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Immerhin… 1.500 € für zwei Hauptverhandlungstage

Der BGH hat jetzt im Verfahren 3 StR 552/08 mit Beschl. v. 14.09.2010 eine Pauschgebühr für die Hauptverhandlungstage bewilligt. Es gibt 1.500 € mit der Begründung:

Die für seine Tätigkeit anfallenden gesetzlichen Gebühren von 550 € (VV Nr. 4133 für zwei Hauptverhandlungstage) sind wegen des besonderen Umfangs und der Schwierigkeit der Sache, in der grundlegende Fragen sowohl des Strafverfahrensrechts (Verwendbarkeit von Daten im Strafverfahren, die durch eine akustische Wohnraumüberwachung auf der Grundlage einer polizeirechtlichen Ermächtigung zur Gefahrenabwehr gewonnen worden sind) als auch des materiellen Strafrechts (Begründung der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung; Betrug durch Abschluss von Lebensversicherungsverträgen) zu klären waren, nicht zumutbar (§ 51 Abs. 1 Satz 1 RVG). Dies gilt auch in Ansehung des Umstandes, dass sich der Verteidiger mit diesen Fragen bereits im Rahmen der Hauptverhandlung vor dem Tatrichter und der von ihm mitverantworteten Revisionsbegründungsschrift auseinandersetzen musste. Der Senat hält vielmehr den vom Antragsteller begehrten Betrag von 1.500 € für angemessen.“

Was dann wohl vom OLG als angemessen angesehen wird für das Revisionsverfahren mit einer Revisionsbegründung von über 5.000 Seiten?

Aufgepasst: Keine Pauschgebühr bei Wertgebühren

In der Praxis ist die vom LG Rostock im Beschl. v. 01.09.2010 – 12 Qs 36/10 – angesprochene Problematik sicherlich nicht so häufig anzutreffen, aber man muss sie kennen, damit man ggf. reagieren kann, da sonst Gebühren/Geld verloren geht. Es geht um das Verhältnis der Wertgebühren zu einer Pauschgebühr (§ 51 RVG). Da heißt es in § 51 Abs. 1 S. 2 RVG , dass auf Wertgebühren § 51 RVG nicht anwendbar ist. Das bedeutet,  dass die Pauschvergütung auch nicht an ihre Stelle tritt und insoweit erstattete/gezahlte Beträge auch nicht auf die Pauschvergütung anzurechnen sind. Das ist richtig und m.E. aber zur Folge, dass man – wenn die Tätigkeiten des Pflichtverteidigers in Zusammenhang mit der Einziehung überhaupt im Rahmen des § 51 RVG berücksichtigt werden,w as nicht ganz eindeutig  – diese ggf. geringer berücksichtigen muss oder bei der Bemessung der Pauschgebühr zu berücksichtigen hat, dass dem Rechtsanwalt insoweit noch eigenständige Gebühren zustehen. Jedenfallls dran denken muss man, wenn die Gebühr Nr. 4142 VV RVG angerechnet werden soll. Sonst sind die Gebühren futsch.

Unterbringung in mehreren Verfahren – was mache ich gebührenrechtlich damit?

Auch wenn gegen den Verurteilten in zwei Verfahren die Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und der Verteidiger in beiden Verfahren zum Pflichtverteidiger bestellt worden ist, wird tatsächlich nur eine Unterbringung vollstreckt, so dass nur eine Angelegenheit vorliegt und die Gebühren nur einmal entstehen. So hat das LG Aachen im Beschl. v. 23.06.2010 – 33b StVK 453/10 – entschieden. M.E. falsch, da für gerichtliche Verfahren, die nebeneinander geführt werden, gilt , dass diese stets verschiedene Angelegenheiten sind, auch wenn ihnen ein einheitlicher Auftrag zugrunde liegt, die Tätigkeit des Rechtsanwalt den gleichen Rahmen hat und ein innerer Zusammenhang besteht (AnwKomm-RVG/N.Schneider, a.a.O., § 15 Rn. 80). Das verkennt das LG, wenn es auf die „einheitliche Entscheidung zur Frage der Aussetzung der Maßregel“ abstellt.

Mal abgesehen davon, dass die Auffassung des LG auch zu einer nicht sachgerechten Honorierung des Rechtsanwalts führt. Dieser ist in zwei Verfahren tätig, muss sich also mit zwei unterschiedlichen Verfahrensgegenständen befassen, er bekommt aber nur die Tätigkeit in einem Verfahren honoriert. Während das beim Wahlanwalt noch mit einer erhöhten Rahmengebühr ausgeglichen werden könnte, ist das beim Pflichtverteidiger, der Festgebühren erhält, nicht möglich. Ihm bliebe nur die Möglichkeit, eine Pauschgebühr zu beantragen. Bei der inzwischen erkennbaren Abneigung der OLG gegen Pauschgebühren muss man m.E. über das Ergebnis dieses Antrags nicht lange rätseln. Vielleicht hatte das LG ja auch einen „Igel in der Tasche“? Denn es ging um rund 500 € zusätzliche Gebühren.

Pauschgebührantrag: Schreiben, begründen, schreiben, begründen, schreiben…

Entscheidungen zur Pauschgebühr nach § 51 RVG sind nach Inkrafttreten des RVG selten geworden, was u.a. darauf zurückzuführen ist, dass der Gesetzgeber gerade im Strafverfahren durch die Änderung der Gebührenstruktur zu einer Erhöhung der anwaltlichen Gebühren kommen wollte (und teilweise ja auch gekommen ist). Wenn dann mal wieder eine Entscheidung zu § 51 RVG veröffentlicht wird, ist sie doppelt interessant. So also der Beschl. des OLG Rostock v. 23.07.2010 – I Ws 384/09.  Die Leitsätze lauten:

  1. Eine Erhöhung der Vergütung des Pflichtverteidigers auf den Höchstbetrag der Wahlverteidigergebühren im Rahmen der Gewährung einer Pauschgebühr kommt nur in außergewöhnlichen Strafverfahren und eine Überschreitung der Wahlverteidiger-Höchstgebühr allenfalls in extrem umfangreichen und schwierigen Verfahren in Betracht.
  2. Die Antragsbegründung des Verteidigers stellt im Pauschgebührenverfahren zwar eine wesentliche, aber nicht die einzige Prüfungsgrundlage für die Gewährung einer Pauschgebühr dar. Es ist jedoch nicht Aufgabe des Oberlandesgerichts, den Verteidiger in Form eines Zwischenbescheids oder sonst auf eventuelle Unzulänglichkeiten seines Vortrags hinzuweisen und ihm – ggf. sogar mehrfach – Gelegenheit zu geben, seinen Antrag sukzessiv nachzubessern, um doch noch die Zuerkennung einer Pauschvergütung in der von ihm gewünschten Höhe zu ermöglichen.

Es ist hier m.E. nicht der Raum, sich mit allen Einzelheiten der Entscheidung zu befassen, daher zu Ls. 1 nur so viel: Ob das so richtig ist, wage ich zu bezweifeln. M.E. folgt schon aus § 42 RVG etwas anderes, da der die Überschreitung der Wahlanwaltsgebühr ausdrücklich vorsieht, diese dann allerdings begrenzt. Falsch ist m.E. auch der Hinweis, dass es nicht auf „Kostendeckung“ ankommt, aber die Frage ist ein gebührenrechtlicher Dauerbrenner, den die OLGs teilweise anders sehen.

Hinweisen will ich aber auf den Ls. 2: Er hat zur Folge, dass der Pflichtverteidiger alles, aber auch wirklich alles zur Antragsbegründung vortragen muss. Denn letztlich kommt es auf seinen Antrag an und die darin vom Verteidiger dargestellten Tätigkeiten für den Mandanten, von denen sich viele nicht aus der Akte ergeben werden. Also: Begründen, begründen, begründen… Das habe ich übrigens schon immer gesagt/geraten und war während meiner Tätigkeit beim OLG häufig erstaunt, wie dürftig manche Anträge begründet waren.