Schlagwort-Archive: Blutprobe

NRW will die Blutprobe für Alkoholsünder abschaffen – Initiative auf der heutigen IMK

Heute morgen sind die Zeitungen – vor allem in NRW, z.B. hier – voll von der Meldung des gestrigen Tages: NRW will die Blutprobe für Alkoholsünder abschaffen. In den Meldungen heißt es weitgehend wortgleich:

Nach dem Willen von Innenminister Ingo Wolf (FDP) sollen Autofahrer künftig auch bei mehr als 1,1 Promille Blutalkohol nur noch „pusten“ müssen, berichtet die in Hagen erscheinende WESTFALENPOST (Donnerstagsausgabe) `Die Messung des Alkoholgehaltes durch die Analyse des Atems ist auch bei höheren Promillewerten so präzise wie bei einer Blutuntersuchung“, sagte Wolf der WESTFALENPOST. Auf der heutigen Innenministerkonferenz in Hamburg will Wolf eine NRW-Initiative einbringen. Derzeit muss der Alkoholsünder bei Werten über 1,1 Promille auf die Polizeiwache. Dort wird nach richterlicher Anordnung ein Arzt hinzugezogen, der Blut entnimmt. Das Ergebnis der Blutuntersuchung liegt erst nach einigen Tagen vor. Bei Werten unter 1,1 Promille ist die Atemalkohol-Analyse ohne richterliche Anordnung schon heute beweissicher möglich. `Ein Blutprobe ist immer ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, der sich heute vermeiden lässt“, sagte Wolf. Angesichts moderner präziser Messverfahren sei die Atemanalyse in Alkoholverdachtsfällen als das `mildere Mittel zu wählen“, betonte Wolf. Damit erübrige sich auch das Erfordernis einer richterlichen Anordnung.“

Das ist also dann der nächste Versuch – zu früheren vgl. u.a. hier -,  die Gesetzeslage an die Praxis anzupassen. Was mich erstaunt ist das Wort „müssen“ in der o.a. Meldung. Denn bislang „musste“ niemand pusten, auch bei geringeren Werten nicht, sondern war/ist das „Pusten“ freiwillig, allerdings mit der Folge der Blutentnahme. Soll sich das jetzt ändern? Ich habe versucht, Näheres über die Initiative im Netz zu finden. Leider klappte das nicht. So muss man warten, was aus Hamburg kommt. Oder sonst woher.

Wochenspiegel für die 19. KW – oder wir schauen mal wieder über den Tellerrand

Berichtenswert aus der letzten KW sind für mich:

  1. Der Frage: „Gibt es noch funktionierende Blitzer? ist Red_Tape nachgegangen.
  2. Die durch das sog. Gesetz zur Effektivierung des Strafverfahrens geplante „Aussagepflicht bei der Polizei“ war auch noch einmal Thema.
  3. Mit der „Einwilligungserklärung zur freiwilligen Blutprobenentnahme“ befasst sich RA Melchior.
  4. Ob guter Rat, ob unbefriedigender Rat – Geld kosten sie alle, meint RAin Braun hier.
  5. Mit den Problemen des „Bergaufwärtsfahrenden“ befasst sich der Schadenfixblog.
  6. Auf eine Entscheidung des AG Ahrensburg zum (nach)denkenden Polizeibeamten wird hier hingewiesen.
  7. Was ist „eine neue Ramsau?

3. Strafsenat des OLG Hamm rüffelt erneut NRW-Justizverwaltung

Der 3. Strafsenat des OLG Hamm hat erneut zum Richtervorbehalt und zu Gefahr in Verzug Stellung genommen und die NRW-Justizverwaltung gerüffelt. Mir liegt der Beschluss vor, ich kann ihn aber leider derzeit noch nicht online stellen. Habe hier im Urlaub keinen Scanner. Aber: Wer sich schon mal vorab informieren will, kann das hier tun. Beschluss kommt dann am Montag.

Si tacuisses – vermutlich wäre dann überhaupt nichts passiert

Es gibt ja doch skurile Entscheidungen bzw. Verfahrenssituationen. Der Angeklagte wird bei einer „Trunkenheitsfahrt“ erwischt und räumt dann im Verfahren ein, dass er fahruntüchtig war. Die entnommene Blutprobe sieht das LG aber als unerwertbar an, weil ein Verstoß gegen § 81a StPO vorgelegen hat. Das LG kommt aber dennoch zu § 316 StGB und stützt sich dabei u.a. auf das Geständnis des Angeklagten – sowie auf Angaben der Polizeibeamten, die den Angeklagten angetroffen haben (nur nach § 325 StPO verlesen). Es wäre sicherlich besser gewesen, den Angeklagten schweigen zu lassen. Dann wäre das Indiz für Fahruntüchtigkeit weg gewesen. Nachzulesen im Urt. des LG Dresden v. 13.01.2010 – 10 Ns 704 Js 14903/09. Und das ist kein Aprilscherz 🙂

BayVGH: Doch keine Einheit der Rechtsordnung!!

Der Streit um die Verwertbarkeit einer unter Missachtung des Richtervorbehalts gewonnenen Blutprobe dehnt sich aus. Er spielt nicht mehr nur im Straßenverkehrsrecht/Verkehrsstrafrecht eine Rolle, sondern zunehmen auch in anderen Bereichen. Nachdem die Verwaltungsgerichte die Verwertung bei der Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem StVG als zulässig angesehen haben, hat sich jetzt der BayVGH zum Waffen- und Jagdrecht geäußert.

Nach seinem Beschl. v. 22.02.2010 21 Cs 09.2767 sind Ergebnisse von Blutproben nach einer im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ausreichenden summarischen Prüfung im der Gefahrenabwehr dienenden Waffen- und Jagdrecht wegen des hochrangigen öffentlichen Interesses der Allgemeinheit am Schutz vor unzuverlässigen oder persönlich ungeeigneten Waffenbesitzern und Jägern auch dann verwertbar, wenn die Blutproben im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a StPO entnommen worden sind.

Na ja, es war doch mal die Rede von der Einheit der Rechtsordnung.