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„… meine Fahrzeugdaten im EDR lasse ich nicht auslesen“, oder: Obliegenheitsverletzung bei der Kaskoversicherung?

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Im Verkehrszivilrecht – ja: „Kessel Buntes“ stelle ich heute zunächst das LG Köln, Urt. v. 26.03.2020 – 26 O 236/19 – vor. Es behandelt eine m.E. ganz interessante Frage, und zwar:

Der Kläger verlangte von der Beklagten als Kaskoversicherung eine Leistung anlässlich eines von ihm behaupteten Versicherungsfalls. der vom Kläger geschilderte Unfallhergang wird von einem Sachverständigen angezweifelt. Die beklagte Versicherurng geht davon aus, dass durch das Auslesen der im Fahrzeug vorhandenen Daten, insbesondere dem sogenannten Event-Data-Recorder (EDR) der Eintritt des Versicherungsfalls umfänglich überprüft werden konnte. Es legt deshalb dem Kläger eine Einwilligungserklärung mit der Bitte vor, dass er diese gegenzeichnet und die Untersuchung des Fahrzeuges/das Auslesen der Daten durch einen von der Beklagten eingeschalteten Sachverständigen gestattet. Der Kläger verweigert das. Die Beklagte verweigerte daraufhin die Leistung aus der Kaskoversicherung mit dem Hinweis auf eine Obliegenheitsverletzung des Klägers. Der Kläger erhebt dann Klage, die vom LG Köln abgewiesen wird:

„Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Entschädigungsanspruch nach A.2.3.2, A.2.7.1 AKB. Keine Partei hat vorgetragen, dass die vorgelegten AKB in den entscheidungserheblichen Passagen mit den vorgelegten AKB entsprechen würden.

Die Beklagte ist nach E.5.2 AKB i.V.m, § 28 Abs. 2 WG leistungsfrei.

Der Kläger hat seine Aufklärungsobliegenheit gemäß E.1.3. AKB arglistig verletzt.

Danach hat der Kläger der Beklagten Untersuchungen zu den Umständen des Schadensereignisses sowie zu ihrer Leistungspflicht zu ermöglichen, soweit ihm dies zumutbar ist.

Durch seine Weigerung, den Fahrzeugdatenspeicher auslesen zu lassen, hat der Kläger hiergegen verstoßen.

Die Beklagte hatte an der Auslesung ein auf der Hand liegendes berechtigtes Interesse, weil diese Aufschluss über etwa aufgetretene technische Fehler geben konnte, die der Beklagten im Rahmen ihrer Regulierungsprüfung eine Einschätzung erlaubte, ob es sich um ein manipuliertes Schadensereignis handelt oder nicht.

Es sind keine Umstände dafür ersichtlich, dass dem Kläger die Gestattung der Speicherauslesung unzumutbar gewesen wäre. Soweit er darauf abstellt, dass die Beklagte aus der Auslesung Rückschlüsse auf sein Fahrverhalten ziehen könnte, macht er deutlich, dass ihm klar war, um was es geht, und dass er eben dies durch seine Weigerung verhindern und der Beklagten eine wichtige Erkenntnisquelle für ihre Regulierungsprüfung verschließen wollte.

Dieses Verhalten des Klägers war arglistig, weil er erkennbar auf die Regulierungsentscheidung der Beklagten Einfluss nehmen wollte, zumindest in der Form, die Prüfung aufgrund verringerter Tatsachenbasis für sich unkomplizierter und zügiger zu gestalten.

Dafür, dass die Beklagte die Auslesung begehrt hat, um für die Regulierung irrelevante Informationen zu erlangen, ist nichts ersichtlich.

Selbst wenn man von einer nur vorsätzlichen Aufklärungsobliegenheitsverletzung des Klägers ausgehen würde, bliebe es bei der Leistungsfreiheit der Beklagten. Das Fahrzeug ist nach Polen verkauft und der Kläger geht selbst davon aus, dass das Fahrzeug für eine Untersuchung nicht zur Verfügung steht. Folglich kann er auch den Kausalitätsgegenbeweis nicht führen.“