Mit der Abtrennung von Verfahren ist es so eine Sache; manchmal kann sie ja sachdienlich sein, manchmal bringt sie aber auch nur unnötige Mehrarbeit. Dazu OLG Hamm im Beschl. v. 02.11.2010 – III-5 Ws 364/10: Danach ist die Abtrennung von einem Erwachsenem bei Vorwurf des Bandendiebstahls im Familienverbund bei ansonsten anwendbaren Jugendstrafrecht nicht sachdienlich. Die Verfahrensabtrennung eines Erwachsenen aus einem Verfahren, das ansonsten gegen Jugendliche und Heranwachsende vor einer Jugendkammer eröffnet worden sei, sei – so das OLG – rechtsfehlerhaft, wenn sich aus Art und Umfang der vorgeworfenen Taten und dem voraussichtlichen Beweisaufwand in der Hauptverhandlung ergebe, dass eine solche Abtrennung nicht sachdienlich sei. Zwar solel grundsätzlich gegen Jugendliche und Erwachsene nicht gemeinsam verhandelt werden; etwas anderes ergebe sich jedoch, wenn alle Tatbeteiligten (hier: Vorwurf des Bandendiebstahls) im Familienverband fest miteinander verquickt seien und ein anderes Aussage- oder Verteidigungsverhalten vor diesem Hintergrund nicht zu erwarten sei. Bei einer solchen Lage sei es im Sinne der Prozessökonomie eher sachdienlich, gegen alle Beteiligten gemeinsam zu verhandeln.
Schlagwort-Archive: Abtrennung
Vorschnelle Abtrennung von Verfahren und Besorgnis der Befangenheit
Der BGH mal wieder zur Besorgnis der Befangenheit, dieses mal im Urt. v. 30.06.2010 – 2 StR 455/09 zu Gunsten des Angeklagten.
Vom Sachverhalt her schon interessant: Absprache mit dem Angeklagten D. Der legt ein Geständnis ab und belastet die Mitangeklagten. Die lassen sich entgegengesetzt ein und stellen Beweisanträge im Hinblick auf die Unglaubhaftigkeit der Einlassung des D. Die Kammer bescheidet die aber nicht, sondern trennt gegen D. ab, der zur abgesprochenen Strafe verurteilt wird; die Einlassung wird. Im Verfahren gegen die Mitangeklagten geht es dann weiter. Dort werden Befangenheitsanträge gestellt, die abgelehnt werden.
Der BGH sagt: Nein, Besorgnis der Befangenheit ist gegeben. Die Kammer hat durch die schnelle Abtrennung des Verfahrens gegen D. und die Entscheidung gegen D. gezeigt, dass sie sich eine abschließende Meinung gebildet hat. Kein Fall der sog. Vorbefassung.
Die 16 Seiten der Entscheidung sind interessant zu lesen.
Au Backe :-), in die Falle wäre ich – glaube ich – auch getappt, oder: Hätten Sie es gewusst?
Ein im Grunde ganz einfacher Fall, der in der Praxis gar nicht selten sein dürfte, führt m.E. zu einer Falle, in die ein Gericht schnell tappt. Jedenfalls war das mein Eindruck, als ich die Entscheidung des BGH v. 13.04.2010 – 3 StR 24/10 gelesen habe.
Sachverhalt wie folgt: Der Vorsitzende der Strafkammer hat die Rechtsanwälte A. und S. zu Verteidigern des Angeklagten bestellt. In der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten und den Mitangeklagten A. hat das LG für die Schlussvorträge der Verteidiger Fortsetzungstermin auf den 09.06.2009 bestimmt. In diesem Termin blieb sowohl Rechtsanwalt A. als auch Rechtsanwalt S. aus. Stattdessen erschien Rechtsanwalt Sch. und erklärte, er komme als „Vertreter“ für den erkrankten Rechtsanwalt A., könne aber nicht als Verteidiger des Angeklagten auftreten, da er mit dem Verfahrensstoff nicht vertraut sei. Auf Anregung des Verteidigers des Mitangeklagten beschloss das LG hierauf die Abtrennung des Verfahrens gegen den Angeklagten und bestimmte insoweit Fortsetzungstermin auf den 22.06.2009. Der Hauptverhandlung gegen den Mitangeklagten wurde sodann mit dem Schlussvortrag des Verteidigers und der Verkündung des Urteils gegen diesen fortgesetzt. Gegen den Angeklagten wurde am 22.06.2009 fortgesetzt und das ihn verurteilende Urteil am 26. 6. 2009 verkündet.
Der BGH sagt: Die Verfahrensrüge (§ 338 Nr. 5 StPO) hat Erfolg, weil während der Verhandlung und Entscheidung über die Verfahrenstrennung (09.06.2009) entgegen § 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO kein Verteidiger des Angeklagten anwesend war. Der Sch. war nicht Verteidiger und die Abtrennung des Verfahrens gegen den Angeklagten ist wesentliche Förmlichkeit der Hauptverhandlung. Hätte ich – glaube ich – auch übersehen. Was kann die Strafkammer tun? M.E. hat sie nur die Möglichkeit nicht in der HV abzutrennen.
Im Übrigen: Hut ab vor dem Revisionsverteidiger, der das „Loch“ entdeckt hat. Findet man auch nicht jeden Tag.
AG Tiergarten: Gebühren bei Abtrennung von Verfahren
Hier mal wieder eine richtige und auch interessante Entscheidung eines AG zu den Gebühren bei Trennung von Verfahren. Da zögern Rechtspfleger häufig. Steckt ja auch eine Menge Geld drin. Nachzulesen hier beim AG Tiergarten…