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Kurios I: Wer schützt in Sachsen/beim AG Pirna den Datenschutz?

entnommen wikimedia.org

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In Sachsen, zumindest im Bezirk der StA Dresden, dürfte es dann wohl keine Bußgeldverfahren wegen Ordnungswidrigkeit nach  dem Bundesdatenschutzgesetz mehr geben. Das ist die Quintessenz aus dem AG Pirna, Beschl. v. 07.04.2014 – 24 OW1151 Js 45191/13. Da war am 05.07.2013 gegen die Betroffene durch den Sächsischen Datenschutzbeauftragen ein Bußgeldbescheid erlassen worden. Nach Einspruch durch die Betroffene wurde das Verfahren vom Datenschutzbeauftragen an die Staatsanwaltschaft Dresden abgegeben und von dort aus gemäß § 69 Abs. 4 Satz 2 OWiG an das AG Pirna weitergeleitet. Im Verfahren wurde seitens des Sächsischen Datenschutzbeauftragten die Auffassung vorgetragen, dass aufgrund des Artikel 28 Absatz 1 der Richtlinie EG 95/46 und der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 09.03.2010 (Az.:C-518/07) die Prüfungs- und Vorlagekompetenz des § 69 Absatz 4 OWiG nicht mehr der Staatsanwaltschaft als weisungsgebundene Behörde obliegen dürfe, da hierdurch eine nicht zulässige Kontrolle des Datenschutzbeauftragten stattfände. Mithin müsse § 69 Abs. 4 OWiG im Wege der Auslegung auf den Datenschutzbeauftragen ausgeweitet werden.  Die Staatsanwaltschaft Dresden hat daraufhin jede weitere Tätigkeit im Zwischen- und Gerichtsverfahren für ausgeschlossen erklärt.

 Das AG stellt wegen eines Verfahrenshindernisses ein:

„Da nach Auffassung des Unterzeichners eine „einfache“ erweiternde Auslegung des § 69 Abs. 4 OWiG auf den Datenschutzbeauftragten nicht möglich ist und die Staatsanwaltschaft Dresden sich nicht mehr für zuständig erachtet, fehlt aus Sicht des Unterzeichners der nach § 69 Abs. 4 OWiG zwingend erforderliche Verfahrensbeteiligte.

Dies führt zu einem Verfahrenshindernis und demgemäß zur Einstellung.“

Tja, und nun?

 

 

 

Volltext zu „Lehrbuch vom AG Pirna zum Richtervorbehalt bei der Blutentnahme, zu Gefahr im Verzug und zum Beweisverwertungsverbot

Hallo, sorry, hatte heute morgen in dem Beitrag „Lehrbuch vom AG Pirna zum Richtervorbehalt bei der Blutentnahme, zu Gefahr im Verzug und zum Beweisverwertungsverbot“ nicht auf den kostenfreien Volltext verlinkt. Das habe ich gerade nachgeholt. Die Entscheidung des AG Pirna steht (jetzt) hier.

Lehrbuch vom AG Pirna zum Richtervorbehalt bei der Blutentnahme, zu Gefahr im Verzug und zum Beweisverwertungsverbot

Ich war erstaunt, als ich die mir von einem Kollegen übersandte Entscheidung des AG Pirna vom 15.10.2009 –  212 Cs 152 Js 16477/09 Erw. sah. 30 (!!) Seiten zum Richtervorbehalt, zu Gefahr im Verzug und zum Beweisverwertungsverbot. Und das Ganze so lehrbuchartig aufbereitet, dass sich m.E. das ein oder andere OLG und LG davon eine Scheibe abschneiden könnte. Der Amtsrichter hat sich mit allen Einzelheiten der Problematik auseinandergesetzt und ist dann zu der (richtigen) Entscheidung – Beweisverwertungsverbot – gekommen. Also: Herzlichen Glückwunsch nach Pirna. Und das ist m.E. um so erstaunlicher, wenn man liest, wie die Ermittlungsbehörden in Sachsen mit der Problematik (zu der Zeit [?]) umgegangen sind.

Der Amtsrichter teilt mit:

„Bis zum 26.06.2009 hat es bei dem Amtsgericht Pirna nämlich niemals einen Antrag auf richterliche Anordnung einer Blutentnahme zur Bestimmung des Blutalkoholwertes gegeben„.

Dazu muss man sich in Erinnerung rufen, dass die grundlegende BVerfG-Entscheidung vom 12.02.2007 (!!) stammt. Sie bleibt also mehr als zwei Jahre unbeachtet. Dazu passt dann auch folgende Passage:

Im Weiteren setzt sich das Schreiben mit der entgegen­stehenden Entscheidung des Thüringer OLG vom 30.07.2008 (gemeint ist der Beschluss vom 25.11.2008, der sich mit einer Revision gegen ein Urteil des AG Sonderhausen vom 30.07.2008 beschäftigte) auseinander und lehnt diese Entscheidung mit verschiedenen Argumenten ab. Mit Schreiben vom 20.04.2009 (3100 E 1/08) übersandte die Staatsanwaltschaft Dresden der Generalstaatsanwalt­schaft Dresden eine Entscheidung des OLG vom 12.03.2009 mit folgendem Begleittext:„In der Anlage übersende ich den Beschluss des OLG Hamm vom 12.03.2009, das wegen Verstoßes gegen den Richtervorbehalt ein Beweisverwertungsverbot zugrunde gelegt hat, vorsorglich zur Kenntnisnahme. Der Beschluss gibt bisher keinen Anlass, die hiesige Praxis aufzugeben.

Insbesondere das Letzte ist m.E. unverständlich. Man kann es nur zusammenfassen mit dem Satz: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Anstatt die Polizeibeamten zu rechtmäßigem Verhalten anzuhalten, gibt man grünes Licht für „weiter so wie bisher.“