Archiv für den Monat: Juni 2010

Was macht eigentlich die Anerkennung/Vollstreckung ausländischer Geldsanktionen?

Wir haben ja schon über die ggf. zum 01.10.2010 anstehenden Änderungen betreffend Vollstreckung ausländischer Geldsanktionen berichtet. Stand der Dinge ist: Im BT inzwischen Anfang Mai beraten und an die Ausschüsse verwiesen. Da wird sich sicherlich alsbald dann auch etwas tun müssen, wenn das Gesetz noch zum 01.10.2010 in Kraft treten soll. Ganz interessant die Redebeiträge im BT. Die Einwände gegen die Neuregelungen sind nicht von der Hand zu weisen.

Nachträgliche Sicherungsverwahrung: Was sind neue Tatsachen? – Auswirkungen auf die Verständigung

Der 2. Strafsenat des BGH hat noch einmal/erneut zum Begriff der „neuen Tatsachen“ i.S. des § 66b Abs. 2 StGB Stellung genommen. Das sind – so der Senat – Tatsachen, die erst nach der Verurteilung erkennbar geworden sind. Zwar können nach Auffassung des BGH auch psychiatrische Befundtatsachen im Einzelfall „neue Tatsachen“ im Sinne des § 66 b Abs. 2 StGB darstellen. Maßgeblich sei aber nicht eine neue sachverständige Bewertung von Tatsachen. Entscheidend sei vielmehr, ob die dieser Bewertung zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen im Zeitpunkt der Aburteilung bereits vorlagen und bekannt oder erkennbar waren (vgl. auch BGHSt 50, 275, 278; jetzt Beschl. v. 12.05.2010 – 2 StR 171/10).

Die Frage, was eine neue Tatsache ist, kann auch bei einer Verständigung eine Rolle spielen, wenn es darum geht, ob sich das Gericht von der Verständigung lösen lann (§ 257c StPO StGB). Die bloß andere Bewertung von bereits bei der Abgabe der Zusage/Verständigung dem Gericht bekannter oder erkennbarer Umständen ist also kein „neuer“ Umstand.

Sommermärchen in NRW: Keine Ermächtigungsgrundlage für Rauch- und Alkoholverbot im Park

Die Entscheidung des OLG Hamm v. 04.05.2010 – III RBs 12/10 passt ganz gut zum Sommer und zum „Sommermärchen (wenn es denn noch eins ist :-)). Das OLG hat seinem Beschluss folgende Leitsätze vorangestellt:

  1. Ein generelles Alkoholverbot für den Bereich einer der Öffentlichkeit allgemein und ohne besondere Zulassung zugänglichen öffentlichen Grünfläche kann nicht als Benutzungsordnung einer öffentlichen Einrichtung i.S.v. § 8 GO NW durch die Gemeinde wirksam erlassen werden.
  2. Der Alkoholkonsum auf öffentlichen Verkehrsflächen ist auch keine straßenrechtliche Sondernutzung. Er hält sich vielmehr als solcher noch im Rahmen des Gemeingebrauchs an öffentlichen Verkehrsflächen. Deshalb kann das generelle Alkoholverbot nicht im Rahmen einer Sondernutzungssatzung gem. § 19 Satz 1 StrWG NW wirksam erlassen werden.
  3. Auch § 27 Abs. 1 OBG NW scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus, es sei denn es lägen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass der Konsum von Alkohol regelmäßig und typischerweise zum Eintritt von Schäden, etwa infolge von alkoholbedingten Gewaltdelikten, führt.

Die Gemeinden in NRW, vor allem auch in Münster, wo solche Verbote gerade auch in der Diskussion sind, wird es nicht freuen.

Neues von der Vollstreckung(sreihenfolge) bei mehreren Fahrverboten

Eins der im OWi-Verfahren sicherlich am heftigsten umstrittenen Themen ist die Frage der Vollstreckung mehrerer Fahrverbote: Nacheinander, nebeneinander oder wie (vgl. dazu meinen Beitrag aus dem VRR 2008, 409) hier. Insbesondere in der Frage, wie Fahrverbote mit der Schonfrist des § 25 Abs. 2a StVG vollstreckt werden, besteht Streit; die h.M. geht insoweit von einer (nachteiligen) nacheinander Vollstreckung aus.

Vielleicht kommt ja jetzt wieder ein wenig Bewegung in die Diskussion. Zu verweisen ist nämlich auf einen Beschluss des AG Meißen in DAR 2010, 339, das zumindest dann, wenn alle Fahrverbote mit Schonfrist verhängt sind, nebeneinander vollstrecken will. Und: Das OLG Hamm hat in einem obiter dictum in seiner Entscheidung 3 Ss OWi 451/09 darauf hingewiesen, dass mehrere Fahrverbote nebeneinander zu vollstrecken seien. Allerdings ging es da um andere Fragen, aber ein Hinweis auf diese Entscheidung kann sicherlich hilfreich sein.

Immer wieder interessant: Zustellungsfragen – mal was Anderes

Zustellungsfragen, insbesondere die Wirksamkeit der Zustellung bei Nichtvorlage der Vorlage der Vollmacht, beschäftigen die Praxis immer wieder, und beschäftigen auch immer wieder die Blogs, vgl. zuletzt hier, aber auch hier, hier und hier.

Zu dem Thema mal eine andere Entscheidung bzw. ein anderer Aspekt, auf den das OLG Stuttgart in seinem Beschl. v. 17.05.2010 – 2 Ws 48/10 hingewiesen hat. Dort hatte ein Assessor das EB (für den Rechtsanwalt) unterzeichnet. Das OLG Stuttgart hat die Wirksamkeit der Zustellung verneint und unter Hinweis auf die ZPO-Vorschriften ausgeführt:

Ein Rechtsanwalt als Adressat einer Zustellung gegen Empfangsbekenntnis könne einen Assessor weder für den Einzelfall noch allgemein dazu ermächtigten, die Zustellung zu beurkunden. Die Befugnis, eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis zu beurkunden, stehe nur einem besonders privilegierten Personenkreis zu, zu denen aufgrund ausdrücklicher Aufzählung neben dem Anwalt auch der Notar, der Gerichtsvollzieher, der Steuerberater oder eine sonstige Person zählt, „bei der auf Grund ihres Berufes von einer erhöhten Zuverlässigkeit ausgegangen werden kann“. Die Befugnis beim Anwalt sei Bestandteil der privilegierten Stellung, die er als Organ der Rechtspflege inne habe. Jedenfalls bei einem Assessor könne nicht generell auf Grund seines Berufes von einer erhöhten Zuverlässigkeit ausgegangen werden, der Assessor unterliege keinen vergleichbaren standesrechtlichen Verpflichtungen, sodass er nicht wirksam Schriftstücke gegen Empfangsbekenntnis entgegennehmen könne.

M.E. recht interessant und vielleicht in der ein oder anderen Sache, in der man um die Wirksamkeit der Zustellung streitet, einen Hinweis wert.