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beA II: Insolvenzverfahren bzw. Zustellungsauftrag, oder: Auch da gilt die aktive Nutzungspflicht

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Und dann noch zwei Entscheidungen zum beA/elektronischen Dokument, die nicht aus dem Straf-/Bußgeldverfahren stammen, sondern aus dem Insolvenzverfahren, und zwar:

    1. Auch der durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigter des Schuldners eingereichte Eigenantrag unterliegt dem Formerfordernis gemäß §§ 4 InsO, 130d, 130a ZPO.
    2. Wird ein elektronisches Dokument nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen, so bedarf es neben der Übermittlung auf einem sicherem Übertragungsweges auch einer einfachen Signatur der verantwortenden Person.
    3. Eine solche Signatur erfordert zumindest die Wiedergabe des Namens der zu verantwortenden Person am Ende des Textes. Eine Übersendung aus dem elektronischen Anwaltspostfach des Bevollmächtigten genügt dafür nicht.

§ 130d ZPO gilt für alle vorbereitenden Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen und damit im Zivilprozess umfassend für die gesamte schriftliche Kommunikation mit dem Gericht. Die Vorschrift umfasst nach der Begründung des Gesetzgebers nicht nur das Erkenntnisverfahren im ersten Rechtszug, sondern umfasst alle anwaltlichen schriftlichen Anträge und Erklärungen nach der ZPO, also auch Zustellungsaufträge.

beA I: Elektronisches Dokument und Selbstverteidiger, oder: Ausreichende Begründung der Ersatzeinreichung

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Heute ist Samstag und damit „Kessel-Buntes-Tag“. Und in dem Kessel liegen heute mal wieder beA-Entscheidungen. Wegen der Berichterstattung dazu müssen den verkehrszivilrechtlichen Entscheidungen ein wenig zurückstehen, aber das hole ich wieder auf 🙂 .

Zunächst hier zwei Entscheidungen aus dem Straf-/Bußgeldverfahren, nämlich:

In dem dem OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.06.2022 – 1 OLG 53 Ss-OWi 149/22 – zugrunde liegenden Bußgeldverfahren hat der Betroffene, ein Rechtsanwalt, der sich selbst verteidigt hat, die Rechtbeschwerde per Fax bzw. auf dem Postwege eingereicht. Das geht nicht, meint das OLG:

„Die Rechtsbeschwerde erweist sich bereits als unzulässig, da die Rechtsbeschwerdebegründung nicht form- und fristgerecht beim Amtsgericht angebracht worden ist. Es kann hiernach dahinstehen, ob die erhobenen Rügen Erfolg gehabt hätten.

Nach dem seit dem 1. Januar 2022 geltenden § 32d Satz 2 StPO i.V.m. § 100c Satz 1 OWiG müssen die Rechtsbeschwerde und ihre Begründung als elektronisches Dokument übermittelt werden, um Wirksamkeit zu entfalten (vgl. BT-Drs. 18/9416, S. 51; ferner Köhler, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 32d Rn. 2; Graf, in KK-StPO, 8. Aufl., § 32d Rn. 5). Dieses bei Gericht eingereichte elektronische Dokument muss nach § 32a Abs. 2 Satz 1 StPO i.V.m. § 100c Satz 1 OWiG für die Bearbeitung geeignet sein. Gemäß § 32a Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. §§ 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) wiederum müssen die Dokumente dem Dateiformat „PDF“ bzw. „TIFF“ entsprechen (vgl. OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 25. Februar 2022 – 1 Ss 28/22 –).

Diese Formvorschrift hat der Betroffene nicht beachtet. Die Rechtsbeschwerdebegründung erreichte das Amtsgericht auf dem Telefaxweg, mithin nicht als elektronisches Dokument.

Ein elektronisches Dokument ist ein Text, eine Zahlentabelle, ein Bild oder eine Folge oder Kombination von Texten, Tabellen oder Bildern, die durch Digitalisieren (Umwandlung in einen Binärcode) in Dateiform angelegt oder überführt wurden.

Das Telefax dient indes lediglich der Übermittlung eines vorhandenen Dokuments, welches beim Empfänger erneut in schriftlicher Form vorliegen soll. Deshalb tritt bei diesem Übermittlungsweg die elektronische Speicherung für sich genommen nicht an die Stelle der Schriftform, sondern ist nur ein Durchgangsstadium; das Gericht kann in der Regel erst dann von einem gefaxten Schriftsatz Kenntnis nehmen, wenn er ausgedruckt vorliegt (vgl. BGH, Beschl. v. 8. Mai 2019 – XII ZB 8/19 -). Dokumente, die im Wege des Telefaxes, insbesondere auch des Computerfaxes, übermittelt werden, zählen deshalb zu den schriftlichen, nicht zu den elektronischen Dokumenten, auch wenn sie elektronisch über das Internet oder ein Web-Interface übertragen werden (vgl. Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 9. Juli 2019 – 5 A 327/19 –; OLG Oldenburg a.a.O.).

Vor diesem Hintergrund war das Amtsgericht auch nicht gehalten, dem Betroffenen gemäß § 32a Abs. 6 StPO i.V.m. § 100c OWiG die Unwirksamkeit des Eingangs mitzuteilen, damit dieser die Begründung hätte formwirksam anbringen können.“

Und dann noch der LG Arnsberg, Beschl. v. 06.07.2022 – 3 Ns-360 Js 24/21-73/22 , der Stellung nimmt zu den Anforderungen an die Begründung für eine sog. Ersatzeinreichung (§ 32d Satz 3 StPO):

„Nach dieser Vorschrift muss ein Verteidiger die Berufung als elektronisches Dokument übermitteln. § 32d Satz 3 StPO sieht zwar vor, dass auf eine Übermittlung in Papierform oder durch Telefax ausgewichen werden kann, solange dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. Das ist jedoch nicht hinreichend dargelegt.

In dem Berufungsschriftsatz ist lediglich ausgeführt, dass eine Übermittlung als elektronisches Dokument vorübergehend aus technischen Gründen nicht möglich sei. Damit wird lediglich der Gesetzeswortlaut wiederholt, ohne dass tatsächliche Umstände vorgetragen werden, die dem Gericht eine selbständige Prüfung ermöglichen.

Die Terminologie „vorübergehende technische Störung“ will der Gesetzgeber so interpretiert wissen, dass eine grundsätzlich einsatzbereite technische Infrastruktur existiert und für eine Beseitigung eines temporären Ausfalls unverzüglich gesorgt wird (vgl. BT-Drs. 18/9416, Seite 51). Die Heilungsmöglichkeit ist deshalb nicht gegeben, wenn ein kein technischer, sondern ein menschlicher Fehler vorliegt; so stellt beispielsweise der Verlust der beA-Karte mit Signierfunktion keine technische Störung im Sinne der Norm dar (vgl. Radke in jurisPK, StPO, § 32d, RN 16 m.w.N.).

Der Verteidiger hat schon gar nicht vorgetragen, ob er überhaupt über eine grundsätzlich einsatzbereite technische Infrastruktur verfügt, wozu ein Internetanschluss gehört, der von der beA-Software erkannt wird, sowie die die dazugehörigen technischen Geräte mit beA-Karte (vgl. OVG Münster, Beschluss 31.03.2022, 19 A 448/22 A zu § 55d VwGO). Unklar ist ferner, ob eine etwaige Störung im Bereich der Hardware oder der Software oder in anderen Umständen begründet ist. Es ist auch nicht dargelegt, seit welchem Zeitpunkt eine elektronische Übermittlung nicht mehr möglich gewesen sein soll, und ob bzw. wann sich der Verteidiger mit der gebotenen Sorgfalt um die (Wieder-) Herstellung der erforderlichen technischen Voraussetzungen bemüht hat. Es fehlt daher jegliche konkrete Darlegung etwaiger Schwierigkeiten mit der Hard- und/oder Software und deren Dauer.

Der unspezifische Verweis auf eine technische Störung ersetzt eine nachvollziehbare Tatsachenschilderung nicht, ebenso wenig die Glaubhaftmachung durch anwaltliche Versicherung.“

beA II: beA/elektronisches Dokument – OWi-Verfahren, oder: Verstoß und Wiedereinsetzung, Bevollmächtigter

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Nachdem ich heute morgen einige Entscheidungen zum beA im Strafverfahren vorgestellt habe (vgl. beA I: beA/elektronisches Dokument im Strafverfahren, oder: Revisions(Begründung), Vollstreckung, Einspruch , dann hier zwei Beschlüsse des KG, die sich mit beA-Fragen befassen, und zwar:

1. Folge der Nichteinhaltung der Übermittlungsverpflichtung gemäß § 32d Satz 2 StPO ist die Unwirksamkeit der Erklärung.

2. Bei Verstoß gegen die Formvorschrift des §§ 32d StPO, 110c OWiG kann dem Betroffenen jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.

Die Pflicht zur elektronischen Übermittlung nach §§ 32d Satz 2 StPO, 111c OWiG gilt (nur) für Verteidiger und Rechtsanwälte. Einem Bevollmächtigten des Betroffenen ist es hingegen möglich, Rechtsbeschwerde nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 341 Abs. 1 StPO formgerecht per Telefax einzureichen.

beA I: beA/elektronisches Dokument im Strafverfahren, oder: Revisions(Begründung), Vollstreckung, Einspruch

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Ich beginne die 27. Woche, in der ich wieder „vor Ort“ bin, mit einigen Entscheidungen zum beA/elektronischen Dokument, und zwar zunächst mit Entscheidungen aus dem Strafverfahren. Und da ist einiges aufgelaufen – zum Teil Selbstverständlichkeiten, aber immerhin.

Hinzuweisen ist auf:

Auch eine mittels elektronischem Dokument übermittelte Revisionsbegründung des Pflichtverteidigers muss von dem beigeordneten Verteidiger signiert sein und darf mithin nicht „in Vertretung für Rechtsanwalt ….. “ durch einen anderen Rechtsanwalt signiert worden sein.

Bei der seit dem 01.01.2022 geltenden Vorschrift des § 32d Satz 2 StPO handelt es sich um eine Form- und Wirksamkeitsvoraussetzung der jeweiligen Prozesshandlung, welche bei Nichteinhaltung deren Unwirksamkeit zur Folge hat.

Mit Eingang der per beA versandten Einspruchsrücknahme auf dem Server des Gerichts tritt Rechtskraft des Strafbefehls und damit ein von Amts wegen zu berücksichtigendes Verfahrenshindernis ein, durch das sich das gerichtliche Verfahren von selbst erledigt hat. Darauf, dass dem eine Hauptverhandlung durchführenden Richter die Rücknahme des Einspruchs unbekannt geblieben ist, kommt es insoweit nicht.

Die Staatsanwaltschaft trifft gegenüber dem jeweiligen Vollstreckungsorgan aus § 130d ZPO eine Nutzungspflicht hinsichtlich der elektronischen Übermittlungswege für Vollstreckungsaufträge.

Und heute Mittag dann Entscheidungen aus dem Bußgeldverfahren.

beA II: Das elektronische Dokument in der Revision, oder: Für einfache Signatur reicht der Namen

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Die zweite beA-Entscheidung kommt mit dem OLG Hamm, Beschl. v. 27.05.2022 – 5 RVs 53/22 – vom OLG Hamm. Das hat in der Entscheidung noch einmal zu den Anforderungen an eine „beA-Revision“ Stellung genommen. Das LG Essen hatte die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen, weil dieses in Ermangelung der Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur nicht formgerecht eingelegt und begründet worden sei. Dagegen der Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der Erfolg hatte:

„Die Voraussetzungen für eine Verwerfung der Revision nach § 346 Abs. 1 StPO durch das Tatgericht liegen nicht vor.

Die Revision ist fristgerecht eingelegt und begründet worden. Gegen das am 06.01.2022 in Anwesenheit des Angeklagten verkündete Berufungsurteil hat der Verteidiger per beA am 13.01.2022 Revision eingelegt. Das angefochtene Urteil ist dem Verteidiger des Angeklagten auf Anordnung der Vorsitzenden am 16.02.2022 zugestellt worden. Der Revisionseinlegungsschriftsatz ist per beA übersandt und am 13.01.2022 bei Gericht eingegangen.

Die Revisionseinlegung ist auch formgerecht. Zutreffend erkennt das Landgericht zwar, dass der Schriftsatz des Verteidigers – ausweislich des Prüfvermerks – keine qualifizierte elektronische Signatur aufweist. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der Schriftsatz nicht die nach § 341 Abs. 1 StPO erforderliche Schriftform aufweisen würde. § 32a Abs. 3 StPO enthält für ein Dokument, das schriftlich abzufassen, zu unterschreiben oder zu unterzeichnen ist, zwei mögliche Wege der Übermittlung im elektronischen Rechtsverkehr bereit: Ein Weg – der hier nicht vorliegt – ist die Übermittlung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person. Der andere Weg ist die (einfache Signatur der verantwortenden Person bei gleichzeitiger Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg (vgl. BT-Drs. 18/9416 S. 45; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 07.05.2020 – 1 OWi 2 SsBs 68/20 – juris; Köhler in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 54. Aufl., § 32a Rdn. 5). Der Verteidiger des Angeklagten hat hier den zweiten Weg gewählt und die Voraussetzungen hierfür eingehalten. Ein sicherer Übermittlungsweg ist nach § 32a Abs. 4 Nr. 2 StPO das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA). Der Revisionseinlegungsschriftsatz wurde ausweislich des Prüfvermerks über das bEA eingereicht. Er weist auch die erforderliche einfache Signatur auf. Hierfür reicht die Namenswiedergabe am Ende des Textes, sei es durch eine eingescannte Unterschrift, sei es durch maschinenschriftliche Wiedergabe des Namens (ThürOLG, Beschl. v. 23.09.2020 – 1 OLG 171 SsRs 195/19 – juris; vgl. auch BAG NJW 2020, 3476, 3477 zu § 130a ZPO). Der Wortlaut von § 32a Abs. 3 2. Alt. StPO („signiert“) macht in Abgrenzung zu Art. 3 Nr. 10 VO (EU) Nr. 910/2014 deutlich, dass es sich hierbei nicht um eine „elektronische“ Signatur handeln muss, wobei sogar letztlich die Zeichenfolge des Namens in dem elektronischen Dokument auch die Voraussetzungen einer elektronischen Signatur erfüllen dürfte.

Auch im Hinblick auf die Revisionsbegründung lagen die Voraussetzungen für eine Verwerfung nach § 346 Abs. 1 StPO durch das Tatgericht nicht vor. Der Schriftsatz ist innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO bei Gericht eingegangen. Auch die Form des § 345 Abs. 2 StPO wurde gewahrt. Der Schriftsatz wurde zwar nicht als elektronisches Dokument mit qualifizierte elektronischer Signatur übersandt, wohl aber über das beA mit einer (einfachen) Signatur, dem maschinenschriftlichen Namenszug des Verteidigers (eines Rechtsanwalts), so dass die Voraussetzungen des § 32a Abs. 3 StPO erfüllt sind. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.“

Der BGH, Beschl. v. 03.05.2022 – 3 StR 89/22 lässt grüßen (dazu beA I: Revisionsbegründung durch beA versandt, oder: Keine handschriftliche Unterzeichnung erforderlich.