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Versicherungsfall Vandalismus und Kaskoversicherung, oder: Wer muss was beweisen?

Im zweiten Posting geht es ebenfalls um einen Vandalismusschaden und an die Anforderungen an dessen Nachweis für den Eintritt der Kfz-Kaskoversicherung. Dazu hat sich das OLG Köln im OLG Köln, Beschl. v. 01.08.2024 – 9 U 85/24 – geäußert.

Der Kläger verlangte von der der beklagten Vollkaskoversicherung eine Leistung wegen des Versicherungsfalls „Vandalismus“ und berief sich dabei auf eine umfassende Beschädigung seines Fahrzeuges. Das Schadensbild war in der Sache allerdings besonders auffällig, da eine Vielzahl an oberflächlichen Kratzern an zahlreichen Fahrzeugteilen angebracht worden waren, die an der Fahrzeugoberfläche verbleiben und einen hohen Kostenaufwand mit einer Reparaturkostenkalkulation bei einer markengebundenen Fachwerkstatt erfordern, aber mit vergleichsweise geringen Mitteln einfach optisch instandgesetzt werden können.

Sowohl das LG als auch das OLG sind davon ausgegangen, dass vor diesem Hintergrund ein atypischer Vandalismusschaden vorliegen würde, der keine Entschädigungspflicht der beklagten Vollkaskoversicherung auslöst:

„Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus dem Vollkaskoversicherungsvertrag auf Zahlung des geltend gemachten Schadens.

1. Das Landgericht ist von dem zutreffenden Ansatz ausgegangen, dass der Kläger als Versicherungsnehmer den Eintritt eines Versicherungsfalles darzulegen und zu beweisen hat.

In der Kfz-Kaskoversicherung gewährt die Rechtsprechung dem Versicherungsnehmer für den durch die Vollkaskoversicherung abgedeckten Fall der Beschädigungen durch Unfall oder mut- oder böswillige Handlungen unberechtigter Personen (hier gemäß Teil A.2 Kaskoversicherung – für Schäden an Ihrem Fahrzeug, Ziff.A.2.2.2.2 und Ziffer A. 2.2.2.3 der zum Vertragsbestandteil gewordenen AKB) nicht die für den Diebstahlsfall anerkannten Beweiserleichterungen, sondern er muss den Vollbeweis für das Vorliegen derartiger Beschädigungen erbringen. Grund dafür ist, dass das Vorliegen von derartigen Schäden grundsätzlich anhand des Schadensbildes an dem für eine Beurteilung zur Verfügung stehenden Fahrzeug festgestellt werden kann. Im Gegenzug werden auch dem Versicherer, wenn die Beschädigung durch solche Handlungen bewiesen ist, keine Beweiserleichterungen für seinen Einwand zuerkannt, dass die Schäden nicht durch betriebsfremde bzw. nicht berechtigte Personen verursacht worden sind (BGH r+s 1997, 446 f.; OLG Frankfurt, Urt. v. 08.08.2017 – 7 U 24/17 –, juris Rn. 25; OLG Köln r+s 1998, 232 f. sowie 2008, 464f .). Der zunächst von dem Versicherungsnehmer zu führende Nachweis einer bedingungsgemäßen Beschädigung kann damit bereits am Schadensbild scheitern, wenn aus der Art der Schäden zu schließen ist, dass die Beschädigungen nicht durch eine mut- oder böswillige Handlung verursacht worden sind (OLG Frankfurt, Urt. v. 08.08.2017 – 7 U 24/17 -, juris Rn. 27; Senat, Urt. v. 13.12.2011 – 9 U 83/11 -, VersR 2012, 1297; Senat, Beschl. v. 13.08.2013 – 9 U 96/13 –, juris Rn. 4).

Dies bedeutet, dass der Kläger zunächst den Vollbeweis für das Vorliegen von Beschädigungen durch einen Unfall oder mut- oder böswillige Handlungen erbringen muss. Erst wenn er diesen Vollbeweis erbracht hat, ist es Sache der Beklagten zu beweisen, dass die Schäden nicht durch betriebsfremde bzw. nicht berechtigte Personen verursacht worden sind.

Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass vorliegend die Schäden an dem Fahrzeug von ihrer Art und ihrem Erscheinungsbild her keinen positiven Aufschluss für einen Vandalismusschaden geben. Die Kammer hat ihre Bewertung darauf gestützt, dass die Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, dass die vielfältigen, oberflächlichen Kratzer an zahlreichen Fahrzeugteilen für eine fachgerechte und vollständige Beseitigung zwar einen hohen Kostenaufwand gemäß der Reparaturkostenkalkulation erfordern, sie zugleich aber mit vergleichsweise geringen Mitteln eine optische Instandsetzung erlauben.

Diese Bewertung der Kammer begegnet – entgegen dem Vorwurf des Klägers – keinen rechtlichen Bedenken. Die Bewertung der Kammer deckt sich mit der Senatsrechtsprechung, wonach dann, wenn die fachgerechte und vollständige Beseitigung vielfältiger, aber sehr oberflächlicher Kratzer an zahlreichen Karosserieteilen nach der Reparaturkostenkalkulation zwar einen hohen Kostenaufwand erfordert und eine optische Instandsetzung im Sinne der Beseitigung der äußerlichen Erkennbarkeit mit vergleichsweise geringen Mitteln möglich ist, der Nachweis einer bedingungsgemäßen Fahrzeugbeschädigung nicht schon anhand des Schadensbildes als durch den Versicherungsnehmer als geführt angesehen werden kann (OLG Köln, Beschl. v. 13.08.2013 – 9 U 96/13 –, juris Rn. 5). Diese Ausführung greift der Kläger mit der Berufung nicht an.

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, für die Annahme, der Vandalismusschaden sei von unberechtigten Dritten verübt worden, spreche, dass er mangels Eigentümerstellung keinen eigenen wirtschaftlichen Vorteil aus der Beschädigung des Fahrzeugs gezogen hätte, weil die Versicherungsleistung auf das Darlehenskonto hätte eingezahlt werden müssen. Diesem Aspekt kommt vor dem von der Beklagten dargelegten und dem Kläger nach anfänglichem Bestreiten zwischenzeitlich eingeräumten Umstand kein maßgebliches Gewicht zu, dass das Darlehen im Januar 2023 mit einer Schlussrate von 28.000,00 € insgesamt abzulösen war. Die Gutschrift der Reparaturkosten hätte die Darlehensschuld insgesamt verringert, was jedenfalls mit einem wirtschaftlichen Vorteil für den Darlehensnehmer und mittelbar auch für den Kläger als Anwartschaftsberechtigten verbunden gewesen wäre.

Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 12.06.2024 rügt, das Landgericht habe nicht begründet, warum es ihm ein unredliches Vorgehen unterstelle, verkennt er, dass das Landgericht in der Betrachtung der Gesamtumstände des vermeintlichen Schadensereignisses nach allgemeinen Darlegungs- und Beweislastgrundsätzen seine Behauptung, das Fahrzeug sei durch einen unberechtigten Dritten mut- oder böswillig beschädigt worden, auch vor dem Hintergrund seiner Anhörung lediglich als nicht erwiesen erachtet hat. Dies beinhaltet nicht die Überzeugung davon, er habe den Versicherungsfall selbst herbeigeführt, was im Übrigen – insoweit wird auf die einleitenden Ausführungen Bezug genommen – die Beklagte zu beweisen hätte.“

Versicherungsfall Vandalismus und Kaskoversicherung, oder: Verteilung der Beweislast

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Heute dann mal wieder Verkehrszivilrecht, und zwar Versicherungsrecht. Ich stelle zwei Entscheidungen zum Vandalismusschaden in der Kaskoversicherung vor.

Ich beginne mit dem OLG Celle, Urt. v. 08.08.2024 – 11 U 64/23 -, dem folgenden Sachverhalt zugrunde liegt: Der Kläger verlangt eine Entschädigungsleistung aus der Kaskoversicherung wegen der Beschädigung seines Fahrzeuges in Form eines „Vandalismusschadens“. Unbekannte Täter sollen das abgestellte und ordnungsgemäß verschlossene Fahrzeug von außen rundherum mit entsprechenden Kratzspuren böswillig beschädigt haben. Der Versicherer hatte dagegen den Einwand erhoben, dass diese Kratzspuren, die sich nur auf einzelnen Fahrzeugteilen wiederfinden und an der Oberfläche verbleiben, als Grundlage für eine gewinnbringende fiktive Abrechnung vom Kläger selber herbeigeführt worden wären. Nach einer durchgeführten Beweisaufnahme hat sich herausgestellt, dass die im hinteren Bereich des Fahrzeuges vorhandene Kratzspur im Bereich des hinteren Stoßfängers nur entstanden sein kann, wenn die Heckklappe des Fahrzeuges auch geöffnet gewesen ist.

Vor diesem Hintergrund haben das LG wie auch das OLG die Leistungsklage des Klägers abgewiesen:

„Zur Herstellung der Entscheidungsreife hat der Senat den Sachverhalt, wie bereits im Beweisbeschluss vom 1. November 2023 begründet, weiter aufklären müssen, weil das Landgericht von einer unzutreffenden Verteilung der Beweislast ausgegangen ist. Nach der vom Senat durchgeführten Erweiterung der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger oder sein Sohn oder eine von einem von beiden beauftragte dritte Person den erheblichen Lackschaden an dem Audi A 8 herbeiführte, um sich die streitgegenständliche Versicherungsleistung rechtswidrig zu erschleichen. Wegen dieses betrügerischen Verhaltens besteht nach Maßgabe sowohl der Regelung A.2.3.3 der zwischen den Parteien vereinbarten Versicherungsbedingungen (AKB) als auch nach § 81 VVG kein Anspruch auf die Klageforderung.

1. Soweit es um eine Anspruchsentstehung gemäß A.2.3.3 der AKB der Beklagten geht, also wegen einer mut- oder böswilligen Beschädigung des Fahrzeugs durch „Personen, die nicht berechtigt [waren], das Fahrzeug zu gebrauchen“, muss allerdings keineswegs allein der Versicherungsnehmer alle Anspruchsvoraussetzungen beweisen.

a) Vielmehr ist nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu unterscheiden: Die (bös- oder) mutwillige Zerstörung oder Beschädigung des versicherten Kraftfahrzeugs als Anspruchsvoraussetzung hat grundsätzlich der Versicherungsnehmer zu beweisen. Allerdings wird es dieses Beweises zumeist nicht bedürfen, weil das versicherte Objekt zur Feststellung, ob der Versicherungsfall eingetreten ist, besichtigt werden kann (BGH, Urteil vom 25. Juni 1997 – IV ZR 245/96, juris Rn. 7; vgl. auch Prölss/Martin/Klimke, WG, 31. Aufl., AKB 2015 A.2.2.2.3, Rn. 38 m.w.N.). Demgegenüber hat der Versicherer – und zwar ohne jede Beweiserleichterung – den Beweis zu führen, dass die Schäden nicht auf ein Verhalten Dritter zurückzuführen sind und dass die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung von Vandalismus durch betriebsfremde Personen gegeben ist (BGH, a.a.O. Rn. 8).

b) Dem Senat ist bewusst, dass es mehrere obergerichtliche Urteile sowie auch aktuelle Kommentierungen gibt, die jedenfalls im praktischen Ergebnis – wie auch das hier angefochtene Urteil – bedeuten, dass den Versicherungsfall des Vandalismus der Versicherungsnehmer zu beweisen habe. Dieses Ergebnis beruht darauf, dass die betreffenden Gerichte die Böswilligkeit oder Mutwilligkeit der Schadensentstehung immer dann ausschließen, wenn es erhebliche Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Versicherungsnehmer oder sein Repräsentant die Schäden selbst verursacht hat. Dieser Rückschluss („selbst verursachter Schaden schließt Mutwilligkeit aus“) findet sich etwa in den (auch von der Beklagten in ihrer Klageerwiderung zitierten) Urteilen des Oberlandesgerichts Köln vom 13. Dezember 2011 (9 U 83/11, juris Rn. 14) und vom 13. August 2013 (9 U 96/13, juris Rn. 5), überdies – besonders deutlich („[..1 der Kläger daher allein mit dem äußeren Schadensbild den von ihm zu führenden Vollbeweis für eine mut- oder böswillige Beschädigung durch unberechtigte Personen nicht erbracht hat […]“) – in dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 8. August 2017 (7 U 24/17, juris Rn. 28) und auch ausdrücklich etwa in der Kommentierung bei Stiefel/Maier/Stadler (Kraftfahrtversicherung, 19. Aufl., AKB 2015 A.2.2.2.3. Rn. 386).

Damit wird der grundlegende Inhalt des im Vorstehenden zitierten höchstrichterlichen Urteils jedoch geradezu in sein Gegenteil verkehrt. Das Tatbestandsmerkmal „Schadensverursachung durch eine betriebsfremde Person“, das nach Maßgabe jenes höchstrichterlichen Urteils der Versicherer im Wege des Vollbeweises zu widerlegen hat, wird gleichsam zum Untermerkmal des Tatbestandsmerkmals „bös- oder mutwillig“ umgedeutet und dem Versicherungsnehmer wird – entgegen dem zitierten höchst-richterlichen Urteil – der Beweis dafür abverlangt, dass der Schadenverursacher betriebsfremd war. Der Bundesgerichtshof hat dem Tatbestandsmerkmal der Bös- oder Mutwilligkeit in der zitierten Entscheidung indes gerade keine besondere eigene Be-deutung beigemessen, sondern eher knapp ausgeführt, dass der Fall der mutwilligen Zerstörung (schon) nach dem unstreitigen Sachverhalt feststehe, der dadurch gekennzeichnet war (a.a.O. Rn. 3, 10), dass das Fahrzeug „in der Nähe eines Baggerlochs“ mit „massiven Beulen und Schlagspuren“, die „offensichtlich auf Hammerschlägen beruhten“, aufgefunden wurde; Sitze und Kopfstützen waren zerschnitten. Der Innenraum des Fahrzeugs war mit dem gleichen Sprühlack verschmiert, mit dem ein beleidigender Schriftzug aufgebracht war. Das äußere Bild einer letztlich objektiv sinnlosen vorsätzlichen Beschädigung oder Zerstörung – landläufig „Vandalismus“ genannt -genügte mithin; eines vom Versicherungsnehmer zu erbringenden weiteren Beweises bedurfte es nicht, wiewohl sich auch im dortigen Fall nicht von vornherein sicher aus-schließen ließ, dass der Versicherungsnehmer oder die zwischenzeitlichen Käufer des Fahrzeugs den Schaden verursacht hatten. Den Beweis, dass diese Zerstörung nicht durch „betriebsfremde“ Personen verursacht worden war, erlegte der Bundesgerichtshof dem Versicherer auf (in diesem Sinne auch instruktiv OLG Naumburg, Urteil vom 21. November 2013 – 4 U 237/13, juris 13; OLG Saarbrücken, Urteil vom 11. Dezember 2020 – 5 U 820, juris Rn. 22; Stiefel/Meyer/Stadler, a.a.O Rn. 387).

2. Übertragen auf den vorliegenden Fall folgt daraus, dass zunächst auf der Grundlage des unstreitigen Schadensbildes das Vorliegen eines bös- und mutwilligen Handelns festgestellt werden kann, weil das Schadensbild nur durch eine jedenfalls objektiv sinnlose und vorsätzliche Beschädigung erklärt werden kann (vgl. auch erneut OLG Naumburg, a.a.O. Rn. 11), die insbesondere auch nicht im Zusammenhang mit einem etwaigen Aufbruchsversuch stand (vgl. zu dieser Abgrenzung gegenüber Mutwilligkeit Bruck/Möller/Koch, VVG, 9. Aufl., A.2 Kaskoversicherung, Rn. 333; OLG Frankfurt, Urteil vom 8. Januar 1988 – 1 U 208/86, VersR 1988, 1122). Die Beklagte muss indes den Beweis erbringen, dass die Schäden an dem versicherten Fahrzeug von dem Kläger, seinem Sohn oder einer von ihm beauftragten dritten Person verursacht wurden, mithin nicht von einem Unbekannten, der im Sinne von A.2.3.3 AKB nicht zum Gebrauch des versicherten Fahrzeugs berechtigt war.

3. Im Übrigen kommt neben der vom Landgericht in Betracht gezogenen Anspruchsgrundlage eine weitere in Betracht. Die nach Maßgabe des äußeren Bildes der Beschädigungen anzunehmende Einwirkung mit einem oder mehreren Gegen-ständen auf das versicherte Fahrzeug stellten auch einen Unfall im Sinne von A.2.3.2. Abs. 1 AKB dar, nämlich ein von außen her auf das Fahrzeug plötzlich mit mechanischer Gewalt einwirkendes Ereignis (vgl. BGH, a.a.O. Rn. 10). Auch gegen unfallbedingte Zerstörungen und Beschädigungen war das in Rede stehende Fahrzeug versichert. Jedenfalls für dieses versicherte Risiko bestimmt das Gesetz selbst, nämlich § 81 VVG, ausdrücklich, dass den Versicherer die Beweislast für die Richtigkeit seiner Behauptung trifft, dass der Versicherungsnehmer den Schadensfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt habe. Auch in diesem rechtlichen Rahmen muss daher die Beklagte ihre Behauptung beweisen, dass der Sohn des Klägers der Urheber der Schäden gewesen sei.

Es entstünde ein Wertungswiderspruch, wenn die Beweislast bei der Prüfung der Vor-aussetzungen gemäß A.2.3.3 AKB („Vandalismusschäden“) anders als vom Senat beurteilt würde.

4. Das Ergebnis der vom Senat aufgrund dieser rechtlichen Beurteilung erweiterten Beweisaufnahme ist allerdings eindeutig. Der – als solcher unstreitige – Vandalismusschaden kann nur durch eine Person verursacht worden sein, die berechtigten Zugriff auf das Fahrzeug hatte. Die Beklagte hat folglich den ihr obliegenden Beweis erbracht. Denn bei der Erzeugung der um das ganze Fahrzeug umlaufend angebrachten Kratzspur muss die Heckklappe des Fahrzeugs offen gestanden haben. Ein – wenn auch kleiner – Abschnitt der Kratzspur befindet sich nämlich auf der Oberseite des Heckstoßfängers in einem Bereich, der sich mit jedwedem zur Erzeugung der Kratzspur geeigneten Werkzeug nur erreichen lässt, wenn die Hackklappe geöffnet ist.

…..“

 

Etwas Verkehrzivilrechtliches „aus der Instanz“, oder: Unklare Verkehrslage, falsches Betanken, USt usw.

Und dann kommt hier ein kleiner Überblick zu verkehrsrechtlichen Entscheidungen, die nicht vom BGH stammen, und zwar auch wieder nur die Leitsätze und: Ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

1. Eine unklare Verkehrslage i. S. d. § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO und damit ein unzulässiges Überholen kommt in Betracht, wenn das vorausfahrende Fahrzeug bei einem ordnungsgemäß angekündigten Rechtsabbiegen in ein Grundstück zunächst erkennbar – unter Verstoß gegen § 9 Abs. 1 S. 2 StVO – nach links ausholt. In diesem Fall hat der Überholende mit einem weiteren Ausscheren des Vorausfahrenden nach links vor dem eigentlichen Abbiegen zu rechnen.

2. Im Falle einer seitlichen Kollision zwischen einem unter Verstoß gegen § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO bei unklarer Verkehrslage Überholenden und einem nach rechts in ein Grundstück abbiegenden Vorausfahrenden, der sich entgegen § 9 Abs. 1 S. 2, Abs. 5 StVO zunächst nach links zur Fahrbahnmitte hin einordnet und unmittelbar vor dem Rechtsabbiegen nach links ausholt, kommt eine Haftungsverteilung von 60 % zu 40 % zulasten des Überholenden in Betracht.

Es ist nicht der Betriebsgefahr i. S. d. § 7 Abs. 1 StVG eines Tanklastwagens zuzurechnen, wenn sich ein eigenständiger Gefahrenkreis aus der Risikosphäre des Bestellers verwirklicht (hier: fehlerhafte Füllstandsanzeige am Tank) und der Schadenseintritt beim Befüllvorgang weder auf ein Verschulden des Tanklastwagenfahrers noch auf einen Defekt des Tanklastwagens oder seiner Einrichtungen zurückzuführen ist.

    1. Nach den AKB 2015 ist eine Mehrwertsteuer in der Kaskoversicherung nur zu erstatten, wenn und soweit diese für den Versicherungsnehmer bei der von ihm gewählten Schadensbeseitigung tatsächlich angefallen ist.
    2. Eine solche Mehrwertsteuer ist nicht angefallen, wenn schon Monate vor dem Unfallereignis ein Nachfolgefahrzeug im Rahmen einer Fahrzeugfinanzierung bestellt worden ist, der Vertrag dann wegen Lieferschwierigkeiten für eine Bereitstellung des Ersatzfahrzeuges verlängert wird und in der Zwischenzeit vor der Lieferung des Ersatzfahrzeuges der Versicherungsfall eintritt.
    1. Es ist anerkannt, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung auch konkludent oder stillschweigend zustande kommen kann. Dabei ist für die Beantwortung der Frage, ob eine bestimmte Beschaffenheit als vereinbart gilt, nicht nur auf die Beschreibung der Beschaffenheit im Kaufvertrag abzustellen, sondern es sind auch weitere schriftliche Angaben des Verkäufers an anderer Stelle des Vertragsformulars oder auch sonstiger Erklärungen des Verkäufers außerhalb der Vertragsurkunde in die Bewertung einzubeziehen.
    2. In dem bloßen Bestreiten von Mängeln kann nicht ohne weiteres eine endgültige Nacherfüllungsverweigerung gesehen werden. Etwas anderes gilt aber dann, wenn neben dem Bestreiten des Vorhandenseins von Mängeln weitere Umstände hinzutreten, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Schuldner über das Bestreiten der Mängel hinaus bewusst und endgültig die Erfüllung seiner Vertragspflichten ablehnt und es damit ausgeschlossen erscheint, dass er sich von einer ordnungsgemäßen Nacherfüllungsforderung werde umstimmen lassen.

Muss ich meine Kaskoversicherung zur Minderung von Schäden heranziehen?, oder: Der BGH meint: Nein

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Und als zweite Entscheidung dann das BGH, Urt. v. 17.11.2020 – VI ZR 569/19 – zur Frage: Muss ich eigentlich als Geschädigter meine Kaskoversicherung in Anspruch nehmen, um nach einem Verkehrsunfall den Fahrzeugausfall möglichst kurz zu halten.

Der BGH meint: Grundsätzlich nicht:

„2. Nach diesen Maßstäben ist der Geschädigte eines Verkehrsunfalls grundsätzlich nicht verpflichtet, den eigenen Kaskoversicherer auf Behebung des Unfallschadens in Anspruch zu nehmen, um die Zeit des Nutzungsausfalls und damit die Höhe der diesbezüglichen Ersatzverpflichtung des Schädigers und dessen Haftpflichtversicherers möglichst gering zu halten (vgl. OLG Brandenburg, NJW-RR 2020, 668 Rn. 8; OLG Celle, r+s 2018, 616 Rn. 10 ff.; OLG Dresden, Urteil vom 4. Mai 2012 – 1 U 1797/11, juris Rn. 22 ff.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Oktober 2007 – 1 U 52/07, juris Rn. 19 ff.; NJW-RR 2012, 30, 32, juris Rn. 26; OLG Naumburg [9. Zivilsenat], Urteil vom 15. Juni 2017 – 9 U 3/17, juris Rn. 12 ff.; Almeroth in MünchKomm Straßenverkehrsrecht, 2017, § 254 BGB Rn. 51; Kuhnert in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 BGB Rn. 182a; Looschelders in BeckOGK BGB, Stand 1.9.2020, § 254 Rn. 265; Oetker in MünchKomm BGB, 8. Aufl., § 254 Rn. 97; Rogler in Stiefel/ Maier, Kraftfahrtversicherung/AKB, 19. Aufl., § 254 BGB Rn. 6; Scholten in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 1.3.2017, § 254 BGB Rn. 53; a.A. KG, NJW-RR 2019, 992 Rn. 28; unklar OLG Naumburg [4. Zivilsenat], NJW 2004, 3191, 3192, juris Rn. 46 ff.; hierzu zutreffend OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Oktober 2007 – 1 U 52/07, juris Rn. 23).

a) Sinn und Zweck der Kaskoversicherung ist nicht die Entlastung des Schädigers. Der Versicherungsnehmer einer Kaskoversicherung erkauft sich den Versicherungsschutz vielmehr für die Fälle, in denen ihm ein nicht durch andere zu ersetzender Schaden verbleibt (OLG Dresden, Urteil vom 4. Mai 2012 – 1 U 1797/11, juris Rn. 24; OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Oktober 2007 – 1 U 52/07, juris Rn. 22). Die entsprechenden Versicherungsleistungen sind durch Prämien erkauft und dienen nicht dazu, den Schädiger zu entlasten (Senatsurteil vom 19. Dezember 2017 – VI ZR 577/16, NJW 2018, 1598 Rn. 9). Dem steht nicht entgegen, dass bei Inanspruchnahme des Kaskoversicherers der Hauptanspruch auf Ersatz der Reparaturkosten gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf diesen überginge, der Schädiger also insoweit nicht entlastet wäre (entgegen KG, NJW-RR 2019, 992 Rn. 28). Die Entlastung des Schädigers läge dann nämlich in der geringeren Höhe des Nutzungsausfallschadens.

b) Die Inanspruchnahme des eigenen Kaskoversicherers ist dem Geschädigten regelmäßig auch wegen der damit verbundenen Rückstufung nicht zuzumuten. Zwar ist auch der Schaden wegen einer Rückstufung in der Kfz-Kaskoversicherung nach allgemeinen Grundsätzen ersatzfähig, könnte der Geschädigte den Schädiger und dessen Versicherer hierauf also – gegebenenfalls anteilig entsprechend der Haftungsquote – in Anspruch nehmen (st. Rspr.; vgl. zuletzt etwa Senatsurteil vom 19. Dezember 2017 – VI ZR 577/16, NJW 2018, 1598 Rn. 4 ff. mwN). Doch kann sich die Umsetzung einer solchen Inanspruchnahme in verfahrensrechtlicher Hinsicht als schwierig gestalten, weil der Geschädigte gehalten wäre, den für die Zukunft noch in der Fortentwicklung befindlichen Rückstufungsschaden zunächst im Wege der Feststellungsklage geltend zu machen (vgl. Senatsurteil vom 25. April 2006 – VI ZR 36/05, NJW 2006, 2397, juris Rn. 7 mwN), um ihn dann in den Folgejahren – regelmäßig nach vorheriger Korrespondenz mit dem Kaskoversicherer – jeweils zu beziffern und gegebenenfalls gerichtlich beim Schädiger einzufordern. Die endgültige Abrechnung des Unfallschadens würde so zum Nachteil des Geschädigten hinausgezögert (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Oktober 2007 – 1 U 52/07, juris Rn. 22; OLG Dresden, Urteil vom 4. Mai 2012 – 1 U 1797/11, juris Rn. 26).

Dem steht nicht entgegen, dass gemäß I.4.1.2 Buchst. c) der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) eine Rückstufung (im Ergebnis) unterbleibt, wenn der Schädiger oder dessen Versicherer dem Kaskoversicherer die dem Geschädigten geleistete Entschädigung in vollem Umfang erstatten. Denn abgesehen davon, dass dies nur bei voller Erstattung gilt, lässt sich dies für den Geschädigten zu dem Zeitpunkt, in dem er seinen Kaskoversicherer in Anspruch nehmen müsste, gerade deshalb noch nicht absehen, weil Schädiger und dessen Versicherer noch ihre Einstandspflicht prüfen und keine Erklärung über ihre Regulierungsbereitschaft abgeben. Dieses Risiko ist nicht vom Geschädigten zu tragen.

Dies gilt umso mehr, als im Gegenteil unter bestimmten Umständen eine sofortige Inanspruchnahme des eigenen Kaskoversicherers, ohne die Erklärung des Schädigers oder dessen Versicherers über deren Regulierungsbereitschaft abzuwarten, möglicherweise ihrerseits nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sein oder gegen die Schadensminderungspflicht des Geschädigten verstoßen könnte, wenn nämlich dieser ohne Not einen Rückstufungsschaden auslöst und damit die Gesamtkosten für die Schadensbeseitigung erhöht (vgl. hierzu Senatsurteile vom 25. April 2006 – VI ZR 36/05, NJW 2006, 2397, juris Rn. 12; vom 26. September 2006 – VI ZR 247/05, NJW 2007, 66, juris Rn. 10; jeweils mwN). Die Schadensminderungspflicht darf aber nicht dazu führen, den Geschädigten in einer Situation, in der er den exakten Umfang der Einstandspflicht und das Ausmaß der einzelnen Schadenspositionen regelmäßig noch nicht absehen und deshalb Rückstufungsschaden und Nutzungsausfallschaden nicht ins Verhältnis setzen kann (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Oktober 2007 – 1 U 52/07, juris Rn. 22; OLG Naumburg [9. Zivilsenat], Urteil vom 15. Juni 2017 – 9 U 3/17, juris Rn. 16), in die Zwickmühle zu bringen, sich dem Risiko einer (unter Umständen) obliegenheitswidrigen (Nicht-)Inanspruchnahme seines Kaskoversicherers auszusetzen.

c) Als treuwidrig könnte sich das Absehen von einer zeitnahen Inanspruchnahme des eigenen Kaskoversicherers und das darin liegende Zuwarten mit der Schadensbeseitigung gegebenenfalls ausnahmsweise dann darstellen, wenn der Geschädigte von vornherein damit zu rechnen hat, dass er einen erheblichen Teil seines Schadens selbst tragen muss und dass die Aufwendungen hierfür den Schaden, der ihm durch den Verlust des Schadensfreiheitsrabatts entstehen könnte, absehbar deutlich übersteigen (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 14. Mai 2001 – 12 U 196/00, juris Rn. 19; OLG München, VersR 1984, 1054, BeckRS 2008, 19127; Horst in Geigel, Haftpflichtprozess, 28. Aufl., Kap. 2 Rn. 83; zu einer weiteren Ausnahmesituation vgl. Senatsurteil vom 18. März 1986 – VI ZR 213/84, NJW 1986, 1813, 1814, juris Rn. 6 ff.). Denn in dieser Situation würde ein ordentlicher und verständiger, insbesondere wirtschaftlich denkender Mensch an der Stelle des Geschädigten seinen Kaskoversicherer in Anspruch nehmen, um den eigenen Schaden möglichst gering zu halten.“

„… meine Fahrzeugdaten im EDR lasse ich nicht auslesen“, oder: Obliegenheitsverletzung bei der Kaskoversicherung?

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Im Verkehrszivilrecht – ja: „Kessel Buntes“ stelle ich heute zunächst das LG Köln, Urt. v. 26.03.2020 – 26 O 236/19 – vor. Es behandelt eine m.E. ganz interessante Frage, und zwar:

Der Kläger verlangte von der Beklagten als Kaskoversicherung eine Leistung anlässlich eines von ihm behaupteten Versicherungsfalls. der vom Kläger geschilderte Unfallhergang wird von einem Sachverständigen angezweifelt. Die beklagte Versicherurng geht davon aus, dass durch das Auslesen der im Fahrzeug vorhandenen Daten, insbesondere dem sogenannten Event-Data-Recorder (EDR) der Eintritt des Versicherungsfalls umfänglich überprüft werden konnte. Es legt deshalb dem Kläger eine Einwilligungserklärung mit der Bitte vor, dass er diese gegenzeichnet und die Untersuchung des Fahrzeuges/das Auslesen der Daten durch einen von der Beklagten eingeschalteten Sachverständigen gestattet. Der Kläger verweigert das. Die Beklagte verweigerte daraufhin die Leistung aus der Kaskoversicherung mit dem Hinweis auf eine Obliegenheitsverletzung des Klägers. Der Kläger erhebt dann Klage, die vom LG Köln abgewiesen wird:

„Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Entschädigungsanspruch nach A.2.3.2, A.2.7.1 AKB. Keine Partei hat vorgetragen, dass die vorgelegten AKB in den entscheidungserheblichen Passagen mit den vorgelegten AKB entsprechen würden.

Die Beklagte ist nach E.5.2 AKB i.V.m, § 28 Abs. 2 WG leistungsfrei.

Der Kläger hat seine Aufklärungsobliegenheit gemäß E.1.3. AKB arglistig verletzt.

Danach hat der Kläger der Beklagten Untersuchungen zu den Umständen des Schadensereignisses sowie zu ihrer Leistungspflicht zu ermöglichen, soweit ihm dies zumutbar ist.

Durch seine Weigerung, den Fahrzeugdatenspeicher auslesen zu lassen, hat der Kläger hiergegen verstoßen.

Die Beklagte hatte an der Auslesung ein auf der Hand liegendes berechtigtes Interesse, weil diese Aufschluss über etwa aufgetretene technische Fehler geben konnte, die der Beklagten im Rahmen ihrer Regulierungsprüfung eine Einschätzung erlaubte, ob es sich um ein manipuliertes Schadensereignis handelt oder nicht.

Es sind keine Umstände dafür ersichtlich, dass dem Kläger die Gestattung der Speicherauslesung unzumutbar gewesen wäre. Soweit er darauf abstellt, dass die Beklagte aus der Auslesung Rückschlüsse auf sein Fahrverhalten ziehen könnte, macht er deutlich, dass ihm klar war, um was es geht, und dass er eben dies durch seine Weigerung verhindern und der Beklagten eine wichtige Erkenntnisquelle für ihre Regulierungsprüfung verschließen wollte.

Dieses Verhalten des Klägers war arglistig, weil er erkennbar auf die Regulierungsentscheidung der Beklagten Einfluss nehmen wollte, zumindest in der Form, die Prüfung aufgrund verringerter Tatsachenbasis für sich unkomplizierter und zügiger zu gestalten.

Dafür, dass die Beklagte die Auslesung begehrt hat, um für die Regulierung irrelevante Informationen zu erlangen, ist nichts ersichtlich.

Selbst wenn man von einer nur vorsätzlichen Aufklärungsobliegenheitsverletzung des Klägers ausgehen würde, bliebe es bei der Leistungsfreiheit der Beklagten. Das Fahrzeug ist nach Polen verkauft und der Kläger geht selbst davon aus, dass das Fahrzeug für eine Untersuchung nicht zur Verfügung steht. Folglich kann er auch den Kausalitätsgegenbeweis nicht führen.“