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Der eineiige Zwillingsbruder in Serbien….., oder: Manchmal ist es gut, wenn man einen Bruder hat

entnommen openclipart.org

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Bei der Lektüre der Tagespresse stoße ich gerade auf einen Bericht über ein in Düsseldorf anhängiges Verfahren, über das auch Spiegel-Online berichtet hat. Im Sommer ist dort vom AG ein 42-jähriger Mann wegen Einbruchsdiebstahls verurteilt worden. Das AG hatte die Täterschaft des Angeklagten als erwiesen angesehen, nachdem am Tatort die DNA des Angeklagten gefunden worden ist.

Das Verfahren befindet sich inzwischen in der Berufung. Und da stehen die Chancen des Angeklagten nicht schlecht, wie berichtet wird. Denn inzwischen hat das serbische Konsulat bestätigt, was das AG zuvor als bloße Behauptung/widerlegte Einlassung eingestuft hatte: Der Angeklagte hat – in Serbien – einen eineiigen Zwillingsbruder. Da die DNA beider Brüder nahezu identisch ist, könnte nur ein teures Spezialgutachten klären, wer von beiden an den Tatorten war. Die Kosten dafür betragen nach SPON 60.000 €.

Juristisch viel interessanter die Frage, wie mann denn nun an eine DNA-Probe des Bruders in Serbien kommt. Der Verteidiger hat schon mitgeteilt, dass es unwahrscheinlich sei, dass der Bruder freiwillig einer solchen Bitte nachkomme. Bei SPON heißt es dann weiter: „Nach Angaben des Gerichts muss noch geklärt werden, ob auch eine erzwungene DNA-Abgabe erwirkt werden kann. Nach derzeitigem Stand sei dies nicht möglich, da der Bruder in Serbien aktuell kein Tatverdächtiger sei.“ Das ist wohl richtig bzw. wird nach den §§ 81a, 81c StPO in der Tat nicht einfach. 🙂

SPON weiter: „Das Berufungsverfahren ist inzwischen ausgesetzt, sagte eine Gerichtssprecherin.“ Das dürfte dann auf eine Einstellung bzw. einen Freispruch hinauslaufen….

Vandalismusschaden am Pkw – wie beweist man den? So jedenfalls nicht

© angelo sarnacchiaro - Fotolia.com

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Wenn Vandalismusschäden in der Kfz-Vollkaskoversicherung geltend gemacht werden, werden die Versicherungsgesellschaft mit der Regulierung häufig recht vorsichtig. Sie vermuten dann nicht selten einen fingierten Schadensfall. So auch in einem Fall, in dem der Pkw-Eigentümer von seiner Kfz-Vollkaskoversicherung rund 3.800 € verlangte, weil sein PKW Audi A 4 in dem Zeitraum zwischen dem 28.10. und 2.11.2011, in dem er vor der Garage seiner Schwester, der Zeugin K., abgestellt gewesen sei, durch Vandalismus ringsum zerkratzt worden sei. Der Kfz-Eigentümer hatte mit seiner Klage keinen Erfolg, und zwar weder beim AG noch beim LG. Das LG Duisburg hat nämlich im LG Duisburg, Urt. v. 17.04.2014 – 12 S 61/13 – die Klage abgewiesen. Dazu führt es aus:

Voraussetzung des geltend gemachten Anspruchs ist zunächst, dass der Kläger den vollen Beweis für ein Mindestmaß an Tatsachen erbringen muss, aus denen sich das äußere Bild eines Vandalismusschadens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erschließen lässt. Dazu gehört bei einem angezeigten Fahrzeugdiebstahl der Nachweis, dass das Fahrzeug zu bestimmter Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und dort später nicht mehr vorgefunden worden ist (vgl. BGH VersR 1992, 867 zum fingierten Fahrzeugdiebstahl). Übertragen auf den Vandalismusschaden bedeutet dies, dass der Kläger zur vollen Überzeugung zu beweisen hat, dass er das Fahrzeug zur behaupteten Zeit (28.10.2011) am behaupteten Ort (vor der Garage seiner Schwester) unverkratzt abgestellt und dort später zur angegebenen Zeit (02.11.2011) verkratzt vorgefunden hat. Dies ist im Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses zu beurteilen (BGH a.a.O.).

Diesen Beweis hatte der Kläger nach Auffassung des LG aus folgenden Gründen nicht geführt:

  • Gegen einen Vandalismusschaden sprach, dass der Kläger den Schaden nicht bei der Polizei angezeigt hat.
  • Ein weiterer Gesichtspunkt dafür, an der Darstellung des Klägers zu zweifeln, war für das LG, dass der Umfang und die Art der Kratzspuren für einen „normalen“ Vandalismusschaden untypisch waren.
  • Weitere Zweifel ergaben sich daraus, dass der Kläger sich in einer schlechten wirtschaftlichen Lage befand. Im Januar 2011 hatte er die eidesstattliche Versicherung abgegeben, er lebte von Hartz 4.
  • Der zweifelsfreie Nachweis ist schließlich nicht geführt durch die Zeugin K., Schwester des Klägers. Die Zeugin hatte sich zum entscheidungserheblichen Sachverhalt in Widersprüche verwickelt, bevor sie im Berufungsverfahren die Aussage ganz verweigerte.

Eins vor und eins zurück – im Ergebnis aber keinen Erfolg

Die Entscheidung des BGH v. 21.12.2010 –  3 StR 462/10 ist revisionsrechtlich in zweierlei Hinsicht interessant. Einmal, weil sie Stellung nimmt zum Umfang der Vortrags betreffend der Ablehnung eines Beweisantrages; insoweit sollte man als Verteidiger schon wissen, dass man auch vortragen muss, dass der Antrag in der Hauptverhandlung gestellt wurde. Zum anderen nimmt der Beschluss zur Erforderlichkeit von weiterem Vortrag Stellung, wenn es um die Unerreichbarkeit eines Beweismittels geht. Einmal für den Verteidiger, einmal gegen ihn, im Ergebnis aber: kein Erfolg.

Der BGH führt aus:

„Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:

Die Rüge, das Landgericht habe den Antrag auf Vernehmung des Zeugen M. rechtsfehlerhaft abgelehnt, weil es zu Unrecht von der Unerreichbarkeit des Zeugen ausgegangen sei, bleibt ohne Erfolg.

1. Die Rüge einer Verletzung des Beweisantragsrechts scheitert daran, dass nicht vorgetragen wird, ob der außerhalb der Hauptverhandlung schriftlich gestellte Beweisantrag auch in der Hauptverhandlung vorgebracht worden ist; denn nur dann wäre er auch als solcher zu behandeln mit der Folge einer Überprüfung seiner Ablehnung an den Vorgaben von § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO. In Ermangelung eines entsprechenden Vortrags ist die Beweisantragsrüge unzulässig.

Soweit der Generalbundesanwalt die Rüge auch deshalb für unzulässig hält, weil der Beschwerdeführer die Bemühungen der Polizei, den Zeugen zu erreichen, nicht mitgeteilt hat, gilt Folgendes: Diese Umstände, die gegebenenfalls den von der Revision behaupteten Rechtsfehler widerlegen könnten, muss der Beschwerdeführer im Rahmen der Rüge einer Verletzung des Beweisantragsrechts nicht vortragen (noch offen gelassen in BGH, Urteil vom 4. August 1992 – 1 StR 246/92, NStZ 1993, 50). Grundlage der revisionsgerichtlichen Überprüfung ist der die Beweiserhebung ablehnende Beschluss, in dem die Voraussetzungen der Unerreichbarkeit des Zeugen darzulegen sind (vgl. BGH aaO; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 244 Rn. 43b).“

Pauschgebührenantrag rechtzeitig – sonst wars das

Verjährung spielt im Strafverfahren nicht nur im materiellen Bereich eine Rolle, sondern ggf. auch im Gebührenrecht, wenn es ums Geld geht. Das wird einem bewusst, wenn man den Beschl. des KG v. 03.08.2010 – 1 ARs 32/09, den mir ein dortige Kollege hat zukommen lassen, liest.

Das KG hat nämlich einen Pauschvergütungsantrag (§ 51 RVG) des Pflichtverteidigers wegen Eintritt der Verjährung zurückgewiesen. Entscheidend wäre – für die Unterbrechung der dreijährigen Verjährung gewesen, dass der Antrag rechtzeitig vor Ablauf beim OLG eingegangen war. Ds konnte der Pflichtverteidiger aber nicht nachweisen. da er – so das KG – die Beweislast trägt – war es das. Und: Auch der Rettungsversuch „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die Stellung eines Pausch­vergütung­s­antrags, hat nicht geklappt. Das KG sagt zutreffend: Nach Ablauf der Verjährungsfrist ist dies nicht statthaft.

Das „letzte Wort“ muss das Letzte sein…..

Die mit dem „letzten Wort“ (§ 258 StPO) zusammenhängenden Fragen sind revisionsrechtlich immer interessant, vor allem, weil sie häufig zur Urteilsaufhebung führen. So vor allem auch, wenn nach dem letzten Wort des Angeklagten in der Hauptverhandlung nocht etwas geschieht, was für das Urteil Bedeutung haben kann. Denn dann wird häufig übersehen, dass dem Angeklagten dann noch einmal das letzte Wort gewährt werden muss. Ein schönes Beispiel ist die Fallgestaltung im BGH-Beschl. v. 26.102.201 – 5 StR 433/10. Dort istnach dem letzten Wort noch eine Haftentscheidungen ergangen, die einen Mitangeklagten betraf. Der BGh führt aus:

„Anderes gilt für den Inhalt des verkündeten Beschlusses betreffend den Angeklagten M. . Nicht anders als bei belastenden Haftentscheidungen (vgl. BGHR StPO § 258 Abs. 3 Wiedereintritt 8 m.w.N.; BGH StV 2001, 438) oder bekanntgegebenen Erwägungen des Gerichts, die eine Verurtei-lung voraussetzen oder nahelegen (vgl. BGHR StPO § 258 Abs. 3 Wieder-eintritt 3; BGH NStZ 1986, 470; BGH StV 1992, 551, 552), hat das Landgericht durch nicht sofortige Bescheidung des Antrags der Staatsanwaltschaft auf Haftbefehlsaufhebung im Gegensatz zum Mitangeklagten schlüssig das Fortbestehen eines dringenden Tatverdachts gegen diesen einen Freispruch erstrebenden Angeklagten zum Ausdruck gebracht. Der Angeklagte war durch die Haftentscheidung selbst zwar nicht unmittelbar betroffen (vgl. BGHR StPO § 258 Abs. 3 Wiedereintritt 8). Indes ließ sich dem Beschluss des Landgerichts für ihn entnehmen, dass das Gericht – bei offener Beweis-lage – das Geständnis des Mitangeklagten zu seinem Nachteil verwerten und ihn zu einer zu vollstreckenden Freiheitsstrafe verurteilen könnte, weshalb ihm unter diesen Aspekten die Gelegenheit zu geben war, hierzu abschließend nochmals Entlastendes vorzubringen. Eine solche Prozesslage erfor-dert nach § 258 StPO die Möglichkeit, dass sich ein Angeklagter vor der Ur-teilsverkündung zum Verfahrensgegenstand äußern können muss (vgl. BGH NStZ 1986, 470) „.