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Was ist die Anordnung der Sicherungsverwahrung kostenrechtlich „wert“?

Eine vielleicht etwas makabere Frage, die zudem richtig wohl lauten müsste: Was ist der Wegfall der Anordnung der Sicherungsverwahrung kostenrechtlich „wert“?

Nun, man kann es m.E. aus dem Beschl. des BGH v. 17.05.2011 – 1 StR 202/11 ableiten. Da hat der BGH die Revision des Angeklagten zwar verworfen, allerdings mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Sicherungsverwahrung entfiel. Die Kostenentscheidung lautet dann:

„Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Jedoch wird die Revisionsgebühr um ein Viertel ermäßigt. Ein Viertel der im Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen und notwendigen Auslagen des Angeklagten wird der Staatskasse auferlegt.“

Daraus kann man ableiten: Das Entfallen der Sicherungsverwahrung bewertet der BGH mit einem Viertel.

Rechtspfleger kann nicht machen, was er will

Das LG Saarbrücken hatte schon 2001 darauf hingewiesen, im Meyer-Goßner steht es auch. Und jetzt hat das LG Koblenz noch einmal zu der Frage der Stellung genommen: Was ist mit einer falschen Kostengrundentscheidung? Ist der Rechtspfleger an sie gebunden?

Das LG sagt – genau wie die anderer Stimmen zu der Frage: Ja. Ein Rechtspfleger ist im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens an eine bestandskräftige Kostengrundentscheidung grundsätzlich gebunden, selbst wenn diese eine dem geltenden Recht unbekannte und von vornherein unzulässige Rechtsfolge ausspricht, fehlerhaft oder sogar grob gesetzeswidrig ist. Lediglich dann, wenn die Kostengrundentscheidung nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nichtig ist, kann die Entscheidung unbeachtlich sein (vgl. LG Koblenz, Beschl. v. 24.09.2010 – 4 Qs 56/10).

Frage: Wie kann ich mich wehren? Antwort: Grds. gar nicht, oder: Häufig Probleme mit der Nichtanfechtbarkeit der Kostenentscheidung bei der Einstellung

Eine in der Praxis häufiger anzutreffende Konstellation hat der Entscheidung des OLG Oldenburg v. 02.07.2010 – 1 Ws 296/10 zugrunde gelegen.

Ein Verfahren wird nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, dem Angeklagten werden die Kosten der Nebenklägerin auferlegt. Frage: Wie kann er sich wehren? Antwort: Grds. gar nicht, da nach § 464 Abs. 3 S. 1, 2. Halbs. StPO die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen nicht zulässig ist, wenn eine Anfechtung der Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das ist bei der Verfahrenseinstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO der Fall.

Also: War es das? Grds. ja, nur hier hatte der Angeklagte Glück. Die nachteilige Kostenentscheidung darf natürlich nur nach Anhörung des Angeklagten ergehen. Anderenfalls ist das Verfahren fehlerhaft. Das OLG Oldenburg löst das jetzt über Nachholung des rechtlichen Gehörs und hat die Sache zurückgegeben. Andere Gerichte haben das nach Beschwerdegrundsätzen gelöst. Im Ergebnis ist es fast gleich, denn im Fall der Beschwerde könnte das Rechtsmittelgericht selbst entscheiden. Und das wäre hier von Vorteil für den Angeklagten gewesen, weil das OLG hier deutliche Worte zu der Kostenentscheidung des LG gefunden hat.

Klatsche für den Verurteilten, oder: Wer die Musik bestellt, muss sie nicht unbedingt bezahlen…

Es gibt ja den Spruch, von der Strafe, die auf dem Fuße folgt. In dessen Abwandlung kann man sagen, dass es eine leider manchmal übersehene Klatsche für den Verurteilten gibt, die einer auch für ihn positiven Entscheidung im Strafvollstreckungsverfahren auf dem Fuße folgt. Nämlich die Frage/Problematik? Wer zahlt eigentlich die Gutachten, die eingeholt worden sind.

An sich müsste der Spruch gelten, wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen; so hat es das OLG Hamm (2 Ws 189/00) vor längerer Zeit mal versucht, sich damit aber nicht durchsetzen können. H.M. ist: Es handelt sich um Verfahrenskosten, die aufgrund der Kostenentscheidung im Urteil der Verurteilte zu zahlen hat. Das Urteil ist also eine vorausschauende Kostengrundentscheidung.

So jetzt auch das OLG Frankfurt in einem Beschl. v. 17.06.2010 – 2 Ws 134/09, in dem es allerdings nicht näher auf die Problematik eingeht, sondern sie offenbar als gelöst ansieht. Schade, dass die Frage nicht diskutiert wird. Mehr Platz wird dan aber auf die Frage verwendet, warum die Forderung der Staatskasse nicht verjährt ist/war. Da geht es dann ja auch ums Geld :-). Bei der Argumentation für die Kostentragungspflicht des Verurteilten wird leider m.E. übersehen, dass man ihn mit ggf. neuen Schulden, die erheblich sein können, in die Freiheit entlässt. Ggf. kann dann die gute Prognose wackeln.

Wenn ich will, helfe ich dir – LG Magdeburg rettet Kostenfestsetzung

Das LG Magdeburg hat jetzt einem RA geholfen, dem das AG entgegengehalten hatte, dass eine Kostenentscheidung keine ausreichende Grundlage für seinen Festsetzungsantrag war. (vgl. Beschl. v. 06.07.2009, 25 Qs 57/09). Im Beschluss heißt es:

„Das Amtsgericht Aschersleben hat in seiner Einstellungsentscheidung sehr wohl eine Entscheidung über die Verfahrenskosten und notwendigen Auslagen der Angeklagten getroffen. Zwar ist die vorgenannte Formulierung unpräzise, aber auslegungsfähig. Das Gesetz zwingt den Richter nicht zu einer bestimmten Wortwahl, wenn er eine Entscheidung trifft. Die Formulierung „auf Kosten der Staatskasse“ ist durchaus gebräuchlich und kann auch ohne weiteres dahin verstanden werden, dass sowohl über die Verfahrenskosten als auch über die notwendigen Auslagen entschieden werden sollte. Die Rechtspflegerin hat im Rahmen ihrer Entscheidung über einen Kostenerstat­tungsantrag grundsätzlich zu berücksichtigen und ggfs. auszulegen, welche Entscheidung das Gericht treffen wollte, wenn eine Formulierung gewählt wurde, die nicht eindeutig ist. Ist die Rechtspflegerin dazu nicht in der Lage, kann sie ggfs. eine dienstliche Äußerung des entscheiden­den Richters einholen. Dies hat die Kammer auch getan. im Rahmen der dienstlichen Äußerung hat Richterin am Amtsgericht sich dahin geäußert, dass es sich bei der Kostenentscheidung um den gesetzlichen Regelfall des § 467 Abs. 1 StPO gehandelt hat. Eine ausdrückliche Aufnahme der Entscheidung über die notwendigen Auslagen sei versehentlich nicht erfolgt. Hinzu kommt, dass das Gericht die Ausnahmetatbestände des § 467 Abs. 2 und 3 StPO in seiner Entscheidung nicht genannt hat, was aber bei einer Abweichung vom Regelfall zu erwarten gewesen wäre. Im Ergebnis folgt die Kammer den ausführlichen Gründen des Oberlandesgerichts Naumburg in seinem Beschluss vom 17. Januar 2001, Az.: 1 Ws 13/01, NStZ-RR 2001, 189.“

Manchmal ist man erstaunt, wie einfach sich manche Dinge regeln lassen (wenn man nur will).