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Wiedereinsetzung I: Wiedereinsetzung der Nebenklage, oder: Zurechnung des Verschuldens des Vertreters

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Und dann geht es am heutigen Mittwoch weiter, und zwar mit Entscheidungen zur Wiedereinsetzung.

Zunächst stelle ich den BGH, Beschl. v. 25.06.2025 – 6 StR 207/25 – vor, der sich mit der Wiedereinsetzung beim Nebenkläger befasst, und zwar führt der BGH aus:

„Der Wiedereinsetzungsantrag ist zulässig. Der Generalbundesanwalt hat insoweit ausgeführt:

„Der Antrag des Nebenklägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unzulässig, da er nicht den Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO entspricht. Im Unterschied zum Angeklagten ist einem Nebenkläger nach ständiger Rechtsprechung das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten, der nach Versäumung der Frist zur Revisionsbegründung Wiedereinsetzung beantragt, nach dem allgemeinen Verfahrensgrundsatz des § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen. Für die Frage, ob der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt für Verschulden seines Kanzleipersonals haftet, kommt es darauf an, ob dieses sorgfältig ausgewählt und überwacht wird und ob eine zur Verhinderung von Fristüberschreitungen taugliche Büroorganisation vorhanden ist. Deshalb erfordert die Begründung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht nur eine genaue Darlegung und Glaubhaftmachung aller zwischen dem Beginn und Ende der versäumten Frist liegenden Umstände, die für die Frage bedeutsam sind, wie und gegebenenfalls durch wessen Verschulden es zur Versäumnis gekommen ist. Vorzutragen sind ferner diejenigen Tatsachen, die ein der Wiedereinsetzung entgegenstehendes Verschulden des Bevollmächtigten ausschließen. Dies betrifft insbesondere die organisatorischen Vorkehrungen, durch die im Rahmen der Arbeitsabläufe in der Kanzlei sichergestellt werden soll, dass ein fristgebundener Schriftsatz nicht nur rechtzeitig fertiggestellt, sondern auch innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht (vgl. dazu etwa BGH, Beschluss vom 11. Juli 2018 – 2 StR 467/17, juris Rn. 3). Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Nebenklägers genügt diesen Anforderungen nicht, da er ein eigenes Verschulden des Bevollmächtigten nicht auszuschließen vermag. Ein Rechtsanwalt muss durch eine geeignete Büroorganisation sicherstellen, dass die Kanzleibeschäftigten sorgfältig überwacht werden. Der Vortrag des Vertreters des Nebenklägers verhält sich hierzu nicht. Weder wird eine generelle Büroorganisation vorgetragen – die Darlegungen beschränken sich insoweit auf die Abläufe im konkreten Einzelfall – noch dargelegt, wie die sorgfältige Überwachung der Kanzleimitarbeiterin erfolgt ist.“

Dem tritt der Senat bei.“

Kleine Anmerkung zu dem oben fett geschriebenen „zulässig“. Das muss wohl „unzulässig“ heißen 🙂 . Freut mich immer diebisch, wenn ich so etwas mal bei einem BGH-Senat mit seinen vielen Hiwis entdecke. Auch da kocht man nur mit Wasser :-).

Verfahrenseinstellung wegen Todes des Angeklagten, oder: Notwendige Auslagen der Nebenklage?

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Am RVG-Tag habe ich hier heute zunächst eine kostenrechtliche Entscheidung, und zwar den OLG Zweibrücken, Beschl. v. 08.04.2025 – 1 Ws 10/25. Es geht um die Erstattung der notwendigen Auslagen des Nebenklägers im Falle der Einstellung des Verfahrens wegen Versterbens des Angeklagten (§ 206a StPO). Die trägt der Nebenkläger dann selbst:

„b) Die sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Nebenkläger trägt seine notwendigen Auslagen selbst. Eine Erstattung dieser Auslagen kommt bei einer Einstellung wegen eines Verfahrenshindernisses nicht in Betracht (BGH, Beschlüsse vom 15.03.2016 – 2 StR 509/15, BeckRS 2016, 7592 Rn. 3; vom 30.07.2014 – 2 StR 248/14, NStZ-RR 2014, 349; vom 24.05.2018 – 4 StR 51/17, BeckRS 2018, 16391 Rn. 18 mwN). Im Falle des Freispruchs, der Nichteröffnung des Verfahrens oder einer Einstellung, die nicht unter § 472 Abs. 2 StPO fällt, hat der zur Nebenklage Befugte seine Auslagen selbst zu tragen; ebenso entfallen beim Tod des Angeklagten vor rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens Erstattungsansprüche des Nebenklägers (Kurtze in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Auflage 2024, § 472 StPO, Rn. 4 mwN). Dies ist in der Beschlussformel nicht gesondert auszusprechen (BGH, Beschluss vom 23.08.2012 – 4 StR 252/12, NStZ-RR 2012, 359).“

Bewilligung von PKH für die Nebenklägerrevision?, oder: Nicht, wenn die Revision unzulässig ist

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Die zweite Entscheidung kommt vom BGH. Der hat sich im BGH, Beschl. v. 5 StR 729/24 – noch einmal mit der Bewilligung von PKH für den Nebenkläger befasst.

Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Freiheitsberaubung mit Todesfolge verurteilt. Dagegen wendet sich der Nebenkläger mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision und beantragt zugleich, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Der BGH hat den PKH-Antrag abgelehnt und zugleich die Revision als unzulässig verworfen:

„1. Die Voraussetzungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 397a Abs. 2 StPO liegen nicht vor. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:

„Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug gesondert (§ 404 Abs. 5 StPO, § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO); dies erfordert in jeder Instanz erneut die Prüfung und deshalb die Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers, der sich insoweit grundsätzlich des vorgeschriebenen Vordrucks (§ 117 Abs. 4 ZPO) zu bedienen hat. Zwar kann eine Bezugnahme auf die vor dem Landgericht dargelegten wirtschaftlichen Voraussetzungen verbunden mit der Versicherung, dass sich die Verhältnisse nicht verändert haben, ausreichen. Eine derartige Erklärung hat der Nebenkläger jedoch nicht abgegeben. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe löst auch keine Verpflichtung des Revisionsgerichts aus, die wirtschaftlichen Verhältnisse zu ermitteln. Das Erfordernis der Darlegung ergibt sich aus dem Gesetz, eines Hinweises auf diese Sachlage und eines Zuwartens mit der Entscheidung bedarf es nicht (vgl. zum Ganzen BGH, Beschluss vom 6. Februar 2018 – 5 StR 347/17, Rn. 1).

Davon unabhängig ist der Antrag auch deshalb abzulehnen, weil die sachlichen Voraussetzungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vorliegen. Zwar kommt es für die Bewilligung weder auf die Erfolgsaussichten der Revision noch darauf an, ob deren Verfolgung mutwillig erscheint (§ 397a Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 114 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Die Bewilligung setzt aber gemäß § 397a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 StPO voraus, dass der Nebenkläger ohne sie seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann. An einer solchen Schutzbedürftigkeit des Nebenklägers mangelt es, weil seine Revision – dazu sogleich – unzulässig ist (vgl. Wenske in Löwe/Rosenberg, StPO, 27. Auflage, § 397a StPO, Rn. 35) und sein mögliches Interesse an der Verfolgung der zu seinem Nachteil begangenen Tat im Revisionsverfahren aufgrund der Revision der Staatsanwaltschaft hinreichend berücksichtigt wird.“

Dem schließt sich die Vorsitzende an und versagt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

2. Die Revision des Nebenklägers ist unzulässig. Der Generalbundesanwalt hat dies in seiner Zuschrift wie folgt begründet:

„Gemäß § 400 Abs. 1 StPO kann ein Nebenkläger das Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, dass eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt oder dass der Angeklagte wegen einer Gesetzesverletzung verurteilt wird, die ihn nicht zum Anschluss als Nebenkläger berechtigt. Daher muss die Begründung der Revision erkennen lassen, dass der Nebenkläger mit dem Rechtsmittel einen bisher unterbliebenen Schuldspruch des Angeklagten (auch) wegen einer Straftat, welche die Berechtigung zum Anschluss an das Verfahren begründet, verfolgt. Wird eine derartige Bestimmung des Ziels der Revision bis zum Ablauf der Revisionsbegründungsfrist nicht vorgenommen, ist das Rechtsmittel unzulässig (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2023 – 5 StR 546/23 Rn. 2). Daran gemessen ist die Revision des Nebenklägers unzulässig, weil er „insbesondere“ die Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeten Totschlags statt wegen Körperverletzung mit Todesfolge begehrt, ohne jedoch hinsichtlich der insoweit allein in Betracht kommenden Tat zum Nachteil einer Dritten nebenklageberechtigt zu sein, und die nicht ausgeführte Sachrüge sowie die – gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ohnehin unzulässige – nicht ausgeführte Verfahrensrüge kein bestimmtes Anfechtungsziel erkennen lassen. Es ist somit nicht ausgeschlossen, dass der Nebenkläger hinsichtlich der zu seinem Nachteil begangenen Tat lediglich die Verhängung einer höheren Strafe erstrebt.“

Diese Begründung teilt der Senat. Sie führt zur Verwerfung der Revision nach § 349 Abs. 1 StPO.“

StPO I: Zwei Wege zur Bestellung eines Dolmetschers, oder: (K)Ein gemeinschaftlicher Nebenklägerbeistand

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Ich beginne dann die 36. KW. mit StPO-Entscheidungen.

Hier kommen zunächst zwei Entscheidungen des BGH, die beide in einem Sicherungsverfahren ergangen sind.

In dem BGH, Beschl. v. 08.07.2024 – 5 StR 236/24 – hat der BGH, dem Beschuldigten für ein Mandantengespräch mit seinem Verteidiger einen Dolmetscher beigeordnet:

„Dem über seinen Verteidiger gestellten Antrag des Beschuldigten vom 5. Juli 2024 ist zu entsprechen.

Gemäß § 187 Abs. 1 Satz 1 GVG zieht das Gericht für einen Beschuldigten, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, einen Dolmetscher oder Übersetzer heran, soweit dies zur Ausübung seiner strafprozessualen Rechte erforderlich ist. Die Norm gilt – wie hier – auch für interne Besprechungen mit dem Verteidiger, etwa zur Vorbereitung von Anträgen und Prozesserklärungen im Rechtsmittelverfahren (Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl., § 187 Rn. 6).

Da der Verteidiger ausdrücklich die „unentgeltliche Beiordnung“ beantragt hat, ist der Dolmetscher unmittelbar zu bestellen (Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl., § 187 Rn. 9; BeckOK GVG/Allgayer, 23. Ed., § 187 GVG Rn. 5; OLG Celle, Beschluss vom 9. März 2011 – 1 Ws 102/11; vgl. zur alternativ möglichen Feststellung der Erforderlichkeit einer Eigenbeauftragung des Dolmetschers durch den Pflichtverteidiger gemäß § 46 Abs. 2 RVG mit späterer Geltendmachung der Auslagen im Vergütungsfestsetzungsverfahren auch Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl., § 187 Rn. 23, 24).“

Also, weil die Fragen immer wieder kommen: Es gibt zwei Wege, die der BGH aufzeigt.

In dem Verfahren ist dann auch der BGH, Beschl. v. 30.07.2024 – 5 StR 236/24 – ergangen, in dem der BGH zur Bestellung eines gemeinschaftlichen Beistands für die Eltern eines Getöteten kurz Stellung genommen hat, und zwar wie folgt:

„Die Anschlussberechtigung des U. Z. als Vater der getöteten N. Ze. folgt aus § 395 Abs. 1 iVm Abs. 2 Nr. 1 StPO; sein Anspruch auf Beistandsbestellung ergibt sich aus § 397a Abs. 1 Nr. 2 StPO.

Von der Bestellung eines gemeinschaftlichen Beistands für beide Elternteile gemäß § 397b Abs. 1 StPO hat der Senat angesichts des zwischen diesen bestehenden Konflikts keinen Gebrauch gemacht.“

 

 

Nebenklage II: Bewilligung von PKH für die Nebenklage, oder: Psychische Betroffenheit und Waffengleichheit

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Die zweite Entscheidung zur Nebenklage, der LG Stade, Beschl. v. 20.02.2023 – 102 Qs 55/22 – nimmt Stellung zur Gewährung von Prozesskostenhilfe für den Nebenkläger zur Hinzuziehung eines Rechtsanwalts.

Die Staatsanwaltschaft führt gegen den Angeklagten ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung. Dem Beschuldigten wird dabei zur Last gelegt, am 20.01.2022 gegen 23:45 Uhr in Stade auf offener Straße gewalttätig gegenüber seiner damaligen Lebensgefährtin, der Nebenklägerin, gewesen zu sein. Nach Abschluss der Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Beschuldigten erhoben. Das AG Stade das Hauptverfahren vor dem Strafrichter eröffnet.

Mit Schreiben vom 21.07.2022 teilt der Kollege Breu, der mir den Beschluss geschickt hat, mit, dass er die Nebenklägern vertrete und erklärt den Anschluss der Nebenklage. Zudem beantragt er, als Beistand bestellt zu werden. Das AG hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter der Beiordnung des Kollegen dann aber zurückgewiesen. Dagegen das Rechtsmittel der Nebenklägerin, das beim LG Erfolg hatte:

„Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe liegen vor.

Gemäß § 397a Abs. 2 StPO ist dem Nebenkläger auf Antrag Prozesskostenhilfe für die Bestellung eines anwaltlichen Beistands zu bewilligen, wenn er mittellos ist und seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann oder ihm dies nicht zuzumuten ist. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe richtet sich dabei grundsätzlich nach den Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, also nach den §§114 ff. ZPO.

Die Nebenklägerin ist im Sinne der §§ 114, 115 ZPO nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsanwaltes aufzubringen. Die Nebenklägerin ist Studentin und erhält Unterhaltszahlungen in Höhe von 429,00 Euro von ihrem Vater sowie Kindergeld in Höhe von 219,00 Euro. Darüber hinaus verdient sie im Rahmen eines Nebenjobs 205,00 Euro. Die monatlichen Wohnkosten der Nebenklägerin belaufen sich auf 130,00 Euro und 32,00 Euro fallen für das Semesterticket an. Auch verfügt die Nebenklägerin nicht über ein Vermögen, das die Grenze des § 90 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII übersteigen würde, sodass Mittellosigkeit im Sinne der Vorschriften vorliegt.

Ferner muss die Nebenklägerin entweder unfähig sein, ihre Interessen ausreichend wahrzunehmen oder es muss ihr unzumutbar sein. Die Unfähigkeit der Nebenklägerin ihre Interessen selber ausreichend wahrzunehmen, etwa aufgrund eingeschränkter geistiger Kräfte, ist auch aus Sicht der Kammer nicht ersichtlich. Die eigene Wahrnehmung ihrer Interessen ist ihr jedoch nicht zuzumuten.

Die Unzumutbarkeit der eigenen Interessenswahrnehmung stellt im Wesentlichen auf die psychische Betroffenheit der Nebenklägerin durch die Tat ab, diese sie also unvertretbar belasten würde (Valerius in: MüKo StPO, 1. Aufl. 2019, § 397a Rn. 27; Wenske in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2014, § 397a Rn. 14). Dies kann insbesondere bei Opfern von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sowie von schwerwiegenden Nachstellungen eine Rolle spielen. Vorliegend ist die Nebenklägerin mutmaßlich Opfer einer gefährlichen Körperverletzung geworden, sodass grundsätzlich kein Fall vorliegt, in dem die Unzumutbarkeit im Sinne von § 397a Abs. 2 StPO regelmäßig vorliegen dürfte. Die Nebenklägerin führte mit dem Angeklagten zum Tatzeitpunkt jedoch eine Liebesbeziehung, die erst im Anschluss an den angeklagten Vorfall endete. Die in der Anklage beschriebenen Gewalteinwirkungen durch den Angeklagten auf die Nebenklägerin sind von erheblichem Ausmaß und weisen zudem eine hohe Brutalität auf. Aus Sicht der Kammer dürfte bereits die Tat als solche, gerade auch weil sie innerhalb der Beziehung geschehen sein soll, eine erhebliche psychische Betroffenheit der Nebenklägerin nahelegen. Im Übrigen zeigt sich das Vorliegen einer hohen psychischen Betroffenheit aber auch dadurch, dass unmittelbar im Anschluss an den Vorfall im Elbeklinikum ein psychiatrisches Gespräch mit der Nebenklägerin geführt wurde, ein solches durch den behandelnden Arzt aufgrund des Gesamteindrucks von der Nebenklägerin also offensichtlich für notwendig erachtet wurde. Zudem nimmt die Nebenklägerin Unterstützung durch die Opferhilfe in Anspruch.

Hinzu kommt der Umstand, dass der Angeklagte einen Pflichtverteidiger hat. Zwar ist § 121 Abs. 2 StPO nicht anwendbar, sodass allein der Umstand, dass der Angeklagte einen Pflichtverteidiger hat, kein zwingender Grund für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist. Die Hauptverhandlung und insbesondere die Zeugenaussage dürfte für die Nebenklägerin aber ohnehin eine hohe Belastung darstellen, die sich durch die Anwesenheit eines Pflichtverteidigers auf Seiten des Angeklagten bei Ausbleiben eines eigenen anwaltlichen Beistands verstärken dürfte und ihr daher im Ergebnis nicht zuzumuten ist.“