Schlagwort-Archive: Beiordnung

Doppelte Untätigkeit des Amtsrichters…. nachträgliche Beiordnung des Pflichtverteidigers

Nicht selten wird in der Praxis mit der Bescheidung eines Antrags auf Beiordnung eines Pflichtverteidiger gewartet, bis die Sache „entscheidungsreif“ ist = ggf. nach § 154 StPO eingestellt wird. Dann ist das Verfahren beendet und eine Beiordnung kommt nicht mehr in Betracht. Dem hat jetzt das LG Halle einen Riegel vorgeschoben und eine doppelte Untätigkeit des Amtsrichters beanstandet; nämlich Antrag nicht beschieden und auf die (Untätigkeits)Beschwerde des Verteidigers auch nichts unternommen = der Beschwerde nicht abgeholfen. Das LG hat dann „nachträglich“ beigeordnet. Alles nachzulesen bei LG Halle, Beschl. v. 28.12.2009, 6 Qs 69/09

Neu!!! Pflichtverteidiger für den inhaftierten Mandanten, § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO

Zu den am 01.01.2010 in Kraft getretenen Neuerungen im U-Haft-Recht gehört auch die Neuregelung in § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO. Danach ist jetzt dem Beschuldigten, gegen den Untersuchungshaft vollstreckt wird, ein Pflichtverteidiger beizuordnen, und zwar  nach § 141 Abs. 3 StPO: Unverzüglich.

Die Regelung ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, aber mit ihr werden wir noch viel Spaß (wirklich?) bekommen. Denn zunächst mal öffnet sie ggf. der Praxis Tür und Tor, den jeweiligen „Haus-und-Hof-Verteidiger“ zu bestimmen, weil es sich mit ihm so schön konsensual verteidigen lässt. Und dann: Was hießt „unverzüglich“? Ja, ja, ich weiß: § 121 BGB. Aber ist „unverzüglich“ auch hier „sofort“? Das könnte eine Auslegung sein, die sich gegen den Beschuldigten richtet. Wenn man ihm nämlich keine Möglichkeit gibt, von seinem Bestimmungsrecht aus § 142 Abs. 1 Satz 1 StPO Gebrauch zu machen. Alles Fragen, mit denen sich die Rechtsprechung in der nächsten Zeit wird auseinander setzen müssen. Es gibt also viel zu tun. Packen wir es an.

OLG Hamm bejaht inzidenter Pflichtverteidiger im OWi-Verfahren

Hallo, es bewegt sich dann allmählich doch etwas in der Frage der Beiordnung eines Pflichtverteidigers im OWi-Verfahren. Jetzt hat dazu auch das OLG Hamm in seinem Beschl. v. 19.11.2009 – 5 Ss OWi 401/09 Stellung genommen. Zwar nicht tragend, also nur in einem obiter dictum, aber doch sehr deutlich und m.E. nicht nur bezogen auf die Drogenfahrt/das Beweisverwertungsverbot bei einem Verstoß gegen § 81a StPO. Mit dem Beschluss kann man m.E. ganz gut argumentieren. Also: Auf geht`s.

Pflichtverteidger im OWi-Verfahren? Immer häufiger wird bestellt….

Es mehren sich die OWi-Verfahren, in denen dem Betroffenen ein Pflichtverteidiger bestellt wird. Nach LG Mainz und OLG Bremen, jetzt auch LG Köln bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Das LG führt aus, dass dem Betroffenen im OWi-Verfahren ein Pflichtverteidiger dann beizuordnen ist, wenn er die Fahrerlaubnis für seinen Arbeitsplatz in einem kleinen Betrieb benötigt und gegen den Betroffenen noch weitere Bußgeldverfahren wegen ähnlicher — zum Teil auch erheblicher — Geschwindigkeitsüberschreitungen laufen.

LG Köln, Beschl. v. 09.12.2009 – 105 Qs OWi 382/09

LG Leipzig: Pflichtverteidiger nein, denn da könnte ja sonst jeder kommen

Die 1. Strafkammer des LG Leipzig ist mir, vor allem im gebührenrechtlichen Bereich, schon häufiger mit „eigenartigen“ Entscheidungen „aufgefallen“. Hier dann jetzt mal eine zum Bereich der Blutentnahme. Bislang war man sich ja m.E. zumindest insoweit einig, dass in den „streitigen Fällen“ dem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger beigeordnet wird – so OLG Brandenburg, LG Schweinfurt und OLG Bremen für das OWi-Verfahren. Auf die Rechtsprechung baut der Kollege in Leipzig und beantragt seine Beiordnung. Mitnichten sagt das AG. Und: Auf die Beschwerde sagt das dann auch das LG Leipzig. Es sei zwar schön, wenn der Beschuldigte sachkundigen Rat habe, zwingend sei das nicht. Da könne ja jeder kommen. Hat Recht nicht auch etwas mit Gleichbehandlung zu tun? In Leipzig sieht man das wohl anders.

Wer es nicht glaubt, kann es hier nachlesen: LG Leipzig, Beschl. v. 1.12.2009 – 3 Qs 342/09.