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Noch druckfrisch: Hier das OLG Hamm vom heutigen (!!) Tage zur Sicherungsverwahrung nach der Entscheidung des EGMR – mit Hieb auf den Gesetzgeber

Schneller geht es – glaube ich – nun wirklich kaum noch.

Die (ehemaligen) Kollegen in Hamm haben heute zur Anwendung/Auswirkung der Entscheidung des EGMR v. 17.12.2009 auf die nach altem Recht in Sicherungsverwahrung Untergebrachten entschieden (vgl. Beschl. v. 06.07.2010 – 4 Ws 157/10) und mir den Beschluss freundlicher Weise übersandt (geht also doch noch :-).

Der 4. Strafsenat des OLG hat sich dafür entschieden, die Vorschrift des § 2 Abs. 6 StGB  mit Blick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.12.2009, die seit dem 10.05.2010 rechtskräftig ist, dahin auszulegen, dass der Wegfall der 10-Jahres-Frist in § 67 d Abs. 1 a.F. keine Rückwirkung haben darf, so dass auf Straftaten, die vor dem 31.01.1998 begangen wurden, die alte Norm Anwendung finden muss und die Sicherungsverwahrung ggf. für erledigt zu erklären ist.

Ebenso haben bereits entschieden:

  • BGH, Beschluss vom 12.05.2010 – 4 StR 577/09 für den parallel gelagerten Fall der nachträglichen Sicherungsverwahrung;
  • OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.06.2010 – 3 Ws 485/10;
  • LG Koblenz, Beschluss vom 19.05. 2010 – 7 StVK 139/10;
  • LG Marburg, Beschluss vom 17.05.2010 – 7 StVK 220/10;
  • LG Kassel, Beschluss vom 15.06.2010 – 34 StVK 162/10;
  • sowie Grabenwarter in seinem Rechtsgutachten für die Bundesregierung zu den Rechtsfolgen der Entschei­dung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 42 ff.).

Anderer Auffassung sind das

  • OLG Celle (Beschluss vom 25.05.2010, 2 Ws 169 u. 170/2010) und das
  • OLG Stuttgart (Beschluss vom 01.06.2010, 1 Ws 57/10).

Einen Hieb auf den Gesetzgeber hat sich das OLG dann nicht verkneifen können, wenn es im Beschluss heißt:

Der Gesetzgeber ist allerdings bislang nicht tätig geworden. Soweit es den Äußerungen der Bundesjustizministerin zu entnehmen ist, soll die Verantwortung auf die Gerichte abgeschoben werden.

Richtervorbehalt bei der Blutprobe: Ruf nach dem Gesetzgeber?

Man ist ja schon erstaunt, wohin es mit dem Richtervorbehalt bei der Blutprobe (§ 81a Abs. 2 StPO) geht bzw. gehen soll. Nachdem wir nun die damit zusammenhängenden Fragen seit gut zwei Jahren diskutieren, eine klare Linie in der Rechtsprechung letztlich nicht zu erkennen ist – Beweiserhebungsverbot ja, Beweisverwertungsverbot nein, nachdem das BVerfG wohl über seine erste Entscheidung vom 12.02.2007 und den darauf zurückführenden Sturm in der Rechtsprechung wohl erschrocken ist und im Sommer des vergangenen Jahres zurückgerudert ist – kommt jetzt das, was kommen muss: Der Ruf nach dem Gesetzgeber.

Das ist ja so einfach (vgl. z.B. die Postings im Blog bei www.jurabilis.de; aber auch Krumm in der ZRP 2009, 71). Ist das wirklich der Weisheit letzter Schluß?. Wir beachten (alle) einen Richtervorbehalt jahrelang nicht, dann wird seine Beachtung durch das BVerfG angemahnt und dann rufen wir nach dem Gesetzgeber, der eine jahrelange rechtswidrige Praxis dadurch sanktionieren soll, dass er den Richtervorbehalt bei der Blutprobe abschafft. Das ist also der Stein des Weisen?. Aber: Wir öffnen damit Tür und Tor. Das ist nämlich der Weg/der Einstieg in eine „StPO-light“, die in bestimmten Verfahren dann zur Anwendung kommen soll. Und wenn sie dann immer noch „zu heavy“ ist, dann ändern wir eben das Gesetz noch einmal.

„Amüsant“ in dem Zusammenhang auch der Hinweis (?) eines Amtsrichters auf www.jurabilis.de:

Die Beachtung des Richtervorbehalts führt zu erheblichen Verfahrensverzögerungen.

Das ist die unverhohlene Drohung mit längerer Verfahrensdauer……Und das ist derzeit in vielen Bereichen ein Totschlagargument.