Schlagwort-Archive: Pauschgebühr

Pauschgebührenantrag rechtzeitig – sonst wars das

Verjährung spielt im Strafverfahren nicht nur im materiellen Bereich eine Rolle, sondern ggf. auch im Gebührenrecht, wenn es ums Geld geht. Das wird einem bewusst, wenn man den Beschl. des KG v. 03.08.2010 – 1 ARs 32/09, den mir ein dortige Kollege hat zukommen lassen, liest.

Das KG hat nämlich einen Pauschvergütungsantrag (§ 51 RVG) des Pflichtverteidigers wegen Eintritt der Verjährung zurückgewiesen. Entscheidend wäre – für die Unterbrechung der dreijährigen Verjährung gewesen, dass der Antrag rechtzeitig vor Ablauf beim OLG eingegangen war. Ds konnte der Pflichtverteidiger aber nicht nachweisen. da er – so das KG – die Beweislast trägt – war es das. Und: Auch der Rettungsversuch „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die Stellung eines Pausch­vergütung­s­antrags, hat nicht geklappt. Das KG sagt zutreffend: Nach Ablauf der Verjährungsfrist ist dies nicht statthaft.

Pauschgebühr für den Wahlanwalt (§ 42 RVG) – Erst Pauschgebührantrag oder auf den Zeitpunkt aufgepasst!!

Aufgepasst, kann man nur sagen, wenn man den Beschl. des OLG Jena v. . v. 9. 8. 2010, 1 AR (S) 25/10 liest,  sonst gehen möglicherweise Gebührenteile verloren, wenn es um die Feststellung einer Pauschgebühr nach § 42 RVG geht. Denn die obergerichtliche Rechtsprechung geht im Grunde übereinstimmend dahin, dass dies nicht mehr möglich ist, wenn der Verteidiger das ihm über § 14 RVG eingeräumte Ermessen bereits ausgeübt hat. Dazu liegen jetzt mehrere OLG-Entscheidungen ( vgl. OLG Celle, Beschl. v. 20. 3. 2008, 1 ARs 20/08 P; OLG Jena RVGreport 2008, 25 = StRR 2008 158 = Rpfleger 2008, 98; OLG Celle RVGreport 2008, 382 = AGS 2008, 546 = StRR 2008, 363 (Ls.);  OLG Köln, Beschl. v. 04.02.2009, 2 ARs 2/08) vor, aus denen nur der Schluss gezogen werden kann: Erst der Antrag nach § 42 RVG und dann ggf. weitere Kostenfestsetzung. Und wenn man das miteinander verbindet, dann ist darauf zu achten, dass die Kostenfestsetzung nicht vor der Entscheidung über den Antrag aus § 42 RVG rechtskräftig wird. Denn auch dann gilt: § 42 RVG ist ausgeschlossen.

Immerhin… 1.500 € für zwei Hauptverhandlungstage

Der BGH hat jetzt im Verfahren 3 StR 552/08 mit Beschl. v. 14.09.2010 eine Pauschgebühr für die Hauptverhandlungstage bewilligt. Es gibt 1.500 € mit der Begründung:

Die für seine Tätigkeit anfallenden gesetzlichen Gebühren von 550 € (VV Nr. 4133 für zwei Hauptverhandlungstage) sind wegen des besonderen Umfangs und der Schwierigkeit der Sache, in der grundlegende Fragen sowohl des Strafverfahrensrechts (Verwendbarkeit von Daten im Strafverfahren, die durch eine akustische Wohnraumüberwachung auf der Grundlage einer polizeirechtlichen Ermächtigung zur Gefahrenabwehr gewonnen worden sind) als auch des materiellen Strafrechts (Begründung der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung; Betrug durch Abschluss von Lebensversicherungsverträgen) zu klären waren, nicht zumutbar (§ 51 Abs. 1 Satz 1 RVG). Dies gilt auch in Ansehung des Umstandes, dass sich der Verteidiger mit diesen Fragen bereits im Rahmen der Hauptverhandlung vor dem Tatrichter und der von ihm mitverantworteten Revisionsbegründungsschrift auseinandersetzen musste. Der Senat hält vielmehr den vom Antragsteller begehrten Betrag von 1.500 € für angemessen.“

Was dann wohl vom OLG als angemessen angesehen wird für das Revisionsverfahren mit einer Revisionsbegründung von über 5.000 Seiten?

Aufgepasst: Keine Pauschgebühr bei Wertgebühren

In der Praxis ist die vom LG Rostock im Beschl. v. 01.09.2010 – 12 Qs 36/10 – angesprochene Problematik sicherlich nicht so häufig anzutreffen, aber man muss sie kennen, damit man ggf. reagieren kann, da sonst Gebühren/Geld verloren geht. Es geht um das Verhältnis der Wertgebühren zu einer Pauschgebühr (§ 51 RVG). Da heißt es in § 51 Abs. 1 S. 2 RVG , dass auf Wertgebühren § 51 RVG nicht anwendbar ist. Das bedeutet,  dass die Pauschvergütung auch nicht an ihre Stelle tritt und insoweit erstattete/gezahlte Beträge auch nicht auf die Pauschvergütung anzurechnen sind. Das ist richtig und m.E. aber zur Folge, dass man – wenn die Tätigkeiten des Pflichtverteidigers in Zusammenhang mit der Einziehung überhaupt im Rahmen des § 51 RVG berücksichtigt werden,w as nicht ganz eindeutig  – diese ggf. geringer berücksichtigen muss oder bei der Bemessung der Pauschgebühr zu berücksichtigen hat, dass dem Rechtsanwalt insoweit noch eigenständige Gebühren zustehen. Jedenfallls dran denken muss man, wenn die Gebühr Nr. 4142 VV RVG angerechnet werden soll. Sonst sind die Gebühren futsch.

Unterbringung in mehreren Verfahren – was mache ich gebührenrechtlich damit?

Auch wenn gegen den Verurteilten in zwei Verfahren die Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und der Verteidiger in beiden Verfahren zum Pflichtverteidiger bestellt worden ist, wird tatsächlich nur eine Unterbringung vollstreckt, so dass nur eine Angelegenheit vorliegt und die Gebühren nur einmal entstehen. So hat das LG Aachen im Beschl. v. 23.06.2010 – 33b StVK 453/10 – entschieden. M.E. falsch, da für gerichtliche Verfahren, die nebeneinander geführt werden, gilt , dass diese stets verschiedene Angelegenheiten sind, auch wenn ihnen ein einheitlicher Auftrag zugrunde liegt, die Tätigkeit des Rechtsanwalt den gleichen Rahmen hat und ein innerer Zusammenhang besteht (AnwKomm-RVG/N.Schneider, a.a.O., § 15 Rn. 80). Das verkennt das LG, wenn es auf die „einheitliche Entscheidung zur Frage der Aussetzung der Maßregel“ abstellt.

Mal abgesehen davon, dass die Auffassung des LG auch zu einer nicht sachgerechten Honorierung des Rechtsanwalts führt. Dieser ist in zwei Verfahren tätig, muss sich also mit zwei unterschiedlichen Verfahrensgegenständen befassen, er bekommt aber nur die Tätigkeit in einem Verfahren honoriert. Während das beim Wahlanwalt noch mit einer erhöhten Rahmengebühr ausgeglichen werden könnte, ist das beim Pflichtverteidiger, der Festgebühren erhält, nicht möglich. Ihm bliebe nur die Möglichkeit, eine Pauschgebühr zu beantragen. Bei der inzwischen erkennbaren Abneigung der OLG gegen Pauschgebühren muss man m.E. über das Ergebnis dieses Antrags nicht lange rätseln. Vielleicht hatte das LG ja auch einen „Igel in der Tasche“? Denn es ging um rund 500 € zusätzliche Gebühren.