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StPO I: Fehlender Eröffnungsbeschluss, oder: Verfahrenshindernis

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Heute Verfahrensrecht, aber mal nicht vom BGH, sondern von den OLG.

Und ich starte – quasi zum Warmwerden – dann hier der OLG Köln, Beschl. v. 30.06.2020 – III-1 RVs 127/20. Der Angeklagte ist wegen verschiedener Delikte verurteilt worden. Wegen einer Anklage, die dieser Veruretilung zugrunde liegt, hat das OLG gem. § 206a StPO eingestellt. Es fehlte der Eröffnungsbeschluss:

„1. Hinsichtlich der von der Anklage vom 21. Februar 2019 (332 Js 92/19) erfassten Taten war das Verfahren war gemäß § 206 a StPO einzustellen, weil es an der Ver­fah­rens­vor­aus­setzung eines Er­öffnungsbeschlusses fehlt.

Das Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen hat das Revisionsgericht auf die zulässige Revision von Amts wegen im Freibeweisverfahren zu prüfen (BGH NJW 1968, 2253; Kuckein, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 8. Aufl., § 337 Rdnr. 25 m. w. Nachw.). Wenn diese Prüfung ergibt, dass ein Eröffnungsbeschluss fehlt, zwingt dies zur Einstellung des Verfahrens (BGHSt 10, 278 [279]; BGH StV 1983, 2; BGH NStZ 1986, 276; SenE v. 16.06.2020 – III-1 Rs 120/20; SenE v. 24.10.2000 – Ss 329/00 – = VRS 99, 431 [433] = StraFo 2001, 200; SenE v. 21.01.2003 – Ss 456/02 – = VRS 104, 364 [365] = NStZ 2004, 281; SenE v. 14.11.2003 – Ss 435/03 -; Meyer-­Goß­ner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., § 203 Rdnr. 4 m. w. Nachw.).

Ein Beschluss des Amtsgerichts, durch den die Anklageschrift der Staatsan­waltschaft Köln vom 21. Februar 2019 ? 332 Js 92/19 ? gegen den Revisionsführer zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet wurde, ist in den Akten nicht vorhanden.

Die fehlende Eröffnungsentscheidung ist auch nicht durch andere Beschlüs­se oder Vorgänge im Rahmen des amtsgerichtlichen Verfahrens ersetzt wor­den. Zwar kann ein (konkludenter) Eröffnungs­beschluss auch in einer anderen, vor Erlass des erstinstanzlichen Urteils schriftlich ergangenen Entscheidung gesehen werden, der eine schlüssige und eindeutige Willenserklärung des Gerichts, die Anklage unter den Voraussetzungen des § 203 StPO zuzulassen, unter gleich­zeitiger Würdigung des hinreichenden Tatverdachts, zweifelsfrei entnommen werden kann (vgl. BGH, NStZ 1987, 239; BGH, NStZ 1988, 236; BGH, NStZ?RR 2011, 150 m. w. N., zitiert nach juris; Senat in ständiger Rechtsprechung, vgl. nur SenE v. 16.06.2020 – III-1 RVs 120/20; SenE v.  11.08.2009 ? 81 Ss 35/09; Stuckenberg in LR, StPO, 26. Auflage, § 207 Rdnr. 54).

Vorliegend lassen weder die Übernahme- und Verbindungsentscheidung vom 25. Juni 2019 nebst an den sachverständigen gerichtetem Begleitschreiben (Bl. 167 ff. d. A.) noch die amtsgerichtlichen Verfügungen vom 20. und 30. August 2019 (Bl. 212 ff. und 218 ff. d. A.) noch das Hauptverhandlungsprotokoll vom 26. September (Bl. 234 ff. d. A.) und 7. Oktober 2019 (Bl. 238 ff. d. A.) eine sachliche Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen und Bejahung des hinreichenden Tatverdachts bezüglich der angeklagten Delikte erkennen. Auch der Haftbefehl vom 28. März 2019 betrifft nur die im führenden Verfahren  332 Js 130/19 angeklagten Taten.

Dass der Angeklagte das amtsgerichtliche Urteil nur hinsichtlich der Aussetzungsentscheidung angefochten hat, steht der Einstellung nicht im Wege. Es genügt, wenn das Verfahren nur noch etwa wegen der Frage der Strafaussetzung zur Bewährung oder einer anderen Nebenfolge rechtshängig ist (OLG Hamburg VRS 107, 449; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 337 Rz. 6 m. N.).

Bei dieser Sachlage verschlägt es auch nichts, dass das Amtsgericht die Verurteilung wegen „Verstoßes gegen das Waffengesetz in Tateinheit mit Bedrohung“ bei nur einer abgeurteilten Tat zweimal in den Tenor aufgenommen und das Landgericht dies durch die Verwerfung der Berufung ohne klarstellenden Zusatz bestätigt hat.“

Main stream 🙂 .

OWi I: Fahrverbot, oder: Geht es ggf. auch mit einer höheren Geldbuße?

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Nach dem gestrigen OWi-Tag heute dann gleich nochmal einer 🙂 . Und zur Start der OLG Köln, Beschl. v. 24.04.2020 – III-1 RBs 114/20 , auf den ich ja neulich schon einmal hingewiesen hatte (vgl. hier: OWi II: Ablehnung eines Beweisantrages, oder: Anforderungen an die Rechtsbeschwerde).

Ich greife den Beschluss heute wegen der Ausführungen des OLG zum fahrverbot auf:

„Die Bemessung der Rechtsfolgen im angefochtenen Urteil hält hingegen materiell-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Hierzu hat die Generalstaatsanwaltschaft wie folgt ausgeführt:

Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben sich jedoch hinsichtlich der vom Gericht bestimmten Rechtsfolge.

Zwar unterliegt hinsichtlich der Anordnung des Regelfahrgebots die Frage, ob die Voraussetzungen für ein Absehen vom Regelfahrverbot bejaht werden können, der tatrichterlichen Würdigung und der nur beschränkten Überprüfung durch das Tatgericht. Das Rechtsbeschwerdegericht darf nur insoweit eingreifen, als die Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind (SenE v. 30.07.2013 [III-1 RBs 191/13] m.w.N.).

Die Ausführungen des Amtsgerichts zur Begründung des angeordneten Fahrverbots sind hier aber materiell-rechtlich unvollständig. Sie lassen nicht erkennen, dass sich das Gericht mit der Frage auseinandersetzt hat, ob der mit dem Fahrverbot erstrebte Besinnungs- und Erziehungseffekt auch durch eine Erhöhung der Geldbuße zu erreichen ist. Zwar ist das Gericht bei Vorliegen eines Regelfalles nach der BußgeldkatalogVO, wenn keine Tatsachen für ein Abweichen festgestellt sind, von der Verpflichtung der Begründung der grundsätzlichen Angemessenheit eines Fahrverbotes enthoben (BGH, Beschluss v. 28.11.1991 [4 StR 366/91]; OLG Hamm, Beschluss v. 30.11.1999 [2 Ss OWi 1196/99], zitiert nach juris). Der Tatrichter muss sich aber der Möglichkeit eines Absehens bewusst gewesen sein und dies in den Entscheidungsgründen grundsätzlich erkennen lassen (SenE, v. 05.07.2013 [III 1 RBs152/13]; OLG Hamm, a.a.O; KG Berlin, Beschluss v. 12.07.2016 [3 Ws (B) 342716-162 Ss 77/16]). Den Urteilsgründen muss sich daher entnehmen lassen, dass es sich der – generellen – Möglichkeit, von einem Fahrverbot gegen Erhöhung der Geldbuße absehen zu können, bewusst gewesen ist (SenE, v. 05.07.2013 [III 1 RBs152/13]; SenE v. 01.03.2019)

Daran fehlt es hier. Das Gericht stellt das verhängte Fahrverbot als zwangsläufige Folge des Geschwindigkeitsverstoßes dar.

Zwar bedarf es eines ausdrücklichen Ansprechens der Möglichkeit des Absehens von einem Fahrverbot dann nicht, wenn aus den Urteilsgründen im Übrigen eindeutig hervorgeht, dass der durch das Fahrverbot angestrebte Erfolg durch die Erhöhung einer Geldbuße unzweifelhaft nicht mehr erreicht werden kann (SenE, v. 05.07.2013 [III 1 RBs152/13]; OLG Hamm, a.a.O).

Dies lässt sich den Feststellungen des vorliegenden Urteils indes nicht entnehmen. So teilt das Gericht zu den verkehrsrechtlichen Vorbelastungen – und ohne Angaben zu den verhängten Sanktionen – lediglich mit, dass der Betroffene einmal 2017 wegen Geschwindigkeitsüberschreitung in geschlossenen Ortschaften um 22 km/h und einmal 2018 wegen Nichteinhaltens des erforderlichen Abstandes in Erscheinung getreten sei. Eine Verzichtbarkeit des Fahrverbotes kann im Hinblick auf die am untersten Grenzwert eines Regelfahrverbotes überschrittene Geschwindigkeit von 41 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften vorliegend nicht sicher ausgeschlossen werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die festgestellte Berufstätigkeit – Gastronom – des Betroffenen, die mangels weiterer Anknüpfungstatsachen im angegriffenen Urteil nicht geeignet sind, das Vorliegen eines Ausnahmefalles auszuschließen.

Wegen der Wechselwirkung zwischen Fahrverbot und Geldbuße bedurfte es damit auch der Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs insgesamt.

Diesen zutreffenden Ausführungen tritt der Senat bei.“

OWi II: Ablehnung eines Beweisantrages, oder: Anforderungen an die Rechtsbeschwerde

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Als zweite Entscheidung stelle ich heute dann den OLG Köln, Beschl. v. 24.04.2020 – III-1 RBs 114/20 – vor. In ihm hat das OLG zu den den Darlegungsanforderungen der Rüge, ein Beweisantrag sei entgegen §§ 77 Abs. 3 OWiG, 244 Abs. 6 S. 1 StPO nicht beschieden worden, Stellung genommen:

„Die Rüge, das Tatgericht habe einen Beweisantrag entgegen §§ 244 Abs. 6 StPO, 77 Abs. 3 OWiG nicht beschieden, versagt. Sie ist nicht im Sinne von §§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 344 Abs. 2 S. 2 StPO ordnungsgemäß ausgeführt.

a) Mit der Rechtsbeschwerdebegründung wird folgender in der Hauptverhandlung gestellter Antrag mitgeteilt:

„Zum Beweis der Tatsache, dass die Messung fehlerhaft ist, beantrage ich, das Reparaturbuch und die Lebensakte der im vorliegenden Verfahren eingesetzten Messanlagen, die gerätespezifische Bedienungsanleitung, eine Kopie der digitalen Falldaten im geräte-spezifischen Format mit dem dazugehörigen öffentlichen Schlüssel, das Auswerteprogramm und die gesamte Messreihe einzuholen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens und die Einholung eines Beschilderungsplanes“

Diesen Antrag hat das Tatgericht ausweislich der Urteilsgründe – wie sich aus der Nennung von § 77 Abs. 2 Ziff. 1 OWiG in diesem Kontext ergibt – jedenfalls insoweit als Beweisantrag gewertet, als mit diesem die Einholung eines Sachverständigengutachtens begehrt wurde. Die Antragsbegründung, die „umfangreich“ gewesen sei, wird mit der Rechtsbeschwerdebegründung nicht wiedergegeben.

b) Das Vorbringen genügt den Darlegungsanforderungen insgesamt nicht:

Allerdings besteht in Rechtsprechung und Schrifttum keine Einigkeit darüber, ob es in dem Falle, dass eine Verletzung von §§ 244 Abs. 6 StPO, 77 Abs. 3 OWiG gerügt werden soll, der Wiedergabe auch der Antragsbegründung bedarf oder ob es bei der Benennung von Beweismittel und Beweistatsache sein Bewenden haben kann.

aa) Im Schrifttum wird zumeist ohne weitere Differenzierung verlangt, der Beschwerdeführer müsse angeben, in welcher Form und mit welchem Inhalt der Antrag dem Gericht unterbreitet worden sei (KK-StPO-Krehl, 8. Auflage 2019, § 244 Rz. 226; Sarstedt/Hamm, Die Revision in Strafsachen, 6. Auflage 1998, Rz. 616), es sei die Mitteilung des Beweisantrags erforderlich (KK-OWiG-Senge, 5. Auflage 2018, § 77 Rz. 53; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Auflage 2019, § 244 Rz. 106; LR-StPO-Becker, 27. Auflage 2019, § 244 Rz. 377).

Soweit der aufgeworfenen Frage Beachtung geschenkt wird, wird teils vertreten, es genüge die Mitteilung von Beweistatsache und Beweismittel (so ausdrücklich SK-StPO-Frister, 5. Auflage 2015, § 244 Rz. 255; Krause StV 1984, 483 [488]; unklar OLG Stuttgart NJW 1968, das einerseits vom „Beweisthema“ spricht, andererseits die Darlegung verlangt, es sei „ein formgerechter Antrag gestellt worden“), teils wird die Mitteilung auch der Begründung verlangt (so: MüKo-StPO-Trüg/Habetha, § 244 Rz. 406 [„vollständig“] und Eisenberg, Beweisrecht der StPO, 8. Auflage 2013, Rz. 307 [„in vollem Wortlaut“ gerade im Falle der Nichtbescheidung]). Der Senat muss diese Rechtsfrage auch anlässlich des vorliegenden Falles nicht abschließend entscheiden. Er muss daher auch nicht zu – freilich nicht entscheidungstragenden – Rechtsauffassung des OLG Hamburg Stellung beziehen, wonach es im Falle der behaupteten Verletzung von § 244 Abs. 6 StPO der Wiedergabe des Beweisantrags überhaupt nicht bedürfe (OLG Hamburg JR 1963, 473):

Es entspricht nämlich der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass eine (inhaltlich) fehlerhafte Ablehnung von Beweisanträgen im Fall des § 77 Abs. 2 Ziff. 1 OWiG nicht selbständig gerügt werden, sondern nur mit der Aufklärungsrüge (st. Senatsrechtsprechung, s. nur SenE v. 18.12.2013 – III-1 RBs 304/13 -; SenE v. 08.03.2016 – III-1 RBs 86/16 -; SenE v. 11.03.2016 – III-1 RBs 93/16 -; SenE v. 18.07.2017 – III-1 RBs 202/17 -; SenE v. 12.07.2018 – III-1 RBs 175/18 -; SenE v. 26.04.2019 – III-1 RBs 146/19 -; SenE v. 13.03.2020 – III-1 RBs 81/20 -). Daher gehört zur ordnungsgemäßen Ausführung der Rüge neben der Angabe der Inhalte von Beweisantrag und Ablehnungsbeschluss die Angabe der Tatsachen, welche die Fehlerhaftigkeit der Ablehnung ergeben (SenE v. 29.02.2000 – Ss 108/00 Z -; SenE v. 11.04.2000 – Ss 170/00 Z -; SenE v. 13.10.2000 – Ss 404/00 B -; SenE v. 15.02.2005 – 8 Ss-OWi 126/04 -; SenE v. 14.01.2010 – 83 Ss-OWi 100/09 -; SenE v. 24.10.2013 – III-1 RBs 290/13 -). Ferner ist mitzuteilen, welche – dem Betroffenen günstige – Tatsache die unterlassene Beweisaufnahme ergeben hätte, wobei es nicht genügt, ein günstiges Ergebnis lediglich als möglich hinzu­stellen (SenE v. 25.09.2002 – Ss 318/02 Z -; SenE v. 28.01.2003 – Ss 1/03 B -; SenE v. 03.08.2010 – III-1 RBs 192/10 -; SenE v. 26.04.2019 – III-1 RBs 146/19 -) und welche Umstände den Tatrichter zu einer solchen Beweiserhebung hätten drängen oder den Gebrauch des Beweismittels zumindest hätten nahe legen müssen (SenE v. 06.11.2001 – Ss 429/01 B -; SenE v. 08.02.2002 – Ss 34/02 B -; SenE v. 14.01.2010 – 83 Ss-OWi 100/09 -; SenE v. 03.08.2010 – III-1 RBs 192/10 -; s. insgesamt jüngst SenE v. 27.03.2020 – III-1 RBs 101/20).

Die Tatsachen, die das Tatgericht zu der begehrten Beweiserhebung hätten drängen müssen, ergeben sich hier – wie regelmäßig im Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht – nicht bereits aus der Benennung von Beweisthema und Beweismittel. Da die Rechtsbeschwerdebegründung auch über die fehlende Antragsbegründung hinaus nicht dazu ausführt, welche Umstände den Gebrauch des Beweismittels zumindest hätte nahelegen müssen, ist der Senat nicht in die Lage versetzt zu beurteilen, ob das Urteil auf der Nichtbescheidung des Beweisantrags beruhen kann. So verhält es sich auch hinsichtlich der weiter mit dem Antrag begehrten tatrichterlichen Aufklärungsbemühungen.“

Das hat also nicht gereicht. Im Rechtsfolgenausspruch hat das OLG dann aber aufgehoben. Darauf komme ich noch mal zurück.

Nebenklage III: Akteneinsicht für die Nebenklägerin, oder: Rechtliches Gehör erforderlich

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Mit dem letzten Posting des Tages stelle ich den OLG Köln, Beschl. v. 02.04.20202 Ws 651/19 – vor. Mit ihm hat das OLG die Beschwerde gegen einen Beschluss des LG Aachen, über den ich auch berichtet hatte, verworfen. Es handelt sich um den LG Aachen, Beschl. v. 11.10.2019 – 60 KLs 12/19 über den ich hier Akteneinsicht für den Nebenkläger, oder: Vorherige Anhörung des Beschuldigten erforderlich  berichtet habe.

Es geht um das Verfahren bei der Akteneinsicht für den Nebenkläger. Die war in einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der sexuellen Nötigung, Nötigung und Freiheitsberaubung der Nebenklägerin (zweimal) gewährt worden. Dagegen hatt der Verteidiger Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit gestellt, der beim LG Erfolg hatte. Dagegen hatte dann die Staatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt, mit der sie beim OLG gescheitert ist:

„b) Darüber hinaus war der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 05.02.2018 auch begründet, weil die von der Staatsanwaltschaft Aachen an die Nebenklägervertreterin gewährte Akteneinsicht in beiden Fällen verfahrensfehlerhaft erfolgt und damit rechtswidrig war.

(1) Dies gilt zum einen für die der Nebenklägervertreterin mit Verfügung vom 14.07.2017 gewährte Akteneinsicht. Die Ausführungen des Landgerichts, wonach die Gewährung von Akteneinsicht im Strafverfahren an Dritte regelmäßig der vorherigen Anhörung des Beschuldigten bedarf, weil damit regelmäßig ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verbunden ist, teilt der Senat (vgl. auch: BVerfG, B. v. 31.01.2017, 1 BvR 1259/16, juris Rn. 17; BVerfG, B. v. 30.10.2016, 1 BvR 1766/14, juris Rn. 5; BVerfG, B. v. 15.04.2005, 2 BvR 465/05, juris Rn. 12; OLG Rostock, B. v. 13.07.2017, 20 Ws 146/17, juris Rn. 38; KG Berlin, B. v. 02.10.2015, 4 Ws 83/15, juris Rn. 6). Die Rechtsgrundlage dieser Anhörungspflicht ergibt sich bei einer Entscheidung durch die Staatsanwaltschaft aus § 33 Abs. 3 StPO analog bzw. aus dem Rechtsstaatsprinzip sowie dem Gebot der Sachaufklärung (vgl. OLG Rostock, B. v. 13.07.2017, 20 Ws 146/17, juris Rn. 38; KG Berlin, B. v. 02.10.2015, 4 Ws 83/15, juris Rn. 6; LG Wuppertal, B. v. 23.12.2008, 22 AR 2/08, juris Rn. 3; LG Krefeld, B. v. 01.08.2008, 21 AR 2/08, juris Rn. 10 ff.; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 406 e Rn. 18; MüKo-StPO/Grau, a.a.O., § 406 e Rn. 14, 20).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts war die mit Verfügung vom 14.07.2017 gewährte Akteneinsicht jedoch nicht bereits deswegen rechtswidrig, weil es die Staatsanwaltschaft unterlassen hat, dem ehemaligen Angeklagten unmittelbar nach Eingang des Akteneinsichtsgesuchs rechtliches Gehör zu gewähren. Denn eine Anhörung des ehemaligen Angeklagten war – entgegen den Ausführungen der Strafkammer – zu diesem Zeitpunkt wegen seines unbekannten Aufenthaltsortes faktisch nicht möglich bzw. durchführbar. Von einer Anhörung kann entsprechend § 33 Abs. 4 S. 1 StPO dann abgesehen werden, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde oder wenn der Anhörung tatsächliche Gründe entgegenstehen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 33 Rn. 15 ff.; MüKo-StPO/Valerius, 1. Aufl. 2014: § 33 Rn. 31 ff; KK-StPO/Maul, 8. Aufl. 2019, § 33 Rn. 12 ff.). Letzteres war hier der Fall, denn im Juli 2017 war der Aufenthaltsort des ehemaligen Angeklagten, für den sich zu diesem Zeitpunkt auch noch kein Verteidiger bestellt hatte, unbekannt und eine Anhörung daher letztlich nicht möglich. Nach Ansicht des Senats hätte die Staatsanwaltschaft mit Blick auf den damals bestehenden nationalen sowie europäischen Haftbefehl sowie die Festnahmeausschreibung auch keine Maßnahmen zur Aufenthaltsermittlung veranlassen müssen. Es ist nichts dafür erkennbar, dass dies zu einer zeitnahen Ermittlung des Aufenthaltes der ehemaligen Angeklagten geführt hätte. Auch bestand keine Verpflichtung zur Nutzung einer in den Akten notierten Mobilfunknummer des vormaligen Angeklagten, um hierdurch seinen genauen Aufenthaltsort zu ermitteln oder ihn mündlich zur Frage der Gewährung von Akteneinsicht an die Nebenklägerin anzuhören. Die Staatsanwaltschaft musste die aktenkundige Mobilfunknummer nicht nutzen, um mit dem vormaligen Angeklagten telefonisch in Kontakt zu treten. Denn es war zum einen nicht sichergestellt, ob es sich bei der betreffenden Mobilfunknummer noch immer um die aktuelle Rufnummer des vormaligen Angeklagten gehandelt hat. Darüber hinaus hätte die Staatsanwaltschaft wohl auch keine ausreichende Möglichkeit gehabt, um die Identität eines möglichen Gesprächspartners zu überprüfen. Zudem hätte eine telefonische Kontaktaufnahme ggf. auch die Anordnung der Untersuchungshaft und damit den Untersuchungszweck gefährden können. Es ist nicht auszuschließen, dass der ehemalige Angeklagte eine etwaige telefonische Erörterung, welche das laufende Ermittlungsverfahren zum Gegenstand gehabt hätte, zum Anlass für eine (weitere) Verschleierung seines Aufenthaltsortes genutzt hätte. Dass die Staatsanwaltschaft eine Gefährdung des Untersuchungszwecks nicht riskieren musste, ergibt sich schließlich auch aus § 33 Abs. 4 S. 1 StPO, wonach das Interesse an der vorherigen Gewährung rechtlichen Gehörs zugunsten einer effektiven Strafverfolgung zurücktritt.

Die Gewährung der Akteneinsicht im Juli 2017 war jedoch gleichwohl rechtswidrig, weil die Staatsanwaltschaft die Entscheidung über den Antrag der Nebenklägervertreterin bis zu einer zu einem späteren Zeitpunkt möglichen Anhörung des vormaligen Angeklagten hätte zurückstellen können. Auf diese Weise hätte das Recht des ehemaligen Angeklagten auf rechtliches Gehör ohne weiteres gewahrt werden können, obwohl eine Anhörung zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht möglich war. Ein Zurückstellen der Entscheidung hätte vorliegend auch nicht das Recht der Nebenklägerin auf Akteneinsicht nach § 406 e Abs. 1 StPO unzumutbar beeinträchtigt. Ein entsprechendes Vorgehen hätte lediglich bedeutet, dass über ihren Antrag zu einem späteren Zeitpunkt, hier bis nach der Festnahme und Anhörung des vormaligen Angeklagten im November 2017, also binnen eines Zeitraums von rund 4 Monaten, entschieden worden wäre. Das Akteneinsichtsgesuch der Nebenklägerin hätte daher vorliegend nicht für eine als unzumutbar anzusehende Zeit hinausgeschoben werden müssen. Soweit eine abweichende Bewertung zwar bei einer besonderen Dringlichkeit der Akteneinsicht geboten sein könnte, war dies hier nicht entscheidungserheblich, da die Nebenklägervertreterin in ihrem Antrag vom 11.07.2017 weder eine besondere Eilbedürftigkeit dargelegt hatte noch eine solche für die Staatsanwaltschaft erkennbar gewesen wäre.

Da die mit Verfügung vom 14.07.2017 gewährte Akteneinsicht bereits aus formellen Gründen rechtswidrig war, kann dahinstehen, ob die Bewilligung einer unbeschränkten Akteneinsicht auch materiell rechtswidrig gewesen wäre, etwa gemäß § 406 e Abs. 2 S. 2 StPO wegen einer Gefährdung des Untersuchungszwecks in der vorliegenden Aussage-gegen-Aussage-Konstellation.

(2) Auch die mit Verfügung vom 27.11.2017 der Nebenklägervertreterin gewährte Akteneinsicht hinsichtlich der Zweitakte war rechtswidrig. Wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, folgt die Rechtswidrigkeit in diesem Fall unmittelbar daraus, dass eine Anhörung des vormaligen Angeklagten vor der Bewilligung der Akteneinsicht nicht erfolgt ist. Ende November 2017 war die Gewährung rechtlichen Gehörs an den ehemaligen Angeklagten ohne weiteres möglich, denn die Staatsanwaltschaft hatte seit Anfang November 2017 Kenntnis von seinem Wohnsitz und Aufenthaltsort in Essen. Zudem hatte sich für ihn bereits eine Verteidigerin (Rechtsanwältin pp.) bestellt. Dennoch ist weder dem vormaligen Angeklagten noch seiner Verteidigerin Gelegenheit gegeben worden, zu der beabsichtigten Gewährung von Akteneinsicht an die Nebenklagevertreterin Stellung zu nehmen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor bzw. sind von der Staatsanwaltschaft vorgetragen werden, dass die Anhörung ausnahmsweise entbehrlich gewesen wäre. Dass der Nebenklägerin zu diesem Zeitpunkt bereits Rechtsanwältin Trogrlic als Nebenklagevertreterin beigeordnet worden war, ist für die Frage der Gewährung rechtlichen Gehörs gegenüber dem ehemaligen Angeklagten ohne rechtliche Relevanz. Im Hinblick auf den Inhalt des Beschwerdevorbringens teilt der Senat zudem die Ausführungen der Strafkammer in der Nichtabhilfentscheidung vom 31.10.2019, wonach die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs vor der Gewährung von Akteneinsicht von der vorliegend nicht entscheidungserheblichen Frage zu trennen ist, ob und in welchem Umfang Akteneinsicht ggf. zu bewilligen ist.

(3) Der Verstoß gegen die Pflicht zur Anhörung des vormaligen Angeklagten ist auch weder aufgrund der Durchführung des Verfahrens auf gerichtliche Entscheidung vor dem Landgericht Aachen geheilt worden noch kann eine entsprechende Heilung mit der Durchführung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens erreicht werden. Soweit die Frage einer Heilung für die hier gegebene Konstellation in der Rechtsprechung zunächst unterschiedlich beurteilt worden war (eine Heilung bejahend: BGH, B. v. 11.01.2015, 1 StR 498/04, juris Rn. 10; KG Berlin, B. v. 02.10.2015, 4 Ws 83/15. juris Rn. 8; LG Stralsund, B. v. 10.01.2005, 22 Qs 475/04, juris Rn. 11; eine Heilung verneinend: LG Wuppertal, B. v. 23.12.2008, 22 AR 2/08, juris Rn. 4; AG Zwickau, B. v. 12.04.2013, 13 Gs 263/13, juris Rn. 3), dürfte mit Blick auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG: B. v. 30.10.2016, 1 BvR 1766/14, juris Rn. 5) eine Klärung eingetreten sein. Hiernach ist festzustellen, dass die unterlassene Anhörung des Beschuldigten vor der Gewährung von Akteneinsicht an einen Dritten einen schwerwiegenden Verfahrensfehler darstellt, der durch die Durchführung des Verfahrens auf gerichtliche Entscheidung nicht geheilt werden kann. Da das Bundesverfassungsgericht in Kenntnis der zeitlich vorausgegangenen Entscheidung des KG Berlin vom 02.10.2015 (4 Ws 83/15) eine Heilung des Verfahrensfehlers aufgrund der Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens nicht angenommen hat, gilt dies nach Ansicht des Senats in der vorliegenden Fallkonstellation im Ergebnis auch für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens. Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, weshalb in den vorliegenden Konstellationen eine Heilung im Beschwerdeverfahren, anders als im Verfahren auf gerichtliche Entscheidung, möglich sein sollte. Das Unterlassen der gebotenen Anhörung stellt einen schwerwiegenden Verfahrensfehler dar. Außerdem kann eine vorherige Anhörung ihren Zweck nur dann erreichen, wenn der Beschuldigte vor der Gewährung der Akteneinsicht die Möglichkeit zur Stellungnahme erhält, sodass diese bei der Entscheidung hierüber berücksichtigt werden kann.“

Verkehrsrecht III: Kraftfahrzeugrennen, oder: Strafzumessung und Einziehung

Und zum Schluss des Tages komme ich dann noch einmal auf das OLG Köln, Urt. v. 05.05.2020 – 1 RVs 40 u. 42/20, über das ich bereits berichtet hatte (vgl. Verkehrsrecht I: Kraftfahrzeugrennen, oder: Fahrverbot und/oder Entziehung der Fahrerlaubnis) zurück.

Heute geht es mir hier um die Strafzumessung bei § 315d StGB und die Frage der Einziehung des gefahrenen Kraftfahrzeugs. Dazu das OLG:

Zunächst zur Strafzumessung betreffend die Revision des Angeklagten:

„a) Mit ihrer Erwägung, zu Lasten des Angeklagten sei „die erhebliche Geschwindigkeit zu berücksichtigen, die der Angeklagte gefahren ist, und die zulässige Höchstgeschwindigkeit weit überschritt“ hat die Berufungsstrafkammer gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB verstoßen. Nach dieser Vorschrift dürfen Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, im Rahmen der Strafzumessung nicht ein weiteres Mal berücksichtigt werden. Die Vorschrift gilt über ihren Wortlaut hinaus nicht nur für die Tatbestandsmerkmale im Sinne der Art. 103 Abs. 2 GG unterfallenden Deliktsbeschreibung, sondern auch für sonstige Umstände, in denen die Strafbarkeit einzelner tatbestandsmäßiger Taten begründet ist. Fehlerhaft ist danach die Verwertung von Umständen, die für die Durchführung der Tat typisch sind und diese nicht über den Tatbestand hinaus besonders kennzeichnen oder die die regelmäßigen Begleitumstände einer Tat sind (Regeltatbild) und daher deren Unrechtsgehalt mitprägen (vgl. MüKo-StGB-Miebach/Meier, 3. Auflage 2016, § 46 Rz. 449, 451 m. N.). Wie vorstehend dargelegt, ist dem tatbestandsmäßigen Begriff des „Rennens“ die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten und damit auch die deutliche Überschreitung von Geschwindigkeitsbeschränkungen immanent. Das gilt für die Fälle, die den Gesetzgeber veranlasst haben, das Verbot mit einer Strafbewehrung zu versehen (vgl. den Sachverhalt der Entscheidung LG Berlin NStZ 2017, 471; s. BT-Drs. 18/10145 S. 9) und entspricht der forensischen Erfahrung mit der Vorgängervorschrift des § 29 Abs. 1 StVO a. F. (vgl. die der Entscheidung des Senats v. 23.01.2018 – III-1 RBs 370/17 sowie den Entscheidungen KG NJ 2017, 346 und OLG Oldenburg DAR 2017, 93 zugrunde liegenden Sachgestaltungen). Nach den genannten Grundsätzen durfte daher dem Angeklagten die erzielte Geschwindigkeit jedenfalls nicht ohne Feststellung weiterer tatprägender Umstände strafschärfend entgegengehalten werden. …..“

Und dann zur Einziehung betreffend die Revision der Staatsanwaltschaft.

„1. Die Festsetzung der Tagessatzzahl weist – auch unter Berücksichtigung des nur eingeschränkten revisionsrechtlichen Beurteilungsmaßstabs (KK-StPO-Gericke, 8. Auflage 2019, § 337 Rz. 32) – einen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler insoweit auf, als ihm die vorbehaltene Einziehung strafmildernd zugute gebracht wird:

Anerkannt ist, dass die Einziehung eines hochwertigen Gegenstandes einen bestimmenden Strafmilderungsgrund darstellt, soweit sie – wie hier – Strafcharakter hat (BGH NStZ 2020, 214; NStZ-RR 2019, 209; NStZ 2018, 526; StV 2015, 633; NStZ-RR 2012, 169;  Senat VRS 100, 123 [129 f.]; SenE v. 28.06.2002 – Ss 267/02 -; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Auflage 2017 Rz. 368; Fischer a.a.O., § 74 Rz. 22). Aus spezial- wie generalpräventiven Gründen soll dem Täter in diesem Fall durch Entziehung seines Eigentums das Verwerfliche seiner Tat nochmals nachdrücklich vor Augen  geführt werden (vgl. SenE v. 27.09.2013 – III-1 RVs 201/13 -; SenE v. 28.03.2018 – III-1 RVs 52/18 -;  LK-StGB-Schmidt, 12. Auflage 2007, § 74 [a. F.] Rz. 4 m. N.). Im Falle des Vorbehalts der Einziehung – verbunden mit der Auflage, das Fahrzeug zu veräußern – tritt diese Wirkung indessen jedenfalls nicht ungeschmälert ein; die Möglichkeit der freihändigen Veräußerung bietet dem Angeklagten unter Umständen sogar Gelegenheit zur Erwirtschaftung eines Gewinns. Durch die Setzung einer Frist wird die Möglichkeit der Veräußerung jedenfalls zum Zeitwert und damit ohne nennenswerte finanzielle Belastung angesichts des Bestehens von EU-weit agierenden Internet-Verkaufsplattformen nicht grundlegend in Frage gestellt. Die mit der Einziehung verbundene Übelszufügung wird auf diese Weise voraussichtlich verfehlt werden. Die Urteilsgründe weisen nicht aus, dass sich die Berufungsstrafkammer dieser Zusammenhänge bewusst gewesen ist. Der Senat vermag demgemäß auch nicht auszuschließen, dass die Strafe ohne die Berücksichtigung der vorbehaltenen Einziehung bzw. deren Berücksichtigung in geringerem Umfang schwerer ausgefallen wäre……

4. a) Der Vorbehalt der Einziehung des Tatfahrzeugs unterliegt bereits deswegen der Aufhebung, weil die Kammer insoweit selbst – wenn auch nach dem zuvor Dargestellten mit fehlerhafter Gewichtung – einen Zusammenhang dieser Entscheidung mit der Bemessung der Einzelstrafe hergestellt hat (BGH NStZ 2020, 214; vgl. weiter SenE v. 21.10.2005 – 81 Ss 59/05 -; vgl. a. BayObLG NJW 1974, 2060). Im Übrigen sind – wie ausgeführt – Geldstrafe, Fahrverbot und (vorbehaltene) Einziehung Straftatfolgen im Sinne einer Übelszufügung als Reaktion auf vorangegangenes Verhalten. Als solche müssen sie insgesamt der Tatschuld angemessen sein. (Auch) aus diesem Grund besteht zwischen den genannten Entscheidungsteilen ein untrennbarer Zusammenhang mit der Folge, dass die Rechtsfolgenbemessung insgesamt der Aufhebung unterliegt.

b) Bei der Entscheidung über die Einziehung wird der neue Tatrichter zu bedenken haben, dass im Falle der Strafeinziehung für mildere Maßnahmen wenig Raum verbleibt (vgl. – mit unterschiedlicher Nuancierung – Schönke/Schröder-Eser/Schuster, StGB, 30. Auflage 2019, § 74f Rz. 6; NK-StGB-Herzog/Saliger, 4. Auflage 2016, § 74b [a. F.] Rz. 8; SK-StGB-Wolters, 9. Auflage 2016, § 74b [a. F.]Rz. 5; LK-StGB-Schmidt a.a.O., § 74b [a. F.] Rz. 9). „