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Klima: Klimastraßenkleber leisten Widerstand, oder: Bedeutung der Ablösedauer

entnommen wikimedia commons Author Jan Hagelskamp1

Und dann habe ich hier noch den KG, Beschl. v. 10.07.2024 – 3 ORs 30/24 – 161 SRs 26/24zu einem Klimakleberfall.

AG/LG haben die Angeklagte wegen (gemeinschaftlicher) Nötigung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in zwei Fällen verurteilt, und zwar auf der Grundlage folgender Feststellungen:

„Am 12. Juli 2022 beteiligte sich die Angeklagte an einer Straßensitzblockade der Gruppierung „Aufstand der letzten Generation“ auf der BAB 111 im Bereich der Ausfahrt H-Damm in Berlin. Sechs weitere Personen und sie setzten sich aufgrund eines zuvor gefassten gemeinsamen Tatplans um 8:45 Uhr am Ende der Autobahnabfahrt auf die Fahrbahnen, wobei sie sich so gleichmäßig über alle drei Fahrbahnen der Ausfahrt verteilten, dass zwischen ihnen kein Fahrzeug mehr durchfahren konnte, ohne sie zu gefährden bzw. zu verletzen.  Die Angeklagte saß dabei auf der von den Fahrzeugen aus gesehen ganz rechten Fahrbahn. Als die hinzugerufene Polizei erschien, klebten sich ein Aktivist und drei Aktivistinnen, unter anderem die Angeklagte, mit jeweils einer Hand mittels Sekundenkleber auf der Fahrbahn fest, um sich so fest mit dieser zu verbinden. Die Absicht der Angeklagten war es dabei, die Störung des Verkehrs dadurch möglichst in die Länge zu ziehen, dass die von ihr erwarteten polizeilichen Maßnahmen zur Räumung der Straße erheblich erschwert würden. Die Angeklagte klebte sich zumindest auch deswegen fest, um sich der von ihr erwarteten polizeilichen Räumung nach Auflösung der Versammlung zu widersetzen.

Die Versammlung war nicht angemeldet. Durch EPHK Z wurde um 8:54 Uhr über Lautsprecher durchgesagt, dass wegen der Grundrechtseinschränkung für die blockierten Autofahrer der Versammlung ein neuer Ort auf dem Gehweg zugewiesen würde. Dies wurde um 9:00 Uhr nochmals wiederholt. Nachdem die Aktivistinnen und Aktivisten sich nicht an den neuen Versammlungsort begeben hatten, wurde die Versammlung durch Lautsprecherdurchsage durch EPKH Z um 9.08 Uhr aufgelöst. Die Angeklagte befolgte die Aufforderung, die Straße zu verlassen, nicht. Da sie festgeklebt war, konnten die Polizeibeamten sie – wie sie wusste – nicht einfach wegtragen, sondern mussten sie erst von der Straße lösen. Die Ablösung ihrer Hand dauerte von 9:39 Uhr bis 10:05 Uhr. Sodann wurde sie von zwei Polizeibeamten von der Straße getragen.

Die Angeklagte handelte zusammen mit den übrigen Aktivistinnen und Aktivisten, um mindestens die auf der Autobahnabfahrt befindlichen Fahrzeugführer bis zur Beendigung der Räumung der Blockade durch Polizeivollzugsbeamte bzw. bis zu einer rückwärtigen Ableitung aus der Autobahnabfahrt an der Fortsetzung ihrer Fahrt zu hindern und dadurch erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit für die aus ihrer Sicht unzureichenden politischen Maßnahmen gegen ein Fortschreiten des Klimawandels und im Speziellen gegen zu hohen Ölverbrauch zu erzielen. Wie von der Angeklagten und ihren Mitgliedern beabsichtigt, kam es aufgrund der Blockade, welche die gesamte Breite der – im unteren Bereich über zwei und im oberen Bereich über drei Fahrspuren verfügenden – Fahrbahn der Autobahnabfahrt einnahm, zu erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen in Form eines Rückstaus zahlreicher Fahrzeuge. Bereits um 8:46 Uhr war die Autobahnausfahrt zwischen ihrem Beginn bei der Autobahn bis zu der von der Angeklagten und ihren Mittätern gebildeten Menschenkette im oberen Bereich am H-Damm, also über eine Länge von etwa 150 m, vollständig mit Fahrzeugen gefüllt, unter anderem einem Bus der BVG. Diesen Fahrzeugen war es zunächst nicht möglich, die Blockade zu umfahren. Erst nach und nach vermochten die Fahrzeuge – abgeleitet von den Verkehrsdiensten der Polizei – rückwärts von der Autobahnausfahrt auf die Autobahn zurückzufahren und ihren Weg fortzusetzen – wenn auch nicht über die zuvor beabsichtigte Autobahnausfahrt H-Damm. Die Zeugin X, die in der 3. Reihe der blockierten Fahrzeuge stand, steckte dort bis mindestens 9:05 Uhr fest, bevor sie rückwärts von der Polizei auf die Autobahn geleitet wurde. 

Am 15. Juli 2022 strömte die Angeklagte gemeinsam mit zahlreichen weiteren Personen durch das Unterholz neben der Autobahn BAB 103 auf die Fahrbahn der Autobahnausfahrt Sachsendamm einige Meter vor der Ampel auf dem Sachsendamm. Der Polizei war es aufgrund der Anzahl der Aktivistinnen und Aktivisten nicht möglich, diese daran zu hindern, sich – entsprechend eines zuvor gemeinsam gefassten Tatplanes – auf die Fahrbahn zu setzen und teilweise dort zu verkleben. Die Aktivistinnen und Aktivisten formten spätestens um 7:45 Uhr zwei Blockadelinien etwa 15 m voneinander entfernt und schlossen zwischen beiden Linien einen Lkw ein. Die gesamte Breite der drei Fahrspuren wurde durch die Aktivistinnen und Aktivisten blockiert, wobei die Angeklagte – von den zum Stillstand gebrachten Fahrzeugen aus gesehen – in der ersten Blockade, die aus 18 Aktivisten und Aktivistinnen gebildet wurde, links vorne saß. Sie benetzte ihre Hand mit Sekundenkleber und klebte sich auf die Fahrbahn. Damit wollte sie die Störung durch die Blockade möglichst in die Länge zu ziehen, indem die Bemühungen der eingesetzten Polizeibeamten, sie nach der von der Angeklagten erwarteten Auflösung der Versammlung von der Straße zu entfernen, erheblich erschwert und in die Länge gezogen werden sollten.

Durch die Blockade kam es – wie von der Angeklagten beabsichtigt – zu einem erheblichen Rückstau sämtlicher Verkehrsteilnehmer, die sich zum Zeitpunkt des Blockierens auf den Fahrspuren im Bereich zwischen der A 100 und der Blockade befanden. Der Berufsverkehr auf sämtlichen Spuren der Autobahnabfahrt kam mindestens im Bereich bis zur BAB 100 zum Erliegen. Jedenfalls bis 8:30 Uhr standen noch Fahrzeuge auf der Autobahnausfahrt, bevor sie rückwärts von der Polizei aus der Abfahrt abgeleitet wurden und ihren Weg fortsetzen konnten.

Um 7:47 Uhr wurde durch PHK A gegenüber den Protestierenden eine erste beschränkende Verfügung erlassen mit dem Inhalt, dass es sich vorliegend um eine nicht angezeigte Versammlung handele, das Verhalten der Aktivisten und Aktivistinnen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle und deswegen die Fahrbahn zu verlassen sei und die Versammlung zum neu zugewiesenen Versammlungsort auf dem Gehweg zu verlegen sei. Um 7:50 Uhr wies PHK A erneut auf den neu zugewiesenen Versammlungsort hin und gab bekannt, dass bei einem weiteren Nicht-Nachkommen der Beschränkung polizeiliche Maßnahmen folgen würden auch unter Anwendung von unmittelbarem Zwang. Schließlich wurde die Versammlung um 7:56 Uhr durch PHK A aufgelöst. Die Aktivisten und Aktivistinnen wurden darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Polizei unmittelbaren Zwang gegen sie einsetzen würde, sollte der Auflösungsverfügung nicht nachgekommen werden. Die Angeklagte kam der Auflösungsverfügung nicht nach. Das Ablösen der Hand der Angeklagten, die sich mit ihrer Hand auf der Fahrbahn festgeklebt hatte, dauerte über 40 Minuten lang, nämlich von 8:17 Uhr bis 9:01 Uhr.  Die Ablösung einer weiteren Person dauerte bis 9:15 Uhr.

Im Vorfeld dieser beiden nicht als Versammlungen angemeldeten Aktionen wurde von der Gruppierung „Angehörige der letzten Generation“ im Internet angekündigt, es werde Aktionen im Berliner Stadtgebiet geben. Konkrete Zeitpunkte und Orte wurden jedoch nicht genannt. Die Aktivistinnen und Aktivisten breiteten während der Blockaden jeweils zumindest ein Transparent vor sich aus, auf dem es hieß: „Öl sparen statt bohren“.  Ziel war jeweils eine möglichst große – auch mediale – Aufmerksamkeit für dieses Anliegen.“

Das KG hat die Revision verworfen. Hier die Leitsätze der Entscheidung, die m.E., nachdem die Fragen derzeit nicht mehr so aktuell sind, genügen:

1. Eine Bewertung des Gerichts, ob das Anliegen als nützlich und wertvoll einzuschätzen und ob das verfolgte Ziel nach gerichtlicher Beurteilung zu billigen ist, verbietet sich, weil der Staat gegenüber der Grundrechtsbetätigung der Bürger auch im Interesse der Offenheit kommunikativer Prozesse inhaltsneutral bleiben muss.

2. Für das Tatbestandsmerkmal „bei der Vornahme einer Diensthandlung“ reicht es aus, dass der Täter die Kraft schon vor Beginn der Diensthandlung entfaltet, sofern diese – vom Täter auch so gewünscht – das spätere polizeiliche Tätigwerden deutlich erschwert.

3. Entscheidend für die Bewertung der Widerstandshandlung als „mit Gewalt“ ist die Intensität der Kraftentfaltung durch das materielle Zwangsmittel und damit zusammenhängend die Kraft, die aufgewandt werden muss, um diese zu überwinden.

4. Indem der Täter die mit Sekundenkleber benetzte Hand so auf die Fahrbahn drückt, dass Hand und Fahrbahn eine feste Verbindung eingehen, leistet er Widerstand mit Gewalt im Sinne des § 113 Abs. 1 Alt. 1 StGB, wenn hierdurch vorsatzgemäß die nach Auflösung der Versammlung erfolgende polizeiliche Räumung der Fahrbahn durch Polizeibeamte deutlich erschwert wird.

5. Die Ablösedauer ist lediglich ein Anhaltspunkt dafür, wie stark die zu überwindenden Kräfte wirken. Ein schnelles, aber kurzzeitig kraftintensives Wegreißen kann ebenso für einen Widerstand „mit Gewalt“ sprechen wie eine vorsichtige Methode, bei der die die Vollstreckungsmaßnahme erschwerenden Kräfte über einen längeren Zeitraum gelöst werden.

Corona: Wieder Beleidigung von Polizeibeamten, oder: „Wir haben so’n paar Nervzwerge an der Backe ….“

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Und dann der Wochenstart heute mit zwei StGB-Entscheidungen, und zwar einmal etwas, das noch aus Coronazeiten stammt und dann etwas zu Klimaklebern.

Zunächst hier der – schon etwas ältere – BayObLG, Beschl. v. 18.03.2024 – 206 StRR 63/24 – noch einmal zu den Anforderungen an die Auslegung einer Äußerung beim Verdacht der Beleidigung von Polizeibeamten.

Der Angeklagte ist vom AG/LG wegen Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Hiergegen die Revision, die Erfolg hatte.

Das LG hat folgende Feststellungen getroffen:

„Am 13. Februar 2022 fand in Ingolstadt eine angemeldete Versammlung mit dem Thema „Impfzwang, Corona“ mit etwa 1.500 Teilnehmern statt. Als Auflage war behördlich die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern zwischen den Teilnehmern bestimmt worden, anderenfalls müsse eine Maskenpflicht angeordnet werden. Der Angeklagte fungierte während der gesamten Veranstaltung als Moderator auf der Bühne, auf der verschiedene Redner auftraten. Aufgrund zahlreicher Verstöße gegen das Abstandsgebot wurde der Veranstaltungsleiter, bei dem es sich nicht um den Angeklagten handelte, durch anwesende Polizeikräfte wiederholt ohne Erfolg aufgefordert, über das Mikrofon zur Einhaltung der Auflagen anzuhalten. Schließlich traten der polizeiliche Einsatzleiter und sein Stellvertreter an den Versammlungsleiter heran und forderten eindringlich eine unverzügliche Durchsage. Letzterer informierte den Angeklagten über die Notwendigkeit einer Unterbrechung, woraufhin dieser über das Mikrofon folgende Ansage machte: „Wir haben so’n paar Nervzwerge an der Backe, und der Z. [Anm. des Senats: der Veranstaltungsleiter] muss eine Durchsage machen“; die Ansage selbst wurde anschließend vom Versammlungsleiter durchgegeben. Der Angeklagte wusste bei seiner Äußerung nicht, welche konkreten Beamten dem Versammlungsleiter die Anweisung gegeben hatten. Er fühlte sich davon „genervt“, dass die anwesende Polizei schon den ganzen Nachmittag über die Reden hatte unterbrechen wollen. Die beiden Polizeibeamten und ihr Dienstvorgesetzter haben Strafantrag gestellt.“

Das LG hat diese Äußerung als Beleidigung gemäß § 185 StGB zum Nachteil der beiden Polizeibeamten, die den Versammlungsleiter zur Durchsage aufgefordert hatten, gewertet. Mit der Äußerung habe der Angeklagte gerade diese konkreten Personen öffentlich verunglimpfen wollen. Es handle sich, da kein sachlicher Bezug zu einer beanstandungswürdigen Diensthandlung oder sonstigen Verfehlung der Beamten erkennbar sei, um eine bloße Schmähkritik. Eine vorsorglich vorgenommene Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Angeklagten und dem Persönlichkeitsrecht der Beamten ergebe zudem keine überwiegende Schutzwürdigkeit der Meinungsäußerungsfreiheit.

Das hat das BayObLG „im konkreten Einzelfall“ anders gesehen:

„b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erweist sich die vom Landgericht vorgenommene Auslegung, die Durchsage stelle eine persönliche Verunglimpfung der beiden Polizeibeamten dar, als zumindest unvollständig. Es handelt sich vielmehr um eine mehrdeutige Äußerung, bei der ein anderer – strafloser – Aussagegehalt, nämlich die Äußerung einer Kritik an polizeilichen Anordnungen und Maßnahmen ohne Herabwürdigung der handelnden Personen, zumindest nicht aus-geschlossen werden kann.

aa) Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung von Meinungsäußerungen ist, dass ihr Sinn zutreffend erfasst wird (BVerfG, Beschluss vom 24. November 2023, 1 BvR 1962/23, NJW 2024, 745 Rn. 4; NJW 1995, 3303, 3305, juris Rn. 124; Beschluss vom 9. Februar 2022, 1 BvR 2588/20, NJW 2022, 1523 Rn. 21). Maßgebend ist dabei weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis des Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums hat (BVerfG a.a.O.). Demgemäß sind weder die Aussage der Beamten, sie hätten sich direkt angesprochen und beleidigt gefühlt (UA S. 6), noch die Einlassung des Angeklagten, er habe nicht die konkreten Beamten, sondern die polizeilichen Maßnahmen insgesamt kritisieren wollen (UA S. 5), jeweils allein ausschlaggebend.

Bei der Auslegung ist stets vom Wortlaut der Äußerung auszugehen, der aber den Sinn nicht abschließend festlegt. Vielmehr sind alle sprachlichen und sonstigen Begleitumstände zu berücksichtigen. Kommen mehrere Deutungen in Betracht, darf sich das Gericht nur dann für die zur Bestrafung führende entscheiden, wenn es eine straflose Deutungsvariante mit überzeugenden Gründen ausschließt (BVerfG, NJW 1995, 3303, 3305, juris Rn. 126; Beschluss vom 23. September 1993, 1 BvR 584/93, juris Rn. 17; st. Rspr.).

Die Auslegung einer Äußerung ist Sache des Tatgerichts und unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle. Das Revisionsgericht hat nur zu prüfen, ob die Auslegung auf einem Rechtsirrtum beruht, gegen Sprach- und Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder lückenhaft ist MünchKomm-StPO/Bartel, 2. Aufl. 2024, § 261 Rn. 355; OLG Hamm, Beschluss vom 10.Oktober 2005, 3 Ss 231/05, NStZ-RR 2007, 140).

bb) Das Landgericht hat die verfassungsrechtlichen Maßgaben zwar im Grundsatz bedacht, jedoch nicht ohne Rechtsfehler angewandt. Seine Auffassung, die Äußerung des Angeklagten könne, was „unzweifelhaft klar“ sei, „nur“ dahin verstanden werden, dass sie sich auf die beiden Polizeibeamten bezogen habe (S. 10), hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

(i) Die Deutung als herabsetzende Äußerung gegenüber den konkreten Beamten erscheint zwar möglich. Die Bezeichnung einer Person als „Nervzwerg“ ist nicht nur grob ungehörig und distanzlos, sondern kann im konkreten Kontext auch als deren Herabwürdigung verstanden werden.

(ii) Gerade bei Äußerungen gegenüber Polizeibeamten ist aber stets zu prüfen, ob die vermeintlich herabsetzende Äußerung dem einschreitenden Beamten selbst oder der Vorgehensweise der Polizei generell gilt (vgl. BeckOK StGB/Valerius, 60. Ed., Stand 01.02.2024, § 185 Rn. 25.4 m.w.N.).

Dies hat das Gericht zwar erwogen (vgl. UA S. 11), es hat aber die konkreten Umstände nicht erschöpfend gewürdigt. Es hat die Abgrenzung zu Unrecht darauf reduziert, dass der Ausdruck entweder auf die beiden konkreten Beamten oder aber auf die Polizei im Allgemeinen „irgendwo im Staat“ bezogen gewesen sein kann (UA S. 10). Dabei hat es übersehen, dass auch dann, wenn ein Vorwurf sich auf vor Ort anwesende Beamte oder selbst dann, wenn er sich auf bestimmte Beamte bezieht, er gleichwohl, je nach den Begleitumständen, als generelle Kritik an der Vorgehensweise der Polizei verstanden werden und von der Meinungsfreiheit gedeckt sein kann (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 23. September 1993, 1 BvR 584/93, juris Rn. 18: Bezeichnung von Polizeibeamten als „kassierende Bullen“; BayObLG, Beschluss vom 20. Oktober 2004, 1 St RR 153/04, NJW 2005, 1291: Polizeibeamte als „Wegelagerer“; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. März 2003, III 2b Ss 224/02-2/03, NStZ-RR 2003, 295; „Wegelagerei“; OLG Hamm, Beschluss vom 10. Oktober 2005, 3 Ss 231/05, NStZ-RR 2007, 140: Beamte des Bundesgrenzschutzes als „Menschenjäger“).

(iii) Der Senat vermag die ergänzende Auslegung der inkriminierten Äußerung auf der Grundlage der vom Landgericht sorgfältig und umfassend getroffenen Feststellungen, die sich nicht nur aus dem Urteilsabschnitt Ziff. III (Sachverhalt), sondern aus der Gesamtheit der Urteilsgründe erschöpfend ergeben, selbst vorzunehmen. Er kann unter Berücksichtigung der erkennbaren Gesamtumstände sowie des konkreten Kontextes nicht ausschließen, dass ein unvoreingenommener und verständiger Zuhörer die Durchsage nicht als Geringschätzung konkreter Personen, sondern als generelle Kritik an der Vorgehensweise der Polizei vor Ort während der Versammlung, nämlich in Form von wiederholten Aufforderungen an die Versammlungsleitung zum Zweck der Beachtung der infektionsschutz-rechtlichen Auflagen verstehen musste.

Allein der vom Landgericht hervorgehobene enge Zusammenhang zwischen der Aufforderung durch die beiden Beamten an den Versammlungsleiter und der Durchsage des Angeklagten vermag die Auslegung, die Kritik habe allein diesen beiden Personen gegolten, nicht zu tragen. Auch der verwendete Ausdruck „Zwerge“ impliziert dies nicht zwingend, denn die Beamten waren nicht von auffällig kleiner Körpergröße (UA S. 12). Der Angeklagte hat nach den Feststellungen (UA S. 4) zudem weder gewusst, welche Beamten die Anweisung zu einer Durchsage gegeben hatten, noch hatte er nachweislich das Gespräch mit dem Versammlungsleiter gesehen (UA S. 6). Zuvor war bereits wiederholt (durch andere Beamte) die Einhaltung der infektionsschutzrechtlichen Auflagen und entsprechende Durchsagen gefordert worden (UA S. 3, 6), wovon der Angeklagte „genervt“ war (UA S. 4). Es ist nach diesen konkreten Umständen eine Deutung möglich und nicht fernliegend, dass er, für unvoreingenommene Zuhörer erkennbar, seinen allgemeinen Unmut über das polizeiliche Vorgehen als solches zum Ausdruck bringen, nicht aber konkrete Beamte verächtlich machen wollte.

(iv) Dieser Auslegung steht nicht entgegen, dass, wie das Landgericht im Rahmen der Abwägung, ob eine sog. Schmähkritik vorliegt, ausführt, „keine beanstandungswürdige Diensthandlung oder sonstige Verfehlung der Beamten erkennbar“ war (UA S. 12). Der Angeklagte kann sich auch von rechtmäßigen Diensthandlungen „genervt“, also belästigt gefühlt und diese (abfällig) kommentiert haben.

cc) In der Deutungsvariante, dass der Angeklagte die polizeilichen Maßnahmen während der Veranstaltung kritisiert hat, führt die Äußerung nicht zu einer Bestrafung, denn es fehlt bereits tatbestandsmäßig an einer Beleidigung (vgl. BayObLG NJW 2005, 1291, 1292).

Auch ein wenigstens mittelbar in der Äußerung liegender ehrverletzender Vorwurf an die Handelnden lässt sich nicht zwingend erschließen, insbesondere lässt sich dies nicht aus der Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen herleiten. Insoweit ist auch zu bedenken, dass es mit der Bedeutung der Meinungsfreiheit nicht vereinbar ist, die Zulässigkeit einer kritischen Äußerung danach zu beurteilen, ob die kritisierte Maßnahme des Beamten rechtmäßig oder rechtswidrig ist (BVerfG, Beschluss vom 5. März 1992, 1 BvR 1770/91, NJW 1992, 2815, 2816). Das Recht des Bürgers, Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen zu kritisieren, gehört zum Kernbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung (BVerfG a.a.O.; BayObLG, Beschluss vom 20. Oktober 2004, 1 StRR, 153/04, NJW 2005, 1291; st. Rspr.). Dass sich die Kritik gegen rechtmäßige Maßnahmen richtet, kann deswegen nicht die Schlussfolgerung begründen, sie sei zwangsläufig auf die handelnden Personen bezogen.

Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte, diese Auslegungsvariante zugrunde gelegt, jedenfalls gleichzeitig auch eine ehrverletzende Missachtung gegenüber den beiden zuletzt handelnden Beamten zum Ausdruck gebracht hat, lassen sich nicht sicher feststellen.

dd) Da es in einer der möglichen Auslegungsvarianten der mehrdeutigen Äußerung damit bereits an deiner tatbestandsmäßigen Tathandlung gemäß § 185 StGB fehlt, ist nicht mehr zu entscheiden, zu welchem Ergebnis eine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem Persönlichkeitsschutz (vgl. UA S. 13-19), die bei einer beleidigenden Äußerung aus verfassungsrechtlichen Gründen stets vorzunehmen ist, im konkreten Fall führen würde. Der Senat weist lediglich darauf hin, dass entgegen der Annahme des Landgerichts (UA S. 12 f.) nicht von einer Schmähkritik ausgegangen werden kann. Eine solche kommt nur in Betracht, wenn eine Äußerung keinen irgendwie gearteten Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung hat und es bei ihr im Grunde nur um das grundlose Verächtlichmachen der betroffenen Person als solcher geht (BVerfG NJW 2020, 2622 Rn. 19). Ein sachlicher Bezug der gegenständlichen Äußerung zum vorangegangenen dienstlichen Einschreiten der Beamten liegt aber auf der Hand.“

StGB III: Vertretung mehrerer Gläubiger im InsolvenzV, oder: Parteiverrat wegen widerstreitender Interessen

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Und dann zum Schluss des Tages noch den OLG Celle, Beschl. v. 02.10.2024 – 3 ORs 18/24 – zum Parteiverrat nach § 356 StGB.

Dazu folgender Sachverhalt:  Das AG und das LG haben den Angeklagten wegen Parteiverrat (§ 356 StGB) verurteilt. Der Angeklagte war als Rechtsanwalt damit beauftragt, in einem eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der T. P. GmbH die Interessen der Gläubigerinnen M. H. GmbH und M. P. GmbH & Co. KG zu vertreten und deren Forderungen durchzusetzen. Der Angeklagte gewann den Eindruck, dass der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin der Insolvenzmasse Vermögensteile vorenthielt und dass der vorläufige Insolvenzverwalter und der vorläufige Gläubigerausschuss ihre Funktionen nicht ordnungsgemäß ausübten. Der Angeklagte wollte deshalb in der anberaumten Gläubigerversammlung eine Neubesetzung des Gläubigerausschusses erreichen. Um über die dafür notwendige Anzahl an Stimmen zu verfügen, benötigte der Angeklagte Vollmachten von weiteren Gläubigern. Diese wurden erteilt.

Der Angeklagte teilte dem AG seine Teilnahme an der Gläubigerversammlung als Vertreter von insgesamt sieben Gläubigern, darunter die M. H. GmbH, die M. P. GmbH & Co. KG sowie die Gläubiger J. und K., an und fügte als Anhang die Dateien der unterschriebenen Vollmachten bei. Im Prüfungsteil der Gläubigerversammlung bestritt der Angeklagte für die M. P. GmbH & Co. KG diverse angemeldete Forderungen. Darunter befanden sich auch die Forderungen des Gläubigers K. in Höhe von insgesamt 56.031,29 EUR und des Gläubigers J. in Höhe von insgesamt 60.834,01 EUR. Der Insolvenzverwalter hatte die Hauptforderungen K. und J. nicht bestritten. Ohne die Handlung des Angeklagten wären die Hauptforderungen der Gläubiger K. und J. in die Insolvenztabelle aufgenommen worden und diese hätten insoweit Zahlungstitel erlangt. Die Revision gegen das Berufungsurteil des LG war erfolgreich.

Ich stelle hier nur die Leitsätze des OLG ein. Wegen der Einzelheiten verweise ich auf den recht umfangreich begründeten Beschluss des OLG. Also:

1. Zwar beurteilen sich die anvertrauten Interessen im Sinne von § 356 Abs. 1 StGB nach dem Inhalt des dem Rechtsanwalt erteilten Auftrags, der maßgeblich vom Willen der Partei gestaltet wird. Beruhen die Feststellungen hierzu aber auf einer Beweiswürdigung, die einseitig auf die Sichtweise der Auftraggeber abstellt, kann dies rechtsfehlerhaft sein. Denn das Anvertrautsein einer Angelegenheit erfordert auch die Annahme des Auftrags durch den Rechtsanwalt, wobei diese ausdrücklich oder durch schlüssige Erklärung erfolgen kann.

2. Vertritt ein Rechtsanwalt mehrere Gläubiger und bevorzugt, nachdem ein Interessenkonflikt zwischen ihnen zu Tage getreten ist, einen der Gläubiger vor den anderen, so scheidet eine rechtfertigende Pflichtenkollision aus. Denn darin läge ein Wertungswiderspruch zu Sinn und Zweck des § 356 Abs. 1 StGB, der das Vertrauen der Allgemeinheit in die Zuverlässigkeit und Integrität der Rechtsanwaltschaft schützt. Außerdem bestehen bei einer solchen Sachlage keine gleichrangingen Pflichten gegenüber verschiedenen Mandanten; vielmehr hat die Pflicht zur Niederlegung aller Mandate Vorrang.

 

StGB II: Aussteller der Urkunde existiert nicht, oder: Dennoch verkörperte Gedankenerklärung

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Und dann im zweiten StGB-Posting etwas zum Klassiker: Urkundenfälschung durch Unterzeichnung mit dem Namen einer nichtexistenten Person, und zwar den BayObLG, Beschl. v. 13.06.2024 – 202 StRR 15/24.

Dazu das BayObLG:

„Ebenfalls ohne Rechtsfehler ist das Landgericht im Fall II. 2.b (1) seiner Urteilsgründe (BU S. 9/10 Mitte einerseits, S. 55 unten andererseits) von einer mit dem versuchten Betrug tateinheitlich verwirklichten Urkundenfälschung in der Tatvariante des Herstellens einer unechten Urkunde (§ 267 Abs. 1 1. Alt. StGB) ausgegangen. Nach den insoweit relevanten Feststellungen der Berufungskammer ließ der Angeklagte zur Erlangung unberechtigter Provisionen über seinen Mittäter zwei Anträge auf Abschluss von Erwerbsunfähigkeitsversicherungen einreichen. Hierbei trug er in den Anträgen als versicherte Personen jeweils tatsächlich nicht existierende Personen mit Vor- und Familiennamen und allen notwendigen weiteren, ebenfalls frei erfundenen Personendaten in das Antragsformular ein. Die Anträge unterzeichnete er sodann eigenhändig mit Namenszügen dieser nicht existenten Personen.

Urkunde i.S.v. § 267 StGB ist jede verkörperte, aus sich heraus verständliche menschliche Gedankenerklärung, die ihren Aussteller erkennen lässt und geeignet und bestimmt ist, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen (st.Rspr.; vgl. neben BGH, Urt. v. 10.11.2022 – 5 StR 283/22 bei juris = BGHSt 67, 147 = NJW 2023, 1973 = NStZ 2023, 613 = BeckRS 2022, 31209 = JR 2023, 560 = GesR 2023, 372 = medstra 2023, 240 = MedR 2023, 975 zuletzt u.a. OLG Zweibrücken, Urt. v. 26.06.2023 – 1 OLG 2 Ss 33/22 bei juris = BeckRS 2023, 18320, jeweils m.w.N.). Eine Urkunde ist unecht, wenn sie nicht von demjenigen stammt, der aus ihr als Aussteller hervorgeht, d.h. wenn der Anschein erweckt wird, ihr Aussteller sei eine andere Person als diejenige, von der sie herrührt (st.Rspr., vgl. neben BGH, Urt. v. 10.11.2022 – 5 StR 283/22 [a.a.O.] u.a. BGH, Beschl. v. 19.11.2020 – 2 StR 358/20 bei juris = BeckRS 2020, 42039 und BayObLG, Beschl. v. 31.05.2023 – 207 StRR 294/22 = BeckRS 2023, 13344, jeweils m.w.N.).

Durch die Unterzeichnung eines Dokuments mit dem Namen einer nicht existenten Person als Aussteller verliert die verkörperte Gedankenerklärung jedoch nicht etwa die für jedwede Urkunde wesensnotwendige sog. Garantiefunktion deshalb, weil ihr (vermeintlicher) Aussteller nicht existent ist. Denn Aussteller ist auch in diesem Fall nach der sog. ‚Geistigkeitstheorie‘ (vgl. BGHSt 13, 382, 385) derjenige, von dem die Erklärung geistig herrührt. In Abgrenzung etwa zu den Fällen sog. ‚offener‘ oder ‚versteckter Anonymität‘ reicht es für die Tatbestandsverwirklichung deshalb aus, wenn die Urkunde den Anschein erweckt, dass eine individualisierbare Person (Behörde oder Unternehmen) als Aussteller für die Erklärung einsteht, was freilich nicht voraussetzt, dass diese Person auch tatsächlich existiert (vgl. neben BGH, Urt. v. 10.11.2022 – 5 StR 283/22 [a.a.O.] schon BGHSt 1, 117, 121; BGHSt 2, 50, 52 und BGHSt 5, 149, 150; ferner u.a. BGH, Urt. v. 27.09.2002 – 5 StR 97/02 bei juris = BeckRS 2002, 8612 = NStZ-RR 2003, 20 = wistra 2003, 20 = StraFo 2003, 101 = StV 2004, 25; OLG Celle, Beschl. v. 19.10.2007 – 32 Ss 90/07 bei juris = NStZ-RR 2008, 76 = BeckRS 2007, 19084; BeckOK-StGB/Weidemann [60. Edition – Stand: 01.02.2024] § 267 Rn. 13, 21 ff.; Fischer StGB 71. Aufl. § 267 Rn. 11, 30; Schönke/Schröder/Heine/Schuster StGB 30. Aufl. § 267 Rn. 49, jeweils m.w.N.).“

StGB I: Betrugstaten in Form „Falscher Polizeibeamter, oder: Geldwäsche oder (Banden)Hehlerei?

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Heute ist dann mal Zeit für StGB-Entscheidungen.

Ich beginne die Berichterstattung mit dem BGH, Beschl. v. 14.05.2024 – 3 StR 88/24 – zur Frage des Vorliegens von Hehlerei (§ 259 StGB) und Geldwäsche (§ 261a StGB) bei Entlohnung des Täters aus der Tatbeute in den Betrugstatenfällen „falscher Polizeibeamter“.

Dazu folgender Sachverhalt: Das LG hat den Angeklagten im ersten Rechtsgang wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs und nach Zurückverweisung durch den BGH (BGH, Beschl. v. 02.11.2022 – 3 StR 12/22, NStZ-RR 2023, 49) im zweiten Rechtsgang wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei verurteilt. Nach den Feststellungen des LG schloss sich der Angeklagte einer Gruppierung an, die Betrugstaten nach dem modus operandi „Falscher Polizeibeamter“ beging. In der Türkei befindliche Anrufer („Keiler“) nahmen telefonisch Kontakt mit älteren Personen in Deutschland auf, wobei den Opfern mittels „Caller-ID-Spoofing“ als Telefonnummer des Anrufers die Notrufnummer der Polizei (110) angezeigt wurde. Die An­gerufenen sollten ihre zu Hause befindlichen Bargeldbestände und Wertsachen zusammentragen und Bargeld von ihren Bankkonten abheben und die Vermögenswerte, um diese zu sichern, zur zeitweiligen Aufbewahrung Poli­zeibeamten übergeben, die sie zu Hause aufsuchen würden (sog. Abholer). Anschließend übergaben die „Abholer“ die erlangte Beute an „Logistiker“, denen es oblag, die „Abholer“ aus der Tatbeute zu entlohnen und die erlangten Vermögenswerte nach Abzug eines weiteren Beuteanteils für die „Logistiker“ an die Hintermänner in der Türkei zu transferieren. Der Angeklagte übernahm in dem hochgradig organisiert und arbeitsteilig agierenden Personenzusammenschluss als „Logistiker“ fortlaufend die eng begrenzte Auf­gabe, „Abholer“ nach der Beuteerlangung aus dieser zu entlohnen. Nach einer Tat mit einer Beute von mindestens 315.000 EUR deponierte der Angeklagte eine Tasche mit den erlangten Gegenständen zur Abholung durch andere Bandenmitglieder. Drei Tage später übergab der Angeklagte auftragsgemäß Bargeld in Höhe von 1.000 EUR, das er zuvor erhalten hatte und das der Tatbeute entstammte, als Entlohnung der „Abholer“ an einen von ihnen. Auf die erneute Revision des Angeklagten hat der BGH mit Beschl. v. 14.05.2024 – 3 StR 88/24 – das Urteil aufgehoben bei Aufrechterhaltung der Feststellungen. Er führt u.a. aus:

„1. Die rechtliche Einordnung des Tathandelns des Angeklagten – der Entlohnung der „Abholer“ – als gewerbsmäßige Bandenhehlerei gemäß § 260a Abs. 1 StGB geht fehl. Denn der Tatbestand der Hehlerei ( § 259 Abs. 1 StGB ) ist nicht erfüllt; das Agieren des Angeklagten lässt sich unter keine der dort aufgeführten Handlungsvarianten subsumieren.

Der Angeklagte verschaffte sich die 1.000 € nicht, weil er das Geld nicht zur eigenen Verfügung erhielt, sondern mit der Maßgabe, damit die „Abholer“ zu entlohnen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. März 2022 – 3 StR 456/21 ,wistra 2022, 380Rn. 9; vom 31. Oktober 2018 – 2 StR 281/18 , BGHSt 63, 228 Rn. 13 ). Eine „Drittverschaffung“ liegt schon deshalb nicht vor, weil die „Abholer“, denen der Angeklagte die 1.000 € zukommen ließ, zugleich Vortäter, also Täter der (Vor-) Tat waren, aus der das Geld stammte. Ein Vortäter ist aber nicht Dritter im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. März 2022 – 3 StR 456/21 ,wistra 2022, 380Rn. 7 ff.; vom 22. August 2019 – 1 StR 205/19 , NStZ-RR 2019, 379, 380). Die Handlungsvariante des „Absetzens“ (beziehungsweise der Absatzhilfe) ist nicht erfüllt, weil es bei dem Zurückreichen von Tatbeute an den Vortäter an der insofern erforderlichen entgeltlichen wirtschaftlichen Verwertung des Erlangten fehlt und zudem auch bei dieser Tatvariante der Empfänger der Sache ein Dritter sein muss (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. März 2022 – 3 StR 456/21 ,wistra 2022, 380Rn. 6; vom 31. Oktober 2018 – 2 StR 281/18 , BGHSt 63, 228 Rn. 18 ).

Dieser Rechtsfehler bedingt die erneute Urteilsaufhebung, soweit der Angeklagte im Fall II. 6. der Gründe des Urteils vom 20. August 2021 verurteilt worden ist. Dies zieht die Aufhebung der Aussprüche über die Gesamtstrafe und die Einziehung des Wertes von Taterträgen nach sich. Die ergänzend im zweiten Rechtsgang getroffenen Feststellungen haben dagegen Bestand ( § 353 Abs. 2 StPO ), weil sie von dem Rechtsmangel nicht betroffen sind.

2. Die Sache bedarf mithin im aufgezeigten Umfang neuer Verhandlung und Entscheidung. Hierzu bemerkt der Senat:

a) Das neue Tatgericht wird eine mögliche Strafbarkeit des Angeklagten durch seine Tätigkeit bei der Entlohnung der „Abholer“ wegen Geldwäsche gemäß § 261 StGB zu prüfen haben (vgl. zur Geldwäschestrafbarkeit in Fallkonstellationen wie der vorliegenden BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2023 – 5 StR 418/23 , juris Rn. 5 ff.; Urteil vom 2. Juni 2021 – 3 StR 21/21 ,wistra 2021, 441Rn. 47; zu einer Strafbarkeit wegen Begünstigung nach § 257 StGB s. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2024 – 5 StR 93/23 , NZWiSt 2024, 148 Rn. 13 ff.). Im Hinblick auf das Revisionsvorbringen des Angeklagten ist anzumerken, dass es für eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche nicht darauf ankommt, ob die vom Angeklagten an die „Abholer“ gezahlten 1.000 € gegenständlich aus der Tatbeute stammten (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2024 – 3 StR 457/23 , NStZ-RR 2024, 147, 148; Urteil vom 10. August 2023 – 3 StR 412/22 , NZWiSt 2024, 187 Rn. 63 mwN).

Ob angesichts der Tatzeit (10. September 2017) die Tatzeitfassung des § 261 StGB aF oder – gemäß § 2 Abs. 3 StGB – die gegenwärtige Gesetzesfassung einschlägig ist, hängt von einem als Strafzumessungsakt dem Tatgericht obliegenden konkreten Gesamtvergleich im Einzelfall ab (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2017 – 4 StR 366/16 , NStZ-RR 2017, 240, 241 f.; KK-StPO/Gericke, 9. Aufl., § 354a StPO Rn. 11): Sollte das neue Tatgericht – naheliegend – eine Geldwäschehandlung und angesichts der Gewerbsmäßigkeit des Agierens des Angeklagten einen besonders schweren Fall der Geldwäsche ( § 261 Abs. 4 StGB aF; § 261 Abs. 5 StGB nF) bejahen, wäre im Hinblick auf die identischen Strafrahmen und die täterfreundlichere Regelung zur Einziehung in § 261 Abs. 7 StGB aF (gegenüber § 261 Abs. 10 Satz 2 StGB nF) das Tatzeitrecht maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 10. August 2023 – 3 StR 412/22 , NZWiSt 2024, 187 Rn. 85; Beschlüsse vom 3. Mai 2023 – 3 StR 81/23 ,wistra 2023, 378Rn. 4 mwN; vom 7. Februar 2023 – 3 StR 459/22 , juris Rn. 4 mwN). Bei einer Bestrafung aus dem Grundtatbestand wäre wegen des niedrigeren Strafrahmens die aktuelle Gesetzesfassung die mildere und damit gemäß § 2 Abs. 3 StGB relevante (vgl. insofern BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2023 – 5 StR 418/23 , juris Rn. 5 f.; Urteil vom 10. August 2023 – 3 StR 412/22 , NZWiSt 2024, 187 Rn. 70; Urteil vom 8. August 2022 – 5 StR 372/21 , BGHSt 67, 130 Rn. 13 f., 24 ff. ).

b) Bei Bejahung einer Strafbarkeit des Angeklagten wegen Geldwäsche wird von der anzuwendenden Gesetzesfassung abhängen, ob im dritten Rechtsgang erneut die Einziehung des Wertes von Taterträgen bezüglich der vom Angeklagten erlangten und an die „Abholer“ weitergereichten 1.000 € anzuordnen sein wird. Denn bei dem Geld handelte es sich mit Blick auf den Geldwäschetatbestand um ein Tatobjekt im Sinne des § 74 Abs. 2 StGB (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. Februar 2024 – 5 StR 93/23 , NZWiSt 2024, 148 Rn. 5; vom 3. Mai 2023 – 3 StR 81/23 ,wistra 2023, 378Rn. 4 f.). Wertersatzeinziehung nach § 74c StGB schiede aus, weil der Angeklagte kein Eigentum an dem Geld erlangte. Denn das Betrugsopfer händigte dieses dem „Abholer“ als vermeintlichem Polizeibeamten nur zur Verwahrung aus, blieb also Eigentümer (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. Februar 2024 – 5 StR 93/23 , NZWiSt 2024, 148 Rn. 6; vom 3. Mai 2023 – 3 StR 81/23 ,wistra 2023, 378Rn. 5; vom 7. Februar 2023 – 3 StR 459/22 , juris Rn. 5 f.). Die Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 , § 73c Satz 1 StGB im Hinblick auf die vom Angeklagten weitergereichten 1.000 € ungeachtet der Qualifikation des Geldes als Tatobjekt wäre wegen der Sonderregelung des § 261 Abs. 10 StGB nF nur statthaft bei Anwendung der aktuellen Gesetzesfassung des § 261 StGB , also bei einer Bestrafung aus dem Grundtatbestand des § 261 Abs. 1 StGB nF (vgl. BGH, Urteile vom 10. August 2023 – 3 StR 412/22 , NZWiSt 2024, 187 Rn. 86; vom 7. Februar 2023 – 3 StR 459/22 , juris Rn. 7; vom 8. August 2022 – 5 StR 372/21 , BGHSt 67, 130 Rn. 22 ff. ).“