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Verjährungsunterbrechung, oder/aber: Terminierung bitte mit Tag und Stunde….

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Es ist nicht so ganz einfach, im Bußgeldverfahren den Eintritt der Verjährung zu erreichen. Die absolute Verjährungszeit mit zwei Jahren ist ganz schön lang und § 33 OWiG sieht eine ganze Menge Unterbrechungstatbestände vor, die der Verwaltungsbehörde und/oder dem AG „helfen“. Einer davon ist § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 OWiG, wonach die „Anberaumung einer Hauptverhandlung“ verjährungsunterbrechende Wirkung hat. Allerdings: Es muss sich auch um die „Anberaumung“ einer Hauptverhandlung handeln, also grundsätzlich müssen Ort, Tag und Zeit bestimmt werden.

Anders hat das dann aber wohl ein Amtsrichter beim AG Heidelberg gesehen, der – in meinen Augen etwas schlampig – (zunächst) nur „Termin bitte 11.6.15“  verfügt hatte. Und das war es dann. Denn das OLG Karlsruhe sagt im OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.10.2015 – 2 (6) SsBs 564/15:

„Es ist jedoch deshalb Verfolgungsverjährung eingetreten, weil nach der Unterbrechung der Verjährung durch den Eingang der Akten beim Amtsgericht (§ 33 Abs. 1 Nr. 10 OWiG) am 3.9.2014 innerhalb der dadurch neu in Gang gesetzten sechsmonatigen Verjährungsfrist (§§ 33 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 26 Abs. 3 StVG) keine weitere Unterbrechung bewirkt wurde.

Soweit die Vorsitzende am 3.3.2015 die Anordnung „Termin bitte 11.6.15“ getroffen hat, handelt es sich nicht um die Anberaumung einer Hauptverhandlung i. S. d. § 33 Abs. 1 Nr. 11 OWiG.

Die Anberaumung einer Hauptverhandlung setzt nach in Rechtsprechung und Literatur durchgängig vertretener Auffassung die Festsetzung von Ort, Tag und Stunde der vorgesehenen Hauptverhandlung voraus (OLG Köln VRS 69, 451, 452; OLG Bamberg Beschluss vom 23.2.2015 – 3 Ss OWi 218/15, bei juris; Graf in KK-OWiG, 4. Aufl. 2014, § 33 Rn. 85; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, 2. Aufl., § 33 Rn. 39a; vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. 2015, § 213 Rn. 1; Gmel in KK-StPO, 7. Aufl. 2013, Rn. 2). Der Senat lässt offen, ob es der Bestimmung des Verhandlungsortes in der vom Vorsitzenden (§§ 46 OWiG, 213 StPO) zu treffenden Anordnung selbst auch dann bedarf, wenn die Verhandlung in einem dem betreffenden Spruchkörper allgemein zugewiesenen Sitzungssaal stattfinden soll. Trifft der Vorsitzende aber – wie vorliegend – nur eine Anordnung hinsichtlich des Termintags, ohne auch die Uhrzeit zu bestimmen, fehlt es aber an einer hinreichend konkretisierten Anordnung, wie sie § 213 StPO voraussetzt.

Auf die Verfügung vom 10.3.2015, mit der die Hauptverhandlung auf den 11.6.2015, 11:00 Uhr bestimmt und die Ladung der Beteiligten angeordnet wurde, kam es nicht mehr an, weil zu diesem Zeitpunkt bereits Verjährung eingetreten war.“

Der Betroffene wird sich freuen. 150 € und ein Monat Fahrverbot gespart.

Der Klassiker zu Karneval: Terminierung auf den 11.11. um 11.11 – auf die Minute kommt es nicht an

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Einer der Klassiker aus der Reihe der Entscheidungen, die sich mit Karneval befassen bzw. einen Bezug zu Karneval haben, ist der OLG München, Beschl. v. 10.12.1999 – 26 AR 107/99 (lang, lang ist es her), der auch schon in anderen Blos gelaufen ist (vgl. z.B. hier). Da hatte der Amtsrichter in einer Unterhaltssache auf den 11.11. um 11:11 Uhr terminiert. Das passte der Ehefrau nun gar nicht – wohl nicht aus Termingründen :-). Sie hielt jedenfalls den Amtsrichter für befangen und hat ihn wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Das OLG München hat mit dem OLG München, Beschl. v. 10.12.1999 -26 AR 107/99 – den Befangenheitsantrag zurückgewiesen.Die OLG-Richter sehen die Terminierung als „kleinen Scherz“ – nun wir wollen dem sonst häufig eher strengen OLG nicht widersprechen. Zur Begründung:

„Eine Terminierung auf den 11.11. 11.10 Uhr wäre sicher auch von der Beklagten nicht beanstandet worden. Wenn sich der Richter dann einen kleinen Scherz erlaubt – auch wenn die Beklagte dies nicht so empfindet – und auf 11.11 Uhr terminiert, so ist das für eine vernünftig denkende, gelassene Partei kein Grund, an der Unvoreingenommenheit des Richters in der Sache selbst zu zweifeln. Die Annahme, dass der Richter mit der Terminierung auf 11.11 Uhr die Beklagte veräppeln wollte, ihre Menschenwürde mit Füßen getreten hat und den Streit als närrisch empfindet – wie die Beklagte meint – ist abwegig. Derartige Überempfindlichkeiten können im Ablehnungsverfahren nicht berücksichtigt werden. Etwas Humor, zumindest aber Gelassenheit, kann auch von den Streitparteien einer Familiensache erwartet werden.“

Immer wieder Mittwochs… verhandel ich mit dir, oder: Der BGH und die „Mittwochsterminierung“

Der BGH und die Mittwochsterminierung, könnte man den Beschluss des 1. Strafsenats vom 14.07.2010 – 1 StrR 123/10 – überschreiben. Dort hatte eine Strafkammer in einem Umfangsverfahren immer wieder Mittwochs terminiert, wodurch einer der Verteidiger, der auch als Professor an der Uni tätig war, in vielen Fällen an der Hauptverhandlung nicht teilnehmen konnte. Das war gerügt worden. Der BGH hat der Strafkammer zu dieser Terminierungspraxis in Stammbuch geschrieben:

Die Terminplanung in diesem Fall gibt Anlass zu folgenden Hinweisen:

Der Termin zur Hauptverhandlung wird von dem Vorsitzenden des Gerichts bestimmt (§ 213 StPO). Gleichwohl ist es gerade in Großverfahren regelmäßig angezeigt, mit den Verfahrensbeteiligten (insbesondere mit den Wahlverteidigern des Vertrauens, aber etwa auch mit dem Sachbearbeiter der Staatsanwaltschaft) die Hauptverhandlungstermine abzustimmen, dies jedenfalls zu versuchen (vgl. BGH, Beschl. vom 18. Dezember 1997 – 1 StR 483/97 – [BGHR StPO § 265 Abs. 4 Verteidigung, angemessene]; Beschl. vom 29. August 2006 – 1 StR 285/06 [BGHR StPO § 213 Ermessen 1]; Beschl. vom 9. November 2006 – 1 StR 474/06 – Rdn.16; vom 20. März 2008 – 1 StR 488/07 – Rdn. 36 [BGHR StPO § 213 Terminierung 1]). Findet der Versuch einer Terminsabsprache nicht statt, muss sich der Vorsitzende bei substantiierten Verlegungsanträgen eines Verteidigers, der das Vertrauen des Angeklagten genießt, jedenfalls ernsthaft bemühen, dessen nachvollziehbarem Begehren im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten der Strafkammer – und anderer Verfahrensbeteiligter Rechnung zu tragen. Dies gilt im besonderen Maße, wenn der Verteidiger – wie hier – durch der Justiz zuzurechnende Versehen mehrfach übergangen worden war.

Vor diesem Hintergrund vermag die Argumentation der Strafkammer bzw. des Vorsitzenden für die „Mittwochsterminierung“ für sich betrachtet nur wenig zu überzeugen. Zu Recht weist die Revision darauf hin, dass es kaum nachvollziehbar ist, warum nicht Beratungen zuweilen mittwochs stattfinden können und am Montag eine Verhandlung. Bei einer Wirtschaftsstrafkammer beginnen auch wohl kaum in jeder Woche neue Hauptverhandlungen, für die ordentliche Sitzungstage benötigt werden. Im Übrigen kann ein ordentlicher Sitzungstag, wenn dieser Tag zufällig bereits durch einen Fortsetzungstermin belegt ist, verlegt werden oder es kann u.U. auch ein außerordentlicher Sitzungstag (mit Ersatzschöffen) anberaumt werden.“

Gebracht hat es in der Sache allerdings nicht. Der Professor hatte nämlich so viel zu tun,

dass sich die Terminierung letztlich nahezu ausschließlich an seinen – begrenzten – zeitlichen Möglichkeiten hätte orientieren müssen. Dem musste das Landgericht in so einem umfangreichen Verfahren wie hier mit einigen Verfahrensbeteiligten (zunächst wurde gegen drei Angeklagte verhandelt) nicht entsprechen. Da Prof. Dr. A. – verständlicherweise – seiner umfangreichen wissenschaftlichen (Haupt-)tätigkeit den Vorrang einräumte, war er letztlich an einer umfassenden Verteidigung des Angeklagten in dieser Hauptverhandlung, aus Gründen, die in der Person des Verteidigers selbst liegen, von vorneherein gehindert.“

Die Ausführungen im Übrigen als Ergänzung zu einem OU-Beschluss. Wenn man dazu rund 5 Seiten schreibt, dann war/ist die Revision aber doch wohl nicht „offensichtlich unbegründet“.

Der andauernde Schlaf der Beleidigten – er kann auch Vorteile haben…

Dre Kollege Nebgen beklagt sich gerade in seinem Blog unter dem Titel „Der Schlaf der Beleidigten“ über eine Strafkammer, die ein Verfahren nach Aufhebung jahrelang liegen lässt und nicht verhandelt. Er sieht darin ein Abstrafen des Verteidigers/Beschuldigten, der es gewagt hat, Revision einzulegen und die auch noch zu „gewinnen“.

Mag sein, dass das auch ein Grund für das Nichtverhandeln sein kann, aber: Es gibt auch noch einen anderen. Vielleicht ist die Kammer ja auch so mit Haftsachen überlastet, dass sie deshalb eine Nichthaftsache, um die es sich offensichtlich handelt, nicht verhandeln kann. Natürlich müssen auch die erledigt werden, nur…

Und: Natürlich sollte man nicht übersehen: Die Zeit spielt für den Mandanten. Er kann sich ggf. schon mal bewähren, Zeugen können sich vielleicht nicht mehr erinnern, wenn verhandelt wird und die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung rückt immer näher. Das muss man abwägen gegen das Interesse des Mandanten, die Sache vom Tisch zu haben, vor allem, wenn es eine Freispruchverteidigung ist.

Erst mal verhaften (lassen), dann terminieren….

Das hat das AG Koblenz aber richtig hingelangt: Angeklagter erscheint nicht zur Hauptverhandlung am 13.08.2009, es ergeht Haftbefehl nach § 230 StPO, der Angeklagte wird am 27.12.2009 festgenommen und bleibt über den Jahreswechsel in Haft. Auf die Haftbeschwerde hebt das LG Koblenz am 6.1.2010 (2 Qs 1/10) auf und verweist auf die Rechtsprechung des BVerfG (NJW 2007, 2318). Das LG weist das AG nachdrücklich darauf hin, dass ein Sicherungshaftbefehl nur dann erlassen werden darf, wenn das weniger einschneidende Mittel des Vorführungsbe­fehls nicht ausreicht. Zudem habe der Angeklagte über einen festen Wohnsitz ver­fügt, weshalb kein Grund ersichtlich sei, warum ein Vorführungsbefehl nicht ausreichend sein sollte, um die Durchführung der Hauptverhandlung sicher­zustellen. Und: In das Kriterium der Verhältnismäßigkeitserwägung sei auch die schwere Tatvorwurfs (hier nicht erheblich) und die Strafer­wartung einzubeziehen. Besonders pikant: Das AG hatte noch nicht einmal terminiert. Warum man dann schon den Angeklagter verhaften muss, leuchtet nun wirklich nicht ein. Art 2 GG läßt grüßen.