Schlagwort-Archive: Alkohol

Passt vielleicht auch ganz gut zu Karneval: Der betrunkene Fußgänger….

© L.Klauser – Fotolia.com

Ganz gut zu Karneval und dem sicherlich an diesen Tagen häufig erheblichen Alkoholkonsum passt die PM Nr. 9/2013 des VG Neustadt vom 05.02.2013 zum Verfahren 1 L 29/13. Da heißt es zu einer im Eilverfahren ergangenen Entscheidung des VG:

„Der betroffene Führerscheininhaber war laut Polizeibericht nachmittags in stark betrunkenem Zustand zu Fuß in der Nähe einer vielbefahren Straße unterwegs und soll andere Autofahrer gefragt haben, wieso diese in seinem Auto säßen. Passanten befürchteten, dass er völlig unkontrolliert auf die Straße laufen werde und alarmierten die Polizei. Der Atemalkoholtest ergab einen Wert von rund 3 Promille. Später wurde am Ort des Geschehens sein Autoschlüssel gefunden, den er dort verloren hatte. Die Fahrerlaubnisbehörde veranlasste zunächst eine ärztliche Untersuchung zur Klärung, ob der Antragsteller alkoholabhängig ist. Bei Alkoholabhängigkeit fehlt die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr und die Fahrerlaubnis ist zwingend zu entziehen. Nachdem das verkehrsmedizinische Gutachten nicht zu einem eindeutigen Ergebnis kam, forderte die Fahrerlaubnisbehörde zusätzlich ein psychologisches Fahreignungsgutachten an, dass der Antragsteller aber verweigerte. Daraufhin entzogen sie ihm die Fahrerlaubnis mit der Begründung: Weil er das geforderte Gutachten nicht beigebracht habe, sei von seiner fehlenden Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen. Sie ordnete den Sofortvollzug ihrer Verfügung an. Dagegen wandte sich der Betroffene im gerichtlichen Eilverfahren und trug hier im Wesentlichen vor: Er sei damals nur zu Fuß gegangen und habe gar nicht Autofahren wollen. Sein Auto habe er nicht dabei gehabt, er habe die anderen Autofahrer vielmehr nach einem Taxi gefragt.

Sein Eilantrag hatte Erfolg, wenn auch aus anderen Gründen. Die Richter äußerten Zweifel, ob es überhaupt eine Rechtsgrundlage dafür gibt, dass die Behörde eine isolierte psychologische Untersuchung verlangen darf. Sie führten aus: In der einschlägigen Fahrerlaubnisverordnung seien lediglich die ärztliche und die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) als zulässige Aufklärungsmittel bei Eignungszweifeln vorgesehen. Aus dem behördlichen Schreiben könne der Betroffene nicht hinreichend klar erkennen, welcher Untersuchung er sich zu unterziehen habe. Dort sei eine psychologische Untersuchung gefordert, die aber weder eine ärztliche noch eine medizinisch-psychologische Untersuchung sei. Das Verwaltungsgericht ließ allerdings erkennen, dass es für die Anordnung einer umfassenden, von der Fahrerlaubnisverordnung gerade bei alkoholbedingtem Eignungszweifel vorgesehenen MPU hier durchaus Anhaltspunkte sieht, vor allem wegen des sehr hohen Atemalkoholwertes und der daraus zu vermutenden Alkoholgewöhnung des Mannes. Über die Anordnung eines solchen medizinisch-psychologischen Gutachtens müsse aber zunächst die Fahrerlaubnisbehörde entscheiden. Bis dahin behält der Betroffene seinen Führerschein.“

 

Die Garantenpflicht des betrunkenen Autofahrers

© Deyan Georgiev – Fotolia.com

Verkehrsrechtliche Entscheidungen des BGH gibt es – über § 315b StGB hinaus – m.E. gar nicht so häufig. Deshalb sind Entscheidungen des insoweit zuständigen 4. Strafsenats immer einen Bericht wert. Daher heute der Hinweis auf das BGH, Urt. v. 06.12.2012 – 4 StR 369/12. Folgender Sachverhalt:

Nach den Feststellungen befuhr der stark angetrunkene Angeklagte, der sich seiner Alkoholisierung und der damit zusammenhängenden Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit bewusst war, am 25. 09. 2010 gegen 2.40 Uhr mit einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h die Hauptstraße in W. in Richtung R. . Die aus Fahrtrichtung des Angeklagten linke Fahrspur war durch eine Baustelle versperrt, der Verkehr wurde mittels einer Lichtzeichenanlage geregelt. Auf dieser Fahrspur standen ein Pkw und der Nachtbus an der roten Ampel. Der dunkel gekleidete Nebenkläger R. C. nutzte den Halt, um „auf Zuruf“ aus dem Bus auszusteigen. Er betrat schnellen Schrittes hinter dem Bus die dunkle Fahrbahn, ohne sich zu vergewissern, dass die Straße frei war. Der Angeklagte erfasste ihn ungebremst, so dass der Nebenkläger mit dem Becken auf die Motorhaube aufschlug und mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe prallte. Sodann wurde er über das Fahrzeugdach von rechts vorne nach links hinten abgeworfen. Der Nebenkläger war erst eine Sekunde vor dem Anstoß zu sehen; der Angeklagte hatte ihn gar nicht wahrgenommen, weil er sich nach einem herunter gefallenen Feuerzeug gebückt hatte. Der Angeklagte setzte seine Fahrt fort, wobei er billigend in Kauf nahm, einen Menschen angefahren zu haben, der seine Hilfe benötigte. Der Nebenkläger wurde schwer verletzt. Er erlitt u. a. ein geschlossenes Schädelhirntrauma Grad I und eine epidurale Blutung sowie ein Kompartmentsyndrom am rechten Oberschenkel.

Gegen das landgerichtliche Urteil hatten auch der Nebenkläger und die StA Revision eingelegt. Die hatte Erfolg. Dazu der BGH:

1. Die Jugendkammer hat für den ersten Tatkomplex rechtsfehlerhaft nur fahrlässige Trunkenheit im Verkehr, § 316 Abs. 2 StGB, bejaht. Aus den Fest-stellungen ergibt sich, dass sich der Angeklagte von Anfang an seiner Fahruntüchtigkeit bewusst war. Die Annahme der Jugendkammer, der Angeklagte ha-be sich aufgrund jugendlicher Selbstüberschätzung und auch durch den Alko-holkonsum bedingter Fehleinschätzung irrig für fahrtüchtig gehalten, wird von den Feststellungen nicht getragen. Der Angeklagte hat sich in seiner Einlas-sung nicht einmal selbst darauf berufen.

Darüber hinaus hat es die Jugendkammer rechtsfehlerhaft unterlassen zu prüfen, ob sich der Angeklagte der fahrlässigen Körperverletzung schuldig gemacht hat.

Bei der Prüfung der Frage, ob ein Verkehrsunfall für einen alkoholbedingt fahruntüchtigen Kraftfahrer auf ein pflichtwidriges Verhalten zurückzuführen und vermeidbar war, ist nicht darauf abzustellen, ob der Fahrer in nüchternem Zu-stand den Unfall und die dabei eingetretenen Folgen bei Einhaltung derselben Geschwindigkeit hätte vermeiden können; vielmehr ist zu prüfen, bei welcher geringeren Geschwindigkeit er – abgesehen davon, dass er als Fahruntüchtiger überhaupt nicht am Verkehr teilnehmen durfte – noch seiner durch den Alkoholeinfluss herabgesetzten Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit bei Eintritt der kritischen Verkehrslage hätte Rechnung tragen können, und ob es auch bei dieser Geschwindigkeit zu dem Unfall und den dabei eingetretenen Folgen ge-kommen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 1970 – 4 StR 26/70, BGHSt 24, 31; Urteil vom 2. Oktober 1964 – 4 StR 297/64, VM 1965 Nr. 41; BayObLG, NStZ 1997, 388 m. Anm. Puppe; OLG Celle, VRS 36, 276; OLG Hamm, BA 1978, 294; OLG Koblenz, DAR 1974, 25; VRS 71, 281; OLG Zweibrücken, VRS 41, 113, 114). Es liegt nahe, dass der Angeklagte bei einer seiner alkoholbedingt herabgesetzten Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit angepassten geringeren Geschwindigkeit selbst im Falle eines auch dann un-vermeidbaren Anstoßes zumindest geringere Verletzungen des Nebenklägers bewirkt hätte.

2. Im zweiten Tatkomplex beanstanden die Revisionsführer zu Recht, dass die Jugendkammer eine Garantenstellung des Angeklagten verneint hat.

Die Strafkammer hat auch in diesem Tatkomplex für die Frage, ob die Pflichtwidrigkeit des Angeklagten für den Unfall ursächlich geworden ist, allein auf den Vergleich mit einem vorschriftsgemäß am Straßenverkehr teilnehmenden Autofahrer abgestellt. Dieser Ausgangspunkt trifft nicht zu, wie oben dargestellt. Es liegt nahe, dass der Angeklagte angesichts seines alkoholisierten Zustands zu schnell gefahren ist und dadurch pflichtwidrig den Unfall oder jeden-falls schwerere Verletzungen des Nebenklägers verursacht hat. In diesem Fall wäre ohne weiteres eine Garantenstellung des Angeklagten gegeben (vgl. für den schuldlosen Kraftfahrer BGH, Urteil vom 6. Mai 1986 – 4 StR 150/86, BGHSt 34, 82 m. Anm. Rudolphi, JR 1987, 162, und Herzberg, JZ 1986, 986; vgl. auch MünchKommStGB/Freund, 2. Aufl., § 13 Rn. 126).

Zur Frage möglicher Verdeckungsabsicht verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 30. Juni 2011 – 4 StR 241/11, NStZ-RR 2011, 334.

Das noch dickere Ende kommt also noch für den Angeklagten.

 

Nochmal Alkohol – Mit 3 Promille auf Fest randaliert – Fahrerlaubnisentzug

© ExQuisine – Fotolia.com

Es ist ja auch schon an verschiedenen anderen Stelle zum VG Mainz, Beschl. v. 10.07.2012 – 3 L 823/12 – berichtet worden (hier die PM). Die Überschrift lautet – wie oben – „Mit 3 Promille auf Fest randaliert – Fahrerlaubnisentzug“. Dann heißt es weiter in der PM:

„Auch Alkoholauffälligkeit außerhalb des Straßenverkehrs kann zum Verlust der Fahrerlaubnis führen. Dies ergibt sich aus der Entscheidung der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz.

In stark alkoholisiertem Zustand – eine Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 3 Promille randalierte ein Mann (Antragsteller) auf einem Fest. Die Polizei nahm den Mann fest. Rettungskräfte brachten ihn zunächst in ein Krankenhaus und danach in die Rheinhessenfachklinik. Zur Abklärung eines möglichen Alkoholmissbrauchs gab die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Da der Mann dieser Aufforderung nicht nachkam, entzog ihm die Behörde unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis.

Den auf einen Stopp des Sofortvollzugs gerichteten Antrag des Mannes haben die Richter der 3. Kammer abgelehnt. Die Behörde habe bei dem Antragsteller zu Recht Anhaltspunkte für einen Alkoholmissbrauch gesehen und deshalb die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verlangt. Alkoholmissbrauch sei zugrunde zu legen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber das Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen könne. Insofern genüge auch eine Alkoholauffälligkeit außerhalb des Straßenverkehrs, wenn sie Anlass für die Annahme biete, der Betreffende werde voraussichtlich schon in überschaubarer Zukunft auch nach dem Genuss von Alkohol ein Kraftfahrzeug führen. Dies treffe beim Antragsteller zu. Nach wissenschaftlicher Erkenntnis gehörten Personen, die 1,6 Promille und mehr erreichten, zu den überdurchschnittlich alkoholgewöhnten Kraftfahrern mit regelmäßig dauerhaft ausgeprägter Alkoholproblematik, welche die Gefahr von Alkoholauffälligkeit im Straßenverkehr in sich berge. Dass der Antragsteller an größere Mengen Alkohol gewöhnt sei, werde auch dadurch bestätigt, dass er trotz 3,0 Promille aggressiv aufgetreten sei und im Krankenhaus von den Polizeibeamten habe bewacht werden müssen. Da der Antragsteller zudem zur Erreichung seiner Arbeitsstätte auf die Benutzung eines privaten Fahrzeugs angewiesen sei, sei zu befürchten, dass er künftig unter Alkoholeinfluss ein Kraftfahrzeug führen werde. Damit sei die Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens und nach dessen Nichtvorlage der Entzug der Fahrerlaubnis gerechtfertigt.

Die hier angesprochen Linie wird wohl neuerdings allgemein von den Straßenverkehrsämtern gefahren und scheint von der Rechtsprechung abgesegnet zu werden. Ich kenne ein Urteil des BVerwG dazu bisher nicht. Oder irre ich?

 

Sonntagswitze: Heute mal zum Alkohol

© ExQuisine - Fotolia.com

Unseren Beitrag zur vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 16. 02. 2012 – III-3 RVs 8/12 und hier) hatte ein Kommentator mit der Bemrekung versehen:

„Zu besoffen, um die Trunkenheit zu erkennen. Da fallen mir die zugegeben nicht mehr taufrischen Witzchen von ” Herr Richter, wieso ich gefahren bin? In meinem Zustand konnte ich doch nicht mehr zu Fuß gehen!!” oder “Tragt mich zu meinem Auto, ich fahr Euch alle heim” ein.

Das hat mich auf die Idee gebracht, mal nach „Alkoholwitzen“ zu suchen. Hier dann eine kleine Ergebnisauswahl – auch zum Teil nicht mehr ganz frisch 🙂

Fritzchen sitzt bei seinen Hausaufgaben: „Du Papa. Was ist das für ein Satz: ‚Es ist kein Bier im Haus?'“
Stöhnt der Vater auf: „Das ist kein Satz – das ist eine Katastrophe!“
________________________________________________

Zwei Männer in der Kneipe: „Ich glaube, im Bier sind weibliche Hormone?“
„Wie kommste denn da drauf?“
„Ganz einfach: Immer wenn ich zuviel davon trinke, kann ich nicht mehr Auto fahren.“
_______________________________________________

Der angetrunkene Fahrer säuselt: „Ich habe nur Tee getrunken!“ Darauf der Polizist: „Dann haben Sie mindestens 1,8 Kamille !!
_______________________________________________

Und dann noch:
Der größte Feind des Menschen wohl, das ist und bleibt der Alkohol. Doch in der Bibel steht geschrieben: Du sollst auch deine Feinde lieben!

Sonntagmorgens gegen 7.45 Uhr 100m am Ende einer Sackgasse gefahren – kein Regelfall der Fahrerlaubnisentziehung

© ExQuisine - Fotolia.com

Im Moment häufen sich die Entscheidungen, in denen bei Trunkenheitsfahrten von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen wird; zuletzt hatte ich am 10.04.2012 über eine Entscheidung des AG Düsseldorf berichtet.

Ein Kollege hat mir daraufhin das AG Essen, Urt. v. 13.05.2011 – 49 Cs-49 Js 501/11-185/11 geschickt, gegen das die StA zunächst Berufung eingelegt hatte, diese inzwischen aber wieder zurück genommen hat. Das  AG Essen hat auch einen Regelfall bei § 316 StGB mit 1,53 Promille verneint, und zwar mit folgender Begründung:

Das Gericht hatte einen Regelfall nach § 69 StGB angesichts der Umstände der Fahrt verneint. Die von dem Angeklagten gefahrene Fahrstrecke von weniger als 100 Metern am Ende einer Sackgasse am Sonntagmorgen gegen 7.45 Uhr ohne Verkehr entsprechen nicht dem Durchschnittsfall einer normalen Trunkenheitsfahrt. Zudem kommen besondere Umstände, die in der Person des Angeklagten liegen, hinzu, die die Vermutung der mangelnden Eignung widerlegen: Er fuhr bisher unbeanstandet im Straßenverkehr und hätte bei einer Entziehung der Fahrerlaubnis mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes zu rechnen. Die bisherige Beschlagnahme des Führerscheins hat auf ihn bereits einen entscheidenden Eindruck hinterlassen, da er auf den Führerschein angewiesen ist und berufliche Nachteile spürt.“

Kann sich also lohnen, die Tatumstände auf Besonderheiten abzuklopfen.