte „mit Rücksicht auf das Einkommen des Angeklagten [aus dessen ungelernter Tätigkeit in einem Malerbetrieb], mit dem er noch im Elternhaus wohnend seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten muss, aus erzieherischen Gründen“ von einer Anwendung des § 74 JGG abgesehen und dem Angeklagten gemäß § 465 Abs. 1 StPO die Kosten des Verfahrens auferlegt. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg:

„Die Vorschrift des § 74 JGG eröffnet dem Gericht als Ausnahme von den allgemeinen Kostengrundsätzen der StPO die Möglichkeit, aus erzieherischen Gründen und Gründen der Billigkeit von der Auferlegung der Kosten und Auslagen ganz oder teilweise abzusehen, so dass diese die Staatskasse zu tragen hat (OLG Hamm NJW 1963, 1168; OLG Jena NStZ-RR 1998, 153). Zweck der Vorschrift ist insbesondere, den Jugendlichen bzw. Heranwachsenden entsprechend des Präventionsgedankens im Jugendstrafrecht vor einer zusätzlichen und oftmals besonders schädlichen wirtschaftlichen Beeinträchtigung durch eine Art „Zusatzstrafe“ zu schützen und eine positive Entwicklung zu ermöglichen (OLG Köln BeckRS 2010, 00435; KG BeckRS 2006, 13663; OLG Jena NStZ-RR 1998, 153). Bei der Entscheidung über die Anwendung des § 74 JGG handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, deren Maßstab es einerseits ist, eine wirtschaftliche Gefährdung des Angeklagten zu vermeiden, ihm andererseits durch die Auferlegung der Kosten zu zeigen, dass er für die Folgen seines Tuns einzustehen hat (BGI-1BeckRS 2016, 05080; KG BeckRS 2006, 13663). Bei der Entscheidung, die aus Gründen der Billigkeit unter Berücksichtigung des Erziehungsgedankens zu treffen ist (OLG Hamm NJW 1963, 1168), ist dem Tatrichter ein weiter Ermessenspielraum zuzubilligen (KG BeckRS 2008, 10468). Bei dieser Ermessenentscheidung ist eine zukunftsorientierte Betrachtungsweise geboten, in die sowohl die finanziellen Verhältnisse des Angeklagten, als auch seine Lebensumstände einzubeziehen sind (vgl. OLG Düsseldorf BeckRS 2011, 05965; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1996, 24; ins-gesamt zum Vorstehenden BeckOK JGG/Pawlischta, 31. Ed. 1.11.2023, JGG § 74 Rn. 4 ff.).

Der Beschwerdeführer war im Urteilszeitpunkt 18 Jahre. und vier Monate, heute ist er 18 Jahre und zehn Monate alt. Er ist schuldenfrei. Im Zeitpunkt des genannten Urteils ging der Angeklagte einer ungelernten Tätigkeit in einem Malerbetrieb nach. Heute hat er einen Minijob als Verkäufer in einer Tankstelle. Bei einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden verdient er aktuell monatlich 500 Euro. Er wohnt weiterhin mietfrei bei seinen Eltern und zahlt ebenfalls weiterhin monatlich lediglich ein Kostgeld in Höhe von 150 Euro. Er war und ist uneingeschränkt arbeitsfähig und beabsichtigt, künftig auch in Vollzeit zu arbeiten. Aktuell hat er sich um eine entsprechende Arbeitsstelle beworben.

Vor diesem Hintergrund ist unter Zugrundelegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der angegriffenen Kostenentscheidung und bei der gebotenen zukunftsorientierten Betrachtungsweise eine dem Erziehungsgedanken schadende finanzielle Belastung durch die getroffene Kostenentscheidung nicht zu befürchten. Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung berufstätig und hatte nur geringe Ausgaben für seinen Lebensunterhalt. Gründe, warum für die Zukunft von einer nur eingeschränkten Erwerbstätigkeit auszugehen sein sollte, ergeben sich nicht aus der damaligen Aktenlage. Dass eine Kostentragungspflicht eine zusätzliche Belastung darstellt, liegt zwar in der Natur der Sache. Diese hat das Amtsgericht jedoch auch berücksichtigt und keine über die verhängte Rechtsfolge hinausgehende Maßnahme angeordnet. Die sich aus der Gesamtschau von Rechts- und Kostenfolge ergebende Belastung ist vorliegend angesichts der im Urteil festgestellten persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers damit nicht derart gravierend, dass sie den Grad einer eigenständigen weiteren Strafe erreicht. Dass der Beschwerdeführer die Kosten des durch seine Straffälligkeit verursachten Strafverfahrens zu tragen hat, ist vorliegend vielmehr allein die gesetzmäßige Konsequenz einer auf dem eigenen Fehlverhalten beruhenden Verurteilung.

Die spätere Beendigung der Tätigkeit im Malerbetreib durch den Beschwerdeführer und die Aufnahme eines Minijobs führt angesichts § 464 Abs. 3 S. 2 StPO zu keiner anderen Bewertung. Die Kammer erlaubt sich gleichwohl die Anmerkung, dass auch unter Zugrundelegung des aktuellen Einkommens in Höhe von monatlich 500 Euro angesichts der nur geringen Ausgaben des Beschwerdeführers für seinen Lebensunterhalt und seiner weiterhin bestehenden uneingeschränkten Erwerbsfähigkeit, die auch eine Arbeit in Vollzeit erlaubt, worum sich der Beschwerdeführer nunmehr auch bemüht, ein ausnahmsweises Absehen von der Kostentragungspflicht aus pädagogischen Gründen nicht angezeigt ist. Tatsächlich bietet die Kostenbelastung dem Beschwerdeführer, der bislang mit Blick auf seine Ausbildung kaum Durchhaltevermögen erkennen ließ und dessen beruflicher Lebensweg bislang unstet war, die Chance, auch selbst die Notwendigkeit der Aufnahme einer Arbeit von nicht nur geringem Umfang oder einer Ausbildung zu erkennen und sich hierzu zu motivieren.“

Über die Entscheidung kann man streiten. Der eine wird sie und das beabsichtigte zusätzliche Einwirken auf den Angeklagten begrüßen, der andere wird darauf abstellen, dass es dann auch mal genug ist und dass die Kostenentscheidung im JGG-Verfahren – Erziehungsgedanke hin, Erziehungsgedanke her – nicht unbedingt dafür herhalten sollte, einen Angeklagten zur Arbeitsaufnahme anzuhalten. Wo man den Schwerpunkt setzen will, ist „Geschmacksache“.

Erfolgreiches Rechtsmittel gegen Ordnungsmittel, oder: Gibt es eine Kostenentscheidung?

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Im zweiten Posting geht es um den AG Koblenz, Beschl. v. 11.10.2024 – 30 AR 8/24 – und die Frage: Muss es im Beschwerdeverfahren des Ordnungsmittelverfahrens der StPO eine Kostenentscheidung geben. In der Rechtsprechung ist nicht abschließend geklärt, wer die notwendigen Auslagen eines erfolgreichen Rechtsmittels gegen eine Entscheidung in einem Ordnungsmittelverfahren der StPO trägt. Das AG Koblenz hat dazu nun Stellung genommen.

In dem Fall war im Ermittlungsverfahren war durch die Staatsanwaltschaft die zeugenschaftliche Vernehmung einer Zeugin durch eine Polizeidirektion angeordnet worden. Nachdem die Zeugin einer Ladung nicht nachgekommen war, erließ die Staatsanwaltschaft einen Vorführbefehl für die Zeugin und verhängte ein Ordnungsgeld von 200 EUR. Später wurde die Zeugin durch die Polizei persönlich zu Hause angetroffen und macht dann schließlich ihre Aussage. Die Staatsanwaltschaft hielt an ihrer Ordnungsgeldentscheidung fest und versuchte, diese in der Folge erfolglos zu vollstrecken. Sie beantragte dann, gegen die Zeugin Ordnungshaft festzusetzen. Daraufhin meldete sich der Rechtsanwalt für die Zeugin und beantragte Abweisung der beantragten Ordnungshaft und Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Ordnungsgeldentscheidung. Das AG hat die Ordnungsgeldentscheidung aufgehoben und den Antrag auf Ordnungshaft zurückgewiesen. Es hat zudem die Kosten des „Beschwerdeverfahren“ der Staatskasse auferlegt. Dazu sagt es:

„Das Beschwerdeverfahren gegen einen Ordnungsgeldbeschluss ist ein selbständiges Zwischenverfahren, das einer eigenen Kostenentscheidung bedarf (entgegen BGH, Beschluss vom 12.06.2007, VI ZB 4/07, und BAG, Beschluss vom 20.08.2007, 3 AZB 50/05). Rechtsgrundlage für die Entscheidung ist der Rechtsgedanke aus § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 467 StPO, mittels dessen die planwidrige Lücke in der Prozessordnung geschlossen wird (Anschluss an BFH, st. Rspr., vgl. Beschluss vom 07.03.2007, X B 76/06).“

Ist m.E. richtig und wird im Übrigen, wenn man eine Zeugenvernehmung im Ermittlungsverfahren als eine Ermittlungsmaßnahme i.S. des § 473a StPO ansieht, durch die Regelung des § 473a StPO, der durch das 2. Opferrechtsreformgesetz eingeführt worden ist, bestätigt.

Und dann stellt sich die ebenso interessante Frage, wie der der den Zeugen vertretende Rechtsanwalt abrechnet.. Dazu gilt: Bei der Vertretung des Zeugen im „Beschwerdeverfahren“ handelt es sich um eine Einzeltätigkeit nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG, und zwar um „eine andere nicht in Nummer 4300 oder 4301 erwähnten Beistandsleistung“. Abgerechnet wird also nach Nr. 4302 VV RVG (s. auch Burhoff/Volpert/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021, Nr. 4301 VV Rn 10). Dabei wird man ggf. die Frage diskutieren können/müssen, ob nicht mehrere Angelegenheiten vorliegen, und zwar hier ggf. „Beschwerde“ gegen den Ordnungsgeldbeschluss und Antrag auf Abweisung des Ordnungshaftverfahrens. Voraussetzung ist aber, dass dem Tätigwerden des Rechtsanwalts jeweils ein Einzelauftrag zugrunde liegt (Burhoff/Volpert/Volpert, RVG, Vorbem. 4.3 VV Rn 55 ff.).

Kostenentscheidung nach Entfallen der Einziehung, oder: Auswirkungen zugunsten des Angeklagten

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Die zweite Entscheidung kommt dann mit dem BGH, Beschl. v. 27.08.2024 – 5 StR 240/24 – auch vom BGH. Der hat dann auch noch einmal zur Kostenentscheidung beim Entfallen einer Einziehungsanordnung Stellung genommen.

Das LG hatte den Angeklagten wegen Beihilfe zum schweren Raub und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 10.000 EUR angeordnet, wobei er insoweit als Gesamtschuldner haften sollte. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt; mit seiner sofortigen Beschwerde hat er die Kostenentscheidung des Urteils angegriffen, soweit ihm seine notwendigen Auslagen insgesamt auferlegt worden sind.

Der BGH hat das Urteil des LG wegen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben, die weitergehende Revision hat er verworfen. Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten hat er die Kostenentscheidung des LG-Urteils dahin ergänzt, dass der Angeklagte seine notwendigen Auslagen hinsichtlich der Einziehung nur insoweit trägt, als diese angeordnet worden ist; im Übrigen trägt diese Auslagen die Staatskasse. Im Umfang der Aufhebung hat der BGH dann die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision und der sofortigen Beschwerde, an das LG zurückverwiesen:

„4. Die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg.

Für die Verteidigung gegen die Einziehung ist dem Verteidiger eine zusätzliche Gebühr nach Nr. 4142 der Anlage 1 Teil 4 Abschnitt 1 Unterabschnitt 5 zum RVG (im Folgenden VV-RVG) entstanden, die – in Abweichung vom allgemeinen strafprozessualen Vergütungssystem nach Pauschalsätzen – nach dem (Gegenstands-)Wert der Einziehung berechnet wird (§§ 13, 49 RVG). Dieser betrug entsprechend der Anklageschrift mehr als 217.000 Euro; aus diesem Wert ist die Gebühr zu berechnen (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 26. Oktober 2023 – 3 Ws 66/23). Tatsächlich eingezogen wurde bei dem Angeklagten aber nur ein Betrag in Höhe von 10.000 Euro; insoweit wäre eine geringere Gebühr angefallen (vgl. Anlage 2 RVG zu § 13 Abs. 1 Satz 3 RVG; § 49 RVG).

Das – hier weitgehende – Entfallen der von der Staatsanwaltschaft begehrten Einziehungsanordnung muss sich, wenn die Tragung der gesamten Kosten (vgl. § 465 Abs. 1 StPO) durch den Angeklagten unbillig wäre, bei der Kostenentscheidung zugunsten des Angeklagten auswirken (BayObLG, StraFo 2024, 74, 75; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 14. Oktober 2020 – 5 StR 229/19; vom 25. Februar 2021 – 1 StR 423/20, NJW 2021, 1829; vom 13. Oktober 2021 – 4 StR 270/21 Rn. 2; vom 1. Februar 2024 – 5 StR 93/23, wistra 2024, 344, 345). Dies hat der Senat nach dem Rechtsgedanken des § 465 Abs. 2 Satz 2 StPO für die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens jedenfalls dann zu beachten, wenn – wie hier – eine zulässige Kostenbeschwerde erhoben ist und die tatgerichtliche Einziehungsanordnung aus Rechtsgründen niedriger als ursprünglich beantragt ausfällt, ohne dass von der Einziehung nach § 421 StPO abgesehen wird (zur Behandlung der Kosten im Revisionsverfahren, insbesondere wenn nach § 421 StPO von der Einziehung abgesehen wird BGH, Beschlüsse vom 26. Mai 2021 – 5 StR 458/20, NStZ-RR 2021, 229, 230; vom 8. Dezember 2021 – 5 StR 296/21, NStZ-RR 2022, 160; vgl. zur Kostenentscheidung bei Absehen von der Einziehung auch KG Berlin, wistra 2024, 130, 131).

Hier wäre es unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu belasten, weil die Entscheidung über die Einziehung in erheblichem Umfang zu seinen Gunsten ausgegangen ist und durch die ursprüngliche Beantragung höhere notwendige Auslagen nach § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO entstanden sind. Da diese Kosten mit Blick auf ihre zusätzliche Entstehung (vgl. Nr. 4142 VV-RVG) ohne weiteres identifizier- und bezifferbar sind, hat der Senat insoweit eine Entscheidung über die Kostentragungspflicht getroffen und von einer Verteilung nach Bruchteilen (vgl. § 464d StPO) abgesehen. Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung steht dem nicht entgegen, da sich für das Strafverfahren und das vermögensordnende, quasi-kondiktorische Einziehungsverfahren (vgl. Habetha, NJW 2021, 1830, 1831) mit Fest- und Wertgebühren unterschiedliche Gebühren- und Vergütungssysteme gegenüberstehen (vgl. BayObLG, StraFo 2024, 74, 79).“

Die Entscheidung liegt auf der Linie der obergerichtlichen Rechtsprechung in der Frage. Diese hat für den Angeklagten und auch den Verteidiger erhebliche Bedeutung, da er, wenn der Staatskasse ein Teil der notwendigen Auslagen auferlegt wird, diese gegenüber der Staatskasse geltend machen kann, wobei er – als Pflichtverteidiger –  nicht an die Beschränkungen aus § 49 RVG gebunden ist.

Interessant ist die Entscheidung des BGH auch wegen der Ausführungen zum Gebührenanspruch des Verteidigers. Denn mit denen bestätigt der BGH – inzidenter – noch einmal die h.M. in der Rechtsprechung. wonach sich die Höhe der Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG nach den zum Zeitpunkt des Entstehens der Gebühr erkennbaren Anhaltspunkten in der Verfahrensakte richtet.

Kann man übrigens alles nachlesen bei <<Werbemodus an>> Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021 <<Werbemodus aus>>.