Schlagwort-Archive: qualifizierte Signatur

beA I: Wenn ein Sozietätskollege Schriftsatz signiert, oder: Zusatz „für“ nicht erforderlich!

Bild von Pexels auf Pixabay

Und heute am Karsamstag im „Kessel Buntes“ zwei Entscheidungen zum beA.

Zunächst hier der BGH, Beschl. v. 28.02.2024 – IX ZB 30/23. Ergangen ist der Beschluss in einem Verfahren, in dem der Kläger von dem beklagten Rechtsanwalt als seinem früheren Prozessbevollmächtigten Schadensersatz verlangt. Das AG hat der Klage stattgegeben. Gegen das dem Beklagten am 15.02.2023 zugestellte Urteil hat dieser mit am 23.02.2023 beim LG eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Dabei legitimierte sich für den Beklagten die Rechtsanwaltssozietät G., welcher der Beklagte selbst angehört. Das LG hat die zugleich beantragte Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15.032023 gewährt.

Am 15.05.2023 ist eine auf denselben Tag datierte Berufungsbegründung als elektronisches Dokument beim LG eingegangen. Der Schriftsatz schließt am Ende mit dem maschinenschriftlich eingefügten Namen des Beklagten und dem Zusatz Rechtsanwalt ab. Der Schriftsatz ist zudem mit der qualifizierten elektronischen Signatur des ebenfalls der Sozietät des Beklagten angehörenden Rechtsanwalts J. versehen, über dessen besonderes elektronisches Anwaltspostfach der Schriftsatz an das Gericht übermittelt wurde.

Das LG hat die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwerde. Die hatte beim BGH Erfolg. Wer mag, kann die Einzelheiten der Begründung des BGH im verlinkten Volltext nachlesen. Hier stelle ich nur den (amtlichen) Leitsatz ein, nämlich:

Signiert ein Mitglied einer mandatierten Anwaltssozietät einen Schriftsatz, den ein anderes Mitglied der Anwaltssozietät verfasst und einfach elektronisch signiert hat, in qualifiziert elektronischer Form und reicht diesen Schriftsatz über sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach bei Gericht ein, ist dies wirksam. Eines klarstellenden Zusatzes („für“) bei der einfachen Signatur des Schriftsatzverfassers bedarf es nicht.

beA II: Insolvenzverfahren bzw. Zustellungsauftrag, oder: Auch da gilt die aktive Nutzungspflicht

Bild von Mateusz Zdrza?ek auf Pixabay

Und dann noch zwei Entscheidungen zum beA/elektronischen Dokument, die nicht aus dem Straf-/Bußgeldverfahren stammen, sondern aus dem Insolvenzverfahren, und zwar:

    1. Auch der durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigter des Schuldners eingereichte Eigenantrag unterliegt dem Formerfordernis gemäß §§ 4 InsO, 130d, 130a ZPO.
    2. Wird ein elektronisches Dokument nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen, so bedarf es neben der Übermittlung auf einem sicherem Übertragungsweges auch einer einfachen Signatur der verantwortenden Person.
    3. Eine solche Signatur erfordert zumindest die Wiedergabe des Namens der zu verantwortenden Person am Ende des Textes. Eine Übersendung aus dem elektronischen Anwaltspostfach des Bevollmächtigten genügt dafür nicht.

§ 130d ZPO gilt für alle vorbereitenden Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen und damit im Zivilprozess umfassend für die gesamte schriftliche Kommunikation mit dem Gericht. Die Vorschrift umfasst nach der Begründung des Gesetzgebers nicht nur das Erkenntnisverfahren im ersten Rechtszug, sondern umfasst alle anwaltlichen schriftlichen Anträge und Erklärungen nach der ZPO, also auch Zustellungsaufträge.