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Verkehrsrecht I: Entziehung der Fahrerlaubnis, oder: E-Scooter, Rennen und bedeutender Fremdschaden

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Heute ist also letzter Arbeitstag vor Weihnachten. Ich habe überlegt, ob ich diesen Mittwoch wie einen Freitag behandeln und daher dann RVG-Entscheidungen bringen soll. Aber das habe ich dann doch gelassen, die verschiebe – so die Planung heute – ich auf den 2. Weihnachtsfeiertag. Da passen die zum „Warmwerden“ ganz gut.

Heute mache ich dann lieber noch einmal Verkehrsrecht. Hier zunächst eine kleine Übersicht zu Entscheidungen zur Entziehung der Fahrerlaubnis. Da haben sich in den letzten Zeit ein paar Entscheidungen angesammelt:

    • AG Dresden, Urt. v. 5.11.2020 – 213 Cs 634 Js 44073/20 – Zur (verneinten) Entziehung der Fahrerlaubnis im Fall einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter. Das AG hat bei einem Angeklagten, der als Ersttäter nachts zu verkehrsarmer Zeit mit einem E-Scooter gefahren ist, von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen und ein Fahrverbot verhängt.
    • Dazu gibt es dann auch noch LG Osnabrück, Beschl. v. 16.10.2020 – 10 Qs 54/20 – aber leider nicht als Volltext.
    • LG Bielefeld, Beschl. v. 8.10.2020 – 8 Qs-401 Js 513/20-231/20 – und AG Bielefeld, Beschl. v. 19.06.2020 – 9 Gs 1985/20, beide zur Annahme der Tatbestandsmerkmale des verbotetenen Kraftfahrzeugrennens/der nicht angepassten Geschwindigkeit in § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB nehmen. AG und LG haben die Entziehung der Fahrerlaubnis abgelehnt. Das LG geht davon aus, dass mit der Messmethode „Nachfahren“ der Nachweis nicht geführt sei.
    • LG Frankfurt/Main, Beschl. v. 10.06.2020 – 5/9a Qs 29/20 – zur Bestimmung des bedeutenden Fremdschadens i.S. von § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB. Die Entscheidung ist m.E. falsch. Schon bemerkenswert, wie das LG mal eben mit der Formulierung: „Hierdurch hat der Beschuldigte auch die Verursachung eines bedeutenden Fremdschadens billigend in Kauf genommen, ohne seinen Pflichten aus § 142 StGB nachzukommen. Hieran können auch anderweitige und lediglich vorläufige Schadensschätzungen der Polizeibeamten nichts ändern.“ anders lautende Rechtsprechung zur der Problematik mal eben negiert. Na ja, Frankfurt eben.

Herausgabe der Handakten, oder: Anspruch verjährt?

Heute wird es im „Kessel Buntes“ dann mal ganz bunt. Denn ich eröffne mit dem LG Frankfurt am Main, Urt. v. 01.03.2018 – 2-25 O 125/17. Das hat nichts mit Verkehrsrecht oder Strafrecht zu tun, sondern hat seinen Ausgangspunkt in einem Insolvenzverfahren. Nach dessen Abschluss wird nun um die Herausgabe von Handakten gestritten. Kläger ist der Insolvenzverwalter, Beklagte ist eine Rechtsanwaltssozietät, die für die Insolvenzschuldnerin rechtsberatend tätig war. Das Insolvenzverfahren ist 2012 eröffnet worden.  Mit E-Mail vom 23.12.2015 hat der Kläger von der Beklagten Herausgabe der bei der Beklagten für die Insolvenzschuldnerin geführten Handakte gefordert. Die hat u.a. die Einrede der Verjährung erhoben. Sie ist der Auffassung, ein Herausgabeanspruch aus §§ 667, 675 Abs. 1 BGB sei nach den allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt. Eine berufsrechtliche Herausgabepflicht bestehe allenfalls zivilrechtsakzessorisch, das heißt die Pflicht bestünde nur dann, wenn ein korrespondierender zivilrechtlicher Herausgabeanspruch durchsetzbar wäre, was aufgrund der Verjährung nicht der Fall sei. Im Übrigen ergäbe sich aus einer berufsrechtlichen Herausgabepflicht, sei es nach § 50 BRAO alter oder neuer Fassung, kein Anspruch des Klägers im Sinne von § 194 Abs. 1 BGB, also das „Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen“. Die Verletzung der Berufspflicht werde lediglich berufsrechtlich sanktioniert. Es sei strikt zwischen zivilrechtlicher Anspruchsgrundlage und sanktionsfähiger Berufspflicht zu unterscheiden. § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F., der berufsrechtlich sanktioniert sei, sei überdies auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Dem stehe das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG entgegen, das sich auch auf die anwaltliche Ehrengerichtsbarkeit beziehe.

Das LG gibt der Beklagten Recht und hat die Klage abgewiesen. Begründung: Zwar hat es einen Herausgabeanspruch gegeben, aber:

„II.

Dieser Anspruch ist jedoch nicht mehr durchsetzbar, weil er gem. §§ 195, 199 Abs. 1, 214 Abs. 1 BGB verjährt ist.

1. Die Regelverjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB findet auf den Herausgabeanspruch nach § 667 BGB Anwendung (Sprau, in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 667 Rn. 9). Dies gilt auch für den auf §§ 675 Abs. 1, 667 BGB gestützten Anspruch auf Herausgabe der anwaltlichen Handakten ( BGHZ 109, 260, 264 f.; Deckenbrock, NJW 2017, 1425, 1427).

2. Dabei sind die §§ 195, 199 Abs. 1 BGB für den Anspruch eines Auftraggebers auf Herausgabe der anwaltlichen Handakte nicht dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass Verjährung nicht vor Ablauf der in § 50 Abs. 1 Satz 1 BRAO in der seit dem 18.05.2017 geltenden Fassung (nachfolgend: n.F.) oder in § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO in der bis zum 17.05.2017 geltenden Fassung (nachfolgend: a.F.) normierten Aufbewahrungsfrist eintritt. Die allgemeinen Vorschriften der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB sind nicht um einen Ausnahmetatbestand im eben genannten Sinne zu ergänzen.

Eine teleologische Reduktion setzt voraus, dass das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht und der ihm immanenten Teleologie unvollständig ist, mithin eine nach dem Regelungsplan oder dem Gesamtzusammenhang des Gesetzes zu erwartende Regel fehlt (Larenz/Canaris, Methodenlehre, 3. Aufl. 1995, 196 f.) und dass die Ergänzung um einen Ausnahmetatbestand wertungsmäßig geboten ist, was einerseits durch den Sinn und Zweck der einzuschränkenden Norm selbst oder durch den insoweit vorrangigen Zweck einer anderen Norm geboten sein kann, wobei jeweils das Gebot der Gerechtigkeit, Ungleiches ungleich zu behandeln zu beachten ist (Larenz/Canaris, Methodenlehre, 3. Aufl., 211).

a) Für die vorliegende Fallgestaltung ist dem Gesetz bereits keine planwidrige verdeckte Regelungslücke zu entnehmen……“

„Durchsuchung war rechtswidrig“, oder: Wenn sich eine Strafkammer von 241 kg Haschisch nicht verführen lässt.

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Der Kollege Siebers aus Braunschweig hat mir das LG Frankfurt, Urt. v. 23.02.2017 – 5/4 Kls — 36/16  5272 Js 240513/16 – übersandt, das er selbst auch von einem der Verteidiger des Verfahrens erhalten hatte. Obwohl der Kollege selbst zu dem Urteil auch schon gebloggt hat (vgl. hier: Unzulässige Durchsuchung) greife ich das Urteil hier heute auch noch einmal auf. Grund? Es fällt m.E. schon aus dem Rahmen, dass die Strafkammer, wie es in der Praxis sonst leider häufig der Fall ist, sich von den 241 kg Haschisch nicht verführen lässt und die Durchsuchung eben nicht als (noch) zulässig ansieht oder ein Beweisverwertungsverbot verneint.

Der Sachverhalt: Das LG hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge kostenpflichtig zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Dabei ging es um das Zurverfügungstellen einer Lagehalle. Vorgeworfen worden ist dem Angeklagten darüber hinaus bewaffneter unerlaubter Handel mit 241 kg Haschisch, die in einem abgetrennten Raum der Lagerhalle bei einer Durchsuchung sicher gestellt worden waren. Insoweit hatte der Angeklagte jedoch über seine Verteidiger der Verwertung der Durchsuchungsergebnisse mit der Begründung widersprochen, die Durchsuchung sei wegen Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen rechtswidrig gewesen. Das LG hat den Widerspruch anerkannt.

Dabei ist es von in etwa folgendem Verfahrensgeschehen ausgegangen: Am Mittwoch, den 21.09.2016 ist im Laufe des Vormittags durch einen Hinweisgeber, dem seitens der Staatsanwaltschaft Darmstadt Vertraulichkeit zugesichert worden war und zu dem keine näheren Erkenntnisse vorlagen, der Hinweis eingegangen, dass in einer Halle in der X.- Straße zwischen den Hausnummern 1 und 3 in Kelkheim größere — im hohen zweistelligen bis dreistelligen Kilobereich — Mengen Betäubungsmittel gelagert seien. Vor dieser Halle stehe öfter ein Geländewagen, VW Touareg, mit dem Kennzeichen ppp. Eine Halteranfrage habe den Angeklagten als Inhaber des Fahrzeugs ergeben, gegen den aber keinerlei polizeilichen Erkenntnisse bis zu diesem Zeitpunkt vorgelegen hätten. An dem Tag stand ein Sondereinsatzkommando kurzfristig zur Verfügung gewesen, so dass insgesamt zehn Beamte des LKA zu dieser Lagerhalle fuhren. Für diesen Einsatz hatten sie die Anweisung, den Angeklagten als Halter des vor der besagten Halle mehrfach vom Hinweisgeber gesichteten Fahrzeugs zu kontrollieren, festzunehmen und vor allem die Halle zu durchsuchen. Ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss wurde nicht eingeholt. Warum ließ sich nicht klären. Bei der zunächst vorgenommener Observierung der Lagerhalle durch die Beamten vor Ort wurde um 16.09 Uhr beobachtet, dass der Angeklagte mit seinem Pkw bei der Halle vorfuhr. Er betrat diese mehrfach betreten und brachte verschiedene Gegenstände aus der Lagerhalle zum Fahrzeug und fuhr dann weg. Einige Beamte des MEK folgten dem Angeklagten und hielten um 16.20 Uhr wenige hundert Meter von der Halle entfernt an, kontrollierten den Angeklagten und nahmen ihn und fest. Die anderen Beamten blieben bei der Lagerhalle. Die Kontrolle des Angeklagten und seines Pkw ergab keine Hinweise auf Betäubungsmittel. Dem Angeklagten wurde von einem Beamten mitgeteilt habe, dass die Beamten nun beabsichtigten, die Lagerhalle zu durchsuchen. Ihm wurde dazu gesagt, dass er – der Angeklagte – dieser Durchsuchung zustimmen könne, andernfalls würde man mit einem richterlichen Beschluss ebenfalls durchsuchen. Daraufhin erklärte der Angeklagte sein Einverständnis mit der Durchsuchung.

Das LG sieht die Durchsuchung als unzulässig an und geht von einem Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der 241 kg Haschisch aus. Begründung in Kurzfassung – die Langfassung des Urteils ist lesenswert:

Missachtung des Richtervorbehalts: Gefahr im Verzug hat objektiv nicht vorgelegen. Denn es hat zum Zeitpunkt der Durchsuchung um 16.30 Uhr keine Gefahr des Beweismittelverlusts bestanden. Denn jedenfalls nach Kontrolle und Festnahme des Angeklagten sowie Durchsuchung seines Pkw einschließlich der aus der Halle in den Pkw geladenen Gegenstände um 16.20 Uhr sei klar gewesen, dass der Angeklagte keinerlei Betäubungsmittel aus der Halle entfernt hatte, so dass spätestens in diesem Moment Gefahr im Verzug als Grund für die Annahme einer Eilkompetenz der ausführenden Beamten nicht anzunehmen war.

Beweisverwertungsverbot: Das Fehlen einer richterlichen Durchsuchungsanordnung führte hier nach Auffassung des LG auch zu einem Beweisverwertungsverbot. Das LG bejaht einen schwerwiegenden gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben. Es sei ganz bewusst ein gesamtes MEK zum Zwecke der Durchsuchung zu der Lagerhalle ausgesandt worden, ohne dass auch nur versucht wurde, an einem Werktag tagsüber zu dienstüblichen Zeiten eine richterliche Entscheidung zu erlangen oder wenigstens einen Staatsanwalt in diese Ermittlungsmaßnahmen einzubeziehen.

Kein hypothetischer rechtmäßiger Ermittlungsverlauf: Bei einer derartigen Verkennung des Richtervorbehalts kommt nach Auffassung des LG auch dem Aspekt eines möglichen hypothetischen rechtmäßigen Ermittlungsverlaufs keine Bedeutung zu. Es sei hier vor allem fraglich, ob bei dem zum Zeitpunkt der Durchsuchung vorliegenden polizeilichen Ermittlungsstand überhaupt eine richterliche Durchsuchungsanordnung wäre erlassen worden.

Und auch mit der vermeintlichen Einwilligung wird das LG „fertig“:

„Schließlich ist das Fehlen einer richterlichen Durchsuchungsanordnung auch nicht durch eine vermeintliche Zustimmung des Angeklagten zur Durchsuchung geheilt. Zunächst durften gemäß den obigen Anforderungen die eingesetzten Beamten des MEK des Hessischen Landeskriminalamts nicht ohne richterlichen Beschluss zum Zwecke einer Durchsuchung eingesetzt werden, lediglich in dem Vertrauen darauf, dass der Angeklagte einer solchen Maßnahme zustimmen werde. Vielmehr hätten sie sich rechtzeitig unter Berücksichtigung des Richtervorbehalts um eine Durchsuchungsanordnung bemühen müssen. Darüber hinaus lag unter den hiesigen Voraussetzungen auch keine wirksam freiwillig gewährte Durchsuchung der Lagerhalle vor. Dabei ist nämlich entscheidend, dass eine Durchsuchung nur dann in Aussicht gestellt werden darf, wenn deren Voraussetzungen vorliegen. Andernfalls kann nicht von einer Wirksamkeit der Einwilligung ausgegangen werden (vgl. OLG Hamburg, StV 2008, 12, Rn. 11; Meyer-Goßner, StPO, 59. Aufl. 2016, § 105, Rn. 1). Daran fehlt es bei der vorliegend vom Angeklagten eingeholten Einwilligung. So berichteten die Zeugen W. und G. davon, dass sie unabhängig voneinander dem Angeklagten, nachdem er durch mehrere Beamte des MEK in seinem Pkw angehalten, kontrolliert, gefesselt und vorläufig festgenommen worden war, erklärt hätten, dass sie nun beabsichtigen würden, die Lagerhalle zu durchsuchen. Er könne dazu sein Einverständnis geben, ansonsten würden sie auch ohne dieses Einverständnis mittels richterlichen Beschlusses durchsuchen. Der Zeuge G. erklärte zudem, er habe dem Angeklagten überdies erklärt, dass seine Zustimmung sich später beim Richter positiv für ihn auswirken könne. Daraufhin habe dieser zugestimmt. Diese Art und Weise, eine Zustimmung des Angeklagten für die von vornherein geplante Durchsuchung einzuholen, entsprach nicht den gesetzlichen Anforderungen. Abgesehen davon, dass bereits fraglich ist, ob der Angeklagte in dieser — nach eigenen und gut nachvollziehbaren Angaben — ihn vollkommen überrumpelnden Situation — gerade vom MEK aus dem Auto geholt, gefesselt und festgenommen — überhaupt in der Lage war, ein rechtlich wirksames Einverständnis zu erklären, entsprach jedenfalls die Belehrung durch die beiden polizeilichen Zeugen keineswegs den tatsächlichen Umständen und war deshalb falsch. Denn sie suggerierten dem Angeklagten, dass eine Durchsuchung der Halle — neudeutsch gesprochen — „alternativlos“ war und seine eigene Erklärung praktisch bedeutungslos. Denn weder lag bereits ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss vor, aufgrund dessen eine unmittelbare Durchsuchung — wie sie dem Angeklagten suggeriert worden war —, hätte durchgeführt werden können, noch war ein solcher wenigstens beantragt worden. Jedenfalls war aber zu diesem Zeitpunkt keineswegs klar, wie es dem Angeklagten jedoch suggeriert wurde, dass anhand der eher schwachen Beweislage überhaupt die Voraussetzungen nach § 102 StPO für den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses vorgelegen hätten.“

Wenn es doch nur mehr von solchen Entscheidungen standhafter Kammern gäbe.

Einen habe ich dann noch: Kachelmann verliert Schadensersatzprozess

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Man soll ja nie zu früh sagen, jetzt ist Schluss. Das zeigt mir gerade mal wieder die Meldung, die über die Ticker läuft zum Schadensersatzprozess von EX-Wettermoderator Jörg Kachelmann gegen seine Ex-Geliebte. Kachelmann hatte mit der Begründung geklagt, diese habe ihn zu Unrecht der Vergewaltigung beschuldigt. Das LG Frankfurt am Main hat die Klage nun heute abgewiesen. Offenbar hat Kachelmann im Zivilverfahren, in dem die Beweislast bei ihm liegt, nicht beweisen können, dass seine frühere Geliebte bei ihren Vorwürfen die Unwahrheit gesagt hat. Mehr dazu hier bei Welt-online.

Ist sicherlich nicht das letzte Mal, dass wir davon hören.

So, jetzt ist aber Schluss :-).

Pflichtverteidiger für den inhaftierten Beschuldigten – Eile tut not.

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Ein Kollege hat mir den LG Frankfurt, Beschl. v. 16.08.2012 – 5/27 Qs 40/12 übersandt. In der Sache geht es um die Beiordnung eines Pflichtverteidigers nach dem (neue) § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO wegen Inhaftierung des Beschuldigten. Die Entscheidung ist aus zwei Gründen interessant.

Zunächst: Das LG hat sich der – inzwischen wohl h.M. – angeschlossen, wonach einem Beschuldigten gem. § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO, auch wenn die Untersuchungshaft in anderer Sache vollzogen wird, ein Pflichtverteidiger zu bestellen (s. z.B. auch OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 22.04.2010, 3 Ws 351/10).

Und dann: Eile tut not. Denn das LG rügt inzidenter, dass das Ag zu zögerlich gearbeitet hat.

„Dem Amtsgericht ist zwar zuzugeben, dass die Anwendung dieser Vorschrift nicht mehr in Betracht kommt, wenn zum frühstmöglichen Zeitpunkt der Entscheidung keine Untersuchungshaft mehr vollzogen wird. Dieser Zeitpunkt hätte jedoch – entgegen der Auffassung des Amtsgerichts – noch vor der Haftentlassung der Beschuldigten gelegen. Sofern das Amtsgericht seiner Entscheidung eine aktuelle Vollstreckungsübersicht zugrunde legen wollte, so hätte es diese unverzüglich nach Eingang des Beiordnungsantrags am 09.03.2012 anfordern können. Eine Antwort auf diese Anordnung wäre in jedem Fall vor dem 16.03.2012, dem Entlassungstag der Beschuldigten, zu erwarten gewesen. Indem das Amtsgericht die Vollstreckungsübersicht jedoch erst am 27.03.2012 anforderte und am 29.03.2012 die Haftentlassung mitgeteilt bekam, hat es den Entscheidungszeitpunkt für den Beiordnungsantrag ohne erkennbaren Grund – weitere vorrangige Bearbeitungsschritte sind der Akte nicht zu entnehmen – nach hinten verschoben, so dass der Beschwerde zu entsprechen war.“

Folge: Beiordnung des Rechtsanwalts, obwohl der Beschuldigte sich nicht mehr in Haft befunden hat.