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Corona II: Die Maskenpflicht des Verteidigers in der HV, oder: Wenn der Verteidiger auch als Schamane tätig ist

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In der zweiten Entscheidung, dem LG Chemnitz, Beschl. v. 12.04.2021 – 4 Qs 108/21 – geht es noch einmal um die Maskenpflicht in der Hauptverhandlung. Grundlage der Entscheidung ist folgender Sachverhalt:

„Der Beschwerdeführer ist der gewählte Verteidiger der Angeklagten im Strafverfahren Z 2 Cs 730 Js 39632/20 vor dem Amtsgericht A, Zweigstelle S.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 26.02.2021 wurde der Beschwerdeführer als Verteidiger geladen. Die Ladung enthielt die Hinweise: „In der Verhandlung besteht aus Infektionsschutzgründen Maskenpflicht. Sie werden aufgefordert eine FFP2-Maske oder OP-Maske mitzubringen und bereits beim Betreten des Gerichtsgebäudes zu tragen. Bei Verstoß wird Anzeige erstattet. Ein ärztliches Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht wird nur anerkannt, wenn es den Vorgaben der Sächsischen Landesärztekammer entspricht. Das Attest muss im Original vorgelegt werden.“ Der Ladung beigefügt war durch das Gericht eine Pressemitteilung der Sächsischen Landesärztekammer vom 09.11.2020, in der sie – aus ihrer Sicht – die Anforderungen an ein wirksames ärztliche Attest zur Befreiung von der sog. „Maskenpflicht“ der Coronaschutzverordnung zusammenfasst. Darin wird insbesondere gefordert, dass die ärztliche Bescheinigung die prüfende Stelle in die Lage versetzen muss, das Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen zur Befreiung selbstständig zu prüfen. Namentlich sei die gesundheitliche Beeinträchtigung zu benennen, die zur Befreiung führen soll.

Zum Termin der mündlichen Hauptverhandlung am 10.03.2021 erschien der Beschwerdeführer ohne jegliche Mund-Nasenbedeckung. Auf Aufforderung des Gerichts, eine Maske zu tragen, verweigerte sich der Beschwerdeführer. Stattdessen legte er ein Dokument der Frau Dipl.-Med. pp. aus pp.. vom 19.06.2020 vor. Dieses Dokument ist augenscheinlich ein Vordruck einer ärztlichen Verordnung für Heilmittel, auf der (neben dem Praxisstempel der ausstellenden Ärztin, deren Unterschrift und das Datum der Ausstellung) allein der Name, Geburtstag und Anschrift des Beschwerdeführers, dessen Versicherer und der bloße Hinweis „Befreiung von der Maskenpflicht aus medizinischen Gründen“ abgedruckt wurde. Sonstige Daten – wie Versicherungsnummer, Personennummer, Angaben zur Versicherungskarte – fehlen vollständig auf dem Vordruck. Der Beschwerdeführer erklärte im eigenen Namen „an Eides statt“, dass er „aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen nicht in der Lage sei, eine Mund-Nasenbedeckung zu tragen“. Weitere Gründe gab er nicht an. Auf den Hinweis des Gerichts, dass das vorgelegte Attest nicht anerkannt werde, da es den Vorgaben der Landesärztekammer nicht entspreche, gab der Beschwerdeführer an, er werde keine Maske tragen. Die Vorsitzende ordnete daraufhin an, dass der Verteidiger den Sitzungssaal aufgrund des Infektionsschutzes zu verlassen habe. Hiergegen hat der Beschwerdeführer noch im Termin zur mündlichen Verhandlung „Beschwerde“ eingelegt und damit begründet, für die Anordnung zum Tragen einer Maske existiere weder in der Corona-Schutzverordnung noch im Infektionsschutzgesetz eine Rechtsgrundlage. Er habe das ärztliche Attest zur Glaubhaftmachung vorgelegt. Weiterhin sei seine Ärztin nicht an die Vorgaben der Landesärztekammer gebunden, „weil er privat versichert ist“. Die Hauptverhandlung wurde daraufhin ausgesetzt. Mit Schreiben vom 15.03.2021 schickte der Beschwerdeführer die Kopie eines nicht näher bezeichneten Dokuments – offensichtlich ein Teil der amtlichen Begründung zur Sächsischen Corona-Schutzverordnung vom 05.03.2021 – und markierte dort die Passage zur Befreiung von der Tragepflicht „Eine gesonderte Begründung [pp.] ist dabei aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erforderlich.“

Mit Beschluss des Amtsgerichts A, Zweigstelle S, vom 15.03.2021 hat das Gericht die sitzungspolizeiliche Anordnung vom 10.03.2021 aufrechterhalten. Weiterhin wurde der Verteidiger für die Hauptverhandlung nicht von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasenbedeckung befreit. Hilfsweise ordnete das Gericht an, dass der Verteidiger zu Beginn der Hauptverhandlung und an den nachfolgenden Sitzungstagen jeweils einen Nachweis einer Testung auf eine Infektion mit dem Corona-Virus SARA-CoC-2 als PCR-Test oder Schnelltest vorzulegen hat. Ein Selbsttest wird dagegen nicht als ausreichend angesehen. Der Test dürfe nicht älter als 48 Stunden sein. Im Wesentlichen wird der Beschluss durch das Amtsgericht damit begründet, dass eine Glaubhaftmachung einer Befreiung von der Pflicht, eine Mund-Nasenbedeckung zu tragen, durch das vorgelegte Attest nicht erfolgt sei, da dieses nicht die inhaltlichen Vorgaben der Sächsischen Landesärztekammer einhalte. Ein Attest zur Befreiung von der Tragepflicht müsse nachvollziehbar darlegen, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund der Mund-Nasen-Bedeckung zu erwarten sind. Allein die Bescheinigung, eine Person könne „aus gesundheitlichen Gründen“ keine Maske tragen, genüge hierfür nicht. Datenschutzrechtliche Gründe stünden einer solchen Forderung nicht entgegen. Auch könne ein Attest vom 18.06.2020 ohne Angabe dazu, ob eine akute oder eine chronische Erkrankung Grund für die Befreiung ist, nicht acht Monate später eine Befreiung glaubhaft machen. Im Übrigen wird auf den umfangreich begründeten Beschluss Bezug genommen.

Hiergegen wurde durch den Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 19.03.2021 Beschwerde eingelegt. Diese wurde mit Schreiben vom 06.04.2021 nochmals begründet. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, die Angabe der Diagnose sei in der Sächsischen Corona-Schutzverordnung nicht gefordert und es fehle „jedwede Rechtsgrundlage“. Die erkennende Richterin sei die einzige, die sein Attest nicht anerkenne. Dem Beschwerdeführer sei eine tatsächliche Diagnose durch einen Arzt nicht zuzumuten, da diese einen „erheblichen finanziellen Beitrag“ erfordere. Eine Glaubhaftmachung durch ihn sei in Form seiner eigenen eidesstattlichen Versicherung erfolgt. Er leide an „einer chronischen Erkrankung der Atemwege“. Auch setze er nie eine OP-Maske auf und habe auch insbesondere bei einem von ihm angesprochenen Treffen eines Gewerbevereins keinen Mindestabstand eingehalten, was durch die Polizei dort gebilligt worden sei. Weiterhin werde er als ethnische Minderheit diskriminiert, da er durch zwei Indianerstämme adoptiert worden sei. Auch habe die erkennende Richterin keine ausreichende medizinische Ausbildung, um den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers einschätzen zu können. Im Übrigen sei ein ausreichender Schutz im Gerichtssaal durch wiederholtes Lüften und im Saal angebrachte Plexiglasscheiben gewährleistet.“

Das LG sagt: Ob die Beschwerde überhaupt zulässig ist, kann dahinstehen, aber jedenfalls ist sie unbegründet. Da der Beschluss recht lang ist, stelle ich hier nur die Leitsätze ein und die Ausführungen des LG zum dem vorgelegten Attest.

Hier die Leitsätze:

  1. Rechtsgrundlage für die Anordnung einer Maskenpflicht in der Hauptverhandlung sind die §§ 238 Abs. 1 StPO, 176 GVG.

  2. Eine solche Anordnung ist zur Verhinderung der Ansteckung mit dem Corona-Virus geeignet und geboten.

  3. Ein ärztliches Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht darf sich nicht pauschal auf „medizinische Gründe“ beschränken, sondern muss zur Glaubhaftmachung Tatsachen zum Beleg dieser Feststellung aufweisen.

Und zum Attest führt das LG aus:

„d) Das „Attest“, welches der Beschwerdeführer dem Amtsgericht im Termin zur mündlichen Hauptverhandlung vorgelegt hat, genügt den obigen Grundsätzen ersichtlich nicht.

Dieses „Attest“ ist aus mehreren Gründen unzulänglich.

Zunächst enthält es – wie ausführlich ausgeführt – nicht die notwendigen Informationen zu der medizinischen Beeinträchtigung, die das Tragen einer Maske unmöglich (oder jedenfalls gefährlich etc.) machen könnte. Allein die Mitteilung „Befreiung von der Maskenpflicht aus medizinischen Gründen“ genügt hierfür ersichtlich nicht (OVG Münster Beschl. v. 24.9.2020 – 13 B 1368/20; VGH München, Beschluss vom 26.10.2020 – 20 CE 20.2185; VG Regensburg, Beschluss vom 02.11.2020 – RN 4 S 20.2660; ArbG Siegburg, Urt. v. 16.12.2020 – 4 Ga 18/20). Diese Begründung entspricht insbesondere nicht den Vorgaben der Sächsischen Landesärztekammer, deren Berufsordnung selbstverständlich auch die Ärztin des Beschwerdeführers verpflichtet ist.

Dies gilt selbst vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer sodann „an Eides statt“ erklärte, aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung keine Maske tragen zu können. Auch die Erklärung des Beschwerdeführers in seiner weiteren, sehr pauschalen Begründung, er leide an einer „chronischen Erkrankung der Atemwege“ vermag keine Glaubhaftmachung darzustellen. Zunächst verkennt der Beschwerdeführer, dass die eigene eidesstattliche Versicherung eines Antragstellers bzw. Betroffenen regelmäßig kein geeignetes Mittel zur Glaubhaftmachung ist (vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 30.11.2017 – 3 StR 539/17; Meyer-Goßner/Schmitt 63. Aufl. 2020 § 45 Rn. 9 m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt hier unverändert. Weiterhin enthalten selbst diese Erklärungen keine überprüfbaren Tatsachen zu seiner vermeintlichen gesundheitlichen Beeinträchtigung. Das Schlagwort einer „chronischen Atemwegserkrankung“ vermag ebenso wenig konkrete und belastbare Tatsachen darzulegen, die von einem Dritten überprüft werden kann, wie die Angabe der „medizinischen Gründe“.

Weiterhin ist das „Attest“ am 18.06.2020 ausgefüllt. Ohne Angabe der ausstellenden Ärztin dazu, ob eine akute oder eine chronische Erkrankung Grund für die Befreiung ist, kann bereits aus dem Zeitablauf überhaupt nicht beurteilt werden, ob acht Monate später zum Termin der Hauptverhandlung der vermeintliche Grund zur Befreiung noch vorliegt. Dass das pauschale Behaupten des Betroffenen, er leide an einer chronischen Krankheit nicht ausreichen kann, wurde bereits gezeigt. Bereits dieser Umstand zeigt, dass eine Konkretisierung der medizinischen Indikation Voraussetzung jeder Glaubhaftmachung sein muss, da ohne diese Konkretisierung jede „Überprüfung“ ad absurdum geführt werden würde.

Im Übrigen bestehen auch aufgrund der konkreten Form des vorgelegten „Attests“ erhebliche Zweifel an dessen Ernsthaftigkeit. So stellte die Ärztin Frau pp. – deren Praxis knapp 90 Kilometer vom Wohnort des Beschwerdeführers entfernt ist – diese Bescheinigung auf einem Vordruck für eine medizinische Verordnung aus, was für sich bereits jedenfalls ungewöhnlich ist und nach der Erfahrung der Kammer den fachlichen Gewohnheiten von Ärzten in vergleichbaren Fällen (bspw. in den behaupteten Fällen einer Verhandlungsunfähigkeit) widerspricht. Auch enthält diese Bescheinigung zwar den Namen und die Anschrift des Beschwerdeführers, jedoch keine Versicherungsnummer, die auch ein Versicherungsnehmer einer privaten Krankenversicherung besitzt. Aus der Erfahrung der Kammer spricht auch dieser Umstand erheblich gegen eine tatsächliche fachlich korrekte Diagnose, da es sich bei einer tatsächlichen Diagnose einer Befreiung von der Maskenpflicht um ein ärztliches Gutachten i.S.d. § 25 der Berufsordnung der Landesärztekammer Sachsen handelt (vgl. auch Pressemitteilung der Sächsischen Landesärztekammer vom 09.11.2020), das voraussetzt, dass der Patient tatsächlich durch den Arzt oder die Ärztin behandelt wurde. Eine solche Behandlung geht jedoch jedenfalls regelmäßig damit einher, dass die Versicherungsdaten des Patienten durch die Praxis erhoben werden und bei entsprechenden Attesten, Verordnungen etc. auch die Versicherungsnummer angegeben wird. Wird entgegen der weit verbreiteten guten Praxis dies – wie hier – nicht angegeben, spricht dies aus Sicht der Kammer erheblich gegen eine tatsächlich erfolgte Diagnose.

Der Beschwerdeführer verkennt in diesem Zusammenhang, dass die Ärztin, die eine Befreiung von der Maskenpflicht anregt, bereits hiermit (selbstverständlich) ein ärztliches Gutachten erstattet (vgl. auch Pressemitteilung der Sächsischen Landesärztekammer vom 09.11.2020), was allein auf einer fachgerechten Diagnose fußen darf. Soweit der Beschwerdeführer angibt, ein solches Gutachten sei ihm nicht zuzumuten, stellt er bereits selbst sein Attest zur Maskenbefreiung in Frage. Allein aufgrund eines medizinischen Gutachtens kann überhaupt erst eine Maskenbefreiung durch einen Arzt angeregt werden. Dass der Besuch bei einem Arzt mit dem Ziel einer Diagnose für eine privat versicherten Person Geld kostet, ist der Natur der Sache geschuldet und führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Anordnung. Auch vermag der pauschale Einwand des Beschwerdeführers, die finanzielle Belastung für eine tatsächliche ärztliche Diagnose sei ihm nicht zuzumuten, vor dem Hintergrund, dass er keine Kosten scheute, zur Ausstellung eines Attests eine einfache Fahrtstrecke über 90 Kilometer zu einer Ärztin – welche keine spezialisierte Lungenärztin oder Hals-Nasen-Ohren-Ärztin ist – in Kauf zu nehmen, nicht zu überzeugen.“

Man – zumindest ich – frage mich bei solchen Beschlüssen dann immer auch nach dem Hintergrund des beschriebenen Verhaltens, hier des Verteidigers. Vielleicht ist es ja eine Erklärung, was das LG hier festgestellt hat:

 

„Soweit das Amtsgericht in seinem Beschluss auch auf die Umstände abgestellt hat, dass der Beschwerdeführer ausweislich seiner von ihm im Internet veröffentlichten Vita als Schamane tätig ist und die Ärztin, die sein Attest ausstellte, vorwiegend Leistungen im Bereich der Homöopathie und bei der Erkennung von Schilddrüsenkrebs sowie deren Behandlung durch Punktion anbietet, lässt dies ebenfalls keinen Ermessensfehler erkennen. Zunächst sind diese Umstände ausweislich des Beschlusses nicht die tragenden Gründe für die Anordnung der Maskenpflicht und der Kontrolle des Attests. Auch war die Person des Beschwerdeführers insofern durchaus von Belang, als dass er aus Sicht des Gerichts Schutzmaßnahmen gegen die Coronapandemie grundsätzlich ablehnend gegenüber steht. Insofern kann das Gericht bei der Frage, ob ein ärztliches Attest tatsächlich auf einer stattgefundenen, fachlich korrekten Diagnose beruht oder ein Gefälligkeitsattest darstellen könnte, auch die sonstigen Begebenheiten der Ausstellung des Attests berücksichtigen. Das Ziel der sitzungspolizeilichen Anordnung ist es ja u.a. gerade, die Erstellung von Gefälligkeitsattesten ohne eine valide Diagnose hierzu aufzudecken. Eine Diskriminierung des Beschwerdeführers, der nach seinen Angaben von zwei nordamerikanischen Indianerstämmen adoptiert wurde, ist darin nicht zu sehen.“

StPO III: Bildaufnahmen in der HV gemacht?, oder: Darf der Vorsitzende das Handy sicher stellen?

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Und zum Tagesschluss dann noch ein Beschluss des OLG Oldenburg. Das hat im OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.03.2021 – 1 Ws 81/21 – zur Sicherstellung eines Mobiletelefons in der Hauptverhandlung Stellung genommen, und zwar wie folgt:

„Durch sitzungspolizeiliche Anordnung des Vorsitzenden der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Osnabrück vom 11. Februar 2021 wurde das Mobiltelefon des Angeklagten sichergestellt, nachdem sich nach Urteilsverkündung und Erteilung der Rechtsmittelbelehrung ein Zuschauer gemeldet und mitgeteilt hatte, dass der Angeklagte zuvor mit seinem Mobiltelefon Aufnahmen im Sitzungssaal gefertigt habe. Der Vorsitzende hat seine Anordnung damit begründet, dass überprüft werden solle, ob der Angeklagte Bild-, Audio- und/oder Videoaufnahmen von der Hauptverhandlung und daran Beteiligter gefertigt habe. Der Angeklagte händigte sein Mobiltelefon aus, erklärte aber, den Entsperrcode jetzt nicht angeben zu können.

Mit Verfügung vom gleichen Tag leitete der Vorsitzende der Berufungskammer das Mobiltelefon an die Staatsanwaltschaft weiter mit der Bitte um Auswertung dahingehend, ob sich Bild-, Video- und/oder Audiodateien der Hauptverhandlung darauf befinden. Die Auswertung ist zwischenzeitlich erfolgt.

Gegen die Sicherstellung richtet sich die mit Verteidigerschriftsatz vom 15. Februar 2021 eingelegte Beschwerde des Angeklagten, auf deren Ausführungen verwiesen wird. Mit Beschluss vom 18. Februar 2021 hat der Vorsitzende der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde gegen die sitzungspolizeiliche Anordnung ist zulässig und begründet.

Zwar können sitzungspolizeiliche Maßnahmen grundsätzlich nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Ausnahmsweise ist die Beschwerde aber zulässig, wenn die Anordnung eine über die Dauer der Hauptverhandlung hinausgehende Wirkung zukommt und Grundrechte oder andere Rechtspositionen des Betroffenen beeinträchtigt werden(KK-StPO/Diemer, 8. Aufl. 2019, GVG § 176 Rn. 7 m.w.N.). Dies ist hier angesichts der erst zum Ende der Hauptverhandlung nach der Urteilsverkündung erfolgten Sicherstellung des Mobiltelefons, das zur weiteren Auswertung an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurde, der Fall.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Die sitzungspolizeiliche Gewalt des Vorsitzenden nach § 176 GVG bezweckt die Wahrung der Ordnung in der Sitzung und ermächtigt ihn zu Maßnahmen, die erforderlich sind, um den störungsfreien und gesetzmäßigen Ablauf der Sitzung zu sichern (KK-StPO/Diemer a.a.O. Rn. 1). Sie erfasst in zeitlicher Hinsicht über die eigentliche Hauptverhandlung im Sinne von § 169 GVG hinaus auch die Zeitspannen davor und danach, in denen mit der Sache zusammenhängende Angelegenheiten abgewickelt werden sowie die Verfahrensbeteiligten und Zuhörer üblicherweise den Sitzungssaal betreten oder verlassen, einschließlich der Sitzungspausen (BeckOK GVG/Allgayer, 9. Ed. 15.11.2020 Rn. 1, GVG § 176 Rn. 1).

Danach kann im Rahmen der sitzungspolizeilichen Anordnung beispielsweise einem Störer das Fotografieren untersagt und erforderlichenfalls der Fotoapparat bis zum Schluss der Sitzung weggenommen werden (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., GVG § 176 Rn. 7 m.w.N.). Die Sicherstellung eines Mobiltelefons über das Ende der Hauptverhandlung hinaus stellt demgegenüber keine sitzungspolizeiliche Maßnahme mehr da, da diese nicht dem Zweck dient, einen störungsfreien und gesetzmäßigen Sitzungsablauf zu gewährleisten (so auch: LG Landau, Beschluss vom 14. November 2017 – 5 Qs 19/17, juris).

So verhält es sich jedoch im vorliegenden Fall. Die Maßnahme diente erkennbar dem Zweck, das Speichermedium des Mobiltelefons nach Schluss der Hauptverhandlung daraufhin auswerten zu lassen, ob der Angeklagte verbotene und gegebenenfalls etwa nach §§ 33 Abs. 1, 22 KunstUrhG strafbare Aufnahmen gefertigt hat, und war demzufolge durch die sitzungspolizeilichen Befugnisse nicht gedeckt. Eine Beschlagnahmeanordnung nach § 94 Abs. 1 StPO kommt als Grundlage der Sicherstellung ebenfalls nicht in Betracht, da der Vorsitzende der Berufungskammer zu einer solchen nicht befugt war; die Zuständigkeit des mit der Sache befassten Gerichtes zur Beschlagnahme gemäß § 98 Abs. 1 StPO beschränkt sich auf Beweisgegenstände, die das anhängige Strafverfahren betreffen (KK-StPO/Greven, 8. Aufl. 2019, StPO § 98 Rn. 7).

Die Anordnung war daher aufzuheben.

Soweit Verdacht einer Straftat besteht, bleibt es der Staatsanwaltschaft unbenommen, einen Beschlagnahmebeschluss des zuständigen Ermittlungsrichters zu beantragen.“

StPO I: Entfernung des Angeklagten aus der HV, oder: Keine Augenscheinseinnahme von Lichtbildern

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Und im Programm dann heute: StPO-Entscheidungen

Den Reigen eröffne ich mit einem Dauerbrenner aus der Rechtsprechung des BGH. Der hat im BGH, Beschl. v. 17.02.2021 – 4 StR 533/20 – noch einmal zur Frage der Augenscheinseinnahme, wenn der Angeklagte gemäß § 247 StPO aus der Hauptverhandlung entfernt worden ist, Stellung genommen.

Verurteilt worden ist der Angeklagte u.a, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen. Der Angeklagte hatte mit der Verfahrensrüge geltend gemacht, dass ein wesentlicher Teil der Hauptverhandlung, die Einnahme eines Augenscheins von mehreren Lichtbildern . in Abwesenheit des Angeklagten stattgefunden hat (§ 338 Nr. 5 StPO i.V.m. § 230 Abs. 1 StPO). Der BGH meint: Zu Recht:

„a) Der Verfahrensrüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

In der Hauptverhandlung am 10. Juni 2020 ordnete die Strafkammer gemäß § 247 StPO für die Dauer der Vernehmung der Nebenklägerin die Entfernung des Angeklagten aus dem Sitzungszimmer an. Während der anschließenden in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführten Zeugenvernehmung der Nebenklägerin wurden mehrere vom Verteidiger überreichte Lichtbilder in Augenschein genommen. Nach Abschluss der Befragung unterrichtete der Vorsitzende den wieder anwesenden Angeklagten über die Aussage der Nebenklägerin.

b) Aufgrund der Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls gemäß § 274 StPO steht fest, dass die Lichtbilder nicht lediglich als Vernehmungsbehelf Verwendung fanden, sondern Gegenstand einer förmlichen Beweiserhebung durch Einnahme eines Augenscheins waren. Nach dem im Regelungszusammenhang des § 247 StPO aufgrund der hohen Bedeutung der Anwesenheit des Angeklagten in der Hauptverhandlung eng auszulegenden Begriff der Vernehmung (vgl. BGH, Beschluss vom 21. April 2010 . GSSt 1/09, BGHSt 55, 87, 90 mwN) ist die Erhebung eines anderweitigen Sachbeweises, selbst wenn sie in engem Zusammenhang mit der Vernehmung steht, nicht Teil der Vernehmung, so dass die Durchführung der Beweiserhebung in Abwesenheit des Angeklagten durch den Entfernungsbeschluss nach § 247 StPO nicht gedeckt wird (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2014 . 4 StR 529/13, NStZ 2014, 223; vom 5. Oktober 2010 . 1 StR 264/10, NStZ 2011, 51). Die Inaugenscheinnahme hätte daher nach § 230 Abs. 1 StPO nicht in Abwesenheit des Angeklagten erfolgen dürfen.

c) Der Verfahrensverstoß ist nicht durch eine Wiederholung des Augenscheins in Anwesenheit des Angeklagten geheilt worden. Eine Verfahrenskonstellation, in welcher ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler denkgesetzlich ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Mai 2006 . 4 StR 131/06, StV 2007, 20; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., § 247 Rn. 21 mwN), liegt ebenfalls nicht vor. Selbst wenn . was allerdings angesichts der unterbliebenen Mitwirkung des Angeklagten an und seiner fehlenden Kenntnis von der Beweiserhebung zweifelhaft erscheint . ein denkgesetzlicher Ausschluss des Beruhens in Betracht zu ziehen wäre, falls dem Angeklagten das Augenscheinsobjekt in einer nicht hinter der Augenscheinseinnahme zurückbleibenden Weise bekannt ist (offengelassen in BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 . 1 StR 264/10, aaO), lägen diese Voraussetzungen nicht vor. Denn es steht weder . entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts . zweifelsfrei fest, dass die vom Verteidiger vorgelegten Lichtbilder vom Angeklagten stammen, noch besteht vor dem Hintergrund der Gegenerklärung des Verteidigers eine erfolgsversprechende Möglichkeit, die Herkunft der Bilder freibeweislich zu klären.

2. In Folge der Aufhebung des angefochtenen Urteils auf Grund der Verfahrensrüge kommt es nicht mehr darauf an, dass die Urteilsformel hinsichtlich der Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in drei der ausgeurteilten Fälle nicht mit der von den Feststellungen getragenen rechtlichen Würdigung in den Urteilsgründen in Einklang zu bringen ist.

Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung ferner darauf hin, dass die Strafbarkeit wegen Herstellens einer kinderpornographischen Schrift nach § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB in der bis zum 26. Januar 2015 geltenden Fassung eine auf die Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung der Schrift gerichtete Verwendungsabsicht des Täters voraussetzt. Der neue Tatrichter wird hinsichtlich dieses Tatvorwurfs gegebenenfalls auch die Frage der Verfolgungsverjährung zu prüfen haben.“

StPO III: Aussetzung der Hauptverhandlung nach einem Ablehnungsantrag, oder: Beschwerde unzulässig

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Für die dritte und letzte Entscheidung des Tages geht es dann quer durch die Republik, und zwar zum LG Schwerin. Das hat im LG Schwerin, Beschl. v. 12.03.2021 – 33 Qs 18/21 – über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen einen Beschluss, mit dem die Hauptverhandlung ausgesetzt worden ist, entschieden.

Ergangen ist der Beschluss in einem Verfahrenwegen des Verdachtes der Zwangsprostitution. Das AG hatte die Hauptverhandlung auf den 02.03.2021 und den 16.03.2021 anberaumt. Zu dem Hauptverhandlungstermin am 02.03.2021 waren insgesamt sieben Zeugen geladen.

Zu Beginn der Hauptverhandlung stellten die Verteidiger des Angeklagten zwei Befangenheitsanträge, woraufhin das Gericht das Verfahren aussetzte. Dagegen dann die Beschwerde der Staatsanwaltschaft. Das LG sagt: Unzulässig:

§ 305 Satz 1 StPO bestimmt, dass Entscheidungen des erkennenden Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgehen, nicht der Beschwerde unterliegen. Davon sind gemäß § 305 Satz 2 StPO bestimmte Entscheidungen ausgenommen, um die es hier jedoch ersichtlich nicht geht.

Ob es sich bei der Aussetzung der Hauptverhandlung um eine der Urteilsfällung vorausgehende Entscheidung handelt, hängt vom Einzelfall ab, nämlich davon, aus welchen Gründen und zu welchem Zweck sie beschlossen wird (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 02. Mai 2013 — 2 Ws 76/13 —, juris; OLG Braunschweig NJW 1955, 565; KG JR 1959, 350). Wird die Aussetzung aus Gründen beschlossen, die in innerem Zusammenhang mit der Urteilsfällung stehen und soll durch diese das Urteil unmittelbar vorbereitet werden, ist die Beschwerde unzulässig.

So liegt der Fall hier:

Die Aussetzung des Verfahrens erfolgte im inneren Zusammenhang mit der Urteilsfällung:

Vor einer Urteilsfällung steht die ordnungsgemäße Durchführung der Hauptverhandlung, anders ausgedrückt, jede notwendig durchzuführende Verfahrenshandlung in der Hauptverhandlung steht in einem inneren Zusammenhang mit der späteren Urteilsfällung.

Die Staatsanwaltschaft Schwerin führte in ihrer Beschwerdebegründung selbst aus, der Vorsitzende habe die Aussetzung mündlich sinngemäß damit begründet, dass eine etwaige doppelte Zeugenvernehmung verhindert werden solle. Diese Begründung stellt einen ausreichenden inneren Zusammenhang mit der späteren Urteilsfällung her:

Nachdem die Befangenheitsanträge in der laufenden Verhandlung angebracht worden sind, durfte der abgelehnte Richter die Hauptverhandlung nach § 29 StPO bis zu einer Entscheidung über diese Anträge nur noch in beschränktem Umfang leiten. Nach § 29 Abs. 2 StPO wäre es ihm allerdings nicht verwehrt gewesen, die für diesen Sitzungstag vorgesehene Verhandlung hin bis zu einer Vernehmung der geladenen und anwesenden Zeugen durchzuführen, ohne zuvor auf eine Entscheidung über die Befangenheitsgesuche zu warten.

Allerdings stand die Entscheidung, ob zuerst der Verhandlungstag wie ursprünglich geplant durchgeführt wird oder ob ausgesetzt wird, im Ermessen des Gerichts, von dem es auch nach Auffassung der Kammer in nicht angreifbarer Weise Gebrauch gemacht hat. Es besteht nämlich keine Pflicht, von der Möglichkeit der Fortsetzung der Hauptverhandlung Gebrauch zu machen, sie stellt allenfalls eine Möglichkeit dar, Verfahrensverzögerungen durch (missbräuchliche) Befangenheitsgesuche entgegenzuwirken. Erkennbar hat das Gericht die Voraussetzungen, unter denen die Hauptverhandlung fortgesetzt werden kann, gesehen und abgewogen, indem es ausgeführt hat, die etwaige doppelte Vernehmung der Zeugen nach § 29 Abs. 4 StPO solle vermieden werden.

In dem vorliegenden Fall sprechen folgende Umstände für die Sichtweise des Amtsgerichts: Die angebrachten Befangenheitsgesuche dienten nicht offensichtlich einer Störung oder Verzögerung des Verhandlungsablaufes, ohne dass die Kammer sich eine Beurteilung der Begründetheit der Anträge anmaßt. So entwickelte sich der zweite Antrag aus dem Gang der Hauptverhandlung heraus und nachdem die Verteidigung Umstände zur zuvor erfolgten Akteneinsicht des Nebenklägerbeistandes erfahren hatte.

Es gibt gute Gründe, eine Zeugenvernehmung zu verhindern, die möglicherweise nach § 29 Abs. 4 StPO zu wiederholen wäre:

Jeder Zeugenvernehmung wohnt die Gefahr einer suggestiven Beeinflussung von Zeugen inne, was es aus aussagepsychologischen Gründen bereits zu vermeiden gilt. Insbesondere in Jugendschutzsachen, aber auch in anderen Verfahren, in denen es um angebliche sexuelle Übergriffe geht, ist darüber hinaus eine besondere emotionale Belastung von Verfahrensbeteiligten, auch des Angeklagten, denkbar.

Etwas Anderes würde möglicherweise gelten, wenn vor der Aussetzungsentscheidung bereits wesentliche Teile der Hauptverhandlung stattgefunden hätten. Hier aber hatte die Hauptverhandlung erst begonnen, die Anklageschrift war noch nicht einmal verlesen.

Demgegenüber steht allenfalls der Ablauf der Frist des § 121 Abs. 1 StPO. Hierauf hat das Gericht jedoch mit seiner Vorlageverfügung vom 08.03.21 (BI. 103 RS) an das Oberlandesgericht den gesetzlichen Regelungen entsprechend reagiert.“

StPO I: Sitzordnung in der Hauptverhandlung, oder: Anforderungen an die Verfahrensrüge

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Und zum Wochenausklang – ja, denn morgen kommen ja „nur“ noch RVG-Entscheidungen – dann noch ein wenig StPO.

Ich starte mit dem BGH, Beschl. v. 16.02.2021 – 4 StR 517/20. Thematik: Sitzordnung in der Hauptverhandlung und Verfahrensrüge. Das LG hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt. Dagegen die – erfolglose – Revision des Angeklagten. Mit einer der erhobenen Verfahrensrügen hatte der Angeklagte die Sitzordnung in der Hauptverhandlung beanstandet. Ohne Erfolg:

„1. Die vom Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.

a) Soweit der Angeklagte beanstandet, die Strafkammer habe gegen Verfahrensrecht verstoßen, weil sie angeordnet habe, dass er für die Dauer der Vernehmung der Nebenklägerinnen in den Zuschauerraum zu verbringen sei, zeigt er keinen Rechtsverstoß zu seinem Nachteil auf.

aa) Eine Verletzung von § 247 Satz 1 i.V.m. § 338 Nr. 5 StPO liegt nicht vor, weil der Angeklagte nicht aus dem Sitzungszimmer entfernt wurde und an seiner Sitzposition auch weiterhin in Sicht- und Hörweite des Verfahrensgeschehens und damit nicht abwesend im Sinne von § 338 Nr. 5 StPO war (vgl. Franke in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 338 Rn. 83 mwN). Die Unterbrechung des ständigen Kontaktes zu seinem Verteidiger ändert daran nichts.

bb) Eine durch diese Maßnahme bewirkte unzulässige Beschränkung der Verteidigung im Sinne des § 338 Nr. 8 StPO ist bereits nicht hinreichend dargetan (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Zwar kann auch eine – wie hier – im Beschlusswege angeordnete Umgestaltung der Sitzordnung gemäß § 176 GVG zu einer unzulässigen Beschränkung der Verteidigung in einem für das Urteil wesentlichen Punkt führen. Dies setzt aber voraus, dass bei dieser nur auf grobe Ermessensfehler hin überprüfbaren Anordnung die Rechtsposition des Angeklagten oder seines Verteidigers grundlegend verkannt und ihre Mitwirkungsmöglichkeiten tatsächlich entscheidungserheblich eingeschränkt wurden (vgl. BGH, Beschluss vom 1. August 2018 – 5 StR 228/18, NStZ 2019, 297 Rn. 4 mwN; Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., § 338 Rn. 59). Für die Vortragspflicht des Revisionsführers bedeutet dies, dass er auch die Tatsachen vorzubringen hat, aus denen sich ein konkreter Zusammenhang zwischen dem geltend gemachten Verfahrensfehler und einem für die Entscheidung bedeutsamen Punkt ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 2004 – 5 StR 299/03, NJW 2005, 300, 303; Urteil vom 26. Mai 1981 – 1 StR 48/81, BGHSt 30, 131, 135 f. mwN; siehe auch Beschluss vom 11. Februar 2014 – 1 StR 355/13, NStZ 2014, 347 Rn. 18). Diesen Erfordernissen wird das Revisionsvorbringen nicht gerecht. Zwar wird geltend gemacht, dass es dem intellektuell eingeschränkten Angeklagten von der ihm zugewiesenen Sitzposition im Zuhörerraum aus nicht möglich gewesen sei, direkt mit seinem Verteidiger Kontakt aufzunehmen und Nachfragen vorzubringen. Auch habe er dieses Defizit aufgrund seiner mangelnden Erinnerungsfähigkeit nicht nach seiner Rückkehr auf die Anklagebank ausgleichen können. Aus diesem Vorbringen – seine Richtigkeit unterstellt – ergibt sich aber nur, dass die durch die Änderung der Sitzordnung bewirkte Beschränkung der Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten generell geeignet war, seine Verteidigung zu beeinträchtigen. Dass tatsächlich bestimmte und möglicherweise entscheidungserhebliche Umstände infolge der von der Strafkammer bestimmten Sitzordnung nicht zur Sprache gekommen sind, zeigt die Revision nicht auf (vgl. BGH, Urteil vom 26. Mai 1981 – 1 StR 48/81, BGHSt 30, 131, 135 [zur selektiven Beiziehung von Spurenakten]). Dies wäre aber erforderlich gewesen, um wenigstens die Möglichkeit eines konkretkausalen Zusammenhangs zwischen den durch die Sitzordnung bewirkten Beschränkungen der Verteidigung und einem bedeutsamen Punkt im Urteil gemäß § 338 Nr. 8 StPO darzutun.“