Archiv für den Monat: November 2022

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Welcher Lohn bei Hilfe bei der “Auskehrung des Verwertungserlöses”?

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Ich hatte am Freitag über folgende Frage/Problematik berichtet: Ich habe da mal eine Frage: Welcher Lohn bei Hilfe bei der “Auskehrung des Verwertungserlöses”?

Mit der Frage habe ich mich, das räume ich ein, ein wenig schwer getan. Und daher habe ich meinen Coautor aus dem RVG-Kommentar zugezogen und wir haben versucht, eine Lösung zu finden. Wir meinen, dass wir eine gefunden haben und die habe ich dann dem Fragesteller mitgeteilt:

„Moin,

so, Herr Volpert und ich haben ein wenig diskutiert und sind zu folgendem Schluss gekommen:

Die in § 459h StPO geregelte Entschädigung betrifft nicht die Geltendmachung oder Abwehr eines aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruchs im Strafverfahren im Sinn der Nr. 4143 VV RVG. Die Vorschrift betrifft nicht das Erkenntnisverfahren des Strafverfahrens, sondern die Strafvollstreckung. Sie ist im Siebten Buch erster Abschnitt der StPO eingestellt, der die Strafvollstreckung regelt. Das allein spricht schon gegen die Anwendung des Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG. Außerdem gehet es nicht um die Geltendmachung oder Abwehr eines aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruchs im Strafverfahren, sondern darum, wie nach Rechtskraft mit eingezogenen Gegenständen bzw. der Auskehr von eingezogenem Wertersatz umzugehen ist.

Das bedeutet, dass man es mit Tätigkeit in der Strafvollstreckung zu tun haben und damit die Tätigkeit dem Anwendungsbereich des Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG unterliegt. Die erbrachten Tätigkeiten sind „Tätigkeit als Beistand oder Vertreter …… eines Verletzten“…..ggf. auch als „Einziehungsbeteiligter“ i.w.S. Einschlägig ist die Nr. 4204 VV RVG ggf. aber auch nur die Nr. 4301 Ziff. 6 VV RVG für eine sonstige Tätigkeit in der Strafvollstreckung. Ob die Nr. 4204 VV RVG oder die Nr. 4301 Ziff. 6 VV RVG entstanden sind, hängt vom Umfang des erteilten Auftrags ab.

Ggf. bleibt Ihnen nur, eine Pauschgebühr zu beantragen (§§ 42, 51 RVG).

Ich weiß, dass Ihnen eine andere Antwort lieber gewesen wäre. Aber u.E. ist das so richtig. Die Frage zeigt mal wieder, dass es dringend auch im Teil 4 Abschnitt 2 VV eine der Nrn. 4142, 4143 VV RVG vergleichbare Gebührenvorschrift geben müsste.“

Natürlich hat die Antwort nicht gefallen, was ich auch verstehen kann. Denn es macht schon einen Unterschied, ob man die Tätigkeiten über eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziff. 6 VV RVG oder ggf. nach Nr. 4204 VV RVG abrechnet, wobei die Einzeltätigkeit besser honoriert würde, oder ob man nach Teil 4 VV RVG abrechnet, wobei die Nr. 4143 VV RVG u.E. gar nicht passt. Ggf. käme die Nr. 4142 VV RVG. U.E. geht das aber nicht. Und das muss man eben akzeptieren. Eine Gesetzeserweiterung in dem Bereich wäre allerdings nicht schlecht und sicherlich auch angemessen. Die Hoffnung stirbt aber zuletzt.

Rechtsmittel II: Einspruch gegen den Strafbefehl, oder: Das geht nicht durch einfache Email

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Die zweite Entscheidung hat einen Einspruch gegen einen Strafbefehl zum Gegenstand. Der ist dem Angeklagten am 20.08.2022 persönlich übergeben worden. Gegen den Strafbefehl wandte er sich dann mit E-Mail vom 08.09.2022 und begründete die Versäumung der Einspruchsfrist. Zugleich kündigte er an, den Einspruch am nächsten Tag zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Amtsgericht Fürth nachzuholen. Das tat er dann nicht. Die Staatsanwaltschaft hat beantragt, das Schreiben vom 08.09.2022 als Einspruch zu behandeln und diesen wegen Verfristung als unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen sei ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Das AG hat den Einspruch als unzulässig, weil verfristet, verworfen.

Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seinem Schreiben. Er macht geltend: Er habe die Einspruchsfrist verpasst, weil er vom 19.08.2020 – 07.09.2022 in Urlaub gewesen sei; er habe erst nach seiner Rückkehr den zugestellten Strafbefehl im Briefkasten vorgefunden.

Das LG Nürnberg-Fürth hat mit LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 09.11.2022 – 12 Qs 59/22 – die sofortige Beschwerde verworfen:

2. Allerdings ist sie unbegründet. Das Amtsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und den Einspruch zu Recht verworfen. Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO ist der Wiedereinsetzungsantrag binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Verlangt wird hierfür die Schriftform (Maul in KK-StPO, 8. Aufl., § 45 Rn. 2 m.N. zur a.A.; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 45 Rn. 2); für die versäumte Prozesshandlung bedarf es der für sie vorgeschriebenen Form. Wird die versäumte Handlung nicht in der für sie vorgeschriebenen Form nachgeholt, so ist auch der Antrag auf Wiedereinsetzung unzulässig (Maul, aaO., § 45 Rn. 9; Schmitt, aaO., § 45 Rn. 11). Beim Strafbefehl erfolgt die Einlegung des Einspruchs binnen zweier Wochen schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle (§ 410 Abs. 1 Satz 1 StPO).

Die Schriftform ist hier in beiden Fällen – beim Wiedereinsetzungsantrag und beim Einspruch – nicht eingehalten. Zwar kann gegenüber Gerichten die Schriftform auch durch ein elektronisches Dokument gewahrt werden (§ 32a Abs. 1, 3 StPO). Der Wortlaut dieser Norm beschränkt auch den Personenkreis möglicher Absender nicht. Dementsprechend kann auch der Angeklagte elektronische Dokumente, zu denen E-Mails gehören, bei Gericht einreichen (Valerius in BeckOK StPO, 45. Ed. 01.10.2022, § 32a Rn. 4). Für deren Wirksamkeit ist es allerdings erforderlich, dass sie qualifiziert elektronisch signiert oder signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Eine gewöhnliche E-Mail genügt diesen Anforderungen nicht (BSG, Beschluss vom 13.05.2020 – B 13 R 35/20 B, juris Rn. 7 zu § 65a Abs. 1 SGG; BGH, Beschluss vom 12.05.2022 – 5 StR 398/21, juris Rn. 22, mit Verweis auf BT-Drs. 19/27654, S. 56).

So liegt der Fall auch hier. Die E-Mail vom 08.09.2022, mit der Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt und zugleich dessen nachträgliche Zulassung beantragt wurde, wurde von einem gewöhnlichen E-Mail-Konto versandt („…@web.de“). Abgesehen von der Namensangabe des Angeklagten in der E-Mail-Adresse und nach der Grußformel, lässt die E-Mail keine weitere Überprüfung der Urheberschaft zu. Sie trägt weder eine qualifizierte elektronische Signatur noch ist sie signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden. Wiedereinsetzungsantrag und Einspruch teilen daher das gleiche rechtliche Schicksal: Sie waren als unzulässig zu verwerfen, weshalb die Beschwerde unbegründet ist.“

Also Vorsicht an der Stelle, wobei: M.E. hätte das LG das Faß ggf. gar nicht aufmachen müssen. Denn ein Wiedereinsetzungsgrund war m.E. möglicherweise nicht gegeben, da der Angeklagte nach Zustellung des Strafbefehls offenbar erst mal in Urlaub gefahren ist. Allerdings ist eine Diskrepanz im Beschluss: Einerseits heißt es „persönlich übergeben“, andererseits „nach dem Urlaub im Briefkasten vorgefunden. Und: Der Angeklagte trägt vor, er sei ab 19.08. in Urlaub gewesen. Wie kann dann am 20.08. „persönlich übergeben werden“?

Rechtsmittel I: Rechtsmitteleinlegung per beA, oder: falsches Dateiformat, „fremdes“ beA, Ersatzeinreichung

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Und in die 47 KW. geht es dann mal wieder mit einigen Entscheidungen zur Rechtsmitteleinlegung. Drei von den vier Entscheidungen, die ich heute vorstelle, befassen sich mit dem beA/elektronischen Dokument, eine hat nichts damit zu tun. Daher würde die „Themen-Überschrift“ „beA“ nicht bei allen Postings passen. Ich habe deshalb „Rechtsmittel“ genommen.

Hier dann zuerst die drei „beA_Entscheidungen“:

Allein der Umstand, dass Schriftsätze entgegen § 32a Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1, § 14 ERVV nicht im Dateiformat pdf, sondern im Dateiformat docx eingereicht worden, führt nicht zur Formungültigkeit der darin enthaltenen Prozesserklärungen. Formunwirksamkeit tritt nur nur dann eintreten, wenn der Verstoß dazu führt, dass im konkreten Fall eine Bearbeitung durch das Gericht nicht möglich ist. Demgegenüber führen rein formale Verstöße gegen die ERVV dann nicht zur Formunwirksamkeit des Eingangs, wenn das Gericht das elektronische Dokument gleichwohl bearbeiten kann.

Eine vom Verteidiger maschinenschriftlich signierte Revisionseinlegungsschrift, die aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach eines nicht am Verfahren beteiligten anderen Rechtsanwalts übersandt und durch diesen qualifiziert elektronisch signiert worden ist, genügt nicht den Anforderungen der §§ 341 Abs. 1, 32d Satz 2, 32a Abs. 3 StPO.

    1. Für eine wirksame Ersatzeinreichung gemäß § 130d Satz 2 und Satz 3 ZPO muss der Rechtsanwalt darlegen und glaubhaft machen, dass die elektronische Übermittlung im Zeitpunkt der beabsichtigten Einreichung aus technischen Gründen unmöglich war. Gleiches gilt für die vorübergehende Natur des technischen Defektes. Es genügt eine (laienverständliche) Darstellung des Defektes und der zu seiner Behebung getroffenen Maßnahmen.
    2. Bezüglich des Zeitpunktes der erforderlichen Darlegung und Glaubhaftmachung kommt nach dem Wortlaut von § 130d Satz 3 ZPO („oder“) dem Zeitpunkt der Ersatzeinreichung selbst kein Vorrang gegenüber der – dann jedoch „unverzüglichen“ – Nachholung zu.
    3. Im Anwendungsbereich des § 130d Satz 3 ZPO genügt für die Glaubhaftmachung eine (formgerechte) anwaltliche Versicherung über das Scheitern der Übermittlung. Fehlt diese bzw. wird sie nicht ohne schuldhaftes Zögern beigebracht, ist die Ersatzeinreichung unwirksam.

Sonntagswitz, von der Nordsee/Borkum zu den Ostfriesen

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Wie immer, wenn ich am Sonntag auf Borkum bin – was ich heute mal wieder bin – gibt es Witzen zu den Ostfriesen, wobei ich mir nicht mehr so sicher bin, ob ich den ein oder anderen nicht schon mal hatte 🙂 . Hier sind dann aber heute:

Warum rennen die Ostfriesen vor dem Einschlafen zehnmal ums Haus?

Damit sie Vorsprung vor dem Einbrecher haben.


Warum hängen Ostfriesen vor dem Baden immer die Tür aus?
Damit keiner durch’s Schlüsselloch gucken kann.

Zwei Ostfriesen unterhalten sich. „Pass auf“, sagt der eine, „ich habe hier Geld in der Hand, wenn du errätst wie viel, gehören die zwei Euro dir!“

„Ach“, sagt der andere, „wozu soll ich mir wegen lumpiger zwei Euro den Kopf zerbrechen!“


Fährt ein Ostfriese gegen einen Baum, steigt aus und schreit: „Eh du Blödmann, ich habe doch gehupt.“


Wochenspiegel für die 46. KW., das war Hubschrauber, USB-Stick, Körperverletzung, Falschparker und Klatsche

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Und auch heute am Ende der 46. KW. einen Wochenspiegel, und zwar mit folgenden Beiträgen:

  1. Der Schutz der Psyche durch den Tatbestand der Körperverletzung

  2. LG Frankfurt: Strafzinsen und Verwahrentgelte für Guthaben unzulässig – Klausel in AGB der Commerzbank wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden nach § 307 BGB unwirksam,
  3. Ransomware-Angriffe nehmen zu: Auf den Ernstfall vorbereiten!,

  4. OVG Münster: Verteidigungsministerium muss Presse Fragen zum Hubschrauber-Foto des Sohnes der Ministerin beantworten ,

  5. Dürfen Falschparker für Anzeigen fotografiert werden?,

  6. Bezugnahme auf USB-Stick in der Klageschrift,

  7. EuGH: Umfassende Informationspflichten bei Löschbegehren,

  8. Noch immer: Abmahnungen aus Berlin wegen Stadtplangrafiken von “Euro-Cities”,

  9. Nun illustrieren auch Gerichte ihre Pressemitteilungen mit albernen Symbolfotos,

  10. und dann aus meinem Blog: Verkehrsrecht I: Sachschaden bei der Unfallflucht, oder: “Klatsche” für StA, AG und LG vom VerfGH