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Wenn sich der Reichsbürger (?) „lautstark erregt“, oder: Keine „temperamentvolle Reaktion“

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Es dürfte sich um einen Angeklagten aus dem „Lager“ der Reichsbürger gehandelt haben, der mit einem Amtsrichter beim AG Bocholt so aneinander geraten ist, dass der ein Ordnungsgeld von 150 € ersatzweise drei Tage Ordnungshaft gegen ihn verhängt hat. Jedenfalls spricht einiges dafür, weil der Angeklagte zu Beginn der Hauptverhandlung zunächst das Hinsetzen verweigerte und  später dann verlangte, zunächst Unterlagen einzusehen, aus denen sich ergebe, dass der erkennende Richter wirklich ein staatlicher Richter sei und sich deswegen nicht zur Sache einlassen wollte. Bis dahin dann also schon eine recht muntere Hauptverhandlung. Es gin dann aber wohl munter weiter, nachdem „er im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung im Beisein des gerade vernommenen Zeugen seine Stimme [erhob] und zeigte „mit dem nackten Finger“ auf ihn, die Wachtmeister und den Vorsitzenden“. Es wurden dem Angeklagten jeweils sitzungspolizeiliche Maßnahmen bzw. die Verhängung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, angedroht. Nach einer Minute begann der Verurteilte erneut „sich lautstark zu erregen“ – was immer das ist/war. Jedenfalls hat es dem Vorsitzenden dann gereicht und er hat das Ordnungsgeld gegen den Angeklagten verhängt. Die Beschwerde dagegen hat beim OLG nicht viel genutzt, denn das hat die Beschwerde des Angeklagten im OLG Hamm, Beschl. v. 06.10.2016 – 4 Ws 308/16 – verworfen:

„Das Verhalten des Verurteilten, sich zweifach im Beisein des gerade vernommenen Zeugen lautstark zu erregen bzw. seine Stimme zu erheben, stellt eine Ungebühr i.S.d. § 178 GVG dar. Ungebühr im Sinne von § 178 Abs. 1 GVG ist ein erheblicher Angriff auf die Ordnung in der Sitzung, auf deren justizgemäßen Ablauf, auf den „Gerichtsfrieden“ und damit auf die Würde des Gerichts (OLG Hamm, Beschl. v. 03. 06.2008 – 1 Ws 338/08 – juris m.w.N.). Zu einem geordneten Ablauf der Sitzung gehört auch die Beachtung eines Mindestmaßes an äußeren Formen und eine von Emotionen möglichst freie Verhandlungsatmosphäre. Die Ordnungsmittel des § 178 GVG können dabei insbesondere als Antwort auf grobe Achtungsverletzungen und bewusste Provokationen eingesetzt werden. Es muss jedoch nicht jede Störung der Sitzung zugleich einen erheblichen Angriff auf die Würde und das Ansehen des Gerichts enthalten. So kann daher eine Ahndung mit einem Ordnungsmittel nach § 178 GVG entbehrlich sein, wenn eine augenblickliche, aus einer gereizten Verhandlungssituation geborene Entgleisung vorliegt. Das wird häufig insbesondere bei Angeklagten oder Betroffenen wegen der durch die Prozesssituation gegebenen emotionalen Belastung der Fall sein (OLG Hamm, Beschl. v. 28.11.2000 – 2 Ws 296/00 –juris m.w.N.).

Das lautstarke Erheben der Stimme bzw. das lautstarke „Sich-erregen“ im Beisein des gerade zu vernehmenden Zeugen ist ein solcher erheblicher Angriff auf den justizgemäßen Ablauf der Sitzung. Das im Hauptverhandlungsprotokoll dokumentierte Verhalten, welches zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat, ist geeignet gewesen, den Ablauf der Zeugenvernehmung zu stören, insbesondere ist ein solches Verhalten geeignet, den zu vernehmenden Zeugen einzuschüchtern und damit sein Aussageverhalten zu beeinflussen, zumal es in dem Strafverfahren gerade um eine Widerstandshandlung im Zusammenhang mit einer Vollstreckungshandlung des als Gerichtsvollzieher tätigen Zeugen ging.

Das geahndete Verhalten des Verurteilten war mehr als nur eine bloße „temperamentvolle Reaktion“, wie der Verteidiger in der Hauptverhandlung meinte, zumal nicht erkennbar ist, welches Geschehen eine solche „temperamentvolle Reaktion“ oder überhaupt eine derartige Erregung gerechtfertigt haben könnte. Die Verhandlungssituation als solche war – abgesehen von dem Verhalten des Verurteilten – nicht gereizt und der Verurteilte war bereits mehrfach – auch in anderem Zusammenhang zur Mäßigung ermahnt worden.“

Rechtliches Gehöhr hat es für den Angeklagten nicht mehr gegeben. Ist aber nicht schlimm sagt das OLG Hamm:

„….Denn in der Rechtsprechung ist als Ausnahme von der Pflicht zu einer ausdrücklichen vorherigen Anhörung der Fall anerkannt, dass der Betroffene zuvor ermahnt, bzw. ihm die Festsetzung eines Ordnungsgeldes angedroht worden ist (OLG Brandenburg NJW 2004, 451). Das ist hier der Fall. Nur etwa eine Minute vor dem zweiten Vorfall waren dem Verurteilten (zuletzt) sitzungspolizeiliche Maßnahmen wegen des Lautwerdens angedroht worden.“

Viel Spaß bei der Vollstreckung 🙂 .

Ach: Und das mit dem „nackten Finger“ würde mich nicht stören. Was soll er machen? Handschuhe anziehen 🙂 ?

Der gefesselte Angeklagte

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In der Hauptverhandlung kommt es sicherlich auch auf Außenwirkung an. Daher ist die Fesselung des Angeklagten, wenn sie vom Vorsitzenden angeordnet worden ist, ein Umstand, den mit Sicherheit jeder Verteidiger verhindern bzw. beseitigen möchte. Allerdings ist das nich so ganz einfach, vor allem weil an der Stelle die Rechtsmittelmöglichkeit eingeschränkt ist. Das musste jetzt ein Verteidiger mit dem OLG Saarbrücken, Beschl. v. 08.03.2016 – 1 Ws 28/16 – zur Kenntnis nehmen.

Der Angeklagte war wegen des Vorwurfs des gemeinschaftlichen Mordes angeklagt. Der Vorsitzende hatte mündlich angeordnet, dass der Angeklagte auch während der Sitzung an den Füßen gefesselt bleibt. Begründung (in der Nichtabhilfeentscheidung) im Wesentlichen, „dass bei dem bereits wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilten Angeklagten angesichts der Tatausführung von einem hohen, durch seine Äußerungen im Rahmen der Haftraumüberwachung – dort sei die Rede davon, dass Personen umgebracht werden sollen (u. a. der zuständige Dezernent der Staatsanwaltschaft) oder jemandem Leid zugefügt werden soll (z. B. dem Kind eines Zeugen und dem Kind des Staatsanwalts) – belegten Gewaltpotential, einer deutlich erhöhten Aggressivität sowie einer fehlenden Impulskontrolle auszugehen sei, so dass eine Fesselung erforderlich sei, wobei die bloße Fesselung der Füße den Angeklagten vergleichsweise wenig beeinträchtige.“

Dagegen die Beschwerde, die das OLG als unzulässig verworfen hat. Es sieht die Maßnahme des Vorsitzenden als eine im Rahmen der Ausübung seiner sitzungspolizeilichen Befugnisse gemäß § 176 GVG ergangene Anordnung an.

„b) Zwar kann eine Fesselungsanordnung durch den Vorsitzenden nicht nur auf 176 GVG, sondern auch auf § 231 Abs. 1 Satz 2 StPO gestützt werden (vgl. BGH NJW 1957, 271; OLG Dresden NStZ 2007, 479 f. – juris Rn. 1, 3; Senatsbeschluss vom 9. Januar 2012 – 1 Ws 11/12, 1 Ws 14/12 -; OLG Hamm, Beschl. v. 09.01.2014 – III-5 RVs 134/13, juris Rn. 7; Löwe-Rosenberg/Becker, a. a. O., § 231 Rn. 3; KK-Gmel, a. a. O., § 231 Rn. 2; Meyer-Goßner/Schmitt, a. a. O., § 231 Rn. 2) mit der Folge, dass sie dann nach § 304 Abs. 1 StPO mit der Beschwerde anfechtbar ist (vgl. OLG Dresden, a. a. O.; vorgenannter Senatsbeschluss; Löwe-Rosenberg/Becker, a. a. O., § 231 Rn. 41; KK-Gmel, a. a. O., § 231 Rn. 15; Meyer-Goßner/Schmitt, a. a. O., § 231 Rn. 24). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Maßnahme zumindest auch dem Zweck dienen soll, die Entfernung des Angeklagten aus der Hauptverhandlung zu verhindern, was etwa dann der Fall ist, wenn die Maßnahme auch auf eine erhöhte Fluchtgefahr gestützt ist (vgl. BGH NJW 1957, 271; OLG Dresden, a. a. O.; vorgenannter Senatsbeschluss). So verhält es sich hier indes nicht. Vielmehr hat der Vorsitzende der Jugendkammer ausweislich seines Nichtabhilfevermerks vom 25. Februar 2016 die Fesselungsanordnung ausschließlich auf die genannten sitzungspolizeilichen Aspekte und nicht auch auf eine erhöhte, über die bereits im Haftbefehl des Amtsgerichts Saarbrücken vom 29. Juli 2015 (Az.: 7 Gs 3186/15) für die Annahme des Haftgrundes nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO genannten Gründe hinausgehende Fluchtgefahr gestützt. Dem steht nicht entgegen, dass es in dem Nichtabhilfevermerk heißt, bei dem Angeklagten sei „zusätzlich zu dem durch die Strafdrohung begründeten hohen Fluchtanreiz“ auch von einem hohen Gewaltpotential auszugehen. Denn bei dieser nur am Rande erfolgten Erwähnung des durch die Straferwartung begründeten Fluchtanreizes handelt es sich – anders als etwa in dem dem vorgenannten Senatsbeschluss zugrunde liegenden Fall, in dem der dortige Vorsitzende die Ablehnung der Entfernung der Fußfesseln ausdrücklich auch darauf gestützt hatte, es sei „ein Fluchtversuch des Angeklagten zu befürchten“ – ersichtlich nicht um eine die Fesselungsanordnung tragende Erwägung.“

Derartige sitzungspolizeiliche Maßnahmen nach § 176 GVG können aber nach ganz überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich nicht mit der Beschwerde nach § 304 StPO angefochten werden, sondern nur dann, wenn ihnen eine über die Dauer der Hauptverhandlung oder sogar über die Rechtskraft des Urteils hinausgehende Wirkung zukommt und insbesondere Grundrechte oder andere Rechtspositionen des Betroffenen dauerhaft tangiert und beeinträchtigt werden. Und das hat das OLG verneint.

Wenn Angeklagter und Verteidiger durch eine Trennscheibe getrennt sind/werden…

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Aus der Prozessberichterstattung im Fernsehen kennt man die Sitzungssäle im OLG Düsseldorf, in denen die Staatsschutzsenate Staatsschutzsachen verhandeln. Daher wissen wir auch, dass es in diesen Sälen bauseits angebrachte und mit Sprechstellen versehene Trennscheiben gibt, durch die die Angeklagten von den übrigen Verfahrensbeteiligten – auch von ihren Verteidigern – getrennt werden. In einem der derzeit anhängigen Verfahren beim OLG Düsseldorf hatte einer der Verteidiger beantragt, stattdessen eine Trennscheibe am Tisch der Verteidigung zwischen dem Sitzplatz des Angeklagten und dem des Verteidigers einzurichten. Das hat die Senatsvorsitzende abgelehnt. Dagegen hat der Verteidiger Beschwerde eingelegt, über die nun der BGH im BGH, Beschl. v.10.03.2016 – StB 3/16 – entschieden hat. Er hat die sitzungspolizeiliche Maßnahme der Vorsitzenden bestätigt, wobei er die grundsätzliche Frage offen gelassen hat, ob eine solche Maßnahme überhaupt mit der Beschwerde angefochten werden kann. Er kommt aus anderen Gründen zur Unafechtbarkeit:

Denn auch bei Annahme der grundsätzlichen Anfechtbarkeit sitzungspolizeilicher Maßnahmen würde sich diese nach den allgemeinen Vorschriften über die Beschwerde gemäß § 304 Abs. 1 StPO richten, mit der alle richterlichen Entscheidungen angegriffen werden können, sofern sie nicht ausdrücklich von der Anfechtbarkeit ausgenommen sind. Eine solche generelle Ausnahme beinhaltet § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 StPO für Verfügungen und Beschlüsse der Oberlandesgerichte. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Ober-landesgerichte erstinstanzlich tätig werden, sieht § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO zwar wiederum einen Katalog von Rückausnahmen vor; diesem Katalog unterfällt die hier angegriffene sitzungspolizeiliche Anordnung der Vor-sitzenden des 7. Strafsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf indes nicht.

Soweit der Beschwerdeführer meint, die Trennscheibenanordnung müsse hier der Beschwerde unterliegen, weil mit ihr eine „derart weitgehende Beschränkung der Verteidigung“ einhergehe, dass sie mit den anfechtbaren Maß-nahmen im Sinne von § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO vergleichbar sei, ist dies nicht nachzuvollziehen:

Die von § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO erfassten Fälle betreffen mit der Verhaftung, der Durchsuchung oder bestimmten geheimen Ermitt-lungsmaßnahmen besonders eingriffsintensive Maßnahmen (Nr. 1), die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens oder die Einstellung wegen eines Verfahrenshindernisses (Nr. 2), die Verhandlung in Abwesenheit eines Angeklag-ten (Nr. 3), die Akteneinsicht (Nr. 4) und Entscheidungen, die den Widerruf einer Strafaussetzung oder des Straferlasses betreffen (Nr. 5).

Denn auch bei Annahme der grundsätzlichen Anfechtbarkeit sitzungspolizeilicher Maßnahmen würde sich diese nach den allgemeinen Vorschriften über die Beschwerde gemäß § 304 Abs. 1 StPO richten, mit der alle richterlichen Entscheidungen angegriffen werden können, sofern sie nicht ausdrücklich von der Anfechtbarkeit ausgenommen sind. Eine solche generelle Ausnahme beinhaltet § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 StPO für Verfügungen und Beschlüs-se der Oberlandesgerichte. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Ober-landesgerichte erstinstanzlich tätig werden, sieht § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO zwar wiederum einen Katalog von Rückausnahmen vor; diesem Katalog unterfällt die hier angegriffene sitzungspolizeiliche Anordnung der Vor-sitzenden des 7. Strafsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf indes nicht.

Soweit der Beschwerdeführer meint, die Trennscheibenanordnung müsse hier der Beschwerde unterliegen, weil mit ihr eine „derart weitgehende Be-schränkung der Verteidigung“ einhergehe, dass sie mit den anfechtbaren Maß-nahmen im Sinne von § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO vergleichbar sei, ist dies nicht nachzuvollziehen:

Die von § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO erfassten Fälle betreffen mit der Verhaftung, der Durchsuchung oder bestimmten geheimen Ermittlungsmaßnahmen besonders eingriffsintensive Maßnahmen (Nr. 1), die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens oder die Einstellung wegen eines Ver-fahrenshindernisses (Nr. 2), die Verhandlung in Abwesenheit eines Angeklag-ten (Nr. 3), die Akteneinsicht (Nr. 4) und Entscheidungen, die den Widerruf einer Strafaussetzung oder des Straferlasses betreffen (Nr. 5). Eine allenfalls im engsten Rahmen in Betracht kommende analoge Anwendung der nach ständiger Rechtsprechung restriktiv auszulegenden Ausnahmeregelung (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 304 Rn.12 mwN) kommt nur in Betracht, wenn die angegriffenen Entscheidungen -insbesondere im Hinblick auf die durch sie beeinträchtigten Rechtspositionen – mit den im Katalog dieser Vorschrift genannten vergleichbar sind (vgl. BGH aaO).

Für Anordnungen, die lediglich den Vollzug der Untersuchungshaft be-treffen, wird eine solche Vergleichbarkeit abgelehnt (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2012 – StB 19/11, BGHR StPO §304 Abs.5 Verhaftung 5; KK-Zabeck, StPO, 7. Aufl., § 304 Rn.7 mwN). Nichts anderes gilt hier hinsicht-lich der Verfügung, mit der die Verwendung der bauseits angebrachten und mit Sprechstellen versehenen Trennscheibe, durch die die Angeklagten von den übrigen Verfahrensbeteiligten getrennt werden, auch im Verfahren gegen den Angeklagten angeordnet worden ist, betrifft sie doch nur die Ausgestaltung der räumlichen Anordnung der Sitzplätze des Angeklagten und seines Verteidigers während der Durchführung der Hauptverhandlung. Eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Verteidigung ist damit auch mit Blick auf die räumlichen Gegebenheiten in den Sitzungssälen des Oberlandesgerichts Düsseldorf, die dem Senat aus eigener Anschauung bekannt sind, nicht verbunden.“

Na, da werde ich dann in Burhoff, Hauptverhandlung, wohl eine neue Randnnumer einfügen müssen.

Lösung zu: Ich habe mal eine Frage: Mandant nicht da, aber ich, keine Kostenerstattung?

© haru_natsu_kobo Fotolia.com

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Mein Frage vom vergangenen Freitag: Ich habe mal eine Frage: Mandant nicht da, aber ich, keine Kostenerstattung?, hat immerhin vier Kommentare bekommen. Das zeigt m.E. immer, dass die Frage in der Praxis dann offenbar doch immer wieder eine Rolle zu spielen scheint. Und: Nachdem die h.M. der Kommentatoren zunächst in die falsche Richtugn 🙂 ging: Sie hat sich zum Guten gewendet. Denn:

Die Auffassung der Staatskasse ist richtig. Dazu gibt es sogar eine amtsgerichtliche Entscheidung, nämlich den AG Tiergarten, Beschl. v. 11.01.2016 – 232b Ds 10/15, in dem es heißt:

„Als notwendige Auslagen i.S. des § 467 StPO hat die Landeskasse dem Angeklagten nach § 464a StPO  § 91 ZPO nur die gesetzlichen Gebühren und Auslagen seines Rechtsanwalts zu erstatten.

Die für den Termin vom 3.11.2015 beantragte Gebühr ist nicht erstattungsfähig, da deren Entstehung nicht notwendig i.S.v. § 464 a StPO i.V.m. § 91 ZPO war. Der Angeklagte erschien unentschuldigt nicht zum Termin. Die ordnungsgemäße Ladung wurde durch das Gericht festgestellt. Die Versagung der Erstattungsfähigkeit bedeutet auch nicht ein Umgehen der Kostenentscheidung, da diese eben nur die Erstattung der notwendigen Auslagen des Angeklagten beinhaltet. Die Prüfung der Notwendigkeit i.S.v. § 464a StPO i.V. m. § 91 ZPO hat demnach für alle beantragten Gebühren zu erfolgen. Die Gebühr für den Termin vom 3.11.2015 hat der Angeklagte somit in voller Höhe selbst zu tragen.“

  • Auf den ersten Blick sicherlich ein wenig überraschend, da die Terminsgebühr für den Hauptverhandlungstermin, zu dem der Angeklagte nicht erschienen ist, für den Verteidiger nach Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2VV RVG entstanden ist. Das ändert aber nichts daran, dass dem Angeklagten diese Gebühr nicht zu erstatten ist. Denn bei der Kostenerstattung nach §§§ 467, 464a StPO geht es um die (notwendigen) Gebühren des Verteidigers des Angeklagten, die dem Angeklagten aus der Staatskasse zu erstatten sind. Die Terminsgebühr für einen Termin, der nicht stattfinden konnte, weil der Angeklagte nicht anwesend war, ist aber nicht notwendig. Oder: Es handelt sich um eine zwar zulässige, aber zwecklose Tätigkeit, die nicht zu einem Erstattungsanspruch führt.
  • Die Gebühr für den ausgefallenen Hauptverhandlungstermin muss der Angeklagte somit in voller Höhe selbst zu tragen. Der Verteidiger kann aber natürlich die Terminsgebühr von seinem Mandanten verlangen. Der kann sich ihm gegenüber nicht darauf berufen, dass die Gebühr nicht erforderlich war.
  • Und: War der Verteidiger (auch) Pflichtverteidiger, kann er die Gebühr auch als gesetzliche Gebühr über § 45 RVG im Rahmen seiner gesetzlichen Vergütung verlangen. Denn der Kostenerstattungsanspruch des Angeklagten und der Anspruch des Pflichtverteidigers auf seine gesetzliche Gebühren sind unterschiedliche Ansprüche. Bei dem Anspruch nach § 45 RVG handelt es sich um einen Anspruch des Pflichtverteidigers, dem man das Verschulden des Mandanten nicht entgegenhalten kann. Die Geltendmachung scheitert auch nicht an § 58 Abs. 3 RVG. Denn auf diese Terminsgebühr hat der Rechtsanwalt keine Zahlungen erhalten.

Verkehrte Welt, oder: Wenn der Wahlverteidiger Pflichtverteidigergebühren haben will

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Heute ist nicht Freitag, nein, aber dennoch eine gebührenrechtliche Entscheidung/Problematik? Ja, und zwar deshalb weil der OLG Karlsruhe, Beschl. v. 03.11.2015 – 2 Ws 277/15 – so schön zu den beiden anderen „Pflichtverteidigerentscheidungen“ des heutigen Tages passt. Er behandelt eine Frage, die bislang in der Rechtsprechung noch nicht entschieden war, aber irgendwann ist es immer so weit, bis sich ein Problem auch der Rechtsprechung stellt. Vielleicht hat es hier ab auch so lange gedauert, bis sich die Rechtsprechung äußern musste, weil m.E. die Lösung auf der Hand liegt.

Ein im Grunde ganz einfacher Sachverhalt: Die Staatsanwaltschaft hat im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus beantragt. Der Rechtsanwalt hat an der Hauptverhandlung als Pflichtverteidiger teilgenommen. Das LG hat den Antrag auf Unterbringung des Beschuldigten abgelehnt und bestimmt, dass die notwendigen Auslagen des Beschuldigten von der Staatskasse zu tragen sind. Der Rechtsanwalt hat Kostenfestsetzung/-erstattung auf der Grundlage seiner Vergütung als Wahlverteidiger beantragt, wobei für die Hauptverhandlungstermine z.T. ein Längenzuschläge geltend gemacht worden sind.

Und die gibt es, wenn Wahlverteidigergebühren geltend gemacht werden, nicht:

„Der mit der sofortigen Beschwerde weiter verfolgte Gebührenanspruch besteht nicht. Der Längenzuschlag nach Nr. 4116 VV RVG steht dem gerichtlich bestellten Verteidiger nur dann zu, wenn die ihm als bestelltem Verteidiger zustehenden Gebühren beansprucht werden. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung ist die gesetzliche Regelung eindeutig. In der Begründung des Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, das dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG) zugrunde liegt, heißt es dazu ausdrücklich: „Die vorgeschlagene Regelung [die inhaltlich mit Nr. 4116 VV RVG übereinstimmende Nr. 4110 VV RVG] ist auf den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt beschränkt. Es besteht kein Anlass, sie auf den Wahlanwalt auszudehnen, weil diesem eine Rahmengebühr zusteht. Innerhalb dieses Rahmens kann er die jeweils angemessene Terminsgebühr bestimmen, wobei die Dauer des jeweiligen Hauptverhandlungstermins eine nicht unerhebliche Rolle spielen wird“ (BT-Drs. 15/1971 S. 224).“

Und die Entscheidung ist richtig: Der Rechtsanwalt irrt(e), wenn er im Rahmen der Kostenfestsetzung Längenzuschläge beanspruchen will/wollte. Diese stehen nämlich nur dem Pflichtverteidiger zu. Das folgt nicht nur aus den vom OLG zitierten Gesetzesmaterialien sondern auch aus dem RVG unmittelbar. Denn die Längenzuschläge sind bei den Gebühren im VV RVG nur in der rechten Spalte ausgeführt, also nur bei den „Gebühren des gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalts“. Der Wahlanwalt kann sie im Rahmen der Kostenerstattung nicht geltend machen, und zwar auch dann nicht, wenn er dem Beschuldigten im Verfahren als Pflichtverteidiger beigeordnet war. Denn im Rahmen der Kostenerstattung/-festsetzung geht es um die Erstattung/Festsetzung der dem (frei gesprochen) Angeklagten im Verfahren entstandenen Kosten (§§ 52 RVG, 464b StPO). Das ist ein Erstattungsanspruch des ehemaligen Angeklagten auf die Wahlanwaltsgebühren. Dieser – dem Angeklagten zustehende – Anspruch ist zu unterscheiden von dem Anspruch des Pflichtverteidigers auf gesetzliche Gebühren (§ 45 RVG). Nur, wenn der Rechtsanwalt den geltend macht, kann er Längenzuschläge verlangen. Daran ändert sich nichts, wenn der Angeklagte seinen Anspruch an den Verteidiger abgetreten hat. Durch die Abtretung ändert sich nicht die Eigenschaft des Anspruchs als ein Anspruch des Angeklagten auf Wahlanwaltsgebühren.