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OWi I: Bekanntes zum Umfang der Akteneinsicht im Bußgeldverfahren, oder: „Nostalgie“

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Im Moment gibt es nicht so viele OWi-Entscheidungen, über die zu berichten wäre. Heute habe ich aber mal wieder drei aus straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren. Es sind alles AG-Entscheidungen.

Den Opener macht der AG Rudolstadt, Beschl. v. 25.03.2021 – 1 OWi 98/21. Es geht noch einmal/mal wieder um den Umfang der Akteneinsicht im Bußgeldverfahren, und zwar:

„Dem Betroffenen eines Bußgeldverfahrens steht ein umfassendes Akteneinsichtsrecht zu, das in der Regel gemäß § 147 StPO i,V.m. 46 Abs. 1 OWiG über seinen Verteidiger ausgeübt wird. Dieses Recht ist, sofern die Ermittlungen förmlich abgeschlossen sind (§§ 169 a, 147 Abs. 2 StPO i.V.m. 46 Abs. 2, 61 OWiG9, zwar nach Ort, Zeitpunkt und Dauer der Einsichtnahme modifizier-bar, hinsichtlich seines Umfanges aber weder eingeschränkt, noch beschränkbar (Bundesverfassungsgericht Entscheid 62, 338).

Das Einsichtsrecht erstreckt sich aber nicht nur auf sämtliche Unterlagen der Verwaltungsbehörde, die zu den Akten genommen worden sind, auf die der Vorwurf in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gestützt wird, sondern auch auf alle sonstigen verfahrensbezogenen Vorgänge, die möglicherweise bedeutsam für das Verfahren sind. Dazu gehört unter anderem auch die zum Zeitpunkt der Messung gültige Version der Bedienungsanleitung (unter anderem: AG Bad Kissingen, Beschluss vom 06,07.2006, 3 OWi 17 Js 7100/06; LG Ellwangen, Beschluss vom 14.12,2009 1 Qs 166/09; AG Herford, Beschluss vom 20,09.2010, AG Ellwangen, am angegebenen Ort; 11 OWi, 624/10, AG Heidelberg, Beschluss vom 31.10.2011, 3 OWi 510 Js 22198/11; AG Lüdinghausen, Beschluss vom 09.02.2012, 19 OWi 10/20; AG Cottbus, 14.09.2012, 83 OWi 1122/12; AG Jena, 03.08.2018, 3 OWi 1194/18, etc.)

Die Bedienungsanleitung ist notwendig, um den gegebenenfalls als Zeugen zu befragenden Messbeamten sachgerecht zur ordnungsgemäßen Durchführung der Messung befragen zu können. Auch unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit kann die Einsicht in die Bedienungsanleitung des Messgerätes nicht versagt werden. Zum Einen kommt es für die Erfüllung des Akteneinsichtsrechts als Konkretisierung des aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Rechts auf ein faires Verfahren nicht auf die Frage der Zumutbarkeit für die Verwaltungsbehörde an, zum Andren dürfte die Bedienungsanleitung als Computerdatei vorliegen und deshalb problemlos an den Verteidiger übersandt werden können (vergleiche auch Burhoff VRR 7/2011).

Das Urheberrecht steht der Beifügung einer Kopie der Bedienungsanleitung – ggf. als Computerdatei – nicht entgegen. Die Bedienungsanleitung für ein Messgerät beschreibt lediglich die vorgegebenen technischen Zusammenhänge auf eine handwerklich definierbare Weise und ist deshalb keine eigenständige geistige Schöpfung des Autors (vergleiche: Ellwangen, VRR 2011, 117; AG Ellwangen NZV 2011, 362). Als Bestandteil der Akte ist auch offensichtlich, dass die überlassenen Unterlagen nur auf das vorliegende Verfahren verwandt und insbesondere nicht anderweitig veröffentlicht werden dürfen. So auch das AG Lüdinghausen, Beschluss vom 21.12.2015 zu dem Aktenzeichen: 19 OWi 227/15. Danach kann die Bedienungsanleitung ohne Verletzung des Urheberrechts Verteidigern im Wege der Akteneinsicht zur Verfügung gestellt werden und muss dies auch. Sinn der Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung ist bekanntermaßen die von allen Verfahrensbeteiligten vorzunehmende Prüfung der Messung anhand der Bedienungsanleitung. Hierfür ist es vor allem erforderlich, dass die Bedienungsanleitung bei Bedarf stets für den Prüfenden zur Hand ist. So ist es insbesondere für den Verteidiger wichtig, sich in der Sitzung -bei Bedarf auch ohne Onlinezugang- mit einer in Papierform vorhandenen Bedienungsanleitung zu versehen, um Messungen zu überprüfen.“

Ist ein wenig nostalgisch der Beschluss. Nicht weil er vom 25.03.2021 stammt, also schon ein wenig älter ist, sondern wegen der Thematik und auch der dazu vom AG angeführten Belegstellen. Über die ist die Zeit und die Rechtsprechung inzwischen hinweg gegangen. Aber: Man sieht an dem Beschluss und den Zitaten, wie lange die Fragen die Rechtsprechung schon beschäftigen.

Nebenklage III: Nochmals Akteneinsicht des Verletzten, oder: Tief greifender Grundrechtseingriff

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Und im letzten Posting geht es noch einmal zurück zur Akteneinsicht des Verletzten. Der ehemalige Angeklagte ist wurde durch Urteil des AG vom 03.07.2020 wegen Beleidigung in Tateinheit mit Bedrohung verurteilt worden. Mit Schriftsatz vom 07.07.2020 – eingegangen am 09.07.2020 – zeigte Rechtsanwalt R. unter Vorlage einer auf ihn lautenden Vollmacht die Vertretung des Verletzten, von dem er mit der Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche beauftragt worden sei, an und bat um Akteneinsicht.

Mit Schriftsatz vom 09.07.2020 legte der Verteidiger gegen das Urteil des Amtsgerichts „Rechtsmittel” ein. Nachdem in der Folge keine nähere Wahl hinsichtlich des Rechtsmittels getroffen worden war, legte die Staatsanwaltschaft die Akte dem LG zur Entscheidung über das als Berufung auszulegende Rechtsmittel vor.

Dort ist dann Termin zur Berufungshauptverhandlung bestimmt worden und, ohne den Angeklagten oder seinen Verteidiger zuvor anzuhören, die Übersendung der Akte an Rechtsanwalt R. zur Einsichtnahme angeordnet worden. Nachdem der Verteidiger durch ihm in Vorbereitung auf den Berufungshauptverhandlungstermin antragsgemäß gewährte Akteneinsicht Kenntnis von der Rechtsanwalt R. gewährten Einsicht in die Akte erlangt hatte, hat er mit – in der Berufungshauptverhandlung vom 17.11.2020 zur Akte gereichtem – Schriftsatz  gegen die Rechtsanwalt R. gewährte Akteneinsicht Beschwerde eingelegt und beantragt, „festzustellen, dass die dem Rechtsanwalt R. für den angeblich Geschädigten R. T. erteilte Akteneinsicht rechtswidrig war.” Das LG, das die Berufung des Angeklagten mit – inzwischen rechtskräftigem – Urteil vom 17.11.2020 verworfen hat, hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Das OLG hat die Beschwerde als unzulässig angesehen. Hier die Leitsätze der Entscheidung des OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.01.2021 – 1 Ws 4/21:

  1. Vor der Entscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht an den Verletzten ist der Beschuldigte regelmäßig anzuhören.

  2. Hat der Verletzte tatsächlich Einsicht in die Akten genommen, ist die vorangegangene richterliche Anordnung der Akteneinsicht prozessual überholt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beschuldigten ist daher grundsätzlich unzulässig.

  3. Der Verstoß gegen das Recht des Beschuldigten auf rechtliches Gehör begründet für sich allein die Zulässigkeit der Beschwerde nicht. Dies ist vielmehr nur dann der Fall, wenn ein anerkannter Ausnahmefall (Wiederholungsgefahr, fortwirkende Beeinträchtigung, tiefgreifender Grundrechtseingriff) vorliegt.

Nebenklage I: Akteneinsicht für die Nebenklägerin, oder: Aussage-gegen-Aussage

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Heute stelle ich dann Entscheidungen rund um die Nebenklage vor. Die erste, der LG Köln, Beschl. v.29.01.2021 – 120 Qs 3-4/21 -, den mir die Kollegin Heindorf aus Köln Essen geschickt hat, ist m.E. vor allem aber auch für Verteidiger interessant.

Ergangen ist er in einem Verfahren, das eine Tat nach § 177 Abs. 2 Nr. 5, Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB zum Gegenstand hat. In dem ist der Nebenklagevertreterin, die als Zeugenbeistand beigeordnet war, Akteneinsicht gewährt worden. Dagegen richte ich sich die Beschwerde der Verteidiger der beiden Angeklagten. Die hatte Erfolg:

„Die Beschwerden sind auch begründet. Der Antrag auf Akteneinsicht war abzulehnen.

Nach § 406e Abs. 2 Satz 2 StPO kann dem Nebenkläger die Akteneinsicht versagt werden, soweit der Untersuchungszweck gefährdet erscheint. Über die Versagung der Akteneinsicht wegen einer Gefährdung des Untersuchungszwecks entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen (Schmitt a.a.O., § 406e Rn. 11). Indes ist das Beschwerdegericht nicht darauf beschränkt, die angefochtene Entscheidung auf Ermessensfehler zu überprüfen, sondern trifft eine eigene Ermessensentscheidung (KG NStZ 2019, 110 (111); OLG Braunschweig NStZ 2016, 629 (630)). Dabei sind auch in Fällen, in denen die Angaben des Verletzten zum Kerngeschehen von der Einlassung des Angeklagten abweichen und eine Aussage-gegen-Aussage-Konstellation vorliegt, immer die Umstände des Einzelfalls entscheidend (vgl. KG a.a.O.; OLG Braunschweig a.a.O.; Schmitt a.a.O., § 406e Rn. 12). Allerdings dürfte bei einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation jedenfalls dann von einer Gefährdung des Untersuchungszwecks auszugehen sein, wenn — wie hier — die Aussage des Belastungszeugen das einzige oder nach dem Ermittlungsergebnis belastbarste Beweismittel ist (so auch LR-StPO/Hilger, 26. Aufl. 2009, § 406e Rn. 13). Denn in diesen Fällen droht schon durch die Akteneinsicht als solche eine Gefährdung des Untersuchungszwecks, sodass dem Belastungszeugen jedenfalls in aller Regel die Akteneinsicht zu versagen ist (vgl. OLG Hamburg NStZ 2015, 105 (107); MüKoStPO/Grau, 2019, § 406e Rn. 14).

Ausweislich des Akteninhalts haben die Angeklagten die Tat abgestritten, wobei sie insbesondere die Einvernehmlichkeit der betreffenden sexuellen Handlungen vorgeben. In solchen Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen greifen besondere Anforderungen an die Beweiswürdigung, wobei es dem Tatrichter je nach Fallgestaltung auch obliegen kann, dem Belastungszeugen zum Zwecke der Glaubhaftigkeitsprüfung Inhalte früherer Vernehmungen oder sonstige Akteninhalte vorzuhalten. Gerade der inhaltlichen Konstanz aufeinander folgender Vernehmungen desselben Zeugen kommt als eines von zahlreichen Realitätskriterien wesentliche Bedeutung zu (OLG Hamburg NStZ 2015, 105 (107)). Auch wenn die Tat tatsächlich begangen worden sein und der Zeuge in der Hauptverhandlung wahrheitsgemäß aussagen sollte, wird die Aussagekraft seiner Aussagekonstanz durch die Gewährung vorheriger Akteneinsicht zwangsläufig entwertet (vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. April 2016 — 2 StR 435/15 —, juris Rn. 14). Selbiges gilt für die im Rahmen der Beweiswürdigung gebotene Überprüfung durch den Tatrichter, ob der Aussageinhalt mit den sonstigen Akteninhalten, insbesondere den übrigen Ermittlungsergebnissen, in Einklang zu bringen ist. Das Gericht könnte sich bei der Glaubhaftigkeitsprüfung der Aussage dem Umstand der vorherigen Akteneinsicht nicht verschließen. Hierdurch wird die Erforschung des wahren Sachverhalts unabhängig davon gefährdet, ob der Zeuge die Kenntnisnahme von Akteninhalten offenlegt oder seine Aussage gar bewusst diesen Akteninhalten anpasst. Schon die Möglichkeit, dass der Tatrichter der Aussage des Belastungszeugen aus diesem Grund geringeres Gewicht beimisst, steht dem Untersuchungszweck entgegen.

Auch die Zusicherung der Nebenklagevertreterin, der Nebenklägerin im vorliegenden Fall keine Akteninhalte zur Verfügung zu stellen, schließt die Gefährdung des Untersuchungszwecks nicht aus. Der Tatrichter kann nicht zuverlässig überprüfen, ob diese Zusicherung eingehalten wurde (vgl. OLG Hamburg NStZ 2015, 105 (108)). Hieran ändert sich nicht dadurch etwas, dass die Nebenklägerin auf Befragen des Tatrichters, welche Akteninhalte zu ihrer Kenntnis gelangt sind, als Zeugin zur Wahrheit verpflichtet wäre und für den Fall einer Lüge mit einer Strafe rechnen müsste (so aber KG NStZ 2019, 110 (112)). Denn gerade in Fällen, in denen der Angeklagte der Sache nach eine Falschbeschuldigung durch den Belastungszeugen behauptet, ist diese Erwägung nicht geeignet, eine Gefährdung des Untersuchungszwecks auszuschließen.

Ohne Bedeutung ist weiter die — auch von der Nebenklagevertreterin vorgebrachte —Erwägung, es dürfte sich im Ergebnis eher zu Gunsten als zu Lasten des Angeklagten auswirken, wenn eine festgestellte Konstanz in der Aussage der Nebenklägerin wegen einer vorherigen Akteneinsicht an Wert für die Beurteilung ihrer Angaben als richtig verliert (vgl. hierzu KG NStZ 2019, 110 (112)). Es geht bei dem Versagungsgrund des § 406e Abs. 2 Satz 2 StPO nicht um die Interessen des Angeklagten, sondern um das öffentliche Interesse, den Untersuchungszweck nicht zu gefährden. Auch wenn der Untersuchungszweck auch den Interessen des Angeklagten dient, steht er dennoch nicht zu dessen Disposition.

Der Gefährdung des Untersuchungszwecks stehen im vorliegenden Fall keine überwiegenden Interessen der Nebenklägerin gegenüber. Die Erwägung der Nebenklagevertreterin, nur durch Aktenkenntnis sei ihr eine Beurteilung möglich, ob die Nebenklägerin möglicherweise eine Falschaussage getätigt hat, ist nicht durchgreifend. Es obliegt dem Tatrichter, die Nebenklägerin vor ihrer Vernehmung umfassend zu den Folgen einer Falschaussage zu belehren. Es ist der Nebenklagevertreterin auch ohne genaue Aktenkenntnis unbenommen, die Nebenklägerin darüber aufzuklären, welche prozessualen Rechte ihr aus dem hypothetischen Fall unwahrer Angaben im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung erwachsen würden. Es ist nicht erkennbar, welchen Vorteil die genaue Kenntnis früherer Aussageinhalte für diese Aufklärung bieten sollte…..“

Sondermeldung zum OWiG: BVerfG hebt OLG Bamberg auf, oder: Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde wegen der Rohmessdaten.

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Mich weist gerade ein Leser des Blogs auf den BVerfG, Beschl. v. 12.11.2020 – 2 BvR 1616/18 hin. Er verhält sich zur Verfassungsbeschwerde gegen den OLG Bamberg, Beschl. v. 19.06.2019 – 3 Ss OWi 672/18 (vgl. dazu Antwort vom OLG Bamberg: Das VerfG Saarland hat keine Ahnung, oder: Von wegen der Rechtsstaat lebt).


 

Edit an dieser Stelle am 15.12.2020 um 13.30 Uhr: Inzwischen bin och schon ein paar mal gefragt worden, wer die Verfassungsbeschwerde erfolgreich geführt hat. Bislang konnte ich das nicht beantworten. Jetzt kann ich es, dass der Kollege sich bei mir mit folgender Mail gemeldet hat:

„Sehr geehrter Herr Kollege Burhoff,

vielen Dank für Ihre „Sondermeldung zum OWi: BVerfG hebt OLG Bamberg auf, oder: Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde wegen der Rohmessdaten.“

Insbesondere durch Ihre Inspiration konnte ich meine Verfassungsbeschwerde erfolgreich gestalten. Danke!

Über eine Benennung/Verweisung/Verlinkung Ihrerseits auf meine Website
www.kanzlei-fritschi.de würde ich mich sehr freuen!“

Das tue ich doch sehr gerne und gratulieren ihm zu seinem Erfolg. Das mit der Inspiration ist ja nett, aber: Nicht ich habe die Verfassungsbeschwerde erfolgreich geführt.

Mal sehen, was die Fachgerichte daraus machen.


Und hier dann weiter: Das BVerfG führt dazu aus:

„Das Oberlandesgericht Bamberg hat die damit einhergehende Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren durch die Verwerfung der Rechtsbeschwerde nicht beseitigt.

a) Im Ausgangspunkt ist es von Verfassungs wegen zunächst nicht zu beanstanden, dass die Fachgerichte von einer reduzierten Sachverhaltsaufklärungs- und Darlegungspflicht der Gerichte im Fall eines standardisierten Messverfahrens ausgegangen sind.

aa) Die im Fall des Beschwerdeführers zur Anwendung gekommene Messungsmethode mit dem Messgerät der Marke PoliScan Speed M1 des Herstellers Vitronic Dr.-Ing. Stein Bildverarbeitungssysteme GmbH, bei der unter Einsatz eines (mobilen) Messgeräts mittels scannender Laserstrahlen eine Laufzeitmessung vorgenommen wird, ist als sogenanntes standardisiertes Messverfahren anerkannt (vgl. zuletzt Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 3. April 2020 – 1 SsRs 50/19 -, juris, Rn. 9 m.w.N.; zur Funktionsweise vgl. Smykowski, NZV 2018, S. 358 <359 m.w.N.>; H.-P. Grün/M. Grün/R. Schäfer, in: Burhoff, Messungen im Straßenverkehr, 5. Aufl. 2020, § 1 Rn. 803 ff. m.w.N.).

Bei einem standardisierten Messverfahren handelt es sich um ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf derart festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind, wobei dies nicht bedeutet, dass die Messung in einem voll automatisierten, menschliche Handhabungsfehler praktisch ausschließenden Verfahren stattfindet (vgl. BGHSt 43, 277 <284>). Regelmäßig werden technische Messsysteme, deren Bauart von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zur Eichung zugelassen ist, von den Gerichten als standardisierte Messverfahren insbesondere bei Geschwindigkeitsmessungen anerkannt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Juli 2014 – IV-1 RBs 50/14 -, juris, Rn. 9; OLG Frankfurt, Beschluss vom 4. Dezember 2014 – 2 Ss-OWi 1041/14 -, juris, Rn. 15; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 9. Dezember 2019 – 202 ObOWi 1955/19 -, juris, Rn. 8; vgl. auch Cierniak, ZfS 2012, S. 664).

Kommt bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung ein standardisiertes Messverfahren zur Anwendung, sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geringere Anforderungen an die Beweisführung und die Urteilsfeststellungen der Fachgerichte zu stellen (vgl. BGHSt 39, 291; 43, 277). Denn die Zulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt bietet bei Verwendung des Messgerätes im Rahmen der Zulassungsvorgaben nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich eine ausreichende Gewähr dafür, dass die Messung bei Einhaltung der vorgeschriebenen Bedingungen für den Einsatz auch im Einzelfall ein fehlerfreies Ergebnis liefert (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. Juli 2015 – 2 (7) SsBs 212/15 -, juris, Rn. 6 m.w.N.; zu möglichen Auswirkungen der Änderungen des Mess- und Eichrechts vgl. Rothfuß, DAR 2016, S. 257 <259>). Wie bei allen technischen Untersuchungsmethoden, insbesondere solchen, die in Bereichen des täglichen Lebens außerhalb von Laboratorien durch „angelerntes“ Personal gewonnen werden, ist auch bei standardisierten Messverfahren eine absolute Genauigkeit, also eine sichere Übereinstimmung mit der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit, nicht möglich. Das Tatgericht muss sich deshalb bei der Berücksichtigung der Ergebnisse von Geschwindigkeitsmessgeräten bewusst sein, dass Fehler nicht auszuschließen sind. Es hat diesem Umstand durch die Berücksichtigung von Messtoleranzen Rechnung zu tragen (vgl. BGHSt 39, 291 <301>).

Davon abgesehen ist das Tatgericht nur dann gehalten, das Messergebnis zu überprüfen und sich von der Zuverlässigkeit der Messung zu überzeugen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler gegeben sind (vgl. BGHSt 39, 291 <301>; 43, 277 <283 f.>). Wurde das Messgerät von seinem Bedienpersonal standardmäßig, also in geeichtem Zustand gemäß der Betriebsanleitung des Herstellers und den Zulassungsbedingungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt entsprechend verwendet, ist das Tatgericht auch von weiteren technischen Prüfungen, insbesondere zur Funktionsweise des Messgerätes, freigestellt (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 4. Dezember 2014 – 2 Ss-OWi 1041/14 -, juris, Rn. 16).

Die amtliche Zulassung von Messgeräten sowie die Reduzierung des gemessenen Wertes um einen – systemimmanente Messfehler erfassenden – Toleranzwert dient dem Zweck, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung und der Erörterung des Regelfalles zu entlasten (vgl. BGHSt 39, 291 <297>; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Juli 2014 – IV-1 RBs 50/14 -, juris, Rn. 10). Bestehen keine Bedenken gegen die Richtigkeit des Messergebnisses, genügt deshalb zum Nachweis eines Geschwindigkeitsverstoßes grundsätzlich die Mitteilung des eingesetzten Messverfahrens, der ermittelten Geschwindigkeit nach Abzug der Toleranz und des berücksichtigten Toleranzwertes (vgl. BGHSt 43, 277 <282>; Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 3. April 2020 – 1 SsRs 50/19 -, juris, Rn. 8 m.w.N.; Cierniak, ZfS 2012, S. 664 <666>; Seitz/Bauer, in: Göhler, OWiG, 17. Aufl. 2017, § 71 Rn. 43 f. m.w.N.; Burhoff, in: Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl. 2018, Rn. 2171 f. m.w.N.). Bei standardisierten Messverfahren sind daher im Regelfall – ohne konkrete Anhaltspunkte für eventuelle Messfehler – die Feststellungs- und Darlegungspflichten des Tatgerichts reduziert (vgl. Cierniak, ZfS 2012, S. 664 <669>; Cierniak/Niehaus, DAR 2014, S. 2; Krumm, in: Fahrverbot in Bußgeldsachen, 4. Aufl. 2017, § 5 Rn. 46). Regelmäßig umfasst der Akteninhalt der Bußgeldakte deshalb lediglich diejenigen Informationen, die zur Feststellung des Geschwindigkeitsverstoßes nach den Grundsätzen zum standardisierten Messverfahren entscheidungserheblich sind (vgl. insoweit Saarländischer VerfGH, Beschluss vom 27. April 2018 – Lv 1/18 -, juris, Rn. 30; Cierniak, ZfS 2012, S. 664 <676>; Deutscher, VRR 2013, S. 7 <10>).

Dabei bleibt der Anspruch des Betroffenen, nur aufgrund ordnungsgemäß gewonnener Messdaten verurteilt zu werden, gewahrt, wenn ihm die Möglichkeit eröffnet ist, das Tatgericht im Rahmen seiner Einlassung auf Zweifel aufmerksam zu machen und einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen (vgl. BGHSt 39, 291 <300>; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Juli 2014 – IV-1 RBs 50/14 -, juris, Rn. 10). Durch das Stellen von Beweisanträgen, Beweisermittlungsanträgen und Beweisanregungen hat der Betroffene ausreichende prozessuale Möglichkeiten, weiterhin auf Inhalt und Umfang der Beweisaufnahme Einfluss zu nehmen (vgl. insoweit auch OLG Bamberg, Beschluss vom 13. Juni 2018 – 3 Ss OWi 626/18 -, juris, Rn. 12).

Für einen erfolgreichen Beweisantrag muss der Betroffene konkrete Anhaltspunkte für technische Fehlfunktionen des Messgerätes vortragen, wohingegen die bloß allgemeine Behauptung, die Messung sei fehlerhaft gewesen, das Gericht nicht zur Aufklärung anhält (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11. Dezember 2006 – 2 Ss OWi 598/06 -, juris, Rn. 13; OLG Celle, Beschluss vom 26. Juni 2009 – 311 SsBs 58/09 -, juris, Rn. 12; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Juli 2014 – IV-1 RBs 50/14 -, a.a.O, Rn. 20; Fromm, NZV 2013, S. 16 <18>; Cierniak/ Niehaus, DAR 2014, S. 2). Gleiches gilt für pauschale Behauptungen des Betroffenen ins Blaue hinein, etwa, dass das Messgerät nicht richtig funktioniert habe, die Gebrauchsanweisung nicht eingehalten oder nachträglich Eingriffe an dem Gerät vorgenommen worden seien (vgl. Krumm, in: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Aufl. 2017, II. § 77 OWiG Rn. 20; vgl. auch Deutscher, VRR 2013, S. 7 <8>; Hannich, in: Festschrift für Thomas Fischer, 2018, S. 655 <662 f.>).

bb) Diese Vorgehensweise der Fachgerichte im Ordnungswidrigkeitenverfahren ist nicht zu beanstanden.

Mit der Rechtsprechungspraxis zum standardisierten Messverfahren bei Geschwindigkeitsverstößen wird gewährleistet, dass bei massenhaft vorkommenden Verkehrsordnungswidrigkeiten nicht jedes Amtsgericht bei jedem einzelnen Bußgeldverfahren anlasslos die technische Richtigkeit einer Messung jeweils neu überprüfen muss (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 11. November 2016 – 2 SsOWi 161/16 (89/16) -, juris, Rn. 7). Die damit verbundene Vereinfachung des Verfahrensgangs ist bei derartigen Bußgeldverfahren indiziert (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 15. April 2020 – 1 SsRs 16/20 -, juris, Rn. 7). Das Bußgeldverfahren als solches ist gerade im Hinblick auf seine vorrangige Bedeutung für die Massenverfahren des täglichen Lebens (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 1996 – 2 BvR 616/91 -, juris, Rn. 47) auf eine Vereinfachung des Verfahrensgangs und eine schnelle Erledigung ausgerichtet (vgl. BGHSt 39, 291 <299>; 41, 376 <381>; 43, 22 <26>; 46, 358 <368>; BT-Drucks 13/5418, S. 7; Rothfuß, DAR 2016, S. 257; Seitz/Bauer, in: Göhler, OWiG, 17. Aufl. 2017, Vor § 71 Rn. 1). Anders als das Strafverfahren dient es nicht der Ahndung kriminellen Unrechts, sondern der verwaltungsrechtlichen Pflichtenmahnung, der der Ernst der staatlichen Strafe fehlt (vgl. BVerfGE 27, 18 <33>; 45, 272 <288 f.>). Es ist von Verfassungs wegen deshalb auch nicht zu beanstanden, wenn dem geringeren Unrechtsgehalt der Ordnungswidrigkeiten gerade im Bereich von massenhaft vorkommenden Verkehrsverstößen durch Vereinfachungen des Verfahrensgangs Rechnung getragen wird (vgl. insoweit zu Sonderregelungen im Bußgeldverfahren auch BVerfGE 45, 272 <289>).

b) Ungeachtet dessen erweist sich der Umgang des Amtsgerichts Hersbruck mit dem Begehren des Beschwerdeführers auf Zugang zu bestimmten Informationen, die in der dem Amtsgericht vorgelegten und der Verteidigung zur Akteneinsicht überlassenen Bußgeldakte nicht enthalten, an anderer Stelle aber vorhanden waren, als verfassungswidrig. Die Fachgerichte haben dem aus dem Recht auf ein faires Verfahren resultierenden Anspruch des Beschwerdeführers auf Informationszugang auch zu den nicht zur Bußgeldakte genommenen Informationen nicht hinreichend Rechnung getragen.

aa) Ein rechtsstaatliches und faires Verfahren fordert „Waffengleichheit“ zwischen den Verfolgungsbehörden einerseits und dem Beschuldigten andererseits. Der Beschuldigte hat deshalb ein Recht auf möglichst frühzeitigen und umfassenden Zugang zu Beweismitteln und Ermittlungsvorgängen und auf die Vermittlung der erforderlichen materiell- und prozessrechtlichen Informationen, ohne die er seine Rechte nicht wirkungsvoll wahrnehmen könnte (vgl. BVerfGE 110, 226 <253>). Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Januar 1983 zu sogenannten Spurenakten gehört hierzu auch der Zugang zu den bei den Ermittlungsbehörden anlässlich des Verfahrens entstandenen Beweismitteln und Ermittlungsvorgängen, die dem Gericht durch die Verfolgungsbehörde nicht vorgelegt wurden und deren Beiziehung seitens des Fachgerichts unter Aufklärungsgesichtspunkten nicht für erforderlich erachtet wird (vgl. BVerfGE 63, 45 <66 ff.>).

(1) Aus dem Recht auf ein faires Verfahren folgt hiernach, dass der Beschuldigte eines Strafverfahrens neben der Möglichkeit, prozessual im Wege von Beweisanträgen oder Beweisermittlungsanträgen auf den Gang der Hauptverhandlung Einfluss zu nehmen, grundsätzlich auch das Recht hat, Kenntnis von solchen Inhalten zu erlangen, die zum Zweck der Ermittlung entstanden sind, aber nicht zur Akte genommen wurden (vgl. BVerfGE 63, 45 <66>). Dem Beschuldigten bietet sich auf diesem Weg auch außerhalb eines gerichtlich anhängigen Strafverfahrens eine weitgehende Möglichkeit, anlässlich der Tatermittlung entstandene Unterlagen der Ermittlungsbehörden, die nicht zum Bestandteil der Akten im Strafverfahren geworden sind, durch seine Verteidigung einsehen zu lassen. Dadurch werden seine Verteidigungsmöglichkeiten erweitert, weil er selbst nach Entlastungsmomenten suchen kann, die zwar fernliegen mögen, aber nicht schlechthin auszuschließen sind. Während so regelmäßig dem Informationsinteresse des Beschuldigten genügt ist, ist gleichwohl gewährleistet, dass der Ablauf des gerichtlichen Verfahrens nicht durch eine sachlich nicht gebotene Ausweitung der Verfahrensakten unverhältnismäßig erschwert oder sogar nachhaltig gefährdet wird (vgl. BVerfGE 63, 45 <67>).

Die möglicherweise außerhalb der Verfahrensakte gefundenen entlastenden Informationen können von der Verteidigung zur fundierten Begründung eines Antrags auf Beiziehung vor Gericht dargelegt werden. Der Beschuldigte kann so das Gericht, das von sich aus keine sachlich gebotene Veranlassung zur Beiziehung dieser Informationen sieht, auf dem Weg des Beweisantrages oder Beweisermittlungsantrages zur Heranziehung veranlassen (vgl. BVerfGE 63, 45 <69 f.>).

(2) Diese für das Strafverfahren geltenden Grundsätze können auf das Ordnungswidrigkeitenverfahren übertragen werden. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gewährleistet dem Betroffenen im Ordnungswidrigkeitenverfahren ebenso wie dem Beschuldigten im Strafverfahren das Recht auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 19. März 1992 – 2 BvR 1/91 -, juris, Rn. 23).

Zwar bestehen zwischen dem Recht der Ordnungswidrigkeiten und dem allgemeinen Strafrecht wesentliche Unterschiede im Sanktionscharakter, weshalb die Strenge des anzuwendenden Maßstabs im Ordnungswidrigkeitenrecht vermindert sein kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Juli 2003 – 2 BvR 273/03 -, Rn. 10). Im Hinblick auf den hier in Rede stehenden Zugang zu Informationen, die nicht Bestandteil der Bußgeldakten werden, sind Gründe, das ordnungswidrigkeitenrechtliche Verfahren anders zu behandeln als das Strafverfahren, allerdings nicht ersichtlich. Auch im Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz kann der Betroffene ein Interesse daran haben, den Vorwurf betreffende Informationen, die nicht zur Bußgeldakte genommen wurden, eigenständig auf Entlastungsmomente hin zu untersuchen. Es besteht im Hinblick auf Geschwindigkeitsmessungen insbesondere kein Erfahrungssatz, dass die eingesetzten Messgeräte unter allen Umständen zuverlässige Ergebnisse liefern (vgl. BGHSt 39, 291 <300>). Die technische Komplexität der bei Geschwindigkeitsmessungen zum Einsatz kommenden Messmethoden und die bei standardisierten Messverfahren verringerten Anforderungen an die Beweiserhebung und die Urteilsfeststellungen der Fachgerichte lassen das Bedürfnis der Betroffenen am Zugang zu weiteren die Messung betreffenden Informationen vielmehr nachvollziehbar erscheinen.

(3) Wenn der Betroffene demnach geltend macht, er wolle sich selbst Gewissheit darüber verschaffen, dass sich aus den dem Gericht nicht vorgelegten Inhalten keine seiner Entlastung dienenden Tatsachen ergeben, wird ihm die durch seinen Verteidiger vermittelte Einsicht grundsätzlich zu gewähren sein.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass das Recht auf Zugang zu den außerhalb der Akte befindlichen Informationen unbegrenzt gilt. Gerade im Bereich massenhaft vorkommender Ordnungswidrigkeiten ist eine sachgerechte Eingrenzung des Informationszugangs geboten. Andernfalls bestünde – wie der Generalbundesanwalt zu Recht einwendet – die Gefahr der uferlosen Ausforschung, erheblicher Verfahrensverzögerungen und des Rechtsmissbrauchs.

Die begehrten, hinreichend konkret benannten Informationen müssen deshalb zum einen in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem jeweiligen Ordnungswidrigkeitenvorwurf stehen und zum anderen erkennbar eine Relevanz für die Verteidigung aufweisen. Insofern ist maßgeblich auf die Perspektive des Betroffenen beziehungsweise seines Verteidigers abzustellen. Entscheidend ist, ob dieser eine Information verständiger Weise für die Beurteilung des Ordnungswidrigkeitenvorwurfs für bedeutsam halten darf. Die Verteidigung kann grundsätzlich jeder auch bloß theoretischen Aufklärungschance nachgehen, wohingegen die Bußgeldbehörden und schließlich die Gerichte von einer weitergehenden Aufklärung gerade in Fällen standardisierter Messverfahren grundsätzlich entbunden sind. Es kommt deshalb insofern nicht darauf an, ob die Bußgeldbehörde oder das Gericht die in Rede stehende Information zur Überzeugung von dem Verstoß für erforderlich erachtet.

Die Bußgeldbehörden beziehungsweise die Fachgerichte haben bei entsprechenden Zugangsgesuchen hiernach im Einzelfall zu entscheiden, ob sich das den Geschwindigkeitsverstoß betreffende Gesuch der Verteidigung in Bezug auf die angeforderten Informationen innerhalb dieses Rahmens hält. Etwaigen praktischen Bedenken dürfte durch eine verfahrenseffiziente Handhabung der Einsicht begegnet werden können (vgl. zu entsprechenden Ansätzen OLG Bamberg, Beschluss vom 4. Oktober 2017 – 3 Ss OWi 1232/17 -, juris, Rn. 35; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 5. Mai 2020 – 1 OWi 2 SsBs 94/19 -, juris, Rn. 11). Eine generell-abstrakte, über den Einzelfall hinausgehende Festlegung des Umfangs des Informationszugangs und der Modalitäten seiner Gewährung durch das Bundesverfassungsgericht ist insoweit weder möglich noch von Verfassungs wegen geboten.

(4) Der Gewährung eines solchen Informationszugangs können zudem gewichtige verfassungsrechtlich verbürgte Interessen wie beispielsweise die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege oder auch schützenswerte Interessen Dritter widerstreiten (vgl. auch hierzu BVerfGE 63, 45 <66>). Schließlich müssen auch unter dem Gesichtspunkt der „Waffengleichheit“ in der Rollenverteilung begründete verfahrensspezifische Unterschiede in den Handlungsmöglichkeiten von Verfolgungsbehörde und Verteidigung nicht in jeder Beziehung ausgeglichen werden (vgl. BVerfGE 63, 45 <67>; 63, 380 <392 f.>; 122, 248 <275>).

Die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege gebietet nicht nur die aufgezeigte Begrenzung des Umfangs des Informationszugangs, sondern findet ihren Niederschlag auch in der von dem Zugangsrecht unabhängigen Rechtsprechungspraxis zu standardisierten Messverfahren. Dieser wird durch den in Rede stehenden Informationszugang der Verteidigung auch nicht die Grundlage entzogen (entgegen OLG Oldenburg, Beschluss vom 23. Juli 2018 – 2 Ss (OWi) 197/18 -, juris, Rn. 26; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 5. Juni 2019 – I OLG 123/19 -, juris, Rn. 10). Solange sich aus der Überprüfung der Informationen keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit des Messergebnisses ergeben, bleiben die Aufklärungs- und Feststellungspflichten der Fachgerichte nach den Grundsätzen des standardisierten Messverfahrens reduziert. Ermittelt der Betroffene indes konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Messergebnisses, hat das Gericht zu entscheiden, ob es sich dennoch von dem Geschwindigkeitsverstoß überzeugen kann. Entsprechend seiner Amtsaufklärungspflicht hat das Fachgericht die Korrektheit des Messergebnisses dann individuell – gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen – zu überprüfen und seine Überzeugung im Urteil darzulegen. Im Übrigen bleiben die Ablehnungsmöglichkeiten aus § 77 Abs. 2 OWiG unberührt (vgl. hierzu Cierniak/Niehaus, DAR 2018, S. 541 <544>, und die Anmerkung von Krenberger, NZV 2018, S. 80 <85>). Die Rechtsprechungspraxis zu standardisierten Messverfahren und die Ablehnungsmöglichkeiten nach § 77 Abs. 2 OWiG begrenzen insofern die Möglichkeiten der Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit des Messergebnisses unter Berufung auf die erlangten und ausgewerteten Informationen in zeitlicher Hinsicht. Zwar steht dem Betroffenen ein Zugangsrecht vom Beginn bis zum Abschluss des Verfahrens zu (vgl. BVerfGE 63, 45 <67>). Er kann sich mit den Erkenntnissen aus dem Zugang zu weiteren Informationen aber nur erfolgreich verteidigen, wenn er diesen rechtzeitig im Bußgeldverfahren begehrt. Von Verfassungs wegen ist dies nicht zu beanstanden.

Dass dort, wo ein über den Inhalt der Bußgeldakte hinausgehender Informationszugang bereits gewährt wird, die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege beeinträchtigt wäre, ist nicht ersichtlich. Insofern ist auch auf die Vielzahl fachgerichtlicher Entscheidungen hinzuweisen, die – zwar mit teils unterschiedlicher Begründung und in unterschiedlichem Umfang – davon ausgehen, dass Betroffenen auf Verlangen auch nicht bei der Bußgeldakte befindliche Informationen von den Verwaltungsbehörden zugänglich zu machen sind (vgl. hierzu die nicht abschließende Übersicht bei Burhoff, in: Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl. 2018, Rn. 228 ff.; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 5. November 2012 – 2 Ss (Bz) 100/12 -, juris, Rn. 8; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 1. März 2016 – 2 OLG 101 Ss Rs 131/15 -, juris, Rn. 17; Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 24. Februar 2016 – Ss (Bs) 6/2016 (4/16 OWi) -, juris, Rn. 7 f.; OLG Celle, Beschluss vom 16. Juni 2016 – 1 Ss (OWi) 96/16 -, juris, Rn. 5; OLG Frankfurt, Beschluss vom 11. August 2016 – 2 Ss-OWi 562/16 -, juris, Rn. 12 ff.; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 8. September 2016 – (2 Z) 53 Ss-OWi 343/16 (163/16) -, juris, Rn. 12 ff.; wohl auch OLG Hamm, Beschluss vom 3. Januar 2019 – III-4 RBs 377/18 -, juris, Rn. 8; KG, Beschluss vom 2. April 2019 – 3 Ws (B) 97/19 -, juris, Rn. 5; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Juli 2019 – 1 Rb 10 Ss 291/19 -, juris, Rn. 28 m.w.N.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19. September 2019 – 1 Rb 28 Ss 300/19 -, juris, Rn. 4; OLG Dresden, Beschluss vom 11. Dezember 2019 – OLG 23 Ss 709/19 -, BeckRS 2019, 37019, beck-online, Rn. 7 ff.; wohl auch Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 3. April 2020 – 1 SsRs 50/19 -, juris, Rn. 20 ff.; OLG Koblenz, Beschluss vom 6. Juni 2020 – 2 OWi 6 SsRs 118/19 -, ZfSch 2020, S. 412; ausdrücklich offengelassen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Juli 2015 – IV-2 RBs 63/15 -, juris, Rn. 19; OLG Köln, Beschluss vom 27. September 2019 – III-1 RBs 339/19 -, juris, Rn. 11; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 5. Mai 2020 – 1 OWi 2 SsBs 94/19 -, juris, Rn. 16; ablehnend OLG Oldenburg, Beschluss vom 23. Juli 2018 – 2 Ss (OWi) 197/18 -, juris; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 5. Juni 2019 – I OLG 123/19 -, juris).

bb) In dem Verfahren des Beschwerdeführers haben die Fachgerichte bereits verkannt, dass aus dem Recht auf ein faires Verfahren für den Beschwerdeführer grundsätzlich ein Anspruch auf Zugang zu den nicht bei der Bußgeldakte befindlichen, aber bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen folgt.

(1) Das Amtsgericht Hersbruck hat das Anliegen des Beschwerdeführers, Zugang zu solchen Informationen zum Zwecke der eigenständigen Überprüfung außerhalb des gerichtlich anhängigen Verfahrens zu erhalten, während des gesamten Bußgeldverfahrens unberücksichtigt gelassen. Das Gericht hat insbesondere im Rahmen seines Beschlusses nach § 62 OWiG, mit dem es den entsprechenden Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen hat, keine Entscheidung über dessen Ansinnen in der Sache getroffen. Der Verweis auf die richterliche Überprüfung des Ordnungswidrigkeitenvorwurfs im Rahmen der Hauptverhandlung geht erkennbar am Begehren des Beschwerdeführers, eine möglichst umfassende, eigenständige Überprüfung des Messergebnisses vorzunehmen, vorbei.

Soweit sich das Gericht zu den von der Verteidigung erhobenen Einwänden in der Urteilsbegründung verhält, geschieht dies wiederum erkennbar nur unter dem Gesichtspunkt der richterlichen Amtsaufklärungspflicht. Es ging dem Beschwerdeführer allerdings nicht um die Frage, ob sich das Gericht in der Hauptverhandlung durch die Verlesung des Messergebnisses und des Messprotokolls sowie durch die Vernehmung des Messbeamten von der gefahrenen Geschwindigkeit und der Überschreitung der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit – unter Berücksichtigung eines Toleranzabzuges – überzeugen konnte. Da die Verteidigung des Beschwerdeführers im gesamten Bußgeldverfahren keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorhandensein eines Messfehlers dargelegt hatte, hätte für das Amtsgericht Hersbruck grundsätzlich kein Anlass bestanden, die Beweisaufnahme auf die Beiziehung weiterer Unterlagen und Daten oder auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erstrecken. Der Beschwerdeführer wollte aber derartige Anhaltspunkte selbst ermitteln. Insofern standen nicht Aufklärungspflichten des Gerichts, sondern ein Zugangsrecht der Verteidigung zu weiteren Informationen in Rede.

(2) Auch das Oberlandesgericht Bamberg hat verkannt, dass das Begehren des Beschwerdeführers nicht darauf gerichtet war, durch die Beiziehung von Unterlagen oder Daten die richterliche Beweisaufnahme oder den Aktenumfang auszuweiten, sondern darauf, außerhalb der Beweisaufnahme einen von der Amtsaufklärungspflicht des Gerichts unabhängigen Zugang zu den begehrten Informationen durch die Bußgeldstelle zu erreichen.

Die Verteidiger des Beschwerdeführers haben diesen Anspruch auf Zugänglichmachung weiterer Informationen auch frühzeitig vor der Hauptverhandlung gegenüber der Bußgeldstelle und mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG geltend gemacht. Nach Ablehnung dieses Begehrens noch im behördlichen Verfahren und anschließend durch das Fachgericht war der Beschwerdeführer zwar gezwungen, sein Begehren in der Hauptverhandlung erneut vorzubringen. Dem Beschwerdeführer ging es aber erkennbar um Informationsparität im Verhältnis zur Verwaltungsbehörde und nicht um „Waffengleichheit“ mit dem Gericht. Bei verständiger Auslegung des mit dem Aussetzungsantrag verbundenen Vorbringens kam es ihm weiterhin ausschließlich auf die Zugänglichmachung zu den außerhalb der Bußgeldakte befindlichen Informationen durch die Bußgeldstelle an. Die von Beginn des Bußgeldverfahrens an gestellten Anträge waren weder auf eine Beiziehung und Erweiterung des Akteninhalts durch das Amtsgericht Hersbruck noch auf eine bestimmte Beweiserhebung in der Hauptverhandlung gerichtet. Es ging der Verteidigung um die Möglichkeit einer eigenständigen Überprüfung des Messergebnisses mittels der bei der Bußgeldstelle vorhandenen Informationen. Hierbei handelte es sich nicht um Beweis(ermittlungs)anträge. Das vom Beschwerdeführer bereits im behördlichen Bußgeldverfahren geltend gemachte und vor Gericht weiterverfolgte Informationsbegehren durfte deshalb auch nicht unter Heranziehung der für die gerichtliche Beweisaufnahme nach § 77 OWiG geltenden Anforderungen unter Hinweis auf das Fehlen konkreter Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit des Messergebnisses bewertet werden.

Dem Beschwerdeführer kam es gerade darauf an, durch die eigenständige Überprüfung der begehrten Informationen derartige Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit des Messergebnisses erst zu ermitteln, um diese dann – gegebenen-falls – vor Gericht darlegen und dessen Amtsaufklärungspflicht auslösen zu können. Die fehlende Differenzierung des Oberlandesgerichts Bamberg zwischen Beweis(ermittlungs)antrag und dem Begehren auf Informationszugang lässt unberücksichtigt, dass die Verteidigungsinteressen des Betroffenen nicht identisch mit der Aufklärungspflicht des Gerichtes in der Hauptverhandlung sind und deutlich weitergehen können (vgl. hierzu KG, Beschluss vom 27. April 2018 – 3 Ws (B) 133/18 -, juris, Rn. 4; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Juli 2019 – 1 Rb 10 Ss 291/19 -, juris, Rn. 28; Cierniak, ZfS 2012, S. 664 <670>; Wendt, NZV 2018, S. 441 <445>). Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass der Verweis auf die auch bei standardisierten Messverfahren vorhandenen prozessualen Möglichkeiten des Betroffenen, weiterhin Einfluss auf Inhalt und Umfang der Beweisaufnahme zu nehmen, entwertet wird.

c) Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg beruht hiernach auf einer Verkennung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Es ist auch nicht auszuschließen, dass bereits die Verurteilung des Beschwerdeführers auf dem Verstoß des Amtsgerichts Hersbruck gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens beruht.2

Ich habe es noch nicht alles gelesen. Aber eins scheint mir sicher 🙂 . Das BVerfG sieht es dann doch wohl etwas weiter/anders als das OLG Bamberg und die anderen OLG. Mal sehen, ob man jetzt auch wieder schreibt: Die haben in Karlsruhe keine Ahnung.

OWi I: Geschwindigkeitsmessungen, oder: Eichmarken, Standardisierung, (Akten)Einsicht, Zitiergebot

In den letzten Wochen habe ich einiges an OWi-Entscheidungen bekommen. Daher dann heute mal wieder ein OWi-Tag. Da es doch eine ganze Menge ist, gibt es dazu dann – ausnahmsweise – heute dann mal nur die Leitsätze.

Und ich beginne mit Entscheidungen zu Geschwindigkeitsmessungen. Und zwar.

1. Eine Messung mit Riegl FG 21 P ist ein standardisiertes Messverfahren. Dass das Messgerät weder ein Messfoto noch Rohmessdaten speichert, hat auf diese Einordnung keinen Einfluss.

2. Die Einsicht in nicht bei der Akte befindliche Unterlagen, wie z.B. Lebensakte, verkehrsrechtliche Anordnung, muss nicht gewährt werden. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Urt. v. 25.07.2019 – 1586/15) steht dem nicht entgegen.

1. Es entspricht sich festigender Rechtsprechung, dass die Verteidigung auch und gerade bei standardisierten Messverfahren im Vorfeld der Hauptverhandlung und namentlich im Ermittlungsverfahren Zugang zu allen Informationen erhalten kann, die den Verfolgungsbehörden zur Verfügung stehen. Denn nur mit diesen Unterlagen kann sie beurteilen, ob Beweisanträge gestellt oder Beweismittel vorgelegt werden sollen.

2. Dies bedeutet, dass sich der verteidigungswillige Betroffene die bereitstehenden Daten vor der Hauptverhandlung beschaffen muss und sachverständig überprüfen lassen kann. Sein Ansprechpartner ist dabei die Verwaltungsbehörde.

Das Kostenrisiko trägt in Bezug auf das Privatgutachten grundsätzlich der Betroffene, nur im Falle eines Freispruchs kann etwas anderes gelten (Anschluss an LG Aachen NZV 2018, 480).

1. Bei dem Antrag auf Beiziehung nicht bei den Gerichtsakten befindlicher Rohmessdaten (hier: Ausdruck mittels Tuff-Viewer erstellter Bilddatei) handelt es sich um einen Beweisermittlungsantrag, dessen Ablehnung nur unter Aufklärungsgesichtspunkten (§ 77 Abs. 1 OWiG bzw. § 244 Abs. 2 StPO) gerügt werden kann.

2. Als Verletzung des rechtlichen Gehörs kann die Versagung der Beiziehung nicht gerügt werden, weil Art. 103 Abs. 1 GG kein Recht auf Erweiterung der Gerichtsakten vermittelt.

Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass die Verwertbarkeit der Ergebnisse eines standardisierten Messverfahrens nicht von dessen nachträglicher Überprüfbarkeit anhand von aufzuzeichnenden Rohmessdaten abhängig ist, und durch die fehlende Reproduzierbarkeit der zum einzelnen Messwert führenden Berechnung weder der Anspruch auf ein faires Verfahren noch der auf eine effektive Verteidigung berührt wird.

  • OLG Zweibrücken, Beschl. v. 05.11.2020 – 1 OWi 2 Ss Rs 124/20

Nach der am 27. April 2020 erfolgten Verkündung der 54. Verordnung zur Änderung verkehrsrechtlicher Vorschriften besteht, soweit die Änderungsverordnung wegen eines Verstoßes gegen das Zitiergebot aus Art. 80a Abs. 3 GG nichtig ist, die bis dahin geltende Rechtslage fort.

Von einem standardisierten Messverfahren kann nicht ausgegangen werden, wenn nach Ende der Messung nicht alle Eichmarken auf ihre Unversehrtheit geprüft worden sind.