Ich hatte in der vergangenen Woche über die Entscheidungen des OLG Düsseldorf und über die des OLG Karlsruhe zu Poliscan Speed berichtet. Nun hat auch das KG entschieden, dass es sich bei Poliscan Speed um ein standardisiertes Messverfahren handelt (vgl. Beschl. v. 26.02.2010 – 3 Ws (B) 94/10 – 2 Ss 349/09. Die Luft wird also dünner. Als Verteidiger muss man sich darauf einrichten, dass noch mehr als bisher „konkrete Angriffspunkte“ gegen dieses Messverfahren vorgebracht werden. Davon gibt es – wenn man den Sachverständigen glauben kann – ja wohl einige.
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Und noch einmal zur (Un)Verwertbarkeit von Poliscan, jetzt das AG Lübben
Derzeit ist das Messverfahren PoliscanSpeed in der Diskussion. Nach dem AG Dillenburg und dem AG Mannheim hat nun auch das AG Lübben in seinem Beschl. v. 22.01.10 – 40 OWi 1511 Js 33710/09 – 348/09 zur Unverwertbarkeit Stellung genommen und sie bejaht. Obergerichtliche Entscheidungen liegen bislang noch nicht vor, werden aber sicherlich nicht mehr lange auf sich warten lassen (zu den Fehlerquellen des Verfahrens s.a. Winninghoff/Weyde/Hahn, Wietschorke DAR 2010, 106).
Gerichte lesen Blogs….jedenfalls das OLG Koblenz
Da soll noch mal einer sagen, Gerichte seien nicht fortschrittlich. Diese Behauptung gilt zumindest nicht für das OLG Koblenz, dass sich jetzt in einem Beschluss mit einem Web-Blog-Eintrag auseinandergesetzt hat, in dem zu dem (neuen) Messverfahren ESO 3.0 Stellung genommen worden war. Das OLG Koblenz führt dazu in seinem Beschl. v. 16.10.2009 – 1 SsRs 71/09, den mir der Kollege RiOLG Summa hat zukommen lassen aus:
„Mit seiner Beweisbehauptung, es fehlte „die seit dem 15.04.2008 erforderliche Eichung des Auswerteprogramms“, hat der Betroffene bzw. sein Verteidiger wohl einen missverständlich formulierten und von ihm falsch verstandenen Webblogbeitrag vom 20. August 2008 (http://blog.beck.de/2008/08/19/neue-messtechnik-haben-sie-erfahrungen-mit-es-30 ) aufgegriffen. Richtig ist vielmehr, dass Anwender-Auswerteprogramme wie eso-Digitales II weder eich- noch zulassungspflichtig sind. Mit derartigen Programmen werden an handelsüblichen Computern aus den vom Messgerät gespeicherten fahrzeugbezogenen Falldaten die Beweisfotos hergestellt, die Eingang in die Bußgeldakte finden. Von einem Anwender-Auswerteprogramm zu unterscheiden ist das bei der PTB im Original hinterlegte und mit dem 2. Nachtrag zur Bauartzulassung des Gerätes ES3.0 zugelassene Referenz-Auswerteprogramm esoDigitales II viewer, Version 22.2.5.3. Mit Hilfe dieses Programms, von dem auch eine Kopie bei einer vertrauenswürdigen Stelle (z. B. der Eichbehörde) im Umfeld der Auswertestelle vorhanden sein sollte, kann beispielsweise ein Sachverständiger im Zweifelsfall eine Falldatendatei auf Authentizität und Integrität überprüfen, also die Möglichkeit einer Manipulation zwischen der Speicherung der Falldaten im Messgerät und dem Ausdruck der Beweisfotos in der Auswertestelle verifizieren oder ausschließen. Das Programm wurde am 20. Dezember 2007 von der PTB zertifiziert (PTB-1.32-4031190); die Bekanntmachung erfolgte am 15. April 2008“.
Einfach ist das alles nicht :-).
PoliscanSpeed kein korrektes Messverfahren = Freispruch
Der Newsletter der Verkehrsrechtsanwälte meldet heute, dass auch das AG Solingen die Messung mit PoliScanSpeed nicht als korrekte Messung angesehen hat (vgl. Urt. v. 02.04.2009 – 23 OWi-81 Js 2227/08 -75/08). Ergebnis: Freispruch des Betroffenen. Die Rechtsbeschwerde ist noch beim OLG Düsseldorf anhängig. Ähnlich wie das AG Solingen vor kurzem das AG Dillenburg.
PoliScanSpeed-Messverfahren genügt rechtsstaatlichen Anforderungen (noch) nicht
Im Newsletter der Verkehrsrechtsanwälte wird auf eine Entscheidung des AG Dillenburg hingewiesen. Im Newsletter heißt es dazu.
„In seinem Beschluss vom 2. Oktober 2009 – Az: 3 OWi 2 Js 54432/09 – der noch nicht rechtskräftig ist, vertritt das Amtsgericht Dillenburg die Auffassung, dass das PoliScanSpeed-Messverfahren auf den Stand der Technik nachgerüstet werden müsse, um eine nachträgliche Richtigkeitskontrolle des Sachverständigen zu ermöglichen. Es genüge momentan rechtsstaatlichen Anforderungen noch nicht. Jeder Bürger, der seit dem 01.02.2009 zum Teil drastisch erhöhte Bußgelder für Geschwindigkeitsübertretungen zahlen müsse, habe einen verfassungsrechtlich gesicherten Anspruch auf die nachträgliche Richtigkeitskontrolle der ihm zur Last gelegten Geschwindigkeitsübertretung. Das AG Dillenburg hat, da dies momentan bei Messungen des PoliScanSpeed-Verfahrens nicht gegeben ist, den Betroffenen freigesprochen.“
Ganz interessante Entscheidung!