Und als Letztes dann noch etwas aus dem Bereich der Strafvollstreckung, nämlich die Frage, ob die §§ 359 ff. StPO auf eine Widerrufsentscheidung nach § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB analog anwendbar sind. Das OLG Saarbrücken hat das im OLG Saarbrücken, Beschl. v. 03.12.2024 – 1 Ws 236/24 – verneint:
„2. Es ist jedoch unbegründet, da die Strafvollstreckungskammer eine Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Widerrufsverfahrens zutreffend abgelehnt hat. Für die beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.
a) Die §§ 359 ff., 373a StPO lassen eine Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil oder Strafbefehl abgeschlossenen Strafverfahrens zu. Eine Wiederaufnahme des Widerrufsverfahrens ermöglichen die Vorschriften ihrem eindeutigen Wortlaut nach nicht.
b) Eine analoge Anwendung der eng auszulegenden Ausnahmevorschriften scheidet bereits deshalb aus, weil es an einer für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke fehlt (so auch OLG Stuttgart, Beschlüsse vom 18. Dezember 1995 – 2 Ws 248/95 –, juris und vom 26. Januar 2001 – 2 Ws 16/2001 –, juris; OLG Zweibrücken NStZ 1997, 55; Hanseatisches OLG Hamburg, Beschluss vom 6. Mai 1999 – 2 Ws 1/99 –, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. Dezember 2003 – III-3 Ws 454/03 –, juris; Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., Vor § 359 Rn. 5; vgl. auch OLG Celle, Beschluss vom 29. August 2012 – 2 Ws 130/12 –, juris; OLG Koblenz BeckRS 2016, 138014; a.A. OLG Oldenburg NJW 1962, 1169; OLG Düsseldorf MDR 1993, 67; Frister in: SK-StPO, 5. Aufl., Vor § 359 Rn. 22; offengelassen von BGH, Beschluss vom 14. Februar 2024 – 2 ARs 176/23 –, juris). Dass es im Interesse der materiellen Gerechtigkeit geboten sein kann, die Rechtskraft von Entscheidungen zu durchbrechen (vgl. hierzu Schmitt in: Meyer-Goßner, StPO, a.a.O., Rn. 1), hat der Gesetzgeber – wie sich aus den genannten Vorschriften ergibt – bedacht und die Regelungen der §§ 359 ff. 373 StPO ausdrücklich auf rechtskräftige Urteile und Strafbefehle beschränkt. Auch das mögliche Erfordernis der Durchbrechung der Rechtskraft von Beschlüssen ist ihm – wie sich aus den Vorschriften der §§ 174 Abs. 2, 211, 454a Abs. 2 StPO ergibt – nicht aus dem Blick geraten (so auch OLG Zweibrücken, a.a.O.). Dennoch hat er eine gesetzliche Regelung zur Ermöglichung einer Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Widerrufsverfahrens für den Fall der Wiederaufnahme des dem Widerruf zugrundeliegenden Strafverfahrens trotz der naheliegenden Problematik nicht getroffen, und zwar auch nicht nachträglich, nachdem in der Rechtsprechung eine analoge Anwendung der §§ 359 ff. StPO abgelehnt worden war (vgl. hierzu auch OLG Stuttgart, a.a.O.; Hanseatisches OLG, a.a.O.). Diese Entscheidung des Gesetzgebers, dem allein es innerhalb der Grenzen des Willkürverbotes obliegt, das Spannungsverhältnis zwischen der mit der Rechtskraft einhergehenden Rechtssicherheit und dem Gebot materieller Gerechtigkeit in einen angemessenen Ausgleich zu bringen (vgl. BverfGE 35, 41; Hanseatisches OLG, a.a.O.), ist hinzunehmen.
c) Eine analoge Anwendung der §§ 359 ff. StPO scheidet im Übrigen auch deshalb aus, weil der Fall einer rechtskräftigen, mit der tatsächlichen Sachlage nicht übereinstimmenden strafrechtlichen Verurteilung und der eines rechtskräftigen Widerrufs nicht gleich schwer wiegen und daher keine vergleichbare Sachlage vorliegt. Während es für eine Strafvollstreckung in erstgenanntem Fall aus nachträglich bekanntgewordenen Gründen bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung an einer tragfähigen Grundlage beruhte, ist Grundlage der Strafvollstreckung gegen den von der Widerrufsentscheidung betroffenen Verurteilten weiterhin seine nicht in Frage stehende rechtskräftige Ausgangsverurteilung (vgl. hierzu auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 26. Januar 2001 – 2 Ws 16/2001 –, juris).
d) Zu einer unbilligen Härte führt das gewonnene Ergebnis im konkreten Fall nicht. Abgesehen davon, dass es dem Verurteilten unbenommen gewesen wäre, den am 24. Mai 2024 erlassenen Widerrufsbeschluss fristgerecht anzufechten und die bereits am 28. August 2024 erfolgte Wiederaufnahme des Verfahrens im erst durch die Senatsentscheidung vom 7. Oktober 2024 abgeschlossenen Beschwerdeverfahren geltend zu machen, ist derzeit offen, ob die Staatsanwaltschaft die Vollstreckung trotz der erfolgten Wiederaufnahme des dem Widerrufsbeschluss zugrundeliegenden Strafverfahrens vor Abschluss des Wiederaufnahmeverfahrens, in dem Hauptverhandlungstermin bereits für den 9. Januar 2025 bestimmt ist, weiterbetreiben wird. Sollte dies der Fall sein, bliebe dem Verurteilen die Möglichkeit, gegenüber der Vollstreckungsbehörde (vgl. hierzu Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 458 Rn. 7 m.w.N.) Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung zu erheben (vgl. hierzu auch Graalmann-Scheerer in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 458 Rn. 6; Appl in: Engländer/Zimmermann in: MüKo-StPO, 2. Aufl., § 359 Rn. 32; KK-StPO, 9. Aufl., § 359 Rn. 14a). Letztlich steht dem Verurteilten auch der Gnadenweg weiter offen, da ein bereits gestellter Gnadenantrag des Verurteilten lediglich unter Hinweis auf die zum Zeitpunkt der (vorläufigen) Gnadenentscheidung noch nicht ausgeschöpften weiteren Rechtsmittelmöglichkeiten zurückgewiesen wurde.