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Muss der Amtsrichter sich eben anstrengen, oder: Man muss nur wollen.

Der Beck-Blog berichtet über den Beschl. des OLG Bamberg v. 06.04.2010 – 3 Ss OWi 378/10, mit dem das OLG zu den Anforderungen an die tatrichterlichen Urteil Stellung genommen hat, wenn denen ein anthropologisches SV-Gutachten zugrunde gelegen hat.

Das OLG weist darauf hin – entsprechend der h.M. in der Rechtsprechung, insoweit also nichts Neues – dass, dann, wenn sich das Tatgericht zur Identifizierung des Betroffenen auf die Ausführungen eines Sachverständigen stützt, es den sachlich-rechtlichen Darlegungsanforderungen regelmäßig nicht genügt, wenn in den Urteilsgründen im Wesentlichen nur das Ergebnis des erstatteten anthropologischen Identitätsgutachtens mitgeteilt wird. Das gilt für das OLG auch, wenn es sich um ein anthropoloischen SV-Gutachten handelt. Dann sei darzulegen, auf welche und wie viele übereinstimmende metrische und deskriptive Körpermerkmale sich der Sachverständige im Rahmen seiner nicht standardisierten Untersuchungsmethode bei der Bewertung gestützt und auf welche Art und Weise er diese Übereinstimmungen ermittelt hat. Weiterhin sind Ausführungen dazu notwendig, welche Häufigkeit hinsichtlich der jeweils übereinstimmenden Merkmale der Wahrscheinlichkeitsberechnung zugrunde gelegt und wie diese ermittelt wurden. Das OLG hat sich auch insoweit der wohl überwiegenden Meinung angeschlossen.

Der Beck-Blog meint, dass die Anforderungen damit derart hoch geschraubt würden, dass die Anforderungen kaum noch erfüllt werden können. Das meine ich nicht. Der Amtsrichter kann sie erfüllen, man muss nur wollen und den SV in der Hauptverhandlung ausreichend befragen und das Ergebnis dann im Urteil mitteilen. Ist sicherlich mühsam, aber es geht. Wenn man will.

Wochenspiegel für die 14. KW, oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Hier eine kleine Zusammenstellung interessanter Themen der letzten Woche(n).

  1. Im österlichen Treiben unterhalten hat vielleicht „Schröder – Steinhöfel – Käßmann – ein schönes Gemetzel“ oder „Auf dem Friedrichswall nachts um 11…“ oder „Schröder – Steinhöfel – Käßmann II“ oder der Teil III hier War da nicht auch schon mal was mit den angeblich gefärbten Haaren?  Man darf gespannt sein, wie es weiter geht.., jedenfalls zunächst mal so.
  2. Gut zu unserem Beitrag vom 25.03.2010 „Jura novit curia…“ passt dieser Beitrag zur Pflichtverteidigerbeiordnung bei anwaltlich vertretener Nebenklage“ . „Jura novit curia“ eben doch nicht :-).
  3. Mit Vollmachtsfragen befasst sich mal wieder der Beitrag „Ohne Vollmacht fährt man(dant) oft besser„.
  4. Über das „Handy vom Wärter wurde hier berichtet.
  5. Um „Notwendige Verteidigung bei Einholung eines Sachverständigengutachtens„- m.E. an sich eine Selbstverständlichkeit macht sich „Strafprozesse und andere Ungereimtheiten“ Gedanken.

Erfreuliches aus Wuppertal: SV-Kosten bleiben bei der Staatskasse.

Manchmal gibt es ja auch Erfreuliches zu berichten. So z.B. über einen Beschluss des LG Wuppertal (Beschl. v. 25.11.2009 – 26 Qs 309/09). Es geht um ein OWi-Verfahren, in dem dem Betroffenen eine Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt wird. Der Betroffene bestreitet die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung, es wird ein SV-Gutachten eingeholt, das den Betroffenen bestätigt und man folgt dem Sachverständigen mit der Folge, dass die vorwerfbare Geschwindigkeitsüberschreitung unter 21 km/h liegt. Der Betroffene wird verurteilt und beantragt dann, die Kosten des SV nicht tragen zu müssen. Das LG gibt ihm Recht, und zwar wie folgt:

„Gemäß §§ 46 Abs. 2 OWiG, 465 Abs. 2 StPO sind mit Untersuchungen verbundene besondere Auslagen und die in diesem Zusammenhang entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen ganz oder teilweise der Staatskasse aufzuerlegen, wenn sie zu seinen Gunsten ausgefallen sind und es unbillig wäre, ihn mit diesen Kosten zu belasten.

Dies ist hier hinsichtlich des auf Antrag des Betroffenen eingeholten Sachverständigengutachtens der Fall.

Der Betroffene hat sich nicht grundsätzlich gegen den Tatvorwurf gewehrt, sondern geltend gemacht, die Geschwindigkeitsmessung sei wegen einer Schrägfahrt um mindestens 2 km/h zu hoch ausgefallen, so dass ihm maximal eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 19 km/h vorgeworfen werden könne.

Das auf seinen Antrag hin eingeholte Sachverständigengutachten hat seine Darstellung bestätigt. Dem ist das Gericht in seiner Entscheidung gefolgt.

Bei dieser Sachlage wäre es unbillig, ihn gleichwohl mit den in diesem Zusammenhang entstandenen erheblichen besonderen Auslagen zu belasten, denn sie sind nur deshalb entstanden, weil dem Betroffenen letztlich zu Unrecht eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 21 km/h vorgeworfen worden ist.“

Schöne Entscheidung, die zur Nachahmung herausfordert.