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Zeuge III: Besonders kritische Würdigung der Aussage, oder: Intensive Traumatherapie nach Reddemann

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Und dann habe ich hier noch das LG Hamburg, Urt. v. 23.01.2023 – 606 KLs 9/19 -, das mir der Kollege Laudon aus Hamburg geschickt hat (Näheres zum Kollegen hier). Es handelt sich um einen Freispruch vom Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern. Den hat man einem Vater gemacht, dem man sexuelle Handlungen an und mit seinem Sohn vorgeworfen hat, begangen im Jahr 2010. Der Sohn hatte sich dazu erst im Mai 2018 geäußert. Das LG hat den Angeklagten frei gesprochen, weil es die Aussage des Sohnes einer Verurteilung nicht zugrunde legen konnte/wollte. Begründung: Beim Sohn war eine Traumatherapie nach Reddemann durchgeführt worden, zwar eins der führenden Verfahren in der Traumatherapie, aber ggf. mit suggestiver Wirkung.

Das LG führt in der Beweiswürdigung aus:

„Er hat sich zu den Tatvorwürfen nicht eingelassen. In Ermangelung sonstiger Beweismittel beruhten die Anklagevorwürfe daher allein auf den Angaben des Zeugen pp., die dieser namentlich im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung am 4. Mai 2018 gemacht hatte. In der Hauptverhandlung konnte ein Tatnachweis allein auf Grundlage der Angaben des Zeugen pp. indes nicht mit der erforderlichen Sicherheit geführt werden.

1. Der Zeuge pp. hat die anklagegegenständlichen Tatvorwürfe in ihren Einzelheiten erstmalig im Rahmen der vorgenannten polizeilichen Vernehmung im Mai 2018 – etwa acht Jahre nach dem in Rede stehenden Tatzeitraum – geschildert. Zuvor hatte er sich lediglich gegenüber seiner Mutter insoweit einmal anvertraut, als er ihr im Jahr 2010, kurze Zeit nach der letzten anklagegegenständlichen Tat, als er ein weiteres Wochenende bei dem Angeklagten verbringen sollte, berichtete, dass er dies nicht wolle, da der Angeklagte ihn „angefasst“ habe. Diesen Vorwurf hat der Zeuge pp. indes weder in diesem Gespräch mit seiner Mutter noch in der Folgezeit zunächst weiter ausgeführt oder konkretisiert. Ab Januar 2017 begab er sich sodann in psychologische Behandlung bei der Psychologin Dr. pp., wofür nach den Angaben des Zeugen pp. (auch) eine depressive .Symptomatik anlassgebend war, unter der er indes schon vor dem anklagegegenständlichen Tatzeitraum gelitten hatte. Im Rahmen der Behandlung fand insbesondere eine intensive tiefenpsychologische Traumatherapie (nach Reddemann) statt. Erst nach über 100 Therapiestunden bei der Psychologin Dr. pp. erstattete der Zeuge pp. am 20. April 2018 schließlich Strafanzeige gegen den Angeklagten und machte im Rahmen der polizeilichen Vernehmung im Mai 2018 umfassende Angaben zu den einzelnen (vermeintlichen) Taten.

2. Vor dem Hintergrund der gegebenen Aussageentstehung und der vorliegenden Aussage-gegen-Aussage-Konstellation waren die Angaben des Zeugen besonders kritisch zu würdigen. Die Kammer hat daher ein aussagepsychologisches Gutachten eingeholt, das der Sachverständige pp. in der Hauptverhandlung erstattet hat. Der forensisch erfahrene Sachverständige, dessen Gutachten auf zutreffenden Anknüpfungstatsachen – unter anderem auf den weiteren Angaben des Zeugen pp. im Rahmen der Exploration – fußt und an dessen Fachkunde die Kammer keinerlei Zweifel hat, ist schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass es nicht auszuschließen ist, dass die Angaben des Zeugen pp. auch anders erklärbar sind als durch einen tatsächlichen Erlebnisbezug.

Zwar bestünden keine Anhaltspunkte für eine intentionale Falschbezichtigung des Angeklagten durch den Zeugen pp. Es sei jedoch insbesondere möglich, dass es sich vorliegend um eine subjektiv für wahr gehaltene, auf einer vermeintlichen Erinnerung basierende Darstellung handelt, deren Inhalt jedoch keine reale Entsprechung hat (sog. „Suggestionshypothese“ als konkrete Ableitung der Nullhypothese). In den Angaben des Zeugen pp. sei insbesondere auffällig, dass dieser häufig zu Erklärungen auf der Metaebene neige. Sein Berichtsstil sei insgesamt wenig beschreibend, sondern – gerade auch bei den tatrelevanten Umständen – fast durchgängig interpretierend. Der Zeuge selbst habe sich zudem immer wieder darauf zurückgezogen, dass er sich „an ziemlich nichts mehr“ erinnere, da er fast alles aus seiner Kindheit „weggeschmissen“ habe oder sich auch nicht erinnern wolle. Andererseits habe er bekundet, er würde sich gerne genauer erinnern können, jedoch sei er, so der Sachverständige, jeweils selbst unsicher über die Quelle seiner teilweise vorhandenen Erinnerungen. Der Sachverständige hat überdies nachvollziehbar dargelegt, dass durch entsprechende Techniken – insbesondere im Rahmen einer Traumatherapie der hier angewandten Art (nach Reddemann) – solche Vorstellungen und insbesondere lebhafte mentale Vorstellungsbilder getriggert werden könnten. Die Vorgehensweise dieser Traumatherapie bestehe darin, Fähigkeiten zur Selbstberuhigung und -tröstung zu erwerben, indem vorhandene traumatische Erinnerungen kognitiv durchgearbeitet würden. Der Zeuge pp. berichtete selbst, eigentlich zu wenig zu erinnern, um einen „sicheren Fall“ zu begründen, da er zu viel verdrängt habe. Ziel der Traumatherapie sei es gewesen, die im damaligen Zeitpunkt noch vorhandenen Erinnerungen, die der Zeuge als „Blitze“ beschreibt, durch ein „Nachgraben“ zu erweitern und – so der Sachverständige – „wie ein Puzzle“ in einen Zusammenhang zu bringen. Hierdurch solle dem Patienten Verständlichkeit und Sinngebung vermittelt werden, was therapeutisch durchaus erstrebenswert sei, jedoch eine erhebliche suggestive Wirkung für den Patienten entfalte. Vor dem Hintergrund dieses Therapieansatzes sei es mit großer Wahrscheinlichkeit zu nachträglichen Verzerrungen seiner Vorstellungen aber auch zu gänzlichen Neubewertungen vorliegender Erinnerungen gekommen. Dies habe sich auch im Rahmen der Exploration gezeigt, indem der Zeuge je versucht habe, Erinnerungslücken in der Sache mithilfe der Erinnerungen an die therapeutischen Prozesse zu füllen, anstatt sie bestehen zu lassen.

Vor dem Hintergrund der Aussageentwicklung und namentlich der erheblichen Erweiterung der ursprünglichen Angaben des Zeugen – er sei „angefasst“ worden – (erst) im Nachgang zu der stattgefundenen Traumatherapie, könne nach alledem nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei den nunmehr geschilderten Begebenheiten um Pseudoerinnerungen handelt, die durch die suggestiven Einflüsse der Traumatherapie induziert worden sind. Die aufgestellte Suggestionshypothese könne mithin nicht zurückgewiesen werden. Schon methodisch sei dies – aufgrund der von dem Patienten nicht zu unterscheidenden Pseudoerinnerungen und Erinnerungen an tatsächliche Begebenheiten – insbesondere durch eine merkmalsorientierte Inhaltsanalyse der Angaben des Zeugen pp. nicht möglich, wobei der Sachverständige ungeachtet dessen weiter überzeugend ausgeführt hat, dass und inwiefern die Aussagequalität ohnehin nicht besonders hoch sei: Die Gesamtaussage falle zwar einigermaßen umfangreich aus, sei jedoch nicht immer logisch konsistent und anschaulich, oft aber schemakonsistent und wenig detailliert. Auffällig sei zudem, dass der Zeuge pp. häufig nur aus der Perspektive der „Draufsicht“, mit zahlreichen interpretatorischen Erklärungen berichtet habe.

Die Kammer schließt sich den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen pp. nach eigener Würdigung an und erachtet die Angaben des Zeugen als nicht hinreichend belastbar, um auf diese eine Verurteilung des Angeklagten zu stützen. Der Angeklagte war mithin er im Ergebnis freizusprechen.“

Ich stelle das Urteil hier ein, um Kollegen ggf. zu sensibilieren, wenn sie in einer Akte Hinweise auf diese Traumatherapie finden. Das muss sich allerdings nicht unbedingt aus der Akte ergeben. Daher kann es sich empfehlen, ggf. einen Antrag auf Beiziehung der Behandlungsunterlagen zu stellen.

StPO I: DNA-Mischspur mit Hauptkomponenten, oder: Anforderungen an die Urteilsgründe

Und dann gleich noch ein StPO-Tag.

Heute dann als Opener der BGH, Beschl. v. 08.11.2022 – 2 StR 193/22, der sich zum Umfang der Urteilsgründe äußert, u.a. wenn der Verurteilung ein DNA-Gutachten zugrunde liegt.

Das LG hat den Angeklagten wegen „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Kokain und Haschisch) in nicht geringer Menge“ verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hatte mit der Sachrüge Erfolg:

„1. Nach den Feststellungen verschaffte sich ein Spezialeinsatzkommando der Polizei in den frühen Morgenstunden des 22. Dezember 2020 Zugang zu einer Wohnung in F. , um den gesondert Verfolgten G. aufzufinden. Dabei traf man auf den Angeklagten und vier weitere schlafende Personen, die früheren Mitangeklagten L., Be. , A. und K. Bei der Durchsuchung der Wohnung stellten die Beamten rund 1,8 kg Kokainzubereitung und rund 21 kg Cannabisharz sicher, die sich in drei Daunenjacken und zwei Taschen befanden. Die Strafkammer hat angenommen, dass der Angeklagte die zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmittel an verschiedenen Stellen der Wohnung lagerte und die alleinige Sachherrschaft ausübte.

2. Das Urteil ist aufzuheben, weil sich die Beweiswürdigung zur Täterschaft des Angeklagten als durchgreifend rechtsfehlerhaft erweist.

a) Soweit die Strafkammer die Annahme der alleinigen Täterschaft des Angeklagten auf mehrere „DNA-Mischspuren, bei denen als Verursacher des Hauptspurenanteils der Angeklagte identifiziert wurde“, stützt, wird dies den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an die Darstellung der Ergebnisse einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung nicht gerecht (vgl. im Einzelnen Senat, Beschluss vom 12. August 2021 – 2 StR 325/20 Rn. 7 mwN). Danach muss bei einer Mischspur, in der eine Hauptkomponente erkennbar ist, das Ergebnis der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsberechnung in numerischer Form mitgeteilt werden, wenn die Peakhöhen von Hauptkomponente zu Nebenkomponente durchgängig bei allen heterozygoten DNA-Systemen im Verhältnis 4 : 1 stehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Juli 2020 – 6 StR 183/20 Rn. 2 und 6 StR 211/20 Rn. 4 und 3. November 2020 – 4 StR 408/20 Rn. 4).

b) Darüber hinaus erweist sich die Beweiswürdigung insoweit als lückenhaft, als das Landgericht nicht näher darlegt, aus welchen Gründen ausgeschlossen ist, dass der gesondert Verfolgte G.   , der „ausweislich des verlesenen, seine Person betreffenden Bundeszentralregisterauszugs mehrfach, unter anderem wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorbestraft ist“ und zum Durchsuchungszeitpunkt Wohnungsinhaber war, (Mit-)Gewahrsam an den aufgefundenen Betäubungsmittel hatte.

c) Hinsichtlich eines möglichen (Mit-)Gewahrsams der vier anderen in der Wohnung angetroffenen Personen hat die Strafkammer nicht erkennbar berücksichtigt, dass die zwei geöffneten Taschen, in denen sich rund 21 kg Cannabisharz befanden, „für jedermann sichtbar und zugänglich“ neben den von diesen Personen genutzten Matratzen auf dem Boden der Wohnung lagen und „erhebliche Mengen Bargeld an mehreren Stellen in der Wohnung“ gefunden wurden. Mit der sich angesichts dieser Umstände aufdrängenden Frage, zu welchem Zweck sich die vier ehemals Mitangeklagten mit dem Angeklagten in der Wohnung aufgehalten haben, verhält sich die Beweiswürdigung ebenfalls nicht…..“

Beweisanzeichen für eine Unfallmanipulation, oder: Unfall auf einem Parkplatz ohne Zeugen

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Die zweite Entscheidung des Tages, der OLG Schleswig, Beschl. v. 12.10.2022 – 7 U 62/22 – äußert sich mal wieder zur sog. „Unfallmanipulation“.

Der Kläger nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch auf materiellen Schadenersatz aufgrund eines behaupteten Verkehrsunfallgeschehens vom 12.01.2021 gegen 18:00 Uhr auf dem Parkplatz eines X-Marktes in Y. in Anspruch. Inzwischen ist unstreitig, dass es zu einer Kollision zwischen dem dort abgestellten Pkw Mercedes-Benz S 320 CDI des Klägers und einem von der Beklagten zu 1) gehaltenen, von dem Zeugen Ü1 geführten und bei der Beklagten zu 2) gegen Haftpflichtschäden versicherten Transporter Mercedes-Benz Vito gekommen ist. Dies soll beim Einfahren des Transporters in die Parklücke neben dem klägerischen Fahrzeug geschehen sein. Der Kläger hat behauptet, es könne Bodenglätte geherrscht haben und der Zeuge Ü1 habe beim Einparkversuch die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren. Anschließend sei er wieder aus der Parklücke herausgefahren und dabei erneut an das klägerische Fahrzeug gestoßen. Am Kollisionsort habe er nur einen Zettel mit einer Telefonnummer vorgefunden.

Der Kläger hat einen Schaden in Höhe von 9.723,31 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend gemacht. Darüber hinaus hat er die Feststellung begehrt, dass für den Fall der Instandsetzung seines Fahrzeugs die Beklagten zur Zahlung von Nutzungsausfall und Mehrwertsteuer, soweit angefallen, verpflichtet sind. Die Beklagte ist dem entgegengetreten mit der Behauptung, es habe sich um ein manipuliertes Geschehen gehandelt.

Das LG hat abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es sei davon überzeugt, dass die Beschädigungen des klägerischen Fahrzeuges nicht einem Unfall im Rechtssinne geschuldet seien, sondern es sich vielmehr um ein verabredetes Geschehen gehandelt habe. Dagegen dann die Berufung, die beim OLG keinen Erfolg hatte:

„Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Dort hat der Senat (u.a.) ausgeführt:

„Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 522 Abs. 2 ZPO

Mit der Berufung kann gemäß § 513 Abs. 1 ZPO nur geltend gemacht werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder die zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Das zweitinstanzliche Vorbringen des Klägers zeigt weder das Vorliegen des einen noch des anderen Berufungsgrundes auf.

Vielmehr hat das Landgericht mit zutreffender Begründung, der der Senat beitritt, die Klage abgewiesen.

Das Landgericht hat sich davon überzeugt gezeigt, dass es sich bei dem streitigen Geschehen nicht um einen Unfall im Rechtssinne – also ein plötzliches, von außen kommendes Ereignis – gehandelt hat, sondern die Beschädigung des klägerischen Pkws mit dessen Einverständnis erfolgte, so dass die – zweitinstanzlich unstreitige – Kollision der beteiligten Fahrzeuge nicht geeignet war, Schadenersatzansprüche zugunsten des Klägers zu generieren.

Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Landgericht den anzulegenden Beweismaßstab, nämlich die Überzeugung i.S.v. § 286 ZPO davon, dass – und warum – ein manipuliertes Geschehen vorliegt, nicht verkannt. In der gebotenen Gesamtschau der für oder gegen ein manipuliertes Geschehen sprechenden (Indiz-)Tatsachen ist „das Gericht bei lebensnaher Betrachtung von dem Vorliegen eines manipulierten Verkehrsunfalls überzeugt“ (S. 5 vorletzter Absatz VU). Auch auf Seite 7 (Mitte VU) weist das Landgericht auf seine Überzeugung im Rahmen der Gesamtschau nach dem Maßstab des § 286 ZPO hin. Es ist auch tatsächlich nicht zu erkennen, dass das Landgericht – entgegen der Auffassung des Klägers – einen anderen als den Beweismaßstab des § 286 Abs. 1 ZPO angelegt hat. Vielmehr hat sich das Landgericht objektiv von der Wahrheit der Behauptung der Beklagten überzeugt gezeigt, worauf sich auch die persönliche Gewissheit des Landgerichts bezieht. Dies ist nötig, aber auch ausreichend, denn zur Überzeugungsbildung i.S.v. § 286 ZPO von einer Unfallmanipulation bedarf es dabei (lediglich) einer Gewissheit, die vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet, nicht hingegen einer mathematisch lückenlosen Gewissheit (OLG Schleswig, Urteil vom 15.06.2021, Az. 7 U 204/21, juris Rn. 33 m.w.N.).

Dabei ist ergänzend zu den Ausführungen des Landgerichts, die Überzeugungsbildung von einer Unfallmanipulation noch unterstreichend, darauf hinzuweisen, dass der Sachverständige Dipl.-Ing. H1 in seinem schriftlichen Gutachten vom 14.01.2022 ausgeführt hat, dass sich das gesamte Anstoßgeschehen nahezu längsachsenparallel zugetragen hat mit einer Schrägstellung zwischen den Längsachsen der beteiligten Fahrzeuge von maximal 2 Grad, wobei auffällig ist, dass nach einer Trennung der Fahrzeuge infolge des Radanstoßes die Anstoßschäden etwa in Höhe der Mitte der rechten Fondtür wieder einsetzen und an Intensität bis zur Annäherung an die B-Säule zunehmen. Dies spricht ganz offensichtlich für ein bewusstes Weiterfahren nach der Kollision und lässt sich mit einem vom Kläger und auch vom Zeugen Ü1 behaupteten „Ausrutschen“ infolge Glätte überhaupt nicht erklären. Vielmehr (S. 16 des Gutachtens) bedurfte es zur Generierung des vorliegenden Schadenbildes einer fortgesetzten Lenkbewegung des Vito nach links durch den Zeugen Ü1.

Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass es sich bei den beteiligten Fahrzeugen um die geradezu klassische Konstellation für ein manipuliertes Unfallgeschehen handelt.

Die Schäden am klägerischen Fahrzeug lassen sich mit Spachtel und Farbe für „kleines Geld“ unproblematisch durch Privatreparaturen beseitigen. Der mögliche Gewinn – bei erfolgreicher Manipulation – liegt als Motiv auf der Hand.

Dass es schon ungewöhnlich erscheint, dass in einer kleinen Ortschaft südlich von I. zwei Npp.er auf dem Parkplatz eines Einkaufsmarktes Beteiligte eines „Unfalles“ werden, sei nur am Rande – und ohne dass es die beabsichtigte Entscheidung trägt – angemerkt.“

Die im Anschluss daran erfolgten Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 14.09.2022 führen zu keinem anderen Ergebnis.

Maßgeblich für die Überzeugungsbildung davon, dass es sich um einen manipulierten Unfall handelt – wobei es nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht des Nachweises der Bekanntschaft der Beteiligten bedarf – ist die Gesamtschau der (Indiz-) Tatsachen.

Dazu gehört auch eine wenig plausible Fahrtstrecke des zum Unfallzeitpunkt offenbar in N. wohnenden Klägers, der auf dem Weg von I. nach E. in Y. zum Einkaufen angehalten haben will. Abgesehen einmal davon, dass es sowohl in I. als auch in E. hinreichend Gelegenheiten zum Einkaufen gibt, liegt Y. nicht auf dem üblichen Weg von I. nach E., der über die A pp. führt.

Auffällig ist – wie schon vom Landgericht ausgeführt – auch das Verhalten des Klägers nach dem vermeintlichen Unfall; er fotografiert zwar einen Zettel, der in der Folge nicht mehr auffindbar ist, nicht aber die Örtlichkeiten, insbesondere die Stellung seines Fahrzeuges.

Die vom Kläger vermissten Zahlen, die die finanzielle Motivation darstellbar machen, lassen sich anhand des Gutachtens der S GmbH unschwer nachvollziehen. Der Sachverständige legt für eine fachgerechte Reparatur den Stundenverrechnungssatz einer Markenwerkstatt mit 131,40 € netto zugrunde; die Lohnkosten belaufen sich insgesamt auf 3.915,90 € netto. Zudem setzt der Sachverständige eine neue Tür hinten rechts mit 1.600,64 € netto an, zudem UPE-Aufschläge auf Ersatzteile mit 10%.

Bei einer „Reparatur“ unter der Hand bzw. in einer nicht markengebundenen Werkstatt dürfte sich allein bei diesen Positionen ein „Gewinn“ von ca. 4.000,- € erzielen lassen. Fiktiv abgerechnet kann man deshalb von einem „lukrativen Seitenschaden“ sprechen (vgl. auch LG Essen, Urteil vom 18.08.2022, 3 O 67/19, Juris, bei einer ähnlichen Konstellation).

Soweit der Kläger darauf abstellt, dass er weder das Aussageverhalten des Zeugen Ü1 noch dessen Fahrweise beeinflussen könne, mag dies vordergründig zutreffen; typisch für manipulierte Unfälle ist aber nun einmal, dass sie auf erste Sicht „normalen“ Unfällen entsprechen, sich aber im Detail Ungereimtheiten zeigen, die in ihrer Summe schließlich die Überzeugung von einem manipulierten Geschehen zulassen. So eben auch hier.“

Beweiwürdigung bei Vorliegen einer DNA-Spur, oder: nicht tragfähige Erwägungen relativieren Beweiswert

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Die zweite Entscheidung kommt mit dem BGH, Urt. v. 24.08.2022 – 6 StR 109/22 – auch vom BGH.

In dieser Entscheidung geht es (mal wieder) um die Beweiswürdigung in Zusammenhang mit einem DNA-Gutachten. Die Strafkammer hat den Angeklagten zum zweiten Mal vom Vorwurf des schweren Raubes aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Dagegen erneut die Revision des Staatsanwaltschaft, die Erfolg hatte:

„1. Mit der zugelassenen Anklage legt die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten zur Last, sich gemeinsam mit einem rechtskräftig freigesprochenen Mitangeklagten Zutritt zu der Wohnung der Zeugin K. verschafft, diese mit einem Messer bedroht und ihr Mobiltelefon entwendet zu haben.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts drangen zwei Männer in die Wohnung der Zeugin K. ein, drohten ihr unter Vorhalt eines Messers an, ihr Schmerzen zuzufügen, wenn sie nicht ruhig sei, und durchsuchten ihre Wohnung nach Wertgegenständen. Schließlich verließen beide Männer die Wohnung fluchtartig, wobei sie das Mobiltelefon der Geschädigten mitnahmen und das Messer im Eingangsbereich der Wohnung verloren.

An der Schneide des Messers wurde eine vom Angeklagten stammende DNA-Spur sichergestellt, die wegen der Erkennbarkeit einer Hauptkomponente und ihrer Peakhöhen im Verhältnis zur Nebenkomponente wie eine Einzelspur bewertet worden ist. Sowohl am Griff des Messers als auch an dem Griff einer Schublade, die in einer Regalwand im Wohnzimmer der Geschädigten eingebaut war, wurde eine DNA-Mischspur gesichert, die der Angeklagte mitverursacht hatte.

b) Das Landgericht hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass der Angeklagte an der Tat beteiligt war. Dem liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:

Die Geschädigte habe den Angeklagten nicht als Täter wiedererkannt, und dessen Täterschaft werde auch durch die DNA-Spuren nicht belegt. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei zwar bewiesen, dass der Angeklagte die drei DNA-Spuren mitverursacht habe. Daraus allein könne aber nicht auf eine Tatbeteiligung des Angeklagten geschlossen werden. Es sei möglich, dass die Spuren an der Klinge und am Griff des Messers bereits vor der Tat von dem Angeklagten aufgebracht worden seien, aber eine völlig fremde Person das Messer als Tatmittel eingesetzt habe, und in Bezug auf die Spur am Griff der Schublade sei eine „Sekundärübertragung“ den Ausführungen des Sachverständigen zufolge zwar „nicht unbedingt wahrscheinlich“, könne aber auch „nie ausgeschlossen“ werden.

2. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet. Die dem Freispruch des Angeklagten zugrundeliegende Beweiswürdigung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn es überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt und eine nach den Feststellungen naheliegende Schlussfolgerung nicht gezogen hat, ohne konkrete Gründe anzuführen, die dieses Ergebnis stützen können. Das Tatgericht darf bei der Überzeugungsbildung Zweifeln keinen Raum geben, die lediglich auf einer abstrakt-theoretischen Möglichkeit gründen. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten des Angeklagten von Annahmen bzw. alternativen, für den Angeklagten günstigen Geschehensabläufen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten Anhaltspunkte erbracht hat (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 2020 – 3 StR 288/19 Rn. 19 mwN). Dies gilt auch für die Bewertung von DNA-Spuren (BGH, Urteil vom 1. Juni 2017 – 3 StR 31/17).

b) Das Landgericht hat „das DNA-Spurenbild“ zwar zutreffend als „besonders gewichtiges Indiz“ für die Tatbeteiligung des Angeklagten angesehen (UA S. 38). Denn schon bei einem Seltenheitswert im Millionenbereich kann wegen der inzwischen erreichten Standardisierung der molekulargenetischen Untersuchung das Ergebnis der DNA-Analyse für die Überzeugungsbildung des Tatrichters dahin, dass die am Tatort gesicherte DNA-Spur vom Angeklagten herrührt, ausreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 2009 – 1 StR 722/08, NStZ 2009, 285, 286; zum weiterentwickelten Forschungsstand vgl. Vennemann/Oppelt/Grethe/Anslinger/H. Schneider/P.M. Schneider, NStZ 2022, 72). Diesen Beweiswert hat das Landgericht aber durch nicht tragfähige Erwägungen relativiert. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die DNA-Spuren des Angeklagten an dem Messer nicht im Zusammenhang mit dem Tatgeschehen und diejenigen an dem Schubladengriff im Wege einer Sekundärübertragung entstanden, lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Das Landgericht hat insoweit vielmehr Zweifeln Raum gegeben, die lediglich auf einer abstrakt-theoretischen Möglichkeit gründen.“

Beweiswürdigung beim Vergewaltigungsvorwurf, oder: Gesamtwürdigung bei Aussage-gegen-Aussage

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In die neue Woche starte ich dann mit zwei BGH-Entscheidungen zur Beweiswürdigung.

Den Opener mache ich mit dem BGH, Urt. v. 07.07.2022 – 4 StR 28/22 – zur Beweiswürdigung in einem Verfahren mit dem Vorwurf der Vergewaltigung. Das LG hat den Angeklagten freigesprochen. Hiergegen die Revision der die Nebenklägerin, die Erfolg hatte.

„…. Die gemäß § 395 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 401 Abs. 1 Satz 1 StPO zulässige Revision der Nebenklägerin hat Erfolg. Der Freispruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Das Revisionsgericht muss es grundsätzlich hinnehmen, wenn das Tatgericht einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Denn die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 2017 – 2 StR 78/16 Rn. 20; Urteil vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Vielmehr hat es die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung nähergelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2015 – 5 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 178, 179). Die auf die Sachrüge gebotene revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind, weil die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 30. März 2022 – 2 StR 292/21 Rn. 7; Urteil vom 23. Juni 2021 – 2 StR 337/20 Rn. 6; BGH, Urteil vom 1. Juni 2016 – 1 StR 597/15 Rn. 27 je mwN). Der Tatrichter hat alle wesentlichen, für und gegen den Angeklagten sprechenden Tatsachen und Beweisergebnisse, die Gegenstand der Hauptverhandlung waren, erschöpfend zu würdigen (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2022 – 2 StR 292/21 Rn. 9); dabei dürfen die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet werden, sondern sind in eine umfassende Gesamtwürdigung einzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 – 4 StR 360/12 Rn. 17). Gesteigerte revisionsgerichtliche Anforderungen an die Sachdarstellung und Erörterung der Beweislage bestehen in Fällen von „Aussage gegen Aussage“, wenn sich die Unwahrheit eines Aussageteils herausstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2008 – 5 StR 585/07 Rn. 9; Beschluss vom 12. September 2012 – 5 StR 401/12 Rn. 8).

2. Hieran gemessen kann das Urteil keinen Bestand haben.

a) Die Beweiswürdigung ist lückenhaft, weil die Strafkammer Beweisanzeichen, die für die Annahme eines nicht einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs, einen erkennbar entgegenstehenden Willen der Nebenklägerin und einen entsprechenden Vorsatz des Angeklagten sprechen, lediglich isoliert bewertet und nicht in eine Gesamtwürdigung eingestellt hat.

So hat das Landgericht dem Umstand, dass die Nebenklägerin einen in ihre Scheide eingeführten Tampon nicht für den Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten entnahm, nur dahingehend bewertet, dass dies nicht „eindeutig“ gegen einen einvernehmlichen Geschlechtsverkehr spreche. Die im Dammbereich der Nebenklägerin festgestellten flächigen Fissuren könnten auch bei einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr entstanden sein. Allein ihr Bestehen müsse damit nicht auf Unfreiwilligkeit hindeuten. Die kurz nach dem Geschehen abgegebenen Erklärungen der Nebenklägerin (mehrfache Angabe, vergewaltigt worden zu sein), ihr Erscheinungsbild (verstört, zitternd) und ihr weiteres Verhalten (Vorstellung in einer Frauenklinik zur anonymen Untersuchung) ließen keinen Rückschluss darauf zu, dass der Angeklagte den von ihm eingeräumten Geschlechtsverkehr vorsätzlich gegen ihren erkennbaren Willen vollzogen habe. Schließlich erlaube auch der Umstand, dass sich die Nebenklägerin in eine Therapie begeben habe und sie nach den glaubhaften Angaben ihrer Therapeutin an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide, „nicht den zwingenden“ Schluss, dass sich das Geschehen entsprechend ihren Angaben abgespielt und der Angeklagte gegen ihren erkennbar entgegenstehenden Willen gehandelt habe.

Eine hiernach gebotene Erörterung, welche Bedeutung dem Vorliegen dieser verschiedenen Umstände insgesamt und in ihrer Häufung für die Überzeugung vom Vorliegen eines entgegenstehenden Willens und seiner Erkennbarkeit zukommt, hat die Strafkammer nicht vorgenommen. Die von der Strafkammer gewählten Formulierungen („nicht eindeutig“, „allein ihr Bestehen“, „nicht den zwingenden Schluss“) deuten vielmehr darauf hin, dass sie eine solche Gesamtwürdigung auch nicht erforderlich ansah.

b) Die Beweiswürdigung hinsichtlich eines entgegenstehenden Willens der Nebenklägerin und dessen objektiver Wahrnehmbarkeit ist auch deshalb lückenhaft, weil das Landgericht nicht die gesamte Aussage der Nebenklägerin bewertet und nicht mitgeteilt hat, welche ihrer Angaben zum äußeren Tatgeschehen von ihm für glaubhaft erachtet werden.

aa) Das Landgericht hat insoweit lediglich in den Blick genommen, dass die Nebenklägerin nicht anzugeben vermochte, wie laut sie nein gesagt habe, und dass sie hierzu weiter erklärte, es komme manchmal kein Ton raus, wenn man unter Schock stehe. Ein Ausweichen und Wegdrücken des Angeklagten habe die Nebenklägerin nicht näher zu beschreiben vermocht, als dass sie auf dem Bett nach hinten gerutscht sei und sich klein gemacht habe. Dem Umstand, dass die Nebenklägerin angeben habe, selbst nicht zu wissen, wie laut sie nein gesagt habe und in welcher Form sie sich konkret gewehrt habe, hat das Landgericht dabei besondere Bedeutung beigemessen, weil die Nebenklägerin bemüht gewesen sei, ihr Verhalten im Vorfeld des Geschlechtsverkehrs in tadellosem Licht erscheinen zu lassen. So habe sie die Unwahrheit gesagt, als sie sowohl einen Flirt auf dem Schützenfest mit einem Freund des Angeklagten als auch den Kuss mit dem Angeklagten auf der Couch im Wohnzimmer explizit ausgeschlossen habe.

bb) Diese Würdigung schöpft die Angaben der Nebenklägerin nicht aus. Vielmehr hätte die Strafkammer auch mitteilen müssen, ob und inwieweit sie die weiteren Angaben der Nebenklägerin für glaubhaft erachtet.

Die Nebenklägerin hat nämlich u. a. angegeben, in seinem Zimmer habe der Angeklagte eine Hand um ihre Taille gelegt und sie zu sich gezogen. Er habe versucht, sie zu küssen, wozu sie nein gesagt habe. Als er seinen Griff gelockert habe, sei sie vor dem Angeklagten zurückgewichen und auf das Bett gefallen. Als sich der Angeklagte auf sie gesetzt habe, habe sie ausweichen wollen. Als der Angeklagte ihre Hose geöffnet habe, habe sie ihre Gürtelschnalle festhalten wollen, was nicht funktioniert habe. Nachdem er die Hose heruntergezogen hatte, habe sie versucht, sich körperlich zu wehren, indem sie versucht habe, den Angeklagten wegzudrücken. Der Angeklagte sei mit Fingern und danach mit seinem Penis vaginal eingedrungen. Die Nebenklägerin habe die Beine aufgestellt und versucht, sich wegzudrehen. Der Angeklagte habe ihr Bein wie einen Hebel genutzt und sie in die Bauchlage umgedreht, bevor er von hinten vaginal in sie eingedrungen sei.

Damit hat die Nebenklägerin weitere Handlungen geschildert, die angesichts der Gesamtumstände – insbesondere auch des Geschlechtsverkehrs mit eingeführtem Tampon – als Anhaltspunkte für einen entgegenstehenden Willen herangezogen werden können. Ohne eine Bewertung des Wahrheitsgehaltes auch dieser Angaben ist die Wertung der Strafkammer, der Angeklagte habe einen entgegenstehenden Willen der Nebenklägerin nicht erkennen können, revisionsrechtlich nicht überprüfbar.