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Fahrverbot und isolierte Sperrfrist, auch beim Wiederholungstäter muss (eingehend) begründet werden

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Und zum Tagesschluss dann noch eine „Fahrerlaubnisentscheidung“, und zwar den OLG Hamm, Beschl. v. 31.01.2017 – 4 RVs 2/17. Man merkt schon am Aktenzeichen, dass er etwas älter ist. In der Entscheidung geht es um die Anordnung eines Fahrverbotes und einer isolierten Sperrfrist. Das AG hatte gegen den Angeklagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr eine Geldstrafe sowie ein zweimonatiges Fahrverbot verhängt und eine einjährige Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet. Die Revision des Angeklagten hatte hinsichtlich des Fahrverbotes und der Sperrfrist Erfolg:

„1. Die Begründung zur Anordnung des Fahrverbots als Nebenstrafe und die Begründung zur Anordnung der Maßregel der isolierten Sperrfrist halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Zur Begründung des Fahrverbots führt das Amtsgericht aus:

„Darüber hinaus war dem Angeklagten als Nebenstrafe gem. § 44 StGB ein Fahrverbot aufzuerlegen, da die Tat mittels eines grundsätzlich fahrerlaubnisfreien Fahrzeugs begangen wurde und die Anordnung einer Fahrerlaubnissperre hinsichtlich des Angeklagten keine fühlbaren Auswirkungen hat. Soweit der Angeklagte in der Hauptverhandlung darauf hingewiesen habe, dass er das Fahrzeug für Einkäufe und dergleichen benötige, folgt daraus insoweit nichts anderes, da der Angeklagte entsprechende Einkäufe auch mittels eines Fahrrades bzw. mittels öffentlicher Verkehrsmittel sicherlich bewerkstelligen kann. Aus diesem Grund ist auch die Anordnung des Fahrverbotes nicht unverhältnismäßig.“

Diese Begründung lässt besorgen, dass das Amtsgericht den Zweck der isolierten Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach § 69a Abs. 1 S. 3 StGB verkannt und nur deswegen zusätzlich ein Fahrverbot verhängt hat. Die Formulierung, dass die Fahrerlaubnissperre für den Angeklagten keine „fühlbaren Auswirkungen“ habe, deutet darauf hin, dass der Tatrichter dieser Sanktion einen Strafcharakter beigemessen hat. Tatsächlich handelt es sich aber um eine Ergänzung zur nicht freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung der Entziehung der Fahrerlaubnis (vgl. § 61 Nr. 5 StGB). Maßregeln der Besserung und Sicherung dienen aber dem Schutz der Allgemeinheit vor dem Straftäter, also der Gefahrenabwehr, durch bessernde oder sichernde Maßnahmen, nicht – wie die Strafe (jedenfalls auch) – der Zufügung eines (Straf-) Übels (Stree/Kinzig in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., Vor § 71 ff., Rdn. 2 ff.; vgl. zu freiheitsentziehenden Maßregeln auch: BVerfG NJW 2012, 1784, 1786). Da die Verhängung einer Fahrerlaubnissperre damit nur gefahrenabwehrrechtlichen Charakter hat (es geht darum, die Allgemeinheit davor zu schützen, dass unzuverlässigen Kraftfahrern eine Fahrerlaubnis erteilt wird), kommt es nicht darauf an, ob diese Sanktion für den Angeklagten spürbar ist oder nicht.

Da der Tatrichter bei der Bemessung von Haupt- und Nebenstrafe auch das Wechselspiel dieser beiden Strafen nicht erörtert hat, war der Strafausspruch insgesamt aufzuheben. Haupt- und Nebenstrafe zusammen dürfen die Tatschuld nicht überschreiten (vgl.: Fischer, StGB, 64. Aufl., § 44 Rdn. 17 m.w.N.).

b) Darüber hinaus enthält die Begründung zur Verhängung einer isolierten Sperrfrist einen durchgreifenden Erörterungsmangel. Das Amtsgericht führt lediglich aus:

„Darüber hinaus hat sich der Angeklagte allerdings durch die Trunkenheitsfahrt wiederum als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Gem. § 69a StGB war eine isolierte Sperrfrist zu erteilen, die das Gericht mit einem Jahr als notwendig und angemessen erachtet hat.“

§ 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB enthält eine Regelvermutung dafür, dass bei Begehung der Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) Umstände in der Person des Angeklagten wirksam geworden sind, welche die Schlussfolgerung auf Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen zulassen. Umstände, welche die Indizwirkung der vorgenannten Katalogtat widerlegen und daher zu einer Ausnahme von der Regelvermutung führen, sind positiv festzustellen. Die Entscheidung ist eingehend zu begründen. Es kommt stets auf die Umstände des Einzelfalls an. An eine Widerlegung der Regelvermutung sind nochmals gesteigerte Anforderungen zu stellen, sofern es sich um einen Wiederholungstäter handelt, gegen den bereits früher Maßregeln nach §§ 69, 69 a StGB verhängt worden sind (OLG Hamm, Urt. v. 10.11.2015 – III-5 RVs 125/15 –juris m.w.N.).

Zwar wurde der Angeklagte bereits im Jahre 2011 wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr bestraft und gegen ihn auch seinerzeit bereits ein Fahrverbot und eine Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet, so dass ein Wiederholungsfall vor – und eine Sperrfristverhängung vorliegend sehr nahe liegt. Andererseits hat das Amtsgericht aber festgestellt, dass der Angeklagte, der „Spiegeltrinker“ sei, bereits vor der Hauptverhandlung eine dreimonatige Entgiftung durchgeführt und sich eine Kostenzusage für 20 therapeutische Einzelgespräche verschafft habe. Wie sich diese Umstände auf die Geeignetheit des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen auswirken, hat das Amtsgericht weder bzgl. der Anordnung der Sperre noch bzgl. der Bemessung ihrer Dauer erörtert.“

Wiedereinsetzung I: Auf die Zustellung des Hauptverhandlungsprotokolls kommt es nicht an…

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Heute werde ich dann drei Entscheidungen vorstellen, die sich in meinem „Blogordner“ zu Wiedereinsetzungsfragen angesammelt haben. Die erste ist der BGH, Beschl. v. 27.06.2017  – 2 StR 129/17. Es geht um einen Wiederesinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist. Der Angeklagte ist nach der Verkündung Des LG dem Angeklagten eine Rechtsmittelbelehrung erteilt worden, die sich auch zur Frist für die Revisionsbegründung geäußert hat. Der Angeklagte legte durch Schriftsätze seine beiden Verteidiger B. und P. Revision ein. Das Urteil wurde Rechtsanwalt B. am 02.08.2016 und Rechtsanwalt P. am 08.092016 zugestellt. Da eine Revisionsbegründung nicht (fristgemäß) eingegangen ist, hat das LG mit Beschluss vom 31.10.2016, der Rechtsanwalt P. am 08.11.2016 zugestellt wurde, die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen. Dagegen der Antrag von Rechtsanwalt P. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Zur Begründung wird vorgetragen: Das Protokoll der Hauptverhandlung sei ihm nicht zugestellt worden. Habe keiner der verschiedenen Verteidiger in der Tatsacheninstanz durchgehend an der Hauptverhandlung teilgenommen, sei dem Angeklagten – schon von Amts wegen – nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn auch nur einem seiner Verteidiger das Hauptverhandlungsprotokoll nicht zugestellt worden sei. Jedenfalls treffe den Angeklagten kein Verschulden an der Fristversäumung. Dieser habe sich mehrfach bei ihm, Rechtsanwalt P. , nach den Fristen erkundigt. Der Angeklagte habe auf seine Erklärung vertrauen dürfen, die Revisionsbegründungs-frist beginne erst nach Zustellung des Hauptverhandlungsprotokolls an ihn.

Der BGH verwirft als unzulässig: Der Wiedereinsetzungsantrag leider an Mängeln im Tatsachenvortrag und dessen Glaubhaftmachung im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO.

a) Aus einem Formfehler bei der Zustellung des Hauptverhandlungsprotokolls an einen von mehreren Verteidigern ergibt sich kein Wiedereinsetzungsgrund. Es gibt nur ein Rechtsmittel des Angeklagten, dessen Revisionsbegründungsfrist im vorliegenden Fall bereits mit der ersten Urteilszustellung, hier derjenigen an Rechtsanwalt B. am 2. August 2016, beginnt und deshalb am 2. September 2016 endete. Durch eine am 5. September 2016 angeordnete und am 8. September 2016 bewirkte Urteilszustellung an Rechtsanwalt P. wurde die dann bereits abgelaufene Revisionsbegründungsfrist nicht wieder neu eröffnet, denn für erst nach Fristablauf bewirkte Doppelzustellungen gilt § 37 Abs. 2 StPO nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juli 1968 – 1 StR 77/68, BGHSt 22, 221, 223). Auf die Zustellungen an Rechtsanwalt P. kommt es daher nicht an.

b) Ein anwaltliches Verschulden bei der Versäumung der Frist hat sich der Angeklagte nicht zurechnen zu lassen. Jedoch ergibt sich aus dem Vorbringen kein Sachverhalt, bei dessen Vorliegen der Angeklagte ohne eigenes Ver-schulden an der Wahrnehmung der Frist gehindert war. Er kannte aufgrund der Rechtsmittelbelehrungen die Revisionsbegründungsfrist. Welche Abreden er mit Rechtsanwalt B. zur Durchführung des Revisionsverfahrens getroffen hat, der ebenfalls für ihn Revision eingelegt hat, ist nicht dargetan. Auch die Gespräche mit Rechtsanwalt P. , aus denen sich ein schutzwürdiges Vertrauen des Angeklagten auf dessen Auskünfte ergeben soll, sind nicht näher mitgeteilt worden. Ob der Angeklagte sich vor Fristablauf oder etwa erst nach dem Revisionsverwerfungsbeschluss „mehrfach“ bei Rechtsanwalt P. „nach den einzuhaltenden Fristen und deren Beginn bzw. Ablauf erkundigt“ hat, ist dem Antragsvorbringen nicht zu entnehmen. Es ist im Übrigen auch – ungeachtet des Antrags des Generalbundesanwalts, den Wiedereinsetzungsantrag zu verwerfen – im nachgereichten Schriftsatz vom 17. Mai 2017 nicht erläutert worden. Dass der Angeklagte tatsächlich auf die unzutreffende Behauptung von Rechtsanwalt P. vertraut hat, die Frist zur Revisionsbegründung werde erst nach ordnungsgemäßer Zustellung des Hauptverhandlungsprotokolls an ihn in Lauf gesetzt, hat der Angeklagte nicht behauptet. Er hat nur die Meinung geäußert, er habe darauf vertrauen dürfen. Das genügt nicht.“

Tja, Wiedereinsetzung ist schwer. Allerdings: Wenn den nun „Rechtanwalt P.“ tatsächlich dem Angeklagten gegenüber geäußert hat, „Frist zur Revisionsbegründung werde erst nach ordnungsgemäßer Zustellung des Hauptverhandlungsprotokolls an ihn in Lauf gesetzt„, – davon muss man aber ja wohl ausgehen, denn es ist ja vorgetragen – lässt das auf vertiefte Kenntnisse des Revisionsrechts schließen 🙂 .

(Klassischer) Fehler der StA, oder: Inbegriffsrüge ist schwer

entnommen wikimedia.org Urheber Harald Bischoff

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Urheber Harald Bischoff

Ich habe ja schon mehrfach über die sog. Inbegriffsrüge und deren Begründung berichtet. So z.B. u.a. über den OLG Hamm, Beschl. v. 15.04.2016 – 2 RBs 61/16 mit Hochreck Verfahrensrüge, oder: Wie begründe ich die Inbegriffsrüge richtig?  –  da war die Rüge ausreichend begründet. Allerdings sind mehr Verfahren Gegenstand der Berichterstattung gewesen, in denen das nicht der Fall war. Und dazu gehört nun auch das BGH, Urt. v.  12.05.2016 – 4 StR 569/15. Da ging es um Aufklärungsrügen der StA, mit denen die in der Revision beim BGH keinen Erfolg hatte. Der GBA hatte die Revision der StA „vertreten“, sich ihr also angeschlossen.

Beanstandet worden ist von der StA mit den Aufklärungsrügen, dass die Strafkammer es unterlassen hat, die für die beiden „– in den Niederlanden geborenen und dort auch lebenden – Angeklagten erholten [muss wohl heißen: eingeholten“] und zu den Akten gelangten niederländischen Strafregisterauskünfte zum Gegenstand der Hauptverhandlung zu machen. Diese weisen für beide Angeklagte mehrere Verurteilungen – auch wegen „Verstoßes gegen das Opiumgesetz“ – aus. In ihrem Urteil bezeichnet die Strafkammer den Angeklagten K. als „nicht vorbestraft“; hinsichtlich des Angeklagten B. enthält das Urteil keine Mitteilung zu (nicht) vorhandenen Vorstrafen.“

Dazu der BGH:

„b) Die Rügen sind unzulässig.

aa) Wird beanstandet, das Tatgericht habe den Inhalt in der Hauptver-handlung nicht verlesener Urkunden verwertet, so gehört zur ordnungsgemäßen Begründung der Verfahrensrüge nicht nur die Behauptung, dass die Ur-kunde nicht verlesen worden, sondern auch die Darlegung, dass der Inhalt der Urkunde nicht in sonst zulässiger Weise eingeführt worden sei (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. Juli 2014 – 4 StR 78/14, NStZ 2014, 604, 605 mwN). Nichts anderes gilt, wenn statt einer Inbegriffsrüge gemäß § 261 StPO eine Aufklärungsrüge erhoben wird und hierbei nicht auf die – überlegene – Beweisqualität der Urkunde, auf deren genauen Wortlaut oder auf andere, durch sons-tige Beweismittel nicht oder schwerer nachweisbare Umstände abgestellt wird. Denn eine erfolgreiche Aufklärungsrüge setzt voraus, dass der Beweis nicht erhoben wurde. Liegt ein solcher Fall nicht vor und wird mit einer Aufklärungs-rüge beanstandet, dass eine Urkunde nicht verlesen oder im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist, so ist es – zu-mindest in Fällen, in denen dies in Betracht kommt – daher erforderlich, dass die Revision mitteilt, dass die Urkunde oder deren Inhalt nicht auf andere Wei-se in die Hauptverhandlung eingeführt wurde (vgl. zur Verpflichtung zum Vor-trag sogenannter Negativtatsachen auch BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 – 2 BvR 656/99, BVerfGE 112, 185; ferner KK/Gericke, StPO, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 mwN).

bb) Den sich hieraus ergebenden Anforderungen wird der Tatsachenvor-trag der Staatsanwaltschaft nicht gerecht (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

Denn die Staatsanwaltschaft trägt in ihrer Rechtsmittelbegründung selbst vor, dass die niederländischen Strafregisterauskünfte nicht nur „zumindest auszugsweise verlesen“, sondern „den Angeklagten auch vorgehalten worden sind“. Zwar beweist das Hauptverhandlungsprotokoll (§ 274 StPO), dass eine Verlesung nicht erfolgt ist. Jedoch verhält sich die Revisionsbegründung nicht dazu, ob und gegebenenfalls welche Angaben die Angeklagten, deren „Werdegang“ (was die Staatsanwaltschaft ebenfalls nicht mitteilt) laut Protokoll in der Hauptverhandlung erörtert wurde, auf den – nicht protokollierungsbedürftigen – Vorhalt hin gemacht haben. Auch aus dem Schweigen der Urteilsgründe kann nicht geschlossen werden, dass das Gericht die von der Staatsanwaltschaft vermisste Aufklärung unterlassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1999 – 3 StR 17/99 mwN). Die Revisionsbegründung trägt daher nicht vor, dass ein Aufklärungsmangel tatsächlich vorliegt oder sich über die Vorhalte und hierzu möglicherweise abgegebene Erklärungen hinaus die Verlesung der Urkunden aufgedrängt hat. Dies hat die Unzulässigkeit der Verfahrensrügen zur Folge. Daher kann offen bleiben, ob in Fällen, in denen der Inhalt eines Schriftstücks in der Hauptverhandlung erörtert und nicht bestritten worden ist, dass das Schriftstück diesen Inhalt hat, ein Urteil regelmäßig nicht darauf beruhen kann, dass das Schriftstück nicht verlesen worden ist (so BGH, Beschluss vom 18. Februar 2016 – 1 StR 590/15).“

Beweisantrag: Beweisthema, Beweismittel…. und was noch?, oder: Konnexität

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Im Beweisantragsrecht spielt ggf. der Begriff“ der sog. Konnexität eine große Rolle. Dabei geht es um den Zusammenhnag zwischen Beweismittel und Beweisthema, also z.B. um die Frage: Warum kann der als Beweismittel angebotene Zeuge etwas zu der Beweistatsache sagen. Ob das Erfordernis der Konnexität nun ein drittes Element des Beweisantrages ist oder ob mit diesem Erfordernis die Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Beweisantrag überspannt werden, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Die Rechtsprechung, vor allem auch die des BGH, verlangt ggf. Ausführungen zur Konnexität, die Literatur sieht das anders. Vor einiger Zeit hat jetzt noch einmal das OLG Frankfurt im OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.01.2016 – 1 Ss 364/15 – zu der Frage Stellung genommen, sie aber letztlich nicht entscheiden müssen, weil die vom Angeklagten erhobene Verfahrensrüge nicht ausreichend begründet war.

Im Rahmen der Hauptverhandlung hatte der Verteidiger des Angeklagten folgenden Antrag gestellt:

„Zum Beweis dafür, dass der Zeuge Z1 im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung am 06.06.2013 u.a. angegeben hat:
1 …
2 …
beantrage ich die Vernehmung des KKA B … sowie des Dolmetschers C …

Die Beweiserhebung wird ergeben, dass der Zeuge Z1 i.d. heutigen Hauptverhandlung die Unwahrheit gesagt hat. Dieser hat nämlich bekundet, in Shiraz werden Begriffe wie ‚wir‘ und ‚uns‘, auch wenn man selbst als Einzelperson gemeint ist, verwendet. Die Zeugen werden sehr wohl bekunden, dass der Zeuge Z1 mit ‚wir‘ und ‚uns‘ in dem zitierten Zusammenhang mehrere Personen gemeint hat.“

Das OLG führt zu der Ablehnung dieses Antrages aus:

Grundsätzlich bedarf jeder Beweisantrag eines Ablehnungsbeschlusses gem. § 244 Abs. 6 StPO, damit der Angeklagte auf die neue Verfahrenskonstellation adäquat reagieren kann. Das Fehlen eines Beschlusses ist jedoch dann unschädlich, wenn sich aus dem Verhalten des Antragstellers ergibt, dass er den Beweisantrag nicht aufrechterhalten will, wenn er nach den Umständen nicht im Unklaren darüber sein konnte, dass das Gericht von der Erledigung des Beweisantrages ausgegangen war und er dies widerspruchslos hingenommen hat, oder, wenn anstatt des beantragten, ein gleichwertiges Beweismittel verwendet wird (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. 2015, § 244 Rn. 41a m.w.N.).

Vorliegend bestehen jedoch bereits Zweifel, ob es sich bei dem gestellten Antrag um einen Beweisantrag oder um einen bloßen Beweisermittlungsantrag handelt.

Für einen bescheidungsbedürftigen Beweisantrag ist neben der Bezeichnung einer bestimmten Beweistatsache und der Angabe eines bestimmten Beweismittels die nähere Darlegung erforderlich, weshalb die Auskunftsperson die in ihr Wissen gestellte Beobachtung gemacht haben und darüber berichten kann (sog. Konnexität). Der Antrag muss erkennen lassen, weshalb der Zeuge etwas zu dem Beweisthema bekunden können soll, wenn aus dem Inhalt des Beweisbegehrens ein verbindender Zusammenhang zwischen der Beweisbehauptung und dem benannten Zeugen nicht ohne Weiteres erkennbar ist. Diese Ausführungen sind geboten, um dem Gericht eine sachgerechte Prüfung und Anwendung der Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 3 StPO zu ermöglichen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 244 StPO Rn. 21a m.w.N.; einschr. Jahn StV 2009, 663, 664).

Eine nähere Darlegung der Gründe, weshalb der Zeuge B die vom Zeugen Z1 getätigten Angaben inhaltlich selbst verstanden hatte, enthielt der gestellte Antrag jedoch nicht. Allein aus der Tatsache, dass KKA B der polizeilichen Vernehmung beiwohnte, konnte auf seine Wahrnehmungsmöglichkeit nicht zwangsläufig geschlossen werden, da die Vernehmung mit Hilfe eines Dolmetschers durchgeführt wurde. Aus dem gestellten Antrag ergab sich weder, in welchem Umfang der Zeuge Z1 seine Angaben in fremder Sprache gemacht hatte, noch, inwieweit es KKA B möglich war, diese zu verstehen. Mithin war dem Antrag nicht zu entnehmen, ob beziehungsweise in welchem Umfang KKA B die zu beweisenden Angaben des Zeugen Z1 selbst wahrgenommen oder ob er bei der Vernehmung ausschließlich auf die Übersetzung des Dolmetschers angewiesen war. Diese Angaben wären jedoch erforderlich gewesen, um das Gericht in die Lage zu versetzen, eine sachgerechte Prüfung der Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 3 StPO, insbesondere hinsichtlich der Ungeeignetheit des Beweismittels, vornehmen zu können.

Die Frage der ordnungsgemäßen Darlegung der Konnexität kann vorliegend jedoch letztlich dahinstehen, da die Verfahrensrüge jedenfalls nicht den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entspricht.

Nach dieser Vorschrift müssen bei einer Verfahrensrüge die Tatsachen, aus denen sich der behauptete Verfahrensmangel ergeben soll, so vollständig und genau dargelegt werden, dass das Revisionsgericht aufgrund dieser Darlegung ohne Rückgriff auf die Akten prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen sind oder bewiesen werden (Meyer¬Goßner/Schmitt, StPO, § 344 Rn. 24 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe genügt die Mitteilung des Inhalts des gestellten Antrags und die Tatsache der unterbliebenen Bescheidung in der Revisionsbegründung vorliegend nicht diesen Anforderungen.

Damit das Revisionsgericht sachgerecht hätte prüfen können, ob der gestellte Antrag konkludent im Rahmen der Beweisaufnahme zurückgenommen worden ist, hätte die Revisionsbegründung zusätzlich nähere Ausführungen zu dem Verfahrensablauf nach Antragstellung machen und alles vortragen müssen, was auf eine konkludente Rücknahme des Antrags hätte hindeuten können. Insbesondere hätte es zudem der Darlegung bedurft, weshalb der Polizeibeamte Angaben hätte machen können, die über diejenigen des Dolmetschers hinausgegangen wären.“

Auch die StA „kann nicht immer Aufklärungs- = Verfahrenrüge“

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Auch die Staatsanwaltschaft „kann nicht immer Aufklärungs = Verfahrensrüge“. Das ist das Fazit aus dem OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.03.2016 – 1 Ss 356/15. In der Revision hatte die Staatsanwaltsschaft die Aufklärungsrüge erhoben und beanstandet, dass im Verfahren – es ging um einen Verstoß gegen das WaffG – die Schusswaffe, die Verfahrensgegenstand war, hätte in Augenschein genommen werden müssen. Nicht ordnungsgemäß erhoben, aber auch unbegründet, sagt das OLG:

„2. Die Verfahrensrüge der Staatsanwaltschaft ist sowohl unzulässig als auch unbegründet.

Die Beanstandung gründet sich darauf, dass das Gericht die besagte Schusswaffe hätte in Augenschein nehmen müssen und ein Gutachten zur Frage hätte erstellen lassen müssen, ob die Identifizierung der Waffe als Schusswaffe durch den Angeklagten möglich gewesen wäre. Das Landgericht hätte damit seine Pflicht aus § 244 Abs. 2 StPO verletzt.

a) Zur wirksamen Erhebung der Verfahrensrüge bedarf es der eindeutigen Bezeichnung des Antrages, sei es als Beweisantrag oder als Beweisermittlungsantrag. Diese Frage lässt die Revisionsführerin ausdrücklich offen. Zur den Förmlichkeiten des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden Anbringung einer Verfahrensrüge gehört aber auch, dass sich der Revisionsführer festlegt, welche Art von Antrag in der Tatsacheninstanz gestellt wurde und wie durch die Ablehnung Verfahrensrecht verletzt worden ist. Eine allgemeine Verfahrensrüge sieht das Gesetz gerade nicht vor.

b) Zudem ist die Verfahrensrüge auch deshalb unzulässig, weil die Staatsanwaltschaft nicht ausreichend darlegt, warum sich die Inaugenscheinnahme der Waffe und die Einholung eines Sachverständigenbeweises hätte aufdrängen müssen. Dies ist aber bei einer Aufklärungsrüge notwendig.

Es ist insbesondere nicht ausreichend, darauf zu verweisen, dass sich spätestens durch die Anträge im Plädoyer eine weitere Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen. Denn wenn dies zutreffen würden, würde schon jeder Beweis(ermittlungs)antrag dazu führen, dass sich eine weitere Beweisaufnahme aufdrängte mit der Folge, dass das Tatgericht nach § 244 Abs. 2 StPO zu einer weiteren Sachaufklärung verpflichtet wäre. Die differenzierten Regelungen des § 244 Abs. 376 StPO über die Ablehnung von Beweisanträgen wären dann überflüssig.

c) Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, dass die Revisionsführerin das Beruhen des Urteils auf dem gerügten Verfahrensfehler jedenfalls dann nicht hinreichend deutlich gemacht hat, wenn man entsprechende, ins Einzelne gehende Ausführungen verlangen würde (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O., § 344 Rn. 27). Die Staatsanwaltschaft führt lediglich aus, dass das Landgericht „möglicherweise“ zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Für die zulässige Erhebung der Verfahrensrüge muss allerdings mit Bestimmtheit dargelegt werden, zu welchem Ergebnis das Gericht bei der beantragten Untersuchung gekommen wäre und warum die Beweisführung des Tatrichters unzureichend war. Daran fehlt es.

d) Überdies wäre die Verfahrensrüge selbst bei ordnungsgemäßer Erhebung unbegründet, denn hinsichtlich der Inaugenscheinnahme besteht kein Surrogationsverbot. Das Landgericht konnte daher auch Bilder der Waffe nutzen (Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O., § 244 Rn. 78). Einen Sachverständigenbeweis mit der Frage zu erheben, ob der Angeklagte konkrete Kenntnisse über bestimmte Tatsachen hatte, ist auch völlig ungeeignet. Der Sachverständige dient nicht dazu, dem Gericht die rechtliche Bewertung der inneren Tatseite abzunehmen (Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O., § 244 Rn. 74a).“

Mit der Sachrüge hatte die Staatsanwaltschaft aber dann Erfolg. Die ist ja auch einfach(er) 🙂 .