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Mal wieder was zum Richtervorbehalt bei der Blutentnahme – so kann man m.E. nicht argumentieren…

Im Moment ist es an der Front „Richtervorbehalt bei der Blutentnahme“ verhältnismäßig ruhig; die OLG scheinen mit der Rechtsprechung dazu weitgehend durch zu sein…

Da interessiert dann vielleicht doch mal wieder eine Entscheidung zu der Problematik, und zwar das Urt. des OLG Frankfurt v. 08.09.2010 – 3 Ss 285/10. Das OLG lehnt – wie auch schon früher – ein Beweiserhebungsverbot ab und auch ein Beweisverwertungsverbot – was übrigens auf einem Verteidigerfehler beruht, da schon nicht widersprochen worden ist.

Zum Beweiserhebungsverbot heißt es:

„Zudem ist zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall auch ohne Einschaltung des Richters vom Zeitpunkt der Anordnung durch die Polizeibeamtin bis zur tatsächlichen Entnahme bereits eine Stunde verstrichen ist. Eine weitere zeitliche Verzögerung war angesichts des im Grenzbereich liegenden Atemalkoholwertes deshalb zu vermeiden.“

Aber hallo: Kann/darf man so denn argumentieren? Muss man sich nicht zumindest dann auch mit der Frage auseinandersetzen, warum eigentlich in der Stunde, in der man gewartet hat, nichts unternommen hat, um eine richterliche Anordnung zu erlangen.

Da geht es los das „fröhliche“ Hauen und Stechen: FDP gegen die Änderung des § 81a Abs. 2 StPO

Da wird sich der Bundesratbeauftragte zur teilweisen Abschaffung des Richtervorbehalts in § 81a Abs. 2 StPO, JM Busemann, sicherlich sehr freuen :-). Die Gesetzesinitiative des BR ist noch gar nicht im Bundestag angekommen, da mosert schon die FDP. In einer PM vom 05.11.2010 (vgl. hier) heißt es u.a.:

„AHRENDT: Richtervorbehalt darf nicht der Kassenlage der Länder geopfert werden

BERLIN. Zum heutigen Beschluss des Bundesrates, potenziellen Alkoholsündern im Straßenverkehr ohne richterliche Anordnung eine Blutprobe entnehmen zu dürfen, erklärt der rechtspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion und Parlamentarische Geschäftsführer Christian AHRENDT:

Jede Blutentnahme ist eine Körperverletzung und damit ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Ein solcher Eingriff ist aus guten Gründen nur zulässig, wenn er von einem Richter erlaubt wird. Das muss auch so bleiben und darf nicht zugunsten der Kassenlage der Länder geopfert werden. Der elementare Schutz durch den Richtervorbehalt darf dafür nicht aufgegeben werden. Blutalkoholwerte können heutzutage sehr genau ermittelt werden, ohne eine Blutentnahme durchzuführen.

Der Richtervorbehalt ist ein zentraler Schutz gegen staatliche Eingriffe. Ihn aufzugeben, hieße einen Verlust an Rechtschutz für den Einzelnen und würde einer Erosion des Grundrechtsschutzes gleichkommen. Nicht umsonst hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt bei dieser Frage die Beachtung des Richtervorbehaltes ausdrücklich verlangt. Diese Entscheidung ist Anlass für die Bundesratsinitiative. Es ist nicht gut, wenn der Sparzwang jetzt dazu führt, die Grundrechte der Menschen zu verkürzen.“

Manchmal ist auf die Liberalen dann doch Verlass. Durch ist die Änderung noch nicht, was nicht nur JM Busemann nicht freuen wird, sondern auch alle die, die mehr oder weniger laut nach der Abschaffung – aus welchen Gründen auch immer – rufen.

Abschaffung des Richtervorbehalts bei der Blutprobe – auf dem Weg in den Bundestag

Der Bundesrat hat heute noch einmal über die Abschaffung des Richtervorbehalts bei der Blutentnahme in den straßenverkehrsrechtlichen Fällen diskutiert. Das niedersächsischen Gesetzesvorhaben (vgl. die BR-Drucksache 615/10) ist in geändert Form angenommen worden (vgl. BR-Drucks. 615/1/10) und auf dem Weg in den Bundestag (vgl. den heutigen Beschluss hier).  Er wird zunächst der Bundesregierung zugeleitet. Diese hat ihn innerhalb von sechs Wochen zusammen mit ihrer Stellungnahme an den Bundestag zu übermitteln. Mal sehen, was draus wird.

Es hat sich natürlich auch Herr Busemann zu diesem Thema gemeldet (vgl. hier).

„Handstreich“ (?) im Bundesrat – die (neue) Gleichrangigkeit von StA und Polizei

Manchmal ist man ja erstaunt, wie schnell es gehen kann. Da hat der Bundesrat gerade erst am 15.10.2010 über den den Richtervorbehalt stärkenden Änderungsvorschlag des Landes Niedersachen zur teilweisen Abschaffung von § 81a Abs. 2 StPO beraten (vgl. hier und hier), da steht dieses Gesetzesvorhaben schon wieder auf der Tagesodnung des Bundesrates (vgl. die TO der 876. Sitzung hier).  Ein Schelm, wer Böses dabei denkt :-).

Wenn man sich die dazu vorliegende Drucksache 615/10/1 ansieht, dann ist man doch ein wenig überrascht. Nicht darüber, dass der Gesetzesvorschlag nun im Bundestag eingebracht werden soll und auch nicht über die redaktionellen Änderungswünsche. Auch nicht darüber, dass Herr Busemann nun eine Art Bundes(rats)beauftragter zur Abschaffung des Richtervorbehaltes in § 81a Abs. 2 StPO ist – das steht ihm, da er sich dieses Vorhabens ja nun schon seit längerem angenommen hat, auch zu. Nein. Mich überrascht ein anderer Änderungswunsch, der mich auf einen Umstand aufmerksam macht, der mir bisher auch noch nicht aufgefallen war. In der ursprünglichen Drucksache 615/10 war die Rede von der „eigenen gleichrangigen“ Anordnungskompetenz der Ermittlungsperson zur Staatsanwaltschaft. Jetzt soll es heißen:

„3. Zur allgemeinen Begründung, letzter Satz, Zur Einzelbegründung zu Artikel 1, Satz 1

In der allgemeinen Begründung, letzter Satz und in Satz 1 der Einzelbegründung zu Artikel 1 sind jeweils die Wörter „eine eigene gleichrangige“ durch die Wörter „jeweils eine eigenständige gleichrangige“ zu ersetzen.

Begründung (nur für das Plenum):

Durch die Änderung wird klargestellt, dass den Ermittlungspersonen auch im Verhältnis zur Staatsanwaltschaft eine eigenständige gleichrangige Anordnungskompetenz zusteht.“

Was steckt hinter diesen Formulierungen? M.E. der Versuch, auf „kaltem Weg“ der m.E. anderen Auffassung des BVerfG in der Frage der Gleichrangigkeit von StA und Polizei (vgl. dazu Beschl. v. 11.06.2010 – 2 BvR 1046/10) einen „Riegel vorzuschieben“

Das BVerfG hat in seinem Beschl. u.a. beanstandet, dass AG und LG nicht thematisiert haben, ob die Ermittlungsbehörden sich zunächst um eine richterliche Entscheidung und nachrangig dann um eine staatsanwaltschaftliche Weisung hätten bemühen müssen. Das OLG Brandenburg (VA 2009, 84 = VRR 2009, 151 = StRR 2009, 143) hat dieses stufenweise Vorgehen als nicht erforderlich angesehen, ebenso das OLG Celle in  seinem Beschl. v. 15.07.2010 – 322 SsBs 159/10 (vgl. dazu hier). Das BVerfG scheint diese Frage in seinem Beschl. bejahen zu wollen, was nicht ganz ungefährlich 🙂 ist, da sich für die Nachtzeit auf der staatsanwaltschaftlichen Ebene dann dieselben Fragen wie beim richterlichen Eildienst: Erforderlich, ja oder nein? Dem kann man in der Diskussion nun demnächst ggf. eine „eigenständige geleichrangige“ Kompetenz entgegenhalten. Zwar ist eine Gesetzesbegründung kein Gesetz, sie kann und wird aber gern (was hat der Gesetzgeber sich eigentlich gedacht?) zur Auslegung herangezogen.

Und das wäre m.E. nicht nur bei § 81a Abs. 2 StPO – soweit er Bestehen bleibt bzw. bestehen bleiben soll – von Bedeutung, sondern ggf. auch an anderen Stellen, wenn es um die Fragen des Rangverhältnisses geht, so z.B. bei der Durchsuchung. Ist das gewollt?

Abschließend: Die Staatsanwaltschaften werden sich freuen, wenn man sie nun auf eine Stufe mit den übrigen Ermittlungsbehörden stellt. Sie haben davon sicherlich ein anderes Verständnis.

Zur Überschrift: „Handstreich“ ist vielleicht ein wenig massiv, aber mir fiel für dieses Vorhaben nichts Besseres ein. 🙂

Heute im Bundesrat: Die Neuregelung zu § 81a Abs. 2 StPO

Auf der Tagesordnung der heute stattfindenden 875. Sitzung des Bundesrates steht als TOP 34: Entnahme von Blutproben, also die Neuregelung des § 81a Abs. 2 StPO, die von Niedersachsen eingebracht worden ist (vgl. hier).

Viel wird nicht dabei herauskommen, man wird die Vorlage an die Ausschüsse überweisen und dann wird man weitersehen. Mal sehen, was der Bundestag und was die Bundesregierung macht.