Mit Eingriffen in die konkrete Strafzumessung sind die Obergerichte meist zurückhaltend. Zwar werden Strafzumessungserwägungen beanstandet, aber: Konkrete Zahlen kommen dann doch nicht auf den Tisch. Ein wenig anders der OLG Hamm, Beschl. v. 06.03.2014 – 1 RVs 10/14 -, ergangen in einem BtM-Verfahren. Das ist der Angeklagte vom Amtsgericht wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt worden. Nach den Feststellungen des AG „war der bereits vielfach und unter anderem auch mehrfach wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln vorbestrafte und langjährig betäubungsmittelabhängige Angeklagte am 28. Dezember 2012 um 13:50 Uhr im Bereich der O-Parkanlage in I im Rahmen einer Polizeikontrolle im Besitz von 19,31 g Haschisch mit nicht mehr festgestellter Wirkstoffkonzentration angetroffen worden, welches zum Eigenkonsum bestimmt war.“ Das LG verwirft seine Strafmaßberufung. Das OLG hebt auf und führt u.a. aus:
b) Ungeachtet des Vorstehenden wird die mit dem angefochtenen Urteil verhängte Freiheitsstrafe von 7 Monaten den Anforderungen an einen gerechten und angemessenen Schuldausgleich nicht mehr gerecht. Sie steht zu dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des Angeklagten außer Verhältnis und verletzt mithin das verfassungsrechtlich verankerte Übermaßverbot.
Allerdings ist die Strafzumessung grundsätzlich allein Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht kann im allgemeinen nur dann eingreifen, wenn die Erwägungen, mit denen der Tatrichter Strafart und Strafmaß begründet hat, in sich rechtlich fehlerhaft sind, wenn anerkannte Strafzwecke außer Betracht geblieben sind oder wenn sich die Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein, d. h., wenn die Strafe in einem groben Missverhältnis zu Tatunrecht und Tatschuld steht und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt.
Insoweit ist auch hinsichtlich des letztgenannten Aspektes die grundsätzlich dem Tatrichter vorbehaltene Strafzumessung der rechtlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich (vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 46 Rdn 146, 149 a).
In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird nahezu durchgängig die Auffassung vertreten, dass in den Fällen des Besitzes geringer Mengen Betäubungsmittel zum Eigenkonsum im Sinne der §§ 29 Abs. 5, 31 a BtMG auch bei einschlägig vorbestraften abhängigen Drogenkonsumenten die Verhängung einer Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt und sich – soweit sie sich als unerlässlich erweist – im untersten Bereich des Strafrahmens des § 29 Abs. 1 BtMG zu bewegen hat (OLG Oldenburg, Beschluss vom 11. Dezember 2009 – 1 Ss 197/09 -, juris, Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 27. September 2006 – III – 104/06 – 1 Ss 166/06, III – 104/06, 1 Ss 166/06 -; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14. April 2003 – 3 Ss 54/03 -, juris; BGH, Beschluss vom 16. Februar 1998 – 5 StR 7/98 -, juris; III-2 RVs 45/11 OLG Hamm, Beschluss vom 28.12.2011).
Dem tritt der Senat zumindest für die Fälle bei, in denen über den festgestellten strafbaren Betäubungsmittelbesitz zum Eigenkonsum hinausgehend nach den getroffenen Feststellungen konkrete Anhaltspunkte für eine etwaige Fremdgefährdung – etwa durch die nahe liegende Möglichkeit der Abgabe von Betäubungsmitteln an Dritte oder durch Beschaffungskriminalität – nicht ersichtlich sind. So liegt der Fall hier; entgegenstehende Feststellungen sind zumindest bisher nicht getroffen.
Stellt man auf die Richtlinien zur Anwendung des § 31 a Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes gemäß des Runderlasses des Justizministeriums und des Ministeriums für Inneres und Kommunales in Nordrhein-Westfalen vom 19. Mai 2011 – JMBL. NRW S. 106 – ab, so ist von einer geringen Menge zum Eigenverbrauch gemäß Ziffer II. 1. der Richtlinien bei Cannabisprodukten bis zu einer Gewichtsmenge von 10 g auszugehen, welche hier allerdings ungeachtet der mangelnden Feststellung eines Wirkstoffgehalt des sichergestellten Haschisch um nahezu 100% überschritten worden ist….“