Archiv für den Monat: April 2015

Wochenspiegel für die 17. KW., das waren Richter, Juristenverdienst, der BND und Justizkritik

© Aleksandar Jocic - Fotolia.com

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In der vergangenen Woche sind so unterschiedliche „Gedenktage“ wie der „Tag des Buches“ – am 23.04.2015 – oder der „Tag des Baumes“ – am 25.04.2015 „gefeiert“ worden. Postings dazu hat es nicht gegeben, aber dafür doch die ein oder andere interessante Meldung, wie z.B.

  1. Straßburg schützt anwaltliches Recht auf Justizkritik,
  2. Im Ranking: Die miesesten Gefängnisse Deutschlands
  3. Kreatives Aktenstudium,
  4. Zur Feststellung eines Verkehrsverstoßes aufgrund der Aussage eines Polizeibeamten, u.a. zum OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.04.2014 – 2 RBs 37/14 und dazu bereits: Wenn sich der Polizeibeamte als Zeuge nicht mehr erinnern kann,
  5. Dürfen Richter alles?,
  6. Richterbund und DJT wollen ab 1 € zum Landgericht,
  7. Fall Middelhoff: Wer hätte das ahnen können?,
  8. BND-Affäre: Ein Geheimdienst, der sich gegen den eigenen Staat richtet?,
  9. und dann war da noch: Wo verdienen Juristen am meisten?
  10. und ganz zum Schluss kommt: Die freundliche Überweisung 🙂 .

Ab 1,6 Promille ist auch beim Fahrradfahrer die Fleppe i.d.R. weg

Fahrrad_gesperrtAlle Jahre/immer wieder geistert er durch die Rechtsprechung: Der Fahrradfahrer, der mit 1,6 Promille oder mehr – meist auch noch recht gut – Fahrrad fährt und auffällt. Dann stellt sich die Frage, ob und wie er sich strafbar gemacht hat und vor allem: Kann ihm die Fahrerlaubnis entzogen werden?

Nun, die Frage nach der Strafbarkeit löst sich recht einfach: Es kann Strafbarkeit nach den §§ 316, 315c StGB vorliegen – „ein Fahrzeug führt“ und ein Fahrrad ist nun mal ein Fahrzeug. Die Fahrerlaubnis kann allerdings nicht nach § 69 StGb entzogen werden, denn da ist die Rede vom „Führen eines Krfatfahrzeuges“. Entsprechendes gilt für § 44 StGB. Insoweit also gerettet? Nein, natürlich nicht, denn es gibt ja noch die Entziehung nach dem StVG. Und an der Stelle haben wir dann immer wieder Entscheidungen zur Entziehung der Fahrerlaubnis bei demjenigen, der mit 1,6 Promille (oder mehr) am Straßenverkehr teilgenommen hat. Dazu – verhältnismäßig frisch – noch einmal der VGH Bayern, Beschl. v. 22.12.2014 – 11 ZB 14.1516 – betreffend einen Radfahrer, der mit 1,96 Promille unterwegs war.

„Erweist sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet zum Führen von Fahrzeugen, wozu auch Fahrräder zählen (vgl. § 2 Abs. 4 StVO), hat die Fahrerlaubnisbehörde ihm das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr [Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV] vom 18.12.2010 [BGBl S. 1980], zuletzt geändert durch Verordnung vom 16.4.2014 [BGBl S. 348]). Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass der Führer eines Fahrzeugs zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist, finden die Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 2 FeV). Hat der Betreffende ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt, ordnet die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung ihrer Entscheidung an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist (§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV). Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen (§ 11 Abs. 8 FeV).

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass auch eine erstmalige Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens über die Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge rechtfertigt (u.a. BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 3 B 102.12NJW 2013, 2696; BayVGH, U.v. 1.10.2012 – 11 BV 12.771 – Blutalkohol 49, 338; B.v. 28.1.2013 – 11 ZB 12.2534 – […]; SächsOVG, B.v. 28.10.2014 – 3 B 203.14 – […]). Die Fahrerlaubnisbehörde hat insoweit kein Ermessen (BayVGH, B.v. 28.1.2013 a.a.O. Rn. 13). Die Güterabwägung hat bereits der Normgeber getroffen. Es besteht hinreichender Anlass, die Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge auch bei einer erstmaligen Trunkenheitsfahrt und entsprechenden Werten mit dem Fahrrad durch ein medizinischpsychologisches Gutachten abzuklären, weil die Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Fahrrad in erheblich alkoholisiertem Zustand eine gravierende Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellt. Die Gefahr schwerer Unfälle besteht z.B. dann, wenn motorisierte Verkehrsteilnehmer wegen des unkontrollierten Verhaltens eines erheblich alkoholisierten Radfahrers unvorhersehbar ausweichen müssen und mit anderen Fahrzeugen kollidieren. Wegen dieses Gefährdungspotentials ist die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gerechtfertigt (BayVGH, B.v. 28.1.2013 a.a.O. Rn. 25). Insoweit finden die Grundrechte des Führers eines fahrerlaubnisfreien Fahrzeugs ihre Grenzen in den Rechten Dritter, insbesondere im Recht der übrigen Verkehrsteilnehmer auf Leben und körperliche Unversehrtheit, und der insoweit bestehenden Schutzpflicht des Staates (BVerwG, B.v. 20.6.2013 a.a.O. Rn. 7).“

M.E. ist die Rechtsprechung der VG, OVG, VGH an der Stelle so zementiert, dass es sich kaum noch lohnt, gegen entsprechende Anordnungen der Verwaltungsbehörde anzugehen. Ab 1,6 Promille ist eben auch beim Fahrradfahrer die Fleppe i.d.R. weg. Also. Schön Taxi fahren 🙂 .

Wenn die Haushaltshilfe mit der Visa-Card des toten Dienstherrn shoppen geht

entnommen openclipart.org

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Wenn die Haushaltshilfe mit der Visa-Card des toten Dienstherrn shoppen geht, dann stellt sich die Frage: Untreue (§ 266 StGB) ja oder nein? Die Frage haben das AG und LG Siegen bejaht, das OLG Hamm dann aber auf die Revision der Haushaltshilfe verneint und diese frei gesprochen. Grundlage war folgender Sachverhalt: Der am 21.01.2013 verstorbene – vermögenden – Dienstherr NT der Haushaltshilfe „überließ“/ „schenkte“ der Angeklagten, die für ihn als Haushaltshilfe tätig war, wohl gegen Ende September 2012 eine Kreditkarte (Visa-Karte) „zur freien Nutzung, also für eigene Zwecke“. Das Verfügungslimit der Kreditkarte lag bei 5.000 € monatlich. Die Karte hatte eine Gültigkeit bis Ende Januar 2013. Die Kreditkartenumsätze wurden letztlich von einem Kontokorrentkonto des NT abgebucht. In der Folgezeit tätigte die Angeklagte zahlreiche Umsätze mit der Kreditkarte. Auch nach dem Tod des NT tätigte die Angeklagte vom 25.01.2013 bis zum 01.02.2013 insgesamt 22 Umsätze im Umfang von insgesamt 4.686,07 € . Diese sind Gegenstand des Urteils. Mindestens die letzten beiden Umsätze tätigte sie mit der bis Januar 2017 gültigen Folgekarte.

Das OLG Hamm sagt im OLG Hamm, Beschl. v. 12.03.2015 – 1 RVs 15/15: Keine Untreue, denn:

„Im angefochtenen Urteil wird verkannt, dass die Angeklagte eine (für beide Tatbestandsalternativen des § 266 Abs. 1 StGB erforderliche – vgl. insoweit BGHSt 24, 386; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 266a Rdn. 6a m.w.N.; krit.: Schünemann in: LK-StGB, 12. Aufl., § 266 Rdn. 18 ff.) Vermögensbetreuungspflicht weder gegenüber dem Verstorbenen noch gegenüber dessen Erben traf. Eine Untreue i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB liegt damit nicht vor.

Eine Vermögensbetreuungspflicht trifft den Täter dann, wenn er fremde Vermögensinteressen von einiger Bedeutung zu betreuen hat (BGHSt 24, 386 f.). Vermögensinteressen richten sich auf das Gewinnen, Erhalten und Vermehren wirtschaftlicher Werte (Schünemann, a.a.O., § 266 Rdn. 71).

Diese Pflicht muss eine besondere Pflicht sein, die über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter hinausgeht. Den Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierbei ist in erster Linie von Bedeutung, ob die fremdnützige Vermögensfürsorge den Hauptgegenstand der Rechtsbeziehung bildet und ob dem Verpflichteten bei deren Wahrnehmung ein gewisser Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbstständigkeit, mit anderen Worten die Möglichkeit zur verantwortlichen Entscheidung innerhalb eines gewissen Ermessensspielraums verbleibt (BGH NJW 2011, 88, 91; BGH NStZ 2013, 40). Ein bloßer Bezug zu fremden Vermögensinteressen reicht nicht aus (BGH NStZ 2013, 40]).

Die Angeklagte traf hier eine solche Verpflichtung nicht. Die Kreditkarte war ihr ausschließlich zur eigennützigen Verwendung überlassen worden. Der Verfügungsrahmen der Kreditkarte war auf 5.000 Euro pro Monat begrenzt, eine Verwendung über diesen Betrag hinaus der Angeklagten mithin gar nicht möglich. Ein Spielraum verblieb ihr insoweit nicht. Inhalt der Vereinbarung mit dem Verstorbenen war gerade nicht eine Fürsorge für dessen Vermögensinteressen, sondern gerade dessen Vermögensminderung bis zur Höhe des Kreditkartenlimits von 5.000 Euro je Monat. Der Fall liegt hier anders, als z.B. der Sachverhalt, der der Entscheidung OLG Hamm NStZ-RR 2004, 111 zu Grunde lag. Dort hatte der Geschädigte der seinerzeitigen Angeklagten, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebte, Kontovollmacht erteilt, damit sie Geldbeträge zur angemessenen Lebensführung von seinem Konto abheben konnte. Diesen Rahmen hatte sie dann überschritten. Vorliegend ist es aber so, dass die Angeklagte keinen Spielraum hatte, über den Betrag des Kreditkartenlimits hinaus, der allein ihr zu Gute kommen sollte, Verfügungen zu Lasten des Verstorbenen zu treffen. Da, wie das Landgericht ausführt, der „rüstige“ Verstorbene keinen Anlass hatte, sich über die Frage seines Ablebens und dessen Folgen für die Nutzung der Kreditkarte Gedanken zu machen und diese bei Übergabe der Karte an die Angeklagte zu erörtern, kann auch nicht angenommen, werden, er habe der Angeklagten für den Fall seines Ablebens eine Vermögensbetreuungspflicht zu Gunsten seiner Erben im Falle seines Versterbens auferlegen wollen.

Es ist auch kein Umstand erkennbar, der eine Vermögensbetreuungspflicht mit dem Ableben des Verstorbenen begründen könnte. Irgendwie geartete Vereinbarungen mit den Erben hat es nicht gegeben. Auch aus dem Gesetz (etwa §§ 2018 ff. BGB) lässt sich eine Pflicht in dem oben genannten Sinne nicht ableiten (sondern eben nur die gesetzlich geregelten Einzelansprüche). Sie ergeben zwar einen Bezug zu den Vermögensinteressen der Erben. Ein solcher bloßer Bezug zu fremden Vermögensinteressen reicht aber nicht (s.o.).

Da die Angeklagte insgesamt keine Vermögensbetreuungspflicht traf, spielt es auch keine Rolle, ob sie die Verfügungen mit der Karte, deren Gültigkeit am 31.01.2013 endete, oder mit der Folgekarte getroffen hat.“

Und: Auch Betrug und Unterschlagung (§§ 246, 263 StGB) sowie § 266b StGB scheiden aus. Damit Freispruch aus rechtlichen Gründen. Ein Sieg auf ganzer Linie. Über die privaten/persönlichen Hintergründe des Sachverhalts kann man nur mutmaßen….also lassen wir es…

Vollständige Haftungsfreizeichnung in Gebrauchtwagen-AGB – eine unendliche Geschichte

buch_paragraphenzeichen_BGB_01Das wäre „schön“ und würden sicherlich manchen Gebrauchtwagenhändler freuen, wenn man in AGB auch die Sachmängelhaftung bei grobem Verschulden ausschließen könnte. Dass das nicht geht, hat der BGH jetzt noch einmal im BGH, Urt. v. 04.02.2015 – VIII ZR 26/14 – ausgeführt. Nach dem Sachverhalt hatte der Kläger von dem Beklagten einen gebrauchten Mercedes Benz ML 55 AMG zum Preis von 33.000 € erworben. Der Verkauf erfolgte über einen Gebrauchtwagenhändler, der das Fahrzeug im Auftrag des Beklagten veräußerte. Der Kaufvertrag enthielt einen formularmäßigen Gewährleistungsausschluss, wonach das Fahrzeug „gebraucht, wie ausgiebig besichtigt, unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung im Hinblick auf sichtbare und unsichtbare Mängel, insbesondere bzgl. des Kilometerstandes, früherer Unfälle und etwa auftretender Schäden infolge früherer Unfälle“ veräußert wird. Auf der Rückseite des Kaufvertragsformulars war unter der Überschrift „Gewährleistung“ zusätzlich bestimmt: „Das Fahrzeug ist verkauft unter Ausschluss jeder Gewährleistung. Ansprüche auf Wandlung, Minderung oder Schadensersatz sind, soweit das gesetzlich zulässig ist, ausgeschlossen, und zwar sowohl wegen erkennbarer als auch wegen verborgener Mängel.“ Der Pkw hatte einen Kilometerstand von 59.000 km. Bereits einen Tag nach Übergabe bemerkte der Kläger ein „Klackern“ des Motors. Mit der Behauptung, das Fahrzeug habe bei Übergabe an ihn einen Motorschaden aufgewiesen, hat der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages – Rückzahlung des Kaufpreises und Ersatz von Aufwendungen nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangt. Damit ist er bei LG und OLG auf die Nase gefallen.

Seine Revision hatte beim BGH Erfolg, denn:

„b) Wie der Senat bereits wiederholt entschieden hat, ist eine umfassende Freizeichnung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der die Haftung des Klauselverwenders – wie im vorliegenden Gebrauchtwagenkaufvertrag – auch für Körper- und Gesundheitsschäden (§ 309 Nr. 7 Buchst. a BGB) sowie für sonstige Schäden auch bei grobem Verschulden (§ 309 Nr. 7 Buchst. b BGB) ausgeschlossen ist, wegen unangemessener Benachteiligung des Vertrags-partners des Verwenders unwirksam (Senatsurteile vom 22. November 2006 – VIII ZR 72/06, BGHZ 170, 67 Rn. 10; vom 19. September 2007 – VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1 Rn. 10 ff.; siehe auch Senatsurteile vom 29. Mai 2013 – VIII ZR 174/12, NJW 2013, 2584 Rn. 15; vom 19. Juni 2013 – VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn. 30; jeweils mwN). Dies gilt gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB selbst dann, wenn der Kläger das Fahrzeug nicht als Verbraucher, sondern als Unternehmer erworben haben sollte (vgl. Senatsurteil vom 19. September 2007 – VIII ZR 141/06, aaO Rn. 13 ff.).

c) Der Zusatz „soweit das gesetzlich zulässig ist“ beseitigt die Unwirksamkeitsfolge der gegen die gesetzlichen Regelungen über Allgemeine Ge-schäftsbedingungen verstoßenden Klauseln nicht (vgl. Senatsurteile vom 26. November 1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29, 48; vom 26. Juni 1991 – VIII ZR 231/90, NJW 1991, 2630 unter II 5; jeweils mwN). Derartige salvatorische Klau-seln sind ihrerseits unwirksam, weil sie gegen das Verständlichkeitsgebot verstoßen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. November 2012 – VIII ZR 137/12, juris Rn. 3 [Hinweisbeschluss]; vom 5. März 2013 – VIII ZR 137/12, NJW 2013, 1668 Rn. 3 [Zurückweisungsbeschluss]).“

Ich habe da mal eine Frage: Sind das „Torgauer Zustände“ oder wie läuft das mit der Aktenversendungspauschale?

Fotolia © AllebaziB

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Über den Kollegen Kümmerle aus dem „Haus“ des Bloggerkollegen C. Hoenig erreichte mich gerade taufrisch die (An)Frage eines Kollegen aus Torgau, die der an ihn gerichtet und die dann bei mir gelandet ist. Problematik: Aktenversendungspauschale, und zwar wie folgt:

„…Die StA Leipzig hat eine Außenstelle in Torgau. Ich betrage dort regelmäßig Akteneinsicht über mein Fach beim AG Torgau. Die StA-Außenstelle und das AG sind räumlich 2 km auseinander. Zwischen der StA-Außenstelle und dem AG besteht ein justizinterner Pendeldienst (täglich oder alle zwei Tage). So kriege die AE seit über 10 Jahren auf diesem Weg in mein Gerichtsfach und wir legen die Akte ins StA-Fach zurück..

Seit knapp einen halben Jahr verlangt die StA dafür die EUR 12,00 Versendungspauschale. Ich habe den Gruppenleiter der StA angerufen und gefragt, was das soll. Er hat gesagt, dass müsse er jetzt so machen, es gebe einen neuen  „Beschluss der Bezirksrevisorenkonferenz“. Ich habe mir gesagt, was juckt mich die Bezirksrevisorenkonferenz und habe stets Erinnerung eingelegt. Die Rechtslage ist nämlich so: Beispielhaft:

(LG Arnsberg, Beschluss vom 15.12.2014, 6 Qs 118/14 = http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/arnsberg/lg_arnsberg/j2014/6_Qs_118_14_Beschluss_20141215.html).

Die Kammer macht sich die nachfolgend zitierten Gründe aus dem Beschluss des OLG Koblenz vom 20.03.2014 – 2 Ws 134/14, auf die auch das LG Görlitz mit Beschluss vom 06.05.2014 – 13 Qs 100/14 und das OLG Köln mit Beschluss vom 16.10.2014 – 2 Ws 601/14 Bezug genommen haben, inhaltlich zu eigen: „Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht den Anfall der Aktenversendungspauschale gem. Ziff. 9003 GKG-KV bei Akteneinsichtsgewährung über das Gerichtsfach eines Rechtsanwaltes, auch bei vorangegangenem Transport der Akte zwischen verschiedenen Dienstgebäuden durch Justizbedienstete, abgelehnt.“

Ich habe alle (zwischenzeitlich über 30, jetzt nur noch per Formular, Bearbeitungszeit: 8 Sekunden) Erinnerungen gewonnen. Die Gebühr ist immer aufgehoben worden. Einige Male ist die StA in die zweite Instanz gegangen und hat dort auch immer verloren.

Der zuständige Amtsrichter hat mir gesagt, dass ich der einzige in Torgau bin, der sich dagegen wehrt. Die anderen RAe zahlen brav.

So weit so gut.

Doch jetzt kommt der Hammer:

Seit letzter Woche  legt mir die StA-Außenstelle auf Weisung des Gruppenleiters die Akte nicht mehr in das Gerichtsfach ein, sondern schickt sie mir per Post, und zwar deshalb, um dann die EUR 12,00 verlangen zu können. Natürlich kriegen alle anderen Torgauer Verteidiger die Akte übers Fach (die zahlen ja auch brav….). Natürlich beantrage ich ausdrücklich „Akteneinsicht (Fach)“

Die justizinternen Verfügungen der StA an die Geschäftsstelle sehen jetzt so aus:

AE bewilligt an RA ppp., 3 Werktage,

Nicht Fach, sondern Post.

Ist das nicht eine Sauerei? Ich lasse das nicht auf mir sitzen. Bevor ich mit Kanonen auf Spatzen schieße, will ich mal hören, was erfahrene Kollegen davon halten…..“.

Also: Was meinen die „erfahrenen Kollegen“? Damit war in der Mail übrigens nicht ich gemeint, sondern die Kollegen im Hause C. Hoenig, die das Problem vielleicht bei einem „Käffchen“ (auch) erörtert haben 🙂 .