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Verjährungsrüge im Zulassungsverfahren, oder: In der Regel nicht erfolgreich

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Und zum Abschluss des Tages dann noch ein weiterer Beschluss des KG, und zwar der KG, Beschl. v. 30.10.2018 – 3 Ws (B) 265/18 – mit einer Problematik, die im Verfahren über die Zulassung des Rechtsbeschwerde im Bußgeldverfahren immer wieder eine Rolle spielt. Nämlich: Die sog. Verjährungsrüge bei geringer Geldbuße.

Dazu das KG:

a) Ein Verfahrenshindernis (hier: der behauptete Eintritt der Verjährung infolge der unwirksamen Zustellung des Bußgeldbescheides an den früheren Verteidiger) findet nach § 80 Abs. 5 OWiG nur Berücksichtigung, wenn es nach Erlass des Urteils eingetreten ist Dies ist vorliegend, wie der Verteidiger selbst ausführt, nicht der Fall.

b) Bei einer Geldbuße von nicht mehr als 100 Euro – wie im vorliegenden Fall – findet ein vor dem Urteil entstandenes Verfahrenshindernis im Zulassungsverfahren nur dann Beachtung, wenn – entsprechend dem Sinn des § 80 OWiG – die Zulassungsvoraussetzungen nach § 80 Abs. 1 OWiG unter besonderer Berücksichtigung der Beschränkungen nach § 80 Abs. 2 OWiG gegeben sind. (BGHSt 36, 59; BTDrucks. 10/2652 S. 30; Hadamitzky in Karlsruher Kommentar, OWiG 5. Aufl., § 80 Rn. 60 m. w.N; Seitz in Göhler, OWiG 17. Aufl., § 80 Rn. 24)

Dies ist – anders als der Verteidiger meint – nicht der Fall. Denn die Zulassungsgründe nach § 80 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 2 OWiG liegen nicht vor…….“

Revision III: Keine Bezugnahmen und Verweisungen, oder: Anfängerfehler

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Und die dritte Entscheidung kommt dann aus Berlin. Es ist der KG, Beschl. v. 05.12.2018 – 3 Ws (B) 287/18.

Seine Aussage ist so selbstverständlich, dass dafür nun wirklich der Leitsatz reicht:

Verfahrensrügen müssen ohne Bezugnahmen und Verweisungen begründet werden. Unbehelflich ist demnach nicht nur die Bezugnahme auf Akten, das Sitzungsprotokoll und andere Schriftstücke, sondern namentlich auch auf Anlagen zur Rechtsbeschwerdeschrift.

Das sollte/muss man als Verteidiger wissen. Achtet man darauf nicht, ist es eindeutig ein Anfängerfehler.

Beschlussverfahren III: Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde, oder: Bagatellsache

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Und da ja bekanntlich aller guten Dinge drei sind, kommt die dritte Entscheidung zu § 72 OWiG auch vom KG 🙂 . Es hat im KG, Beschl. v. 20.09.2018 – 3 Ws (B) 235/18 – zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss nach § 72 OWiG in Bagatellsachen Stellung genommen. Das KG meint:

„Die gegen einen nach § 72 Abs. 1 OWiG erlassenen Beschluss gerichtete Rechtsbeschwerde ist unabhängig von der Höhe der verhängten Geldbuße statthaft, wenn ein Verfahrensverstoß der Verletzung des § 72 Abs. 1 OWiG geltend gemacht wird.“

 

Verfahrensrüge, oder: Vorsicht/Achtung vor der bloßen Protokollrüge!!

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Und zur „Montagsmittagszeit“ kommt hier der OLG Bamberg, Beschl. v. 25.10.2018 – 3 Ss OWi 1368/18, der noch einmal einen wichtigen Punkt betreffend Begründung der Rechtsbeschwerde/Revision im Hinblick auf die Verfahrensrüge ins Gedächtnis ruft und zu dem der Ausruf passt: Achtung! Vorsicht vor der bloßen Protokollrüge. Die macht die Rechtsbeschwerde/Revision nämlich unzulässig.

Gegenstand der Rechtsbeschwerde war hier eine Verwerfungsurteil nach § 74 Abs. 2 OWiG. An das kommt man – wenn überhaupt nur „ran“, wenn man die Verfahrensrüge erhebt und bei der eben die hohe Hürde des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO beachtet bzw. überspringt. Hier ist es dem Betroffenen bzw. seinem Verteidiger nicht gelungen:

„1. Die gegen das Verwerfungsurteil gerichtete formelle Rüge, mit der eine Verletzung des § 74 III OWiG geltend gemacht wird, ist unzulässig, da sich das Rügevorbringen in der Beanstandung erschöpft, aus dem Hauptverhandlungsprotokoll […] ergebe sich trotz Protokollierungspflicht keine Protokollierung einer Belehrung nach § 74 III OWiG. Damit behauptet die Rechtsbeschwerde nicht bestimmt einen konkreten Verfahrensfehler, was Voraussetzung für eine ordnungsgemäß erhobene Verfahrensrüge i.S.d. §§ 344 II 2 StPO, 79 III 1 OWiG ist (Meyer-Goßner/Schmitt StPO 61. Aufl. § 344 Rn. 25 m.w.N.). Bloße Fehler des Protokolls wiederum vermögen die Revision nicht zu begründen, weil das Urteil hierauf nicht im Sinne von § 337 I StPO beruhen kann (vgl. BGH, Beschl. v. 11.10.2010 – 1 StR 359/10 [bei juris] = NStZ-RR 2011, 170; Urt. v. 20.04.2006 – 4 StR 604/05 [bei juris] = NStZ-RR 2007, 52, 53).

2. Die zulässig erhobene allgemeine Sachrüge hat ebenfalls keinen Erfolg. Mit ihr kann nur das Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung oder das Vorliegen eines Verfahrenshindernisses gerügt werden, da das Urteil nach § 74 II OWiG als reines Prozessurteil keine Feststellungen materiell-rechtlicher Art zur Schuld- und Rechtsfolgenfrage enthält (vgl. nur Göhler-Seitz/Bauer OWiG 17. Aufl. § 74 Rn. 48a f. m.w.N.; OLG Bamberg, Beschl. v. 07.09.2012 – 2 Ss OWi 834/12 [bei juris] = OLGSt OWiG § 74 Nr 22). Verfahrenshindernisse oder fehlende Verfahrensvoraussetzungen sind nicht gegeben und werden auch nicht geltend gemacht. […]“.

Also Vorsicht. Formulierungen wie z.B. „ausweislich des Protokolls…“ sind tötlich für das Rechtsmittel bzw. können es sein. Denn das ist keine bestimmte Behauptung eines Verfahrensfehlers. Wird leider immer wieder falsch gemacht. 

OWi II: Keine Zulassung der Rechtsbeschwerde, aber: Einstellung, weil „Verwerfung nicht opportun“ ist

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Bei der zweiten OWi-Entscheidung des heutigen Tages handelt es sich um den OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.10.2018 – IV – 2 RBs 210/18, den mir der Kollege Momberger aus Düsseldorf übersandt mit der Anmerkung, dass es sich manchmal eben doch lohnt eine Sache bis zum Ende durchzufechten.

Hier ging es um die Verurteilung des Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO. Dagegen legt der Kollege für den Betroffenen Rechtsbeschwerde ein, die allerdings zugelassen werden muss. Das OLG weist den Zulassungsantrag zurück, stellt aber fest, dass die tatsächlichen Feststellungen des AG nicht ausreichen. Und dann ….:

„….

Dass die getroffenen Feststellungen lückenhaft sind und den Schuldspruch nicht tragen, bedarf indes keiner Rechtsfortbildung, sondern ergibt sich unmittelbar aus den normierten Anforderungen des § 23 Abs. la StVO.

Nach dem Willen des Gesetzgebers ist für den Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts nicht maßgeblich, ob das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft ist, sondern ob es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen. Dies führt dazu, dass bei geringfügigen Geldbußen trotz Anrufung der zweiten Instanz auch ein rechtsfehlerhaftes Urteil Bestand haben kann

3. Der von dem Betroffenen angeführte Zulassungsgrund der Sicherung einer ein­heitlichen Rechtsprechung kommt erst bei einer Geldbuße von mehr als 100 Euro in Betracht

Der Senat greift jedoch unterBerücksichtigung des Umstands, dass eine Verwerfung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde vorliegend nicht opportun erscheint, den entsprechenden Antrag der Generalstaatsanwaltschaft auf und stellt das Verfahren gemäß § 47 Abs. 2 OWiG ein.

IV.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG, § 467 Abs. 1 u. Abs. 4 StPO.

Hierbei hat der Senat davon abgesehen, die notwendigen Auslagen des Betroffe­nen der Staatskasse aufzuerlegen. Bei dieser Ermessensentscheidung kann der gesamte Akteninhalt herangezogen werden. Die Polizeibeamten, auf deren Anzeige der Bußgeldbescheid zurückgeht, hat das Amtsgericht nicht als Zeugen gehört. Nach dem Inhalt der polizeilichen Anzeige spricht indes viel dafür, dass der Betroffene das Mobiltelefon bei der Benutzung als Kraftfahrzeugführer in der Hand gehalten hat. Abgesehen davon wären die notwendigen Auslagen auch dann zu Lasten des Betroffenen gegangen, wenn der Senat eine Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde getroffen hätte.2

Liest man so selten. Meist wird der Zulassungsantrag verworfen und es heißt, dass das AG nach den mahnenden Worten des OLg den angesprochenen Fehler nicht noch einmal machen wird. Das sind natürlich dann Entscheidungen, die man als Verteidiger einem Betroffenen nur schwer vermitteln kann.