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„Popillen„? Ja, was ist das? das habe ich mich auch gefragt, als ich den LG Gera, Beschl. v. 25.04.2016 – 9 Qs 123/16 – gelesen habe. Der Beschluss enthält nichts weltbewegend Neues, aber „Popillen“ kannte ich nicht. Nun aus dem Kontext, in dem die Forumuierung auftaucht, wird dann aber sehr schnell klar, worum es sich handelt, natürlich um einen Schreibfehler (und das in einem „Präsidentenbeschluss“ 🙂 ), denn es muss heißen „erweiterte Pupillen„. Und die spielen ja, wenn es um eine Drogenfahrt geht, ggf. eine Rolle bei der Frage, ob der Beschuldigte sein Fahrzeug sicher führen konnte (§ 316 StGB). Dazu hat das LG noch einmal ein paar Hinweise gegeben:
„Der Tatrichter wird somit zu entscheiden haben, ob der Angeklagte wegen einer Straftat nach § 316 Abs. 1, 2. Alternative (unter Einfluss berauschender Mittel) StGB zu verurteilen ist. Zwar steht fest, dass der Angeklagte unter Einfluss von Cannabinoiden ein Fahrzeug im öffentlichen Verkehr geführt hat. Ob und inwieweit der Angeklagte jedoch in der Lage gewesen war, das Fahrzeug sicher zu führen, ergibt sich nicht ohne Weiteres aus dem bisherigen Akteninhalt. Eine mit der 1,1 Promillegrenze nach Alkoholgenuss vergleichbare Grenze absoluter Fahruntüchtigkeit nach Cannabiskonsum ist bislang medizinisch-naturwissenschaftlich nicht begründbar. Bei einer Verurteilung nach § 316 Abs. 1, 2. Alternative muss vielmehr ein erkennbares äußeres Verhalten des Fahrzeugführers festgestellt werden, das auf seine durch den Cannabiskonsum hervorgerufene Fahruntüchtigkeit hindeutet. Als solche Ausfallerscheinungen, die durch den Cannabiskonsum zumindest mit verursacht sein müssen, kommen insbesondere in Betracht: eine auffällige, sei es regelwidrige, sei es besonders sorglose und leichtsinnige Fahrweise, ein unbesonnenes Benehmen bei Polizeikontrollen, aber auch ein sonstiges Verhalten, das rauschbedingte Enthemmung und Kritiklosigkeit erkennen lässt, sowie Beeinträchtigungen der Körperbeherrschung, wie z. B. Stolpern und Schwanken beim Gehen, vgl. BGH in BGHSt 31, 42. Bei einer psychotropwirksamen Menge an THC von ca. 36 ng/ml Blut kann daher eine Fahruntüchtigkeit nur bei Hinzutreten rauschbedingter Ausfallerscheinungen angenommen werden, vgl. OLG Düsseldorf, NJW 1994, 2428 f. Ausweislich des toxikologischen Befundberichts vom 10.12.2014 (BI. 9-11) hatte der Angeklagte eine THC-Konzentration von 37 ng/ml im Blut. Auch wenn es in der Zusammenfassung des vorgenannten Berichtes heißt, dass die beim Angeklagten festgestellte hohe Konzentration auf einen chronischen Konsum von Cannabis hinweise und daher dessen generelle Fahreignung zu hinterfragen sei, ergibt sich aus dem Feststellungsprotokoll der Polizeibeamten vom 13.11.2014 indes keine der vorgenannten Ausfallerscheinungen, die auf den Cannabiskonsum zurückzuführen sind. Allein der Umstand, dass der Angeklagte auf der engen, etwa 3 m breiten Straße durch auffallend zügiges Fahren aufgefallen sei, kann nicht ausschließlich auf den vorhergehenden Cannabiskonsum zurückgeführt werden, denn es gibt keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass nur unter Einwirkung von Cannabinoiden stehende Fahrzeugführer auffallend zügig unterwegs sind, auch wenn die Straße nicht sehr breit ist. Die Feststellung der Fahruntüchtigkeit setzt zwar nicht stets das Vorliegen eines Fahrfehlers voraus, sondern kann sich auch aus dem Zustand und dem Verhalten des Fahrzeugführers bei einer Kontrolle ergeben. Das setzt aber Auffälligkeiten voraus, die sich unmittelbar auf eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit beziehen, z. B. schwerwiegende Einschränkungen der Wahrnehmung und Reaktionsfähigkeit, mangelnde Ansprechbarkeit, Unfähigkeit zu koordinierten Bewegungen, extrem verlangsamte Reaktion. Allgemeine Merkmale des Drogenkonsums reichen hier nicht aus, wie z. B. gerötete Augen, erweiterte Popillen, „verwaschene Sprache“, verlangsamte oder unsichere Motorik, verzögertes Aufnahmevermögen, schläfriges Erscheinungsbild oder unvermittelte Stimmungs-schwankungen, vgl. Fischer StGB, § 316, Rn. 40ff. Die von den Polizeibeamten in dem Feststellungsprotokoll vom 13.11.2014 festgehaltenen Beobachtungen reichen insoweit nicht aus, um von einer Fahruntüchtigkeit des Angeklagten zweifelsfrei auszugehen. Die Feststellungen des das Blut abnehmenden Arztes in seinem ärztlichen Bericht vom 13.11.2014 beruhen auf dessen Beobachtungen um 18.35 Uhr, somit eine Stunde nach den Feststellungen der Polizeibeamten. Ob und in welchem Rahmen diese verwertbar sind, um beim Angeklagten zur Tatzeit (17.35 Uhr) eine Fahruntüchtigkeit anzunehmen, wird der Tatrichter zu entscheiden haben.“
Die Ausführungen entsprechen der h.M., ebenso wie die Ausführungen zu den beiden anderen Fragen, die der Beschluss behandelt, nämlich die Fragen des Zusammenhangs zwischen unwerlaubtem Besitz von BtM und der Verhältnismäßigkeit mit den Leitsätzen:
- Zwischen dem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln und der zeitgleich begangenen Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG liegt verfahrensrechtlich keine Tatidentität im Sinne des § 264 StPO, sondern Realkonkurrenz vor, wenn das Mitsichführen der Betäubungsmittel im Kraftfahrzeug in keinem inneren Zusammenhang bzw. Bedingungszusammenhang mit dem Fahrvorgang steht.
- Zur Verhältnismäßigkeit der Fortdauer der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis.