Ich war erstaunt, als ich die mir von einem Kollegen übersandte Entscheidung des AG Pirna vom 15.10.2009 – 212 Cs 152 Js 16477/09 Erw. sah. 30 (!!) Seiten zum Richtervorbehalt, zu Gefahr im Verzug und zum Beweisverwertungsverbot. Und das Ganze so lehrbuchartig aufbereitet, dass sich m.E. das ein oder andere OLG und LG davon eine Scheibe abschneiden könnte. Der Amtsrichter hat sich mit allen Einzelheiten der Problematik auseinandergesetzt und ist dann zu der (richtigen) Entscheidung – Beweisverwertungsverbot – gekommen. Also: Herzlichen Glückwunsch nach Pirna. Und das ist m.E. um so erstaunlicher, wenn man liest, wie die Ermittlungsbehörden in Sachsen mit der Problematik (zu der Zeit [?]) umgegangen sind.
Der Amtsrichter teilt mit:
„Bis zum 26.06.2009 hat es bei dem Amtsgericht Pirna nämlich niemals einen Antrag auf richterliche Anordnung einer Blutentnahme zur Bestimmung des Blutalkoholwertes gegeben„.
Dazu muss man sich in Erinnerung rufen, dass die grundlegende BVerfG-Entscheidung vom 12.02.2007 (!!) stammt. Sie bleibt also mehr als zwei Jahre unbeachtet. Dazu passt dann auch folgende Passage:
„Im Weiteren setzt sich das Schreiben mit der entgegenstehenden Entscheidung des Thüringer OLG vom 30.07.2008 (gemeint ist der Beschluss vom 25.11.2008, der sich mit einer Revision gegen ein Urteil des AG Sonderhausen vom 30.07.2008 beschäftigte) auseinander und lehnt diese Entscheidung mit verschiedenen Argumenten ab. Mit Schreiben vom 20.04.2009 (3100 E 1/08) übersandte die Staatsanwaltschaft Dresden der Generalstaatsanwaltschaft Dresden eine Entscheidung des OLG vom 12.03.2009 mit folgendem Begleittext:„In der Anlage übersende ich den Beschluss des OLG Hamm vom 12.03.2009, das wegen Verstoßes gegen den Richtervorbehalt ein Beweisverwertungsverbot zugrunde gelegt hat, vorsorglich zur Kenntnisnahme. Der Beschluss gibt bisher keinen Anlass, die hiesige Praxis aufzugeben.„
Insbesondere das Letzte ist m.E. unverständlich. Man kann es nur zusammenfassen mit dem Satz: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Anstatt die Polizeibeamten zu rechtmäßigem Verhalten anzuhalten, gibt man grünes Licht für „weiter so wie bisher.“