Archiv für den Monat: Mai 2010

Die Gerichtssprache ist Deutsch – Fachbegriffe dürfen aber verwendet werden

Die Gerichtssprache ist Deutsch, so heißt es in § 184 GVG. Darauf hat jetzt auch das OLG Hamm in seinem Beschl. v. 22.04.2010 – III-2 RVs 13/10 – noch einmal hingewiesen. Anlass war eine Entscheidung, durch die das LG den angeklagten Arzt wegen fahrlässiger Tötung verurteilt hatte. In dem Urteil wurden dann sehr viele medizinische Fachbegriffe verwandt. Das OLG hat das „durchgehen lassen“, weil das Urteil für das Revisionsgericht und den Angeklagten noch verständlich war, aber angemerkt, dass eine „Übersetzung“ der Begriffe sicherlich besser gewesen sei.

Der Beschluss ist auch wegen eines zweiten Argumentationsstranges zur Aufklärungsrüge interessant. Lesen!

Die nächste Runde bei der ausländischen Fahrerlaubnis ist eingeläutet – EuGH wird sich freuen

Tja, immer wieder Ärger/Probleme mit der EU-Fahrerlaubnis, und zwar nicht nur mit der nach im Inland im Ausland erworbenen, sondern auch, wenn es um die Umschreibung einer orginären ausländischen Fahrerlaubnis geht. So auch im Fall, der dem Urt. des OLG Koblenz v. 18.03.2010 – 10 A 11244/09.OVG – zugrunde gelegen hat.

In der Entscheidung hat das OLG eine 180°-Grad Wendung gegenüber seiner Rechtsauffassung im Eilverfahren gemacht und sich der Auffassung des VGH Kassel angeschlossen. Danach berechtigt eine von einem EU-Mitgliedstaat erteilte EU-Fahrerlaubnis ihren Inhaber trotz Eintrag eines deutschen Wohnsitzes im Führerscheindokument zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet, wenn gegen den Inhaber im Inland noch keine Maßnahme der Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis verhängt wurde. Das sehen die deutschen Behörden (teilweise) anders, womit erneut ein Verstoß gegen die EU-Führerscheinrichtlinie vorliegen dürfte.

In der Frage wird es dann demnächst eine weitere Entscheidung des EuGH geben (der wird sich freuen :-). Denn der Bayerische VGH hat mit Beschl. v. 16. 3. 2010, 11 BV 09.2752 die Frage dem EuGH geschickt. Auf in die nächste Runde.

Nachwirkungen/Auswirkungen der Vorratsdatenspeicherungsentscheidung des BVerfG

Das BVerfG hat mit Urt. v. 02.03.2010 (1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08 und 1 BvR 586/08) zur Zulässigkeit der Vorratsdatenspeicherung aufgrund von §§ 100g StPO, 113a TKG Stellung genommen. So weit, so gut. Es stellt sich dann aber natürlich die Frage, wie es mit der Verwertbarkeit von vor dieser Entscheidung erhobenen Telekommunikationsdaten steht.

Dazu hat sich jetzt das OLG Hamm in mehreren Beschlüssen vom 13.04.2010 – 3 Ws 140/10 (es gibt auch noch 3 Ws 156/10 und 3 Ws 166/10; sind wortgleich) geäußert. Danach steht die Entscheidung des BVerfG der Verwertbarkeit „früherer“ Daten nicht entgegen, wenn diese Daten vor Erlass der Hauptsacheentscheidung in Übereinstimmung mit den Vorgaben der einstweiligen Anordnungen vom 11. März 2008 und 28.10.2008 (jeweils 1 BvR 256/08) gewonnen worden sind.

Der BGH und der unangemessene Rechtsmittelverzicht…

In der Nr. 142 Abs. 2 RiStBV heißt, dass der Angeklagte nicht veranlasst werden soll, „im unmittelbaren Anschluss an die Urteilsverkündung zu erklären, ob er auf Rechtsmittel verzichtet“. Nun steht es ähnlich auch in einem BGH-Beschluss, zwar nicht so wie in der RiStBV, aber bezogen auf eine „Vorstufe“, nämlich zur Rechtsmittelbelehrung. Im BGH-Beschl. v. 27.04.2010 – 5 StR 129/10 heißt es:

„Der Senat weist darauf hin, dass er einen Verzicht auf Rechtmittelbelehrung zwar nicht als unwirksam, aber im Allgemeinen kaum als angemessen erachtet.“

Mehr sagt der BGH dazu aber leider nicht. Die Praxis wird sich darauf einstellen müssen.

Beim Stöbern gefunden: BGH zum qualifizierten Raub

Wenn man die Homepage des BGH häufig besucht, um nach neuen Entscheidungen Ausschau zu halten, hat man im straf(verfahrens)rechtlichen Teil den Eindruck, dass der BGH dort nur noch BtM-Verfahren und Missbrauchsfälle entscheidet. Delikte aus diesem Bereich stellen m.E. den Löwenanteil an den Entscheidungen/Vorwürfen.

Da ist dann eine Entscheidung zum Raub schon berichtenswert, zumal, wenn sie für BGHSt vorgesehen ist. So der Beschl. des BGH v. 08.04.2010 – 2 StR 17/10, mit dem die Rechtsprechung aus BGHSt 53, 234 fortgesetzt wird. Dort ging es darum, ob schwere Misshandlungen nach Vollendung einer Raubtat noch den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a StGB erfüllen können. Der BGH hat das nur für den Fall bejaht, dass die Misshandlungshandlungen noch weiterhin von Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht getragen sind, insbesondere der Beutesicherung oder der Erlangung weiterer Beute dienen. Im Beschl. v. 08.04.2010 geht es um die Alternative des § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b, also um die qualifizierende Wirkung einer konkreten Lebensgefährdung des Raubopfers. Der 2. Strafsenat hat auch hier gesagt – folgerichtig –  die qualifizierende Wirkung nach Vollendung der Tat oder Scheitern ihres Versuchs sei ausgeschlossen, wenn die die Lebensgefahr verursachende Handlung nicht mit der Motivation der Beutesicherung vorgenommen werde; eben im Anschluss an BGHSt 53, 234.

Da bieten sich sicherlich Verteidigungsansätze, die angesichts der hohen Strafdrohung erhebliche Bedeutung haben können.