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Lesetipp: Fragen aus der Praxis zu aktuellen Gebührenproblemen in Straf- und Bußgeldverfahren

Hier der Hinweis auf einen Lesetipp, nämlich auf den Beitrag aus RVGreport 2010, 362, den Sie hier finden. Er behandelt immer wieder gestellte Fragen zur Abrechnung nach Teil 4 und 5 VV RVG. Steht da – wie immer hier in unserem Blog – natürlich kostenfrei.

Entweder Vollverteidiger oder Einzeltätigkeit – beides zusammen geht nicht.

Ich bin dann ja doch immer wieder erstaunt, wie rudimentär die Kenntnisse in RVG-Fragen teilweise noch sind. So auch im Beschluss des LG Wuppertal vom 07.07.2010 – 26 Qs 149/10. Da ging es um den Terminsvertreter im OWi-Verfahren. Abgerechnet und erstattet wird entsprechend dem Antrag des Terminsvertreters, der gebührenrechtlich dadurch auch nicht glänzt, für dessen Tätigkeit im Termin die Nr. 5200 VV RVG – also Einzeltätigkeit – und daneben die Nr. 5110 VV RVG. Das geht aber nicht. Denn entweder ist der Terminsvertreter voller Verteidiger und rechnet nach Teil 5 Abschnitt 1 VV RVG ab – dann gibt es Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühr – oder er ist nur mit einer Einzeltätigkeit beauftragt, was dazu führt, dass dann nur die Nr. 5200 VV RVG anfällt. Daneben gibt es dann nicht auch noch eine Terminsgebühr nach Teil 5 Abschnitt 1 VV RVG. Einzeltätigkeit und voller Auftrag schließen sich aus. Sollte m.E. sowohl einer Strafkammer als auch einem Rechtsanwalt geläufig sein.

Umpflichtung des (Pflichtverteidigers) mit zeitlicher Beschränkung – ist das zulässig?

 Mal wieder eine gebührenrechtliche Frage aus dem Forum auf meiner HP www.burhoff.de, die in er Praxis immer wieder eine Rolle spielt.

Der Verteidiger fragt:

Ich verteidige einen Mandanten seit 1.6.2010 in einem Verfahren vor dem AG L.. Der bisherige Pflichtverteidiger wird entpflichtet und ich werde durch Beschluss vom 1. 7. 2010 zum neuen Pflichtverteidiger bestellt, und zwar wörtlich „ab 1. 7. 2010“.
Rechtspflegerin beim AG Lüdenscheid meint nun, Gebühren und Auslagen für Tätigkeiten vor dem 1.7.2010 seien nicht zu erstatten. Trotz meines Hinweises auf §
48 Abs. 5 S. 1 RVG werden die von mir insoweit angemeldeten Gebühren und Auslagen vom Justizamtsrat abgesetzt. Der Bezirksrevisor beim LG Hagen meint, meine Erinnerung hiergegen sei unbegründet. Bei der Festsetzung sei der Urkundsbeamte an den Beiordungsbeschluss gebunden. Selbst die Grundgebühr hätte nicht festgesetzt werden dürfen. Insoweit legt er sogar Anschlusserinnerung ein.
M.E. ist das grober Unfug oder übersehe ich irgendwas?

Ich habe geantwortet:

Hallo, m.E. nicht zulässig, aber leider eine Einschränkung, die von den Gerichten immer wieder gemacht wird und dazu führt bzw. führen kann, dass der neue Verteidiger nur die Terminsgebühr erhält. Der Grundsatz ist nach § 48 Abs. 5 S. 1 RVG aber ein anderer. Ich gehe mal davon aus, dass ein „notwendiger Verteidigerwechsel“ vorgelegen hat (Fall des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO), oder?. Die Konstellation hat vor einiger Zeit das LG Osnabrück (vgl. hier) entschieden, allerdings auch zu Ungunsten (und m.E. auch falsch). Die Entscheidung mit Anmerkung finden Sie in StRR 2010, 270 = StV 2010, 563 (dort allerdings ohne die gebührenrechtliche Passage). Sie sollten gegen die Argumentation der Staatskasse die Rechtsprechung zur „Erstattung der Gebühren für mehrere Verteidiger“(vgl. zu dieser Problematik Volpert in: Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl., ABC-Teil: Kostenfestsetzung in Straf- und Bußgeldsachen, Rn. 27 ff.) geltend machen und sich darauf berufen, dass nach der Rechtsprechung der Obergerichte, die beschränkte Beiordnung „zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts“ zutreffend als unzulässig angesehen wird (vgl. dazu Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 5. Aufl., 2010, Rn. 1200 m.w.N.). Letzeres passt auf Ihren Fall.“

Ich bin gespannt, was daraus wird. Das ist sicherlich eine Problamtik, die – vor allem im Bereich des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO – von großer praktischer Bedeutung ist. Vielleicht liefert mir der Kollege ja noch ein wenig Sachverhalt nach. Dann werde ich weiter berichten.

Wochenspiegel für die 38. KW, oder wir blicken mal wieder über denm Tellerrand

Berichtet worden ist über:

1. Den Blitzer aus der Tonne.
2. Den Schutz von Syndikusakten, hier.
3. Ein wenig Kachelmann, hier und hier und hier
4. Um den technischen Fortschritt im Gerichtssaal ging es hier und hier.
5. Quatschende Schöffen, hier und hier.
6. Rotlicht und Busspur, hier.
7. Die Höhe der Gerichtsgebühren, hier.
8. Um hohe BAK und deren Folgen ging es hier.
9. Zur Verteidigung durch Schweigen.
10. Zur Entziehung des Führerscheins auf Probe, hier.

Sonderausgabe (Wochen)Spiegel: Der anwaltliche Verdienst – immer wieder gern diskutiert…

Blogbeiträge über anwaltliche Gebühren und Verdienste sind beliebt 🙂 und werden offenbar mit großem Interesse gelesen: Das zeigt sich heute mal wieder am Beitrag des Kollegen Feltus oder an dem der Kollegin Braun.

Sehr lesenswert auch die Kommentare, die deutlich zeigen, welchen falschen Vorstellungen mancher vom anwaltlichen Einkommen hat. Da gilt es wie in vielen Bereichen: Es gibt solche und es gibt solche; also die, die richtig Kohle machen und die, die Mühe haben, die Miete, die Beiträge fürs Versorgungswerk usw. zusammen zu bekommen. Und von den letzteren bzw. von denen, die gerade über den „Standard“ hinauskommen, gibt es sicherlich mehr. Da kann ein Einzelanwalt schon verwundert sein, wenn er ein „Angebot“ mit einer Gehaltsvorstellugn von 70.000 € bekommt.

Aber darum geht es mir gar nicht so sehr. Für mich waren diese beiden Beiträge vielmehr mal Anlass zusammen zu stellen, welche Blogbeiträge es in der letzten Zeit zu der Thematik Vergütung/Honorare/Verdienst gegeben hat. Das waren eine ganze Reihe, wie z.B.

  1. Was verdienen Rechtsanwälte wirklich?
  2. Sehr Interessant: Anwaltseinkommen.
  3. Anwaltsverdienst.
  4. Kein Blogbeitrag, aber interessant: Einkommen selbständiger Rechtsanwälte.
  5. Stundensatz ca. 250 €
  6. Honorarvereinbarung.

Fazit: So dolle ist das mit dem Verdienst nicht.