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StPO I: Erfordernis „Konnexität“ beim Beweisantrag, oder: Einfache Konnexität reicht uns jetzt

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Heute gibt es dann StPO-Entscheidungen, und zwar alle drei von „ganz oben“, also vom BGHG.

Ich beginne mit dem BGH, Beschl. v. 01.09.2021 – 5 StR 188/21. Der ist für eine Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen, was die Bedeutung dieser Entscheidung unterstreicht. Der BGH behandelt in dem Beschluss eine Problematik aus dem Bereich des Beweisantragsrechts, und zwar in Zusammenhang mit der sog. Konnexität. Schon nach der früheren Rechtsprechung des BGH musste sich ja ein Beweisantrag zu der Frage verhalten, es war aber umstritten in welchem Umfang. Der 5. Strafsenat des BGH hatte in BGHSt 52, 284 ausgeführt, dass der Antragsteller über die Darlegung der Konnexität im sog. „einfachen Sinne ggf. darüber hinaus weitergehende Umstände vortragen müsse, die seinen Antrag – etwa bei fortgeschrittener Beweisaufnahme mit bislang gegenteiligen Beweisergebnissen – plausibel erscheinen lassen. Die Rechtsprechung hat der BGH jetzt aufgegeben:

„Soweit das Landgericht davon ausgegangen ist, dass sich der Beweisantrag darüber hinaus auch zu solchen Umständen verhalten muss, die ihn bei fortgeschrittener Beweisaufnahme mit gegenläufigen Beweisergebnissen dennoch plausibel erscheinen lassen – was sich insbesondere aus der Ablehnungsbegründung ergibt: es sei nicht dargelegt, warum der Zeuge „etwas ganz anderes als in der bisherigen Beweisaufnahme festgestellt, aussagen“ werde -, trifft dies nicht zu. Denn solche weitergehenden Anforderungen an die Konnexität, die die vom Landgericht vorgenommene Einstufung als bloßen Beweisermittlungsantrag rechtfertigen könnten, werden von Gesetzes wegen nach der umfassenden Neuregelung des Beweisantragsrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2121) nicht gestellt.

(a) Der Gesetzestext des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO („weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll“) legt nach seinem Wortlaut nicht nahe, dass der Antragsteller über die Darlegung der Konnexität im bezeichneten Sinne hinaus weitergehende Umstände vortragen müsse, die seinen Antrag – etwa bei fortgeschrittener Beweisaufnahme mit bislang gegenteiligen Beweisergebnissen – „plausibel“ erscheinen lassen (vgl. demgegenüber aber – sogenannte „qualifizierte Konnexität“ – BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 – 5 StR 38/08, BGHSt 52, 284; Beschluss vom 24. Juni 2008 – 5 StR 238/08; vom 3. November 2010 – 1 StR 497/10, NStZ 2011, 169 f.; kritisch gegenüber dieser Erweiterung des Konnexitätserfordernisses BGH, Urteil vom 14. August 2008 – 3 StR 181/08, NStZ 2009, 171; Beschluss vom 4. Dezember 2012 – 4 StR 372/12, NStZ 2013, 476; LR-StPO/Becker, 27. Aufl., § 244 Rn. 113; MüKo-StPO/Trüg/Habetha, § 244 Rn. 136; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 244 Rn. 21c; KK-StPO/Krehl, 8. Aufl., § 244 Rn. 82; SK-StPO/Frister, 5. Aufl., § 244 Rn. 57; Ventzke, NStZ 2011, 301; ders. StV 2009, 655, 657 f.; Schneider, NStZ 2012, 169; ders. FS Eisenberg, 2009, 609, 628 f.; Beulke/Witzigmann, StV 2009, 58; Fezer, HRRS 2008, 457, 458 f.; Habetha/Trüg, GA 2009, 406, 420 f.; Trüg StV 2013, 66; ders., StraFo 2010, 139; Jahn StV 2009, 663, 664 f.; Sturm, StraFo 2009, 410; Eidam, JR 2008, 520).

(b) Diese Auslegung des Konnexitätsmerkmals entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Ausweislich der Gesetzgebungsgeschichte und der Gesetzesmaterialen hat er bei der Normierung des Merkmals „weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll“ lediglich die „Konnexität“ im zuerst genannten, nicht aber diejenige im „qualifizierten“ Sinne im Blick gehabt (ausführlich Schäuble, NStZ 2020, 377, 379; vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 244 Rn. 21c; Güntge, StraFo 2021, 92, 97 f.). Dies wird durch seine lediglich auf solche Konstellationen abstellenden Formulierungen in den Gesetzesmaterialien deutlich. Darin heißt es (BT-Drucks. 19/14747 S. 33 f.): „Um solchen Beweisbehauptungen zu begegnen, die überhaupt nicht erkennen lassen, in welcher Weise das benannte Beweismittel zur Klärung der Beweisbehauptung beitragen kann, soll auch die Rechtsprechung zur sogenannten ‚Konnexität‘ eines Beweisantrags ins Gesetz übernommen werden (vergleiche BGH, Beschluss vom 19. September 2007 – 3 StR 354/07, StV 2008, 9 f.; Beschluss vom 20. Juli 2010 – 3 StR 218/10, StraFo 2010, 466). Der Beweisantrag muss danach den erforderlichen Zusammenhang (‚Konnexität‘) zwischen Beweismittel und Beweistatsache erkennen lassen. In der Begründung des Beweisantrags soll ein nachvollziehbarer Grund dafür anzugeben sein, weshalb mit dem bezeichneten Beweismittel die Beweisbehauptung nachgewiesen werden kann (vergleiche BGH, Beschluss vom 3. November 2010 – 1 StR 497/10, NStZ 2011, 169 f. mit weiteren Nachweisen), wenn sich dies nicht ohnehin von selbst versteht. Dem Beweisantrag soll beispielsweise zu entnehmen sein, weshalb ein Zeuge die Beweisbehauptung aus eigener Wahrnehmung bestätigen können soll. Dadurch soll den Gerichten schon von Gesetzes wegen insbesondere der Umgang mit solchen Beweisersuchen erleichtert werden, die die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnen, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder die keinen konkreten Zusammenhang des bezeichneten Beweismittels mit der Beweistatsache aufweisen.“

(c) Eine derartige Auslegung wird auch der Systematik und den Prinzipien des Beweisantragsrechts gerecht. Das Beweisantragsrecht garantiert den Verfahrensbeteiligten als Ausgleich für die dominierende Stellung des die Beweisaufnahme bestimmenden Gerichts ein starkes Teilhaberecht am Prozess der Wahrheitsfindung in der Hauptverhandlung (vgl. Mosbacher, GS Widmaier, 2013, 79). Es sichert die Subjektstellung des Angeklagten in der Hauptverhandlung sowie seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. November 1983 – 1 BvR 1313/82, BVerfGE 65, 305, 307 mwN) und ist eines der zentralen Rechte des Angeklagten und der Verteidigung (MüKo-StPO/Trüg/Habetha, § 244 Rn. 13). Den Verfahrensbeteiligten muss es auch möglich sein, solche Tatsachen unter Beweis zu stellen, deren Bestätigung durch das Beweismittel lediglich vermutet oder für möglich gehalten wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. März 2021 – 5 StR 35/21; vom 11. April 2013 – 2 StR 504/12, NStZ 2013, 536, 537; vom 4. Dezember 2012 – 4 StR 372/12, NStZ 2013, 476; Urteil vom 15. Dezember 2005 – 3 StR 201/05, NStZ 2006, 585). Zudem ist das Beweisantragsrecht vom Verbot der Beweisantizipation geprägt (vgl. BGH, Beschluss vom 16. März 2021 – 5 StR 35/21; näher MüKo-StPO/Trüg/Habetha, § 244 Rn. 2; LR-StPO/Becker, 27. Aufl., § 244 Rn. 183 ff.). Der Antragsteller muss auch eine Tatsache unter Beweis stellen können, für deren Richtigkeit die bisherige Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte ergeben hat und die ungewöhnlich oder unwahrscheinlich erscheint (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2012 – 4 StR 372/12, NStZ 2013, 476 mwN). Für das Vorliegen eines Beweisantrages kann es mithin nicht konstituierend sein, dass der Antragsteller plausibel macht, weshalb das von ihm benannte Beweismittel trotz gegebenenfalls entgegenstehender bisheriger Beweisergebnisse die unter Beweis gestellte Tatsache belegen können soll (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 244 Rn. 21c). Die Grenzen werden insoweit lediglich durch das Merkmal der Ernsthaftigkeit (vgl. dazu näher BGH, Beschluss vom 16. März 2021 – 5 StR 35/21) und eine Antragstellung in Verschleppungsabsicht (vgl. § 244 Abs. 6 Satz 2 StPO) gezogen.

An insoweit etwa entgegenstehender eigener Rechtsprechung hält der Senat nicht fest, an solche anderer Senate des Bundesgerichtshofs ist er angesichts der umfassenden gesetzlichen Neuregelung des Beweisantragsrechts nicht im Sinne von § 132 Abs. 2 GVG gebunden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 1998 – 4 StR 273/98, BGHSt 44, 121, 124; vom 24. Oktober 2001 – 1 StR 163/01, NStZ 2002, 160). Die Entscheidung des 4. Strafsenats vom 10. März 2020 (4 StR 640/19) betraf einen Fall, bei dem im Beweisantrag die Wahrnehmungssituation des Zeugen nicht konkret genug geschildert wurde; sie steht der hiesigen Auslegung deshalb nicht tragend entgegen (vgl. aber auch Güntge, StraFo 2021, 92, 97).“

Auch Revisionsgerichte sind also gegen bessere Einsicht nicht gefeit. Eine schöne und richtige Entscheidung, in der der BGH, dann gleich auch noch etwas zur „Ernsthaftigkeit“ des Beweisverlangens ausführt:

„(3) Dass es dem Antrag an der gebotenen Ernsthaftigkeit gemangelt hätte, ist nicht ersichtlich.

Mangels Ernsthaftigkeit ist einem auf Beweiserhebung gerichteten Antrag die Qualität eines Beweisantrags im Rechtssinne abzusprechen, wenn die Beweisbehauptung ohne jeden tatsächlichen Anhaltspunkt und ohne jede begründete Vermutung lediglich „aufs Geratewohl“ und „ins Blaue hinein“ aufgestellt wird (vgl. näher BGH, Beschluss vom 16. März 2021 – 5 StR 35/21). Die Ablehnung eines Beweisantrags als nicht ernsthaft gemeint, kommt nur ausnahmsweise in Betracht und erfordert einen hohen argumentativen Aufwand des Tatgerichts. Erforderlich ist eine ausführlich begründete Gesamtwürdigung von Beweisbegehren, Prozessverhalten und Beweislage. Weil die Herabstufung eines ansonsten formgerechten Beweisantrags zu einem bloß unter Aufklärungsgesichtspunkten beachtlichen Beweisermittlungsantrag regelmäßig in ein Spannungsverhältnis zu den Beweisteilhaberechten der Verfahrensbeteiligten und dem das Beweisantragsrecht prägenden Verbot der Beweisantizipation gerät, ist bei der Ablehnung derartiger Anträge mangels Ernsthaftigkeit äußerste Zurückhaltung geboten (BGH, aaO).

Im vorliegenden Fall gab es ausreichende Anhaltspunkte für die Vermutung der Verteidigung, der Zeuge werde trotz des bis dahin erzielten Beweisergebnisses die Beweistatsache bekunden. Die Verteidigung hat nach Antragsablehnung nochmals auf folgende Gesichtspunkte hingewiesen: der Vorname des Anrufers, seine Stellung als M. -Berater, die Lokalisierung des Anrufers in B. , die Verbindung mit Immobiliengeschäften und zu einem Mann von persischer Abstammung, von dem eine Bedrohung ausgehe, und der kurze Zeitraum vor der Tat. Hinzu kommt, dass die Verantwortlichen von M. selbst eine Benachrichtigung der Polizei wegen eines mutmaßlichen Zusammenhangs der Anrufe mit der Tat für erforderlich gehalten und die anschließenden Aufklärungsbemühungen kein klares Ergebnis erbracht hatten.“

Trotz dieser Rechtsprechung sollte man als Verteidiger immer etwas zur Konnexität ausführen. Sicher ist sicher.

Beweisantrag: Beweisthema, Beweismittel…. und was noch?, oder: Konnexität

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Im Beweisantragsrecht spielt ggf. der Begriff“ der sog. Konnexität eine große Rolle. Dabei geht es um den Zusammenhnag zwischen Beweismittel und Beweisthema, also z.B. um die Frage: Warum kann der als Beweismittel angebotene Zeuge etwas zu der Beweistatsache sagen. Ob das Erfordernis der Konnexität nun ein drittes Element des Beweisantrages ist oder ob mit diesem Erfordernis die Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Beweisantrag überspannt werden, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Die Rechtsprechung, vor allem auch die des BGH, verlangt ggf. Ausführungen zur Konnexität, die Literatur sieht das anders. Vor einiger Zeit hat jetzt noch einmal das OLG Frankfurt im OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.01.2016 – 1 Ss 364/15 – zu der Frage Stellung genommen, sie aber letztlich nicht entscheiden müssen, weil die vom Angeklagten erhobene Verfahrensrüge nicht ausreichend begründet war.

Im Rahmen der Hauptverhandlung hatte der Verteidiger des Angeklagten folgenden Antrag gestellt:

„Zum Beweis dafür, dass der Zeuge Z1 im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung am 06.06.2013 u.a. angegeben hat:
1 …
2 …
beantrage ich die Vernehmung des KKA B … sowie des Dolmetschers C …

Die Beweiserhebung wird ergeben, dass der Zeuge Z1 i.d. heutigen Hauptverhandlung die Unwahrheit gesagt hat. Dieser hat nämlich bekundet, in Shiraz werden Begriffe wie ‚wir‘ und ‚uns‘, auch wenn man selbst als Einzelperson gemeint ist, verwendet. Die Zeugen werden sehr wohl bekunden, dass der Zeuge Z1 mit ‚wir‘ und ‚uns‘ in dem zitierten Zusammenhang mehrere Personen gemeint hat.“

Das OLG führt zu der Ablehnung dieses Antrages aus:

Grundsätzlich bedarf jeder Beweisantrag eines Ablehnungsbeschlusses gem. § 244 Abs. 6 StPO, damit der Angeklagte auf die neue Verfahrenskonstellation adäquat reagieren kann. Das Fehlen eines Beschlusses ist jedoch dann unschädlich, wenn sich aus dem Verhalten des Antragstellers ergibt, dass er den Beweisantrag nicht aufrechterhalten will, wenn er nach den Umständen nicht im Unklaren darüber sein konnte, dass das Gericht von der Erledigung des Beweisantrages ausgegangen war und er dies widerspruchslos hingenommen hat, oder, wenn anstatt des beantragten, ein gleichwertiges Beweismittel verwendet wird (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. 2015, § 244 Rn. 41a m.w.N.).

Vorliegend bestehen jedoch bereits Zweifel, ob es sich bei dem gestellten Antrag um einen Beweisantrag oder um einen bloßen Beweisermittlungsantrag handelt.

Für einen bescheidungsbedürftigen Beweisantrag ist neben der Bezeichnung einer bestimmten Beweistatsache und der Angabe eines bestimmten Beweismittels die nähere Darlegung erforderlich, weshalb die Auskunftsperson die in ihr Wissen gestellte Beobachtung gemacht haben und darüber berichten kann (sog. Konnexität). Der Antrag muss erkennen lassen, weshalb der Zeuge etwas zu dem Beweisthema bekunden können soll, wenn aus dem Inhalt des Beweisbegehrens ein verbindender Zusammenhang zwischen der Beweisbehauptung und dem benannten Zeugen nicht ohne Weiteres erkennbar ist. Diese Ausführungen sind geboten, um dem Gericht eine sachgerechte Prüfung und Anwendung der Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 3 StPO zu ermöglichen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 244 StPO Rn. 21a m.w.N.; einschr. Jahn StV 2009, 663, 664).

Eine nähere Darlegung der Gründe, weshalb der Zeuge B die vom Zeugen Z1 getätigten Angaben inhaltlich selbst verstanden hatte, enthielt der gestellte Antrag jedoch nicht. Allein aus der Tatsache, dass KKA B der polizeilichen Vernehmung beiwohnte, konnte auf seine Wahrnehmungsmöglichkeit nicht zwangsläufig geschlossen werden, da die Vernehmung mit Hilfe eines Dolmetschers durchgeführt wurde. Aus dem gestellten Antrag ergab sich weder, in welchem Umfang der Zeuge Z1 seine Angaben in fremder Sprache gemacht hatte, noch, inwieweit es KKA B möglich war, diese zu verstehen. Mithin war dem Antrag nicht zu entnehmen, ob beziehungsweise in welchem Umfang KKA B die zu beweisenden Angaben des Zeugen Z1 selbst wahrgenommen oder ob er bei der Vernehmung ausschließlich auf die Übersetzung des Dolmetschers angewiesen war. Diese Angaben wären jedoch erforderlich gewesen, um das Gericht in die Lage zu versetzen, eine sachgerechte Prüfung der Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 3 StPO, insbesondere hinsichtlich der Ungeeignetheit des Beweismittels, vornehmen zu können.

Die Frage der ordnungsgemäßen Darlegung der Konnexität kann vorliegend jedoch letztlich dahinstehen, da die Verfahrensrüge jedenfalls nicht den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entspricht.

Nach dieser Vorschrift müssen bei einer Verfahrensrüge die Tatsachen, aus denen sich der behauptete Verfahrensmangel ergeben soll, so vollständig und genau dargelegt werden, dass das Revisionsgericht aufgrund dieser Darlegung ohne Rückgriff auf die Akten prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen sind oder bewiesen werden (Meyer¬Goßner/Schmitt, StPO, § 344 Rn. 24 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe genügt die Mitteilung des Inhalts des gestellten Antrags und die Tatsache der unterbliebenen Bescheidung in der Revisionsbegründung vorliegend nicht diesen Anforderungen.

Damit das Revisionsgericht sachgerecht hätte prüfen können, ob der gestellte Antrag konkludent im Rahmen der Beweisaufnahme zurückgenommen worden ist, hätte die Revisionsbegründung zusätzlich nähere Ausführungen zu dem Verfahrensablauf nach Antragstellung machen und alles vortragen müssen, was auf eine konkludente Rücknahme des Antrags hätte hindeuten können. Insbesondere hätte es zudem der Darlegung bedurft, weshalb der Polizeibeamte Angaben hätte machen können, die über diejenigen des Dolmetschers hinausgegangen wären.“

Nachgebessert – und dann war der Beweisantrag konnex genug

© Corgarashu – Fotolia.com

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Wer sich mit Beweisantragsrecht befasst, der weiß, dass eine Keule, die von den Tatgerichten gerne immer wieder zur Ablehnung von (Beweis)Anträgen auf Vernehmung von Zeugen herausgeholt wird, die sog. Konnexität ist. Gemeint ist damit, dass nach teilweise vertretener Auffassung in der Rechtsprechung für das Vorliegen eines Beweisantrags neben Angabe von Beweisthema und Beweismittel weiterhin erforderlich ist, dass der Antragsteller näher darlegt, weshalb der Zeuge überhaupt etwas zu dem Beweisthema bekunden können soll, wenn aus dem Inhalt des Beweisbegehrens ein verbindender Zusammenhang zwischen der Beweisbehauptung und dem benannten Zeugen nicht ohne Weiteres erkennbar ist. Mit der Frage setzt sich auch noch einmal der BGH, Beschl. v. 08.07.2014 – 3 StR 240/14 – auseinander, wobei m.E. eine gewisse Distanz des 3. Strafsenats zu diesem (Tatbestands)Merkmal des Beweisantrages erkennbar ist/wird. Letztlich kann der Senat die Frage aber offen lassen, denn hier hatte der Verteidiger, nachdem das LG seinen Antrag mit der Begründung zurückgewiesen hatte, diesem mangele es an der Konnexität zwischen der Beweisbehauptung und dem benannten Beweismittel, nachgebessert und weitere Angaben gemacht. Und die haben dann zum Erfolg der Revision gegen die Ablehnung des Beweisantrages geführt.

„b) Es kann dahinstehen, ob dieser Rechtsprechung in vollem Umfang zu folgen und mit dem Kriterium der Konnexität ein eigenständiges konstitutives Element eines Beweisantrags benannt ist oder im Ergebnis letztlich nur die notwendige Konkretisierung der Beweistatsache umschrieben wird. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob die dargelegte neuere Rechtsprechung in der Sache als Abkehr von dem Grundsatz zu werten ist, dass der Antragsteller auch das, was er lediglich vermutet, unter Beweis stellen darf, und ob es sich in das System des § 244 Abs. 3 StPO einfügt, wenn die inhaltlichen Anforderungen an einen Beweisantrag von dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme abhängig gemacht werden (vgl. etwa schon BGH, Urteil vom 14. August 2008 – 3 StR 181/08, NStZ 2009, 171, 172; vgl. auch BGH, Beschluss vom 17. November 2009 – 4 StR 375/09, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 47; Beschluss vom 4. Dezember 2012 – 4 StR 372/12, aaO.; KK-Krehl, 7. Aufl., § 244 Rn. 82 ff.; LR/Becker, 26. Aufl., § 244 Rn. 114). Jedenfalls nach der ergänzenden Konkretisierung des Beweisantrags liegt hier ein nach allen dargestellten Auffassungen ausreichender Zusammenhang zwischen der Beweisbehauptung und dem benannten Zeugen vor. …“

Für mich ein schönes Beispiel, dass es sich lohnen kann, nach zu karten bzw. nach zu legen und man nicht zu früh aufgeben sollte.

Neues zur Konnexität – Rechtsprechung rudert (ein wenig) zurück

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Wer die Rechtsprechung der Obergerichte, vornehmlich die des BGH, zum Beweisantragsrecht verfolgt, weiß, dass es dort ein Problem gibt, das immer wieder den BGH, aber auch die Literatur beschäftigt. Nämlich die Frage, ob zu einem ordnungsgemäßen (Zeugen)Beweisantrag nicht nur die Voraussetzungen Beweismittel und Beweisbehauptung gehören, sondern ggf. noch eine dritte, nämlich die sog. Konnexität. Wenn ja, müsste dazu vorgetragen werden, warum ein Zeuge zu einem bestimmten Beweisthema überhaupt etwas sagen kann, warum er also mit ihm „Konnex“ ist. Der BGH hat diese Voraussetzung vor einigen Jahren postuliert, die Literatur läuft dagegen Sturm und sieht darin eine im Gesetz nicht vorgesehene und daher nicht erforderliche/zulässige dritte Voraussetzung. Über die Fragen hatte ich ja bereits schon vor kurzem im Posting: Der “Subunternehmer” im Beweisantrag, oder: Der “konnexe” BGH zum BGH, Beschl. v. 15.01. 2014 – 1 StR 379/13 berichtet.

Jetzt bin ich auf zwei weitere Entscheidungen gestoßen, die ich vorstellen möchte.

  • Das ist zunächst der BGH, Beschl. v. 24.03.2014 – 5 StR 2/14. Ihn kann man dahin zusammenfassen, dass der BGH an dem Erfordernis der Konnexität trotz aller Kritik weiterhin festhält – alles andere würde auch überraschen, ja, sie sogar noch verschärft hat (vgl. dazu nur: BGHSt 52, 284StRR 2008, 425). Aber: Es ist erforderlich – aber auch ausreichend – wenn die Umstände dargelegt werden, aus denen sich ergibt, warum es dem Zeugen möglich sein kann, die Beweistatsache zu bekunden. Und: Der 5. Strafsenat weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass diese Rechtsprechung nicht dazu „missbraucht“ werden darf, spät in der Beweisaufnahme gestellten Beweisanträge über den Weg der fehlenden Konnexität ihren Charakter als Beweisantrag zu nehmen, wenn es sich um einen unmittelbaren Tatzeugen handeln soll, dessen Wahrnehmungsmöglichkeit nach der bisherigen Beweisaufnahme nicht ausgeschlossen oder als von vorneherein unrealistisch erscheint. Zutreffend und sicherlich als Ruf vom BGH mal erforderlich.
  • Auf einer ähnlichen Linie liegt der OLG Schleswig, Beschl. v. 06.11.2013 – 1 Ss 124/13. Es verweist darauf, dass das Erfordernis der Konnexität keinen weiteren Ablehnungsgrund i.S. von § 244 Abs. 3 Satz 2 Stopp begründet, sondern (nur) der Feststellung dient, ob überhaupt ein nach § 244 Abs. 6 StPO bescheidungspflichtiger Beweisantrag vorliegt, bei dem das Gericht an die Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 3 bis 5 StPO gebunden ist.

 

Der „Subunternehmer“ im Beweisantrag, oder: Der „konnexe“ BGH

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Jeder am Strafverfahren Beteiligte – Verteidiger, Staatsanwalt oder Richter – kennt den Streit/die Diskussion, ob bei der Benennung eines Zeugen in einem Beweisantrag der Beweisantrag über Beweismittel und Beweistatsache hinaus noch eine dritte Komponente enthalten muss. Ob er nämlich ggf. zur Frage der sog. Konnexität zwischen der Beweistatsache und dem Beweismittel Stellung nehmen muss und der Beweisantrag ggf. nur ein Beweisermittlungsantrag ist, wenn diese Komponente fehlt. Dieses „Tatbestandsmerkmal“ (?) eines Beweisantrages kommt aus der Rechtsprechung des BGH – ich meine, es war der Flamingo-Bar-Fall – und um dieses Merkmal wird seitdem gestritten. Die Frage hat dann jetzt auch noch einmal im BGH, Beschl. v. 15.01. 2014 – 1 StR 379/13 – eine Rolle gespielt. Der BGH hat da allerdings zur Problematik der Konnexität nicht grundsätzlich Stellung genommen, sondern ist von ihr als „Gott gegeben“ ausgegangen, hat aber das Erfordernis der Darlegung eines besonderen Zusammenhangs verneint. Dabei hat er seinen Ausführungen folgenden Verfahrensablauf zugrunde gelegt.:

Die Verteidigung hatte in der Hauptverhandlung „die zeugenschaftliche Einvernahme von Herrn H. (…) zum Nachweis der Tatsache, dass die Firma F. GmbH als Subunternehmer für die J. (GmbH) auf den Baustellen Überseequartier Ha. und Kaufhof L. tätig war“ beantragt. Vier weitere, ebenfalls an diesem Hauptverhandlungstag gestellte Beweisanträge wichen von diesem Antrag nur insoweit ab, als in das Wissen jeweils eines bzw. zweier Zeugen gestellt war, dass weitere benannte Firmen für die J. GmbH ebenfalls als Subunternehmer auf näher bezeichneten Baustellen/Bauvorhaben tätig waren. In einem weiteren Beweisantrag war in die Wahrnehmung eines Zeugen gestellt, dass „Mitarbeiter der Firma S. GmbH & Co. KG Rechnungen für die S. an die J. (GmbH) für Subunternehmerleistungen der S. geschrieben haben“. Schließlich wurde die Vernehmung eines weiteren Zeugen zum Beweis der Tatsache beantragt, dass „Herr Su. das Bauvorhaben (…) für die J. (GmbH) eigenverantwortlich verhandelt und geleitet“ habe und für diese „auch weitere Subunternehmen, nämlich die T. GmbH gebunden und zum Einsatz gebracht“ habe. Das LG lehnte die Beweisanträge ab. Die Anträge seien mangels Vortrags zur sogenannten Konnexität zwischen der Beweistatsache und dem Beweismittel als bloße Beweisermittlungsanträge zu qualifizieren. Das hat der BGH auf die Verfahrensrüge hin aufgehoben:

„… Die Auffassung des Landgerichts, der Einordnung als Beweisantrag stehe im vorliegenden Fall entgegen, dass in den Anträgen die erforderliche Konnexität zwischen der Beweistatsache und dem Beweismittel nicht hinreichend erörtert worden sei, teilt der Senat nicht.(1) Die Kammer knüpft offenbar an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an, wonach in Fällen, in denen aus dem Inhalt des Beweisbegehrens ein verbindender Zusammenhang zwischen der Beweisbehauptung und dem benannten Zeugen nicht ohne Weiteres erkennbar ist, ein Beweisantrag im Sinne des § 244 StPO eine nähere Darlegung zur sogenannten Konnexität zwischen Beweismittel und Beweisbehauptung erfordert. Dies bedeutet im Falle des Zeugenbeweises, dass der Antrag erkennen lassen muss, weshalb der Zeuge überhaupt etwas zu dem Beweisthema bekunden können soll (BGH, Beschlüsse vom 3. November 2010 – 1 StR 497/10, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Konnexität 1; vom 17. November 2009 – 4 StR 375/09, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 47; BGH, Urteile vom 28. November 1997 – 3 StR 114/97, BGHSt 43, 321, 329 ff.; vom 23. Oktober 1997 – 5 StR 317/97, NStZ 1998, 97; zusammenfassend Meyer-Goßner, 56. Aufl., § 244 StPO Rn. 21). Andernfalls fehle dem Begehren die Qualität eines Beweisantrags.

Die Ausführungen zur Konnexität im weiteren Sinne (zur Terminologie vgl. Nachweise in BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2012 – 4 StR 372/12, NStZ 2013, 476; Urteil vom 14. August 2008 – 3 StR 181/08, NStZ 2009, 171) sollen dem Gericht eine sachgerechte Prüfung und Anwendung der Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 3 StPO, NStZ 2013, 476 ermöglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2012 – 4 StR 372/12, NStZ 2013, 476; Urteil vom 5. Dezember 2005 – 3 StR 201/05, NStZ 2006, 585; Beschluss vom 22. Juni 1999 – 1 StR 205/99, NStZ 1999, 522 mwN; zum Gebot einer Konkretisierung der Wahrnehmungssituation unter Einbeziehung der Ergebnisse der bisher durchgeführten einschlägigen Beweisaufnahme vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 – 5 StR 38/08, BGHSt 52, 284; vgl. auch BGH, Beschluss vom 3. November 2010 – 1 StR 497/10, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Konnexität 1).

(2) Der näheren Begründung dieses Zusammenhangs bedarf es jedoch nur dann, wenn er sich nicht von selbst versteht (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 – 1 StR 336/11 mwN; Beschluss vom 17. November 2009 – 4 StR 375/09, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 47; Urteil vom 10. Juni 2008 – 5 StR 38/08, BGHSt 52, 284; Beschluss vom 2. August 2000 – 3 StR 154/00, NStZ-RR 2001, 43 mwN). Die Revision macht in diesem Zusammenhang geltend, aus den „vorgelegten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft“ ergebe sich, dass es sich bei den benannten Zeugen mit Ausnahme des Zeugen E. (dieser sei als Bauleiter für die Firma Fe. tätig gewesen) um die Geschäftsführer und/oder Gesellschafter derjenigen Firmen handelte, deren Subunternehmertätigkeit für die J. GmbH unter Beweis gestellt war. Dies sei nach Aktenlage offenkundig und damit den Verfahrensbeteiligten bekannt gewesen. Diesem Vorbringen ist die Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsgegenerklärung nicht entgegengetreten (zur Bedeutung der Revisionsgegenerklärung vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. November 2013 – 1 StR 476/13; vom 22. August 2006 – 1 StR 293/06, BGHSt 51, 84, jew. mwN).

(3) Dass mit der Benennung der Geschäftsführer/Gesellschafter der in Rede stehenden Baufirmen als Zeugen ein nachvollziehbarer Grund für die Annahme besteht, dass diese in der Lage sind, über die Subunternehmertätigkeit dieser Firmen Angaben machen zu können, liegt auf der Hand. Es bedurfte insoweit entgegen der Auffassung des Landgerichts auch keiner näheren Erörterung der „Wahrnehmungssituation“ der angegebenen Zeugen:

Die Frage der Subunternehmertätigkeit der in den Beweisanträgen be-nannten Firmen auf bestimmten Baustellen wird sich zwar in aller Regel nicht anhand der visuellen Wahrnehmung von „Augenzeugen“ beantworten lassen. So könnte etwa die Beobachtung eines „Augenzeugen“ auf einer Baustelle (wie etwa, dass dort Arbeiten verrichtet werden) die Frage, ob bzw. welchem Unter-nehmen die von ihm wahrgenommenen Arbeiter zuzuordnen sind, nicht beantworten. Dass aber der Verantwortliche eines Unternehmens erwartungsgemäß aufgrund seiner beruflichen Kenntnis Angaben darüber machen kann, ob und in welchem Umfang das Unternehmen (hier: als Subunternehmer) tätig ist, versteht sich von selbst. Einer näheren Darlegung zur Konnexität und zur Wahrnehmungssituation der Zeugen bedurfte es vor diesem Hintergrund, worauf die Revision zutreffend hinweist, nicht. Entsprechendes gilt vorliegend bzgl. des Bauleiters E. , in dessen Wissen Subunternehmertätigkeiten der Firma T. GmbH auf einer ersichtlich von ihm betreuten Baustelle gestellt war.“

Ups, war jetzt ein wenig länger – aber kürzer ging nicht 🙂