Das OLG Schleswig ist jetzt das dritte OLG (vgl. hier und hier), dass eine Verfahrensrüge, mit der ein Verstoß gegen den Richtervorbehalt (§ 81a Abs. 2 StPO) geltend gemacht wird, als nicht ausreichend i.S. von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO begründet ansieht, wenn sich aus ihr nicht unmittelbar ergibt, wann der Verwertung der Blutproben erstmals widersprochen worden ist. Der Widerspruch muss spätestens in der Erklärung enthalten sein, die die Betroffene oder ihr Verteidiger im Anschluss an diejenige Beweiserhebung abgibt, die sich auf den Inhalt der beanstandeten Beweiserhebung bezieh (§ 257 StPO). Fehle es an der Darlegung eines solchen rechtzeitigen Widerspruchs, kann eine hierauf gestützte Rüge keinen Erfolg haben (vgl. zu allem Beschl. v. 24.06.2010 – 1 Ss OWI 88/10).
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Und es bewegt sich doch was: Beweisverwertungsverbot, wenn aufgrund genereller Anordnung gehandelt wird
Da ist mal wieder ein OLG, das zu einem Beweisverwertungsverbot bei Verletzung des Richtervorbehalts bei der Blutentnahme (§ 81a Abs. 2 StPO) kommt, und zwar das OLG Brandenburg in seinem Beschl. v. 13.08.2010 – (2) 53 Ss 40/10.
Die Polizeibeamten hatten sich bei der Blutentnahme auf einen Erlass des Ministeriums des Innern bezogen, der die Anweisung enthielt, dass der vor Ort befindliche Polizeibeamte auf Grund eigener Eilkompetenz wegen der Geschwindigkeit des Alkoholabbaus im Blut die Entnahme einer Blutprobe selbst anzuordnen habe. Das OLG sagt, die Verwaltung handelt willkürlich, wenn sie solche Anweisungen herausgibt, da die Frage der Zuständigkeit für die Anordnung der Blutentnahme eine Einzelfallentscheidung ist. Ebenso bereits in der Vergangenheit das OLG Karlsruhe (StRR 2009, 262 = VRR 2009, 273) und das OLG Oldenburg (VRR 2009, 438 = StRR 2009, 467). Auch das BVerfG hatte ja in seinem Beschluss v. 11. 6. 2010 (VRR 2010, 309 = StRR 2010, 302) die Erforderlichkeit einer Einzelfallprüfung und – entscheidung betont.
Erwähnenswert ist die Entscheidung des OLG Brandenburg auch deshalb, weil das OLG im Grunde die Frage gar nicht hätte entscheiden müssen, weil bereits die Sachrüge zur Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils führte.
Also: Alle Achtung. Allerdings hat das OLG sich damit dann aber auch eine weitere Revision erspart.
Schlacht gewonnen, aber nicht den Krieg
Der Beschl. des LG Düsseldorf v. 22.07.2010 – 11 Qs 86/10 ist Anlass, noch einmal darauf hinzuweisen, dass selbst dann, wenn wegen eines Verstoßes gegen § 81a StPO bei der Blutentnahme ein Beweisverwertungverbot angenommen wird, zwar eine Schlacht gewonnen ist, aber noch nicht der Krieg. Denn natürlich kann ggf. aus anderen Beweisanzeichen auf Fahrunsicherheit des Beschuldigten geschlossen werden. Das hat das LG Düsseldorf – ebeno wie vor einiger Zeit das OLG Celle und auch das LG Berlin- getan. Wird leider häufig übersehen.
M.E. muss der Verteidiger den Beschuldigten über diese Möglichkeit aufklären, wenn andere Beweismittel vorliegen. Denn dann nützt die Schlacht um das Beweisverwertungsverbot nicht viel.
Nichts Neues aus dem Südwesten zum Beweisverwertungsverbot bei der Blutentnahme – oder doch ein bißchen?
Der Verteidiger des Betroffenen im Verfahren 1 SsBs 2/10 hat mir gerade den Beschluss des OLG Zweibrücken vom 16.08.2010 geschickt, in dem das OLG Zweibrücken erstmals zum Beweisverwertungsverbot bei Verletzung des Richtervorbehalts bei der Blutentnahme (§ 81a Abs. 2 StPO) Stellung genommen hat.
Das OLG lehnt eine Beweisverwertungsverbot ab, im Grunde weitgehend mit der schon aus anderen OLG-Beschlüssen bekannten Argumentation. Insoweit also nichts Neues. Interessant ist aber der Hinweis des OLG darauf, dass man in Zukunft nach dieser Entscheidung anders entscheiden könnte. Ähnlich hatte ja vor einiger Zeit schon das KG argumentiert.
Und: Das OLG weist – m.E. zutreffend – darauf hin, dass es eine Vorlage zum BGH wohl kaum geben wird. Es handelt sich bei diesen Verfahren um Einzelfallentscheidungen. Da scheidet eine Vorlage aus.
Nur zur Abrundung…
…weise ich heute auf den Beschluss des 2. Strafsenats des OLG Hamm v. 11.05.2010 – 2 RVs 29/10 hin. Über die Fragen der Blutentnahme und den Richtervorbehalt mag man ja kaum noch schreiben. Leitsatz lautet wie folgt:
„Zwar ist bei einer hohen Atemalkoholkonzentration grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Zuwarten bis zur Erreichbarkeit eines Richters möglich ist, da ein Beweismittelverlust bei einem nicht in einem Grenzwertbereich liegenden Wert nicht zu befürchten ist. Jedoch ist auch in solchen Fällen ein Beweisverwertungsverbot nur dann anzunehmen, wenn der Polizist objektiv willkürlich handelt. Willkür liegt aber nicht vor, wenn der Polizeibeamte allein wegen des Zeitablaufs eine Verschlechterung des Untersuchungserfolges befürchtet und wegen der bekannten Nichterreichbarkeit des ermittlungsrichterlichen Notdienstes zur Nachtzeit von einem Versuch, diesen anzuwählen, absieht.“
Wie gesagt: Nur zur Abrundung. Hätte man m.E. anders entscheiden müssen. Aber: Interessant wegen der Frage der Begründung der Verfahrensrüge.