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Einspruch II: Die „abgesprochene“ Einspruchsbeschränkung, oder: Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung

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Die zweite Entscheidung, die sich mit dem Einspruch befasst, kommt dann aus dem Bußgeldverfahren. Im KG, Beschl. v. 09.08.2019 – 3 Ws (B) 205/19 – geht es um die Wirksamkeit der Beschränkung des Einspruchs gegen Bußgeldbescheid.

Dem Beschluss liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Polizeipräsident in Berlin hat gegen die Betroffene wegen eines fahrlässig begangenen qualifizierten Rotlichtverstoßes eine Geldbuße von 200 EUR festgesetzt, ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet und dieses mit einer Wirksamkeitsbestimmung nach § 25 Abs. 2a StVG versehen. Nachdem die Betroffene gegen den Bußgeldbescheid form- und fristgerecht Einspruch eingelegt und diesen in der Hauptverhandlung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hatte, hat das AG sie zu einer Geldbuße von 200 EUR verurteilt. Von der Verhängung eines Fahrverbotes hat das AG abgesehen. Dagegen die Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft, die Erfolg hatte.

Das KG beanstandet das Verfahren, das zur Beschränkung des Einspruchs geführt hat und sieht die Beschränkung als unwirksam an:

„b) Die Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch beruhte hier auf der Zusage des Amtsgerichts, im Gegenzug von einem Fahrverbot abzusehen.

Den Urteilsgründen ist hierzu Folgendes zu entnehmen:

„Mangels Einhaltung des mindestens notwendigen Kurvenradius fehlte es an einem „standardisiert erhobenen Messwert“ vor Ort in Bezug auf die Erfassung der Betroffenen. Die Messung war so nicht gerichtsverwertbar.

Die Betroffene war bereit, den in der ständigen Praxis aller beteiligten Justizbehörden deshalb gefundenen Kompromiss mitzutragen, den Einspruch auf den Rechtsfolgenausspruch zu beschränken, dafür im Gegenzug nicht mit einem Fahrverbot belangt zu werden. Damit sollte der Einholung eines individualisierten Sachverständigen-Gutachtens begegnet werden.

Die Betroffene beschränkte daher ihren Einspruch sodann tatsächlich auf den Rechtsfolgenausspruch.“

c) Diese Zusage des Amtsgerichts führte nicht zu einer Verständigung im Sinne von § 257c StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG.

Nach § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG kann das Gericht sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. Eine Verständigung liegt bei zumindest einseitig bindenden Absprachen zwischen dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und dem Angeklagten über mit dem Urteil zu verhängende Rechtsfolgen vor, die unter Beachtung der hierfür geltenden gesetzlichen Maßgaben erfolgen (vgl. OLG München, Urteil vom 09. Januar 2014 – 4 StRR 261/13 –, juris).

Das Amtsgericht hat – ohne Einbindung der Amtsanwaltschaft – eine informelle Verständigung mit der Betroffenen und dem Verteidiger dahingehend geschlossen, dass im Falle einer Beschränkung des Einspruches auf den Rechtsfolgenausspruch kein Fahrverbot verhängt werde. Zwar unterscheiden sich Verständigungen über den Ausgang eines Bußgeldverfahrens vom Strafprozess schon allein dadurch, dass die Amtsanwaltschaft als Verfahrensbeteiligte zur Teilnahme an der Hauptverhandlung nicht verpflichtet ist (§ 75 Abs. 1 OWiG) und dem folgend an dieser in der Regel auch nicht teilnimmt. Gleichwohl kann eine wirksame Verfahrensabsprache mit dem Bußgeldrichter ohne Kenntnis der Amtsanwaltschaft nicht erfolgen, da auch im Bußgeldverfahren ihre Zustimmung erforderlich ist. Das Einholen der staatsanwaltschaftlichen Zustimmung wird in derartigen Fällen in der Regel durch die Übersendung der Akten vor der Hauptverhandlung umgesetzt werden (vgl. Fromm, NZV 2010, 550).

Da es hier an der gemäß § 257c Abs. 3 Satz 4 StPO erforderlichen Zustimmung der Amtsanwaltschaft fehlt, haben die Verfahrensbeteiligten keine Absprache im Sinne von § 257c StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG getroffen. Eine solche einseitige Verpflichtungserklärung widerspricht der Regelung des § 257c StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG und war daher gesetzwidrig (BVerfG NJW 2013, 1058). Die unter Missachtung der gesetzlichen Vorgaben zustande gekommene Absprache entfaltet daher keine Bindungswirkung gemäß § 257c Abs. 3 Satz 4 und Abs. 4 StPO  (vgl. BGH NStZ 2018, 232 m.w.N.).

d) Die Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch ist unwirksam, da diese auf einer objektiv unrichtigen Erklärung des Gerichts beruht.

Auch wenn die Beschränkungserklärung als Prozesserklärung grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1999 – 5 StR 714/98 -, juris), sind gleichwohl in der Rechtsprechung Ausnahmen anerkannt. So können die besonderen Umstände der Art und Weise des Zustandekommens der Rechtsmittelbeschränkung ihre Unwirksamkeit nach sich ziehen (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1999 a.a.O.). Dies betrifft insbesondere Konstellationen, in denen sich das Gericht zum Erreichen der Beschränkung unlauterer Mittel bedient oder in denen die Betroffene durch unrichtige oder fehlende amtliche Auskünfte in die Irre geführt wurde (vgl. Senat, Beschluss vom 23. April 2012 – (3) 121 Ss 34/12 (28/12) -, juris; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 6. Dezember 2018 – 1 OLG 121 Ss 70/18; OLG Stuttgart NStZ-RR 1996, 146; für Rechtsmittelrücknahme: OLG Düsseldorf NStZ-RR 1996, 307; für Rechtsmittelverzicht: BGH, Urteil vom 21. April 1999 a.a.O.).

Erforderlich ist überdies ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem solchen – staatlich zurechenbaren – Rechtsverstoß und der Willensbildung eines Verfahrensbeteiligten bei der Rechtsmittelbeschränkung (vgl. OLG Hamburg NStZ 2017, 307; NStZ 2014, 534). Unzureichend ist die nur abstrakt bestehende Möglichkeit, dass sich ein Verfahrensfehler auf die Willensbildung eines Verfahrensbeteiligten ausgewirkt haben könnte (vgl. OLG Braunschweig NStZ 2016, 563, 564).

Die Urteilsgründe führen aus, dass sich die Betroffene einem „in der ständigen Praxis aller beteiligter Justizbehörden […] gefundenen Kompromiss“ angeschlossen habe, wonach sie ihren Einspruch auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt und das Gericht im Gegenzug auf die Verhängung eines Fahrverbotes verzichtet hat.

Diese Zusage des Gerichts, dass die Vereinbarung von allen Verfahrensbeteiligten ? mithin auch von der Amtsanwaltschaft – getragen wird, konnte die Betroffene nur so verstehen, dass zumindest ein grundsätzliches Einverständnis der Amtsanwaltschaft mit dieser Vorgehensweise bestand und diese das vom Amtsrichter als Kompromiss bezeichnete Verfahren mitträgt. Tatsächlich war das jedoch nicht der Fall.

Die Einspruchsbeschränkung der Betroffenen ist daher hier ausnahmsweise unwirksam, weil diese allein aufgrund einer objektiv unrichtigen Erklärung des Amtsrichters hinsichtlich des Einverständnisses der Amtsanwaltschaft mit der Vorgehensweise beruht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Amtsrichter im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung davon ausging, dass ein allgemeiner Konsens aller Verfahrensbeteiligter hinsichtlich dieses Vorgehens besteht, da auch eine irrtümlich abgegebene objektiv unrichtige Auskunft des Gerichts zur Unwirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung führen kann (vgl. für Fälle des Rechtsmittelverzichts: BGH NStZ 2001, 493; Senat NStZ 2007, 541).

Der hierdurch bei der Betroffenen hervorgerufene Irrtum war auch zweifelsfrei für die von ihr erklärte Einspruchsbeschränkung ursächlich. Es ging ihr um die Vermeidung der Anordnung eines Fahrverbotes. Der Senat schließt aus, dass die Betroffene, hätte sie Kenntnis davon gehabt, dass die Amtsanwaltschaft die Vereinbarung nicht mitträgt und Rechtsbeschwerde erheben wird, die Einspruchsbeschränkung erklärt hätte.“

Beschränkung der Telefonerlaubnis eines U-Haft-Gefangenen, oder: Einzelfallentscheidung

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Heute dann ein „Kessel Buntes“ am Dienstag.

Und da ist dann zunächst der OLG Karlsruhe, Beschl. v. 08.01.2019 – 2 Ws 365/18, den mir der Kollege Rinklin aus Freibrug übersandt hat. Das OLG entscheidet überdie Beschränkung einer Telefonerlaubnis durch die Justizvollzugsanstalt. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Beschuldigten unter Angabe der jeweiligen Telefonnummern gestattet, „wöchentlich unter akustischer Überwachung auf seine Kosten für die Dauer von max. 15 Minuten“ mit insgesamt fünf benannten Personen (zwei Schwestern, seine Mutter, sein Sohn und die Kindesmutter) zu telefonieren. Die JVA teilt dann dem Verteidiger später mit, dass aufgrund der hohen Anzahl der Untersuchungsgefangenen, für die in einer Großzahl die Überwachung der Telefonate angeordnet sei, aus Kapazitäts- und Gleichbehandlungsgründen überwachte Telefonate in einem wöchentlichen Rhythmus für die Anstalt nicht leistbar seien, sondern lediglich 14-tägig stattfinden könnten. Für den Beschuldigten seien mittlerweile zahlreiche Personen für Telefongespräche zugelassen worden, so dass bereits 14-tägige Telefongespräche einen erheblichen Aufwand mit sich brächten und als ausreichend erachtet würden.

Darüber kommt es zum Streit, den das OLG Karlsruhe vorläufig zugunsten des Beschuldigten entschieden hat. Tenor der Entscheidung: So nicht:

„1. Nach § 20 Abs. 1 JVollzGB II Baden-Württemberg (im Folgenden JVoIIzGB II BW) kann Untersuchungsgefangenen gestattet werden, zu telefonieren. Über den Verweis in § 20 Abs. 2 Satz 1 JVoIIzGB II BW gelten dabei die für den Besuch geltenden Vor-schriften (§§ 12 ff. JVoIIzGB II BW) mit Ausnahme von § 12 Abs. 2 JVollzGB II BW entsprechend. Dementsprechend ist nach §§ 13, 20 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 JVoIIzG II BW der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin befugt, Telefongespräche zu untersagen (bzw. als mildere Maßnahme zu beschränken), wenn die Sicherheit und Ordnung der Anstalt ansonsten gefährdet ist (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03.08.2012 ¬3 Ws 314/12, juris).

Die Gestattung von Telefonaten steht im (pflichtgemäßen) Ermessen der Anstalt und ist dementsprechend nur eingeschränkt auf die Einhaltung von Ermessensgrenzen gerichtlich überprüfbar (vgl. allgemein KK-StPO/Schultheis, 7. Aufl. 2013, StPO § 119a Rn. 9). Es liegt daher grundsätzlich im Ermessen der Vollzugsanstalt, welche Maßnahmen im Einzelnen angezeigt sind, um Telefonate der Untersuchungsgefangenen organisatorisch zu bewältigen und die Sicherheit und Ordnung der Anstalt aufrecht erhalten zu können. Die Vollzugsanstalt hat hierbei im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung — wie stets bei der Auslegung der Vorschriften des Untersuchungshaftrechts — allerdings dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ein Untersuchungsgefangener noch nicht verurteilt ist und deswegen allein unvermeidbaren Beschränkungen unterworfen werden darf (vgl. zur Bedeutung der sog. Unschuldsvermutung im Untersuchungshaftvollzug nur BVerfG NStZ 1994, 52). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss daher den Vollzug der Untersuchungshaft in besonderem Maße prägen (BVerfG, Beschluss vom 17.10.2012 – 2 BvR 736/11, juris Rn. 24). Ebenso ist dem verfassungsrechtlichen Anspruch des Untersuchungsgefangenen auf den Schutz seiner Privatsphäre und seiner Familie Rechnung zu tragen (KG, Beschluss vom 27.06.2011 – 3 Ws 136/11, BeckRS 2011, 20094). § 12 Abs.1 Satz 2 JVollzG II BW sieht insoweit vor, dass der Kontakt zu Angehörigen gefördert wird. Diese Regelung ist Ausfluss des in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsrechtlich verbürgten besonderen Schutz der staatlichen Ordnung für Ehe und Familie (zu § 33 Abs. 2 UVoIIzG Berlin vgl. BGH, Beschluss vom 21.07.2014 — 2 BGs 255/14 -, juris; vgl. auch BeckOK Strafvollzug BW/Dorsch, 10. Ed. 1.10.2018, JVoIIzGB II BW § 12 Rn. 7 f.). Es bedarf daher einer besonders eingehenden, auch die Dauer der Untersuchungshaft und die persönliche Situation des jeweiligen Untersuchungsgefangenen berücksichtigenden Abwägung dessen, was einerseits dem Untersuchungsgefangenen gemessen an seinen grundrechtlichen Freiheiten an Beschränkungen und andererseits der Anstalt und dem für ihre angemessene Ausstattung verantwortlichen Staat an Aufwand zumutbar ist.

2. Nach diesen Maßstäben erweist sich die von der Justizvollzugsanstalt getroffene Entscheidung schon deshalb als ermessensfehlerhaft, weil eine auf den Einzelfall bezogene Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung der persönlichen Situation des Untersuchungsgefangenen nicht getroffen wurde. Die Justizvollzugsanstalt hat, indem sie ihre ablehnende Entscheidung auf Kapazitäts- und Gleichbehandlungsgründe und die Anzahl der bei dem Antragsteller insgesamt genehmigten Telefonate gestützt hat, den Umstand, dass Telefonate mit Angehörigen (zur Reichweite des Begriffs des Angehörigen vgl. Dorsch aaO JVoIIzGB II BW § 12 Rn. 7 – 8.1) in Rede standen, nicht in den Blick genommen. Die erforderliche Prüfung, ob aus diesem Grunde im Einzelfall die Gestattung häufigerer Telefonate geboten war, ist daher unterblieben. Der pauschale und nicht durch Zahlenwerk untermauerte Hinweis auf die hohe Anzahl von Untersuchungsgefangenen, für die in einer Großzahl der Fälle“ die Überwachung angeordnet ist, genügt den Anforderungen jedenfalls nicht. Demgegenüber könnte in die Ermessenserwägung eingestellt werden, ob die Angehörigen neben den Telefonaten auch die Möglichkeit von Besuchen haben, was zumindest bei der Mutter und der Schwester der Fall sein dürfte (Telefonvorwahl von pp.).“

AG I: Akteneinsicht des Nebenklägervertreters, oder: Beschränkung bei Aussage-gegen-Aussage

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Heute dann mal drei AG-Entscheidungen – ein bunter Reigen durch Straf- und Bußgeldverfahren.

Ich eröffne diesen Reigen mit dem AG Cloppenburg, Beschl. v. 25.05.2018 – 24 Ls 511 Js 51486/17 (6/18) – zur Akteneinsicht des Nebenklägervertreters in den Fällen von Aussage-gegen-Aussage. Das wird immer wieder diskutiert. Das AG Cloppenburg sagt dazu: Dem Beistand des Nebenklägers steht zwar grundsätzlich gem. § 406e Abs. 1 StPO das Recht zur Akteneinsicht zu. In den Fällen der sog. Aussage-gegen-Aussage-Konstellation kann dieses jedoch beschränkt werden:

„Dem Beistand der Nebenklägerin steht zwar grundsätzlich gem. § 406e Abs. 1 StPO das Recht zur Akteneinsicht zu. Allerdings liegt dem Angeklagten Vergewaltigung der Nebenklägerin zur Last, hat der Angeklagte sich nicht eingelassen und außerhalb einer förmlichen Vernehmung die Tat bestritten und ist nach Aktenlage einziges unmittelbar tatbezogenes Beweismittel die Nebenklägerin, liegt also eine Aussage-gegen-Aussage­Konstellation vor. Die Aussagekraft des für die Beweiswürdigung in dieser Beweiskonstellation wesentlichen Realitätskriteriums der Aussagekonstanz wird jedoch durch die vollständige Akteinsicht der einzigen Belastungszeugin entwertet. Vollständige Akteneinsicht gefährdet daher eine den aussageanalytischen Vorgaben des Bundesgerichtshofs entsprechende gerichtliche Beweiswürdigung und somit den Untersuchungszweck, § 406e Abs. 2 S. 2. Akteneinsicht war daher — andererseits allerdings auch: nur — in diejenigen Teile der Akte zu versagen, die Vernehmungen der Nebenklägerin und hieran jeweils anschließende Ermittlungsberichte und -vermerke der Polizei enthalten (vgl. zu alledem grundlegend OLG Hamburg, NStZ 2015, 105 mit zust. Anm. Radtke (1. Senat); dies sind vorliegend die im Tenor genannten Aktenteile. Sofern demgegenüber die Ausführungen des BGH (5. Senat) in NStZ 2016, 367 dahingehend zu verstehen sein sollten, einem Nebenklägervertreter sei auch in einer Aussage-gegen­Aussage-Konstellation unbeschränkte Akteneinsicht zu gewähren, solange nicht konkrete Umstände wie etwa Hinweise auf eine konkrete Falschaussagemotivation des einzigen Belastungszeugen oder Besonderheiten in seinen Aussagen bereits Anlass zu konkreten Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Aussage geben, würde dem nicht gefolgt werden können (dagegen bereits die Gesetzgebungsmaterialien: „Dieser Versagungsgrund [der Gefährdung des Untersuchungszwecks] kann deshalb auch dann herangezogen werden, wenn die Kenntnis des Verletzen vom Akteninhalt die Zuverlässigkeit und den Wahrheitsgehalt einer von ihm noch zu erwartenden Zeugenaussage beeinträchtigten könnte.“ (BT-Dr 10/5305 S. 18, Hervorhebung nur hier); s. a. BVerfG, NJW 2017, 1164 (Rn. 17 a. E.); gegen die Auffassung des 5. Senats, mit Gewährung von Akteneinsicht an den Verfahrensbevollmächtigten des Verletzten gehe nicht typischerweise eine Entwertung des Realitätskriteriums der Aussagekonstanz einher, jetzt — berücksichtigt man den Umstand, dass der anwaltliche Beistand rechtlich nachgerade dazu verpflichtet ist, die durch die Akteneinsicht erlangten Kenntnisse mit der Mandantschaft zu teilen (vgl. dazu etwa BVerfG NJW 2007, 1052) — auch BGH (2. Senat) StV 2017, 7 (Rn. 14)).“

Passt.

Danke an den Kollegen Acar aus Weener für die Übersendung der Entscheidung.

Beschränkung der Kommunikation Verteidiger/Beschuldigter, oder: Rechtsmittel

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Heute gibt es dann mal nur zwei Beiträge. Nach 3 1/2 Wochen Urlaub muss ich erst mal wieder richtig in den Arbeitsmodus kommen und aufarbeiten. Im Übrigen ist wahrscheinlich bri den meisten Kollegen eh nicht mehr viel los.

Also dann zum Tagesbeginn eine Entscheidung des Ermittlungsrichters des BGH, und zwar der BGH, Beschl. v. 14.11.2017 – 4 BGs 156/17. Er ist in einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Begehung von Kriegsverbrechen gem. § 8 Abs. 1 VStGB sowie des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung gem. §§ 129a, 129b StGB ergangen. Der Beschuldigte befindet sich seit (??; der BGH-Beschluss hat an der Stelle eine Lücke) aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts B. vom selben Tag in U-Haft. Für die Vollstreckung eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters des BBGH v. 15.09.2017 ist Überhaft vorgemerkt. Mit Beschluss des Ermittlungsrichters des BGH v. 18.09.2017 wurden Anordnungen gemäß § 119 Abs. 1 StPO und § 148 Abs. 2 StPO getroffen, die auch für den Vollzug der Untersuchungshaft in dem Verfahren der Generalstaatsanwaltschaft B. Geltung haben. Dagegen hat der Verteidiger des Beschuldigten Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 119 Abs. 5 Satz 1 StPO gestellt, nachdem der 3. Strafsenat des BGH die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des BGH vom 18.09.2017 als unzulässig verworfen hatte.

Der BGH sieht den Antrag als zulässig an.

1. Der Antrag ist vollumfänglich zulässig.

Dem Beschuldigten steht in analoger Anwendung des § 119 Abs. 5 Satz 1 StPO ein Antragsrecht auch hinsichtlich der nach § 148 Abs. 2 StPO getroffenen Anordnungen zu.

Zwar umfasst § 119 Abs. 5 Satz 1 StPO nach seinem Wortlaut lediglich Entscheidungen und Maßnahmen nach § 119 Abs. 1 und 2 StPO.
Sinn des § 119 Abs. 5 Satz 1 StPO ist es jedoch, dem Beschuldigten im Hinblick auf die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG umfassenden Rechtsschutz gegen gerichtliche Anordnungen zur Ausgestaltung der Untersuchungshaft zu gewähren. Die Norm räumt dem Beschuldigten daher das Recht ein, in den Fällen gerichtliche Entscheidung zur Überprüfung der haftbeschrän-kenden Anordnungen nach § 119 Abs. 1 und 2 StPO zu beantragen, in denen der Beschwerdeweg nach § 304 StPO nicht eröffnet ist (vgl. MünchKomm-StPO/Böhm/Werner, § 119 Rn. 76). Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Januar 2012 – StB 19/11, BGHR StPO § 304 Abs. 5 Verhaftung 5; vom 18. Oktober 2017 – StB 24/17, zitiert nach juris, dort Rn. 4) für haftgrundbezogene Beschränkungen nach § 119 Abs. 1 StPO der Fall, sofern diese vom Oberlandesgericht oder Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs getroffen wurden. Denn der Begriff der „Verhaftung“ im Sinne des § 304 Abs. 5 StPO umfasst nur Entscheidungen des Ermittlungsrichters, welche unmittelbar darüber befinden, ob der Beschul-digte in Haft zu nehmen oder zu halten ist. Durch Haftbeschränkungsanordnungen wird indes nur die Art und Weise des Vollzuges geregelt (vgl. BGH, aaO).

Der Beschuldigte soll durch die Rechtsschutzmöglichkeit des § 119 Abs. 5 Satz 1 StPO in diesen Fällen nicht auf eine von Amts wegen zu veranlassende Aufhebung der Beschränkung angewiesen sein, sondern diese selbst initiieren können (MünchKomm-StPO/Böhm/Werner, § 119 Rn. 80).

Beschränkungen in der Kommunikation mit dem Verteidiger eines wegen des dringenden Verdachts einer Tat nach §§ 129a, 129b StGB inhaftierten Beschuldigten werden wegen der Zuständigkeitsregelung des § 120 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 142 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 GVG i.V.m. § 169 Abs. 1 StPO ausschließlich durch das Oberlandesgericht oder den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs angeordnet und unterliegen daher im Hinblick auf § 304 Abs. 5 StPO in keinem Fall dem Beschwerderecht nach § 304 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2017 – StB 24/17 –, zitiert nach juris, dort Rn. 4).

Da diese Maßnahmen – wie dargelegt – nicht dem direkten Anwen-dungsbereich des § 119 Abs. 5 Satz 1 StPO unterfallen, besteht eine Rechtsschutzlücke (vgl. MünchKomm-StPO/Thomas/Kämpfer, § 148 Rn. 30).

Anordnungen nach § 148 Abs. 2 StPO, mit denen das Recht des Be-schuldigten auf freien Verkehr mit seinem Verteidiger beschränkt wird, greifen indes zumindest mit gleicher, meist jedoch mit höherer Intensität als Anordnungen nach § 119 Abs. 1 StPO in den Rechtskreis des Beschuldigten ein, sodass eine vergleichbare prozessuale Interessenlage besteht. Dass der Gesetzgeber den Beschuldigten in diesen Fällen bewusst rechtsschutzlos stellen wollte, ist nicht ersichtlich.

Eine am Normzweck des § 119 Abs. 5 Satz 1 StPO orientierte Rechtsanwendung gebietet daher eine analoge Anwendung des § 119 Abs. 5 Satz 1 StPO auf Anordnungen nach § 148 Abs. 2 StPO.“

Sicherlich ein Sonderproblem, aber ganz interessant die Frage.

OWi-Verfahren I: Beschränkung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid auf die Geldbuße? Ja, das geht…

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Heute dann mal ein wenig „OWi-Verfahrensrecht“. Den Reigen eröffnet das AG Dortmund, Urt. v. 18.07.2017 729 OWi-267 Js 1158/17-191/17 – zur Frage, ob der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid, der eine Geldbuße und ein Fahrverbot festsetzt, auf die  Höhe der Geldbuße wirksam beschränkt werden kann. Das AG sagt – unter Hinweis auf Rechtsprechung des OLG Hamm -: Das geht:

„Gegen den Betroffenen waren dementsprechend eine Geldbuße und ein Regelfahrverbot festzusetzen. Letzteres war hier nicht näher zu prüfen, da insoweit auch die Beschränkung des Einspruchs griff (zur Zulässigkeit einer derartigen Rechtsmittelbeschränkung: OLG Hamm, Beschluss vom 16.1.2012 – III-2 RBs 141/11 = BeckRS 2012, 08582; Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen, 4. Aufl. 2017, § 21 Rn. 6). Was die Regelgeldbuße von 500,00 € anging, die aufgrund einer Voreintragung im Bußgeldbescheid noch auf 550,00 € erhöht war, so hat das Gericht die Geldbuße auf 275,00 € abgesenkt aufgrund der wirtschaftlichen und persönlichen Umstände des Betroffenen. Der Verteidiger hat für den Betroffenen glaubhaft dargelegt, dass der Betroffene Kleinunternehmern ist. Er ist Spediteur, und zwar als Einzelunternehmer. Mittlerweile wurde dem Betroffenen seine Fahrerlaubnis im verwaltungsrechtlichen Wege sofort vollziehbar entzogen. Er behilft sich derzeit dadurch, dass ein befreundeter Fuhrunternehmer Fahrten, die der Betroffene organisiert, mitdurchführt. Hierdurch schafft es der Betroffene auf ein Monatsnetto zwischen 600,00 und 800,00 €. Das Gericht hat so aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten die Geldbuße auf die genannten 275,00 € herabgesetzt.“

Schwieriger wird es, wenn es um die „Alleinbeschränkung“ auf das Fahrverbot geht. Das wird in der Rechtsprechung differenzierter gesehen. Dazu Gieg in Burhoff, (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl., Rn 949 ff..