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Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Was kann ich nach einer erfolgreichen Kostenbeschwerde abrechnen?

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Und dann die Lösung zu der Frage vom vergangengen Freitag, das sollte vor Weihnachten noch gehen 🙂 . Gefragt hatte ich: Ich habe da mal eine Frage: Was kann ich nach einer erfolgreichen Kostenbeschwerde abrechnen?

Und hier die Lösung – kurz und zackig:

„Das geht nach Vorbem. 4 Abs. 5 Nr. 1 VV RVG –> und dann Teil 3 VV RVG“

Ja, Teil 3 VV RVG. Ist etwas überraschend, aber das ist einer der Fälle, in denen man sich als Verteider auch da mal umschauen muss; für das Bußgeldververfahren gilt nach Vorbem. 5 Abs. 4 Nr. 1 VV RVG übrigens dasselbe. Und in Teil 3 VV RVG ist es dann die Nr. 3500 VV RVG, also eine 0,5 Gebühr. Der Gegenstandswert bemisst sich nach der Höhe der Auslagenforderung, die im Streit war. Das Ganze bringt wahrscheinlich nicht viel, aber auch Kleinvieh macht ja bekanntlich Mist.

Und dann noch einmal in 2024 <<Werbemodus an>>: Kann man alles nachlesen in Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021, Vorbem. 4 VV Rn 120 ff.), den man hier bestellen kann. <<Werbemodus aus (aber nur für 2024 🙂 >>.

 

Ich habe da mal eine Frage: Was kann ich nach einer erfolgreichen Kostenbeschwerde abrechnen?

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Und dann kommt hier noch die Gebührenfrage, und zwar teilt der Kollege in etwa folgenden Sachverhalt mit:

Gegen den Angeklagten war ein Strafbefehl erlassen, gegen den der Kollege Einspruch eingelegt hat. Das Verfahren gegen den Angeklagten ist dann vom AG eingestellt worden. Gestritten wird dann um die Festsetzung der zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG und die Höhe einer (Hauptverhandlungs)Terminsgebühr Nr. 4108 VV RVG. Das AG hat die Nr. 4141 VV RVG nicht festgesetzt und die Terminsgebühr nur in einer geringeren als vom Kollegen geltend gemachten Höhe. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Kollegen hatte hinsichtlich der Nr. 4141 VV RVG, hinsichtlich der Höhe der Terminsgebühr hingegen nicht.

Das LG hat dann eine Kostenentscheidung dahin getroffen, dass der Angeklagte die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen hat. Jedoch werde eine Gebühr für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Die Landeskasse habe drei Viertel der im Beschwerdeverfahren entstandenen Auslagen und der insoweit notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen.

Der Kollege fragt, was er denn nun abrechnen kann?

Rahmengebühren II: Bemessung im Strafverfahren, oder: Unverschämte Bemessung durch den „Bezi“.

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Und dann als zweite Entscheidung der ganz frische, auch gestern erst eingegangene, LG Cottbus, Beschl. v. 11.12.2024 – 22 Qs 188/24 , der sich zu den Gebühren im strafrechtlichen Berufungsverfahren äußert, und zwar auch positiv.

Der Angeklagte war durch Urteil des AG wegen Körperverletzung und Bedrohung eine Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 50,00 EUR verurteilt worden. Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Nachdem das LG die Berufungshauptverhandlung auf den 20.02.2024 terminiert hatte, bestellte sich der Kollege zum Verteidiger und beantragte Einsicht in die Verfahrensakte, die ihm gewährt wurde. Einen Tag vor der terminierten Berufungshauptverhandlung nahm die Staatsanwaltschaft die Berufung zurück, woraufhin das LG den Termin zur Berufungshauptverhandlung noch am selben Tag aufhob und der Staatskasse die Kosten des Berufungsverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers auferlegte.

Der Verteidiger beantragte die Festsetzung der Gebühren und Auslagen des Wahlverteidigers in Höhe von insgesamt 704,48 EUR. Der Bezirksrevisor sah das als unbillig hoch an, da das Berufungsverfahren als unterdurchschnittlich anzusehen sei. Dafür spreche vor allem, dass die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch begrenzt gewesen sei, womit festgestanden habe, dass keine erneute Tatsachenverhandlung durchgeführt werde und die Berufungshauptverhandlung auf die Feststellung der Bemessung des Strafmaßes beschränkt sei. Daher seien sowohl der Umfang der Einarbeitung in das Berufungsverfahren als auch die Vorbereitung auf die Berufungshauptverhandlung ebenfalls auf das Strafmaß begrenzt gewesen. Angesichts der rechtzeitigen Aufhebung des Hauptverhandlungstermins, der unterdurchschnittlichen Schwierigkeit und des geringen Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit sei die Grundgebühr lediglich in Höhe von 100,00 EUR und die Verfahrensgebühr nach Nr. 4124 VV RVG in Höhe von 88,00 EUR (sic!!) € als angemessen anzusehen.

Das AG folgt dem. Dagegen die sofortige Beschwerde, die beim LG vollen Erfolg hat:

„Gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt in Verfahren, für welche das Vergütungsverzeichnis zum RVG (VV RVG) eine Rahmengebühr vorsieht, die Höhe der Gebühr innerhalb des vorgegebenen Rahmens unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen. Dabei sind insbesondere der Umfang und die Schwierigkeit der Sache, die Bedeutung der Angelegenheit sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers von Bedeutung. Ist die Gebühr von einem Dritten – hier der Staatskasse – zu ersetzen, ist die Bestimmung jedoch gemäß § 14 Abs. 1 S. 4 RVG dann nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Dies ist hier weder im Hinblick auf die von dem Beschwerdeführer geltend gemachte Grundgebühr noch die Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren, deren Erhöhung der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren begehrt hat, der Fall.

Für die Bemessung der festzusetzenden Gebührenhöhe ist die gegen einen Beschuldigten verhängte bzw. die ihm für die ihm vorgeworfene Tat drohende Strafe nicht der alleinige Anknüpfungspunkt. Von maßgeblicher Bedeutung sind vielmehr auch der Umfang der rechtsanwaltlichen Tätigkeit und die Bedeutung der Sache für ihn.

Unter Berücksichtigung dieser Aspekte für die Bemessung der Gebührenhöhe erachtet die Kammer die Geltendmachung der Grund- und Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren durch den Beschwerdeführer jeweils in Höhe der Mittelgebühr nicht als unbillig. Denn es sind keine Umstände erkennbar, die eine Erhöhung oder Ermäßigung der Gebühren rechtfertigen, vielmehr entspricht die Verteidigung des Beschwerdeführers im vorliegenden Verfahren dem Durchschnitt. So ist zwar die gegen den Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren wegen der Begehung einer Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung verhängte Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 50,00 Euro angesichts des Strafrahmens von § 223 StGB, der nicht nur die Verhängung einer Geldstrafe, sondern auch einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren für die Verwirklichung des Tatbestandes der Körperverletzung vorsieht, als niedrig anzusehen. Allerdings ist durch die Staatsanwaltschaft im amtsgerichtlichen Verfahren die Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten beantragt worden, was in einer Berufungshauptverhandlung aufgrund der Berufung der Staatsanwaltschaft ebenfalls zu erwarten war und den Umstand der geringfügigen Strafe der Vorinstanz in gleicher Weise nivelliert, wie die Tatsache, dass der Beschwerdeführer bereits durch das Urteil des Landgerichtes Potsdam vom 15. Oktober 1999, 22 KLs 74/99, unter anderem wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit besonders schwerer Brandstiftung mit Todesfolge und gefährlicher Körperverletzung vorbestraft ist.

Im Gegensatz zur Auffassung des weiteren Beteiligten war die durch die Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 9. März 2023 eingelegte Berufung auch zu keinem Zeitpunkt auf das Strafmaß der amtsgerichtlichen Entscheidung beschränkt, wobei die Beschränkung eines Rechtsmittels auf das Strafmaß die Ermäßigung der Mittelgebühr ohnehin nicht rechtfertigen würde (vgl. Gerold/Schmidt-Mayer, 26. Aufl., § 14 RVG, Rn. 41 m.w.N.). Zudem waren auch weder der Umfang der Sache selbst noch der Umfang ihrer Bearbeitung unterdurchschnittlich. Denn der Verteidiger des Beschwerdeführers ist erstmals im Rahmen des Berufungsverfahrens nach Eingang der Berufungsbegründung vom 24. April 2024 bei der Berufungskammer des Landgerichts Cottbus mit dessen Verteidigung beauftragt worden, so dass er sich erst nach der am 8. Februar 2024 gewährten Akteneinsicht in die zu diesem Zeitpunkt bereits 83 Blatt umfassende Verfahrensakte in die Sache einarbeiten konnte. Da die Rücknahme der Berufung durch die Staatsanwaltschaft am 19. Februar 2024 und damit erst nach der Berufungsbegründung und einen Tag vor dem Termin zur Berufungshauptverhandlung erfolgte, war die umfassende Einarbeitung in die Sache durch den Verteidiger des Beschwerdeführers zur Vorbereitung der Berufungshauptverhandlung auch erforderlich. Dass diese letztlich aufgrund der kurzfristigen Berufungsrücknahme und der Aufhebung des Berufungsverhandlungstermins einen Tag vor dem anberaumten Termin nicht durchgeführt worden ist, führt nicht (mehr) zu einer Ermäßigung der Verfahrensgebühr, sondern lässt allein die Terminsgebühr für die Hauptverhandlung in Berufungssachen nach Nr. 4126 VV RVG entfallen.

Nach alledem erachtet die Kammer unter Schätzung des rechtsanwaltlichen Zeitaufwandes die Festsetzung sowohl der Grund- als auch der Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren antragsgemäß jeweils in Höhe der Mittelgebühr als angemessen.“

Auf der Grundlage sind dann vom LG festgesetzt worden für die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG 220,00 EUR und für die Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren Nr. RVG 4124 352,00 EUR.

M.E. zutreffend. Die vom Bezirksrevisor vorgeschlagenen Gebühren von 100 EUR bzw. 88 EUR sind/waren schlicht eine Frechheit. Mehr schreiben ich nicht, denn es steht ja das Fest des Friedens vor der Tür.

Rahmengebühren I: Bemessung im OWi-Verfahren, oder: Mittelgebühr ist der richtige Ansatz

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Und heute dann – wahrscheinlich für viele der letzte Arbeitstag vor Weihnachten -, da Freitag ist, natürlich Gebührenentscheidungen. Und da das Fest des Friedens naht, will ich heute dann zwei „schöne“ Entscheidungen vorstellen. In beiden Beschlüssen geht es um die Bemessung der Rahmengebühren, und zwar einmal im Bußgeldverfahren und einmal im Strafverfahren.

Ich beginne mit dem Bußgeldverfahren, und zwar mit dem AG Viechtach, Beschl. v. 27.11.2024 – 6 II OWi 242/24. Die Entscheidungen des AG Viechtach sind ja wegen des Sitzes der Zentralen Bußgeldstelle in Viechtach von erheblicher Bedeutung.

Gegen war den Betroffenen – der Fahrlehrer ist – eine Geldbuße von 100,00 EUR verhängt worden. Ein Punkt im Fahreignungsregister, bei Vorliegen keiner Voreintragung, war angedroht. Nach Verjährungseintritt wurde das Verfahren eingestellt. Die notwendigen Auslagen des Betroffenen wurden der Staatskasse nicht auferlegt. Dagegen dann der erfolgreiche Antrag auf gerichtliche Entscheidung.

Der Verteidiger macht dann seine Gebühren geltend. Er setzt Mittelgebühren an. Davon werden Absetzungen gemacht. Das AG sieht das dann anders und setzt in der vom Verteidiger geltend gemachten Höhe fest:

„Nach wohl herrschender Meinung ist in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren die Höhe des verhängten Bußgeldes nicht entscheidend für die Gebührenbestimmung nach § 14 RVG (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage, Randnr. 54 zu § 14 RVG), womit auch bei Bußgeldern im unteren Bereich des jeweiligen Rahmens (hier 60,00 bis 5000,00 Euro) zunächst von einer Mittelgebühr auszugehen ist. Allerdings ist bei der Gebührenbestimmung zu beachten, dass dieser Mittelgebühr der allgemeine Durchschnittsfall in der Gesamtbetrachtung aller Ordnungswidrigkeitenbereiche zu Grunde zu legen ist, nicht nur ein Durchschnittsfall aus dem Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten (vgl. LG Landshut, Beschluss vom 19.01.2017, 3 Qs 14/17, juris).

„Eine durchschnittliche Verkehrsordnungswidrigkeit ist keineswegs gleichzusetzen mit einem allgemeinen Durchschnittsfall in der Gesamtbetrachtung aller Ordnungswidrigkeitenbereiche“, LG Landshut, a.a.O.

Die weit überwiegende Anzahl der Verkehrsordnungswidrigkeiten beinhaltet alltägliche Verkehrsübertretungen, die in großer Zahl auftreten und zu deren Verfolgung und Ahndung in allen Verfahrensabschnitten überwiegend automatisiert bzw. standardisiert gearbeitet wird – auch auf Seiten der Verteidiger. Diese Massenverfahren weisen weder einen komplizierten Sachverhalt auf, noch ist zu ihrer Bearbeitung ein umfangreicher Zeit- oder Begründungsaufwand erforderlich. Deshalb scheint es insbesondere mit Blick auf die Höhe der Verteidigergebühren in Strafsachen für nicht gerechtfertigt, für ein durchschnittliches Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren die allgemeine Mittelgebühr anzusetzen. Auch die große Anzahl dieser Verfahren rechtfertigt dies nicht. Die Mittelgebühr ist auf den allgemeinen Durchschnittsfall in der Gesamtbetrachtung aller Ordnungswidrigkeitenbereiche zugeschnitten.

Die Verteidigergebühr ist nach den Bemessungskriterien des § 14 RVG zu bestimmen. Maßgebend sind demnach,

– Umfang der anwaltlichen Tätigkeit,
– Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit,
– Bedeutung der Angelegenheit,
– Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers

Die Bestimmung der Gebühren durch den Rechtsanwalt ist für Dritte, die die Gebühr zu ersetzen haben, nur dann nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 S. 3 RVG).

Die Höhe der im Bußgeldbescheid verhängten Geldbuße sagt bei Verkehrsordnungswidrigkeiten in der Regel nicht viel über die Bedeutung der Angelegenheit aus, da die Geldbußen meistens im unteren Bereich angesiedelt sind. In erster Linie werden bei Verkehrsordnungswidrigkeiten Einsprüche gegen Bußgeldbescheide eingelegt wegen den mit der Geldbuße verbundenen Punkten im Fahreignungsregister im Hinblick auf ein zukünftig drohendes Fahrverbot oder Fahrerlaubnisentzug durch die Verwaltungsbehörde, wegen eines verhängten Fahrverbots oder zur Abwehr oder Vorbereitung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche. Von Bedeutung ist insbesondere auch, ob d. Betr. beruflich auf seine Fahrerlaubnis angewiesen ist.

Diese Besonderheit der Verkehrsordnungswidrigkeiten rechtfertigt es nicht, grundsätzlich von einer geringen Bedeutung auszugehen. Hätte der Gesetzgeber dies beabsichtigt, hätte er bei der den Gebührenrahmen jeweils bestimmenden Höhe der Geldbußen stärker differenziert und nicht, wie geschehen, Geldbußen von 60 bis 5000 Euro in einem Gebührentatbestand zusammengefasst. Bei der Beurteilung der Bedeutung einer Angelegenheit ist vielmehr der Besonderheit der Angelegenheit und der besonderen Umstände Rechnung zu tragen, die gerade für die Bedeutung dieser Angelegenheit ausschlaggebend sind. Abzustellen ist somit bei Verkehrsordnungswidrigkeiten auf die drohenden Punkte im Verkehrszentralregister, eine etwaige Vorbelastung, ein drohendes Fahrverbot bzw. Fahrerlaubnisentzug und etwaige Schadensersatzansprüche sowie das Angewiesensein d. Betr. auf die Fahrerlaubnis.

Bei der Einordnung des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind u.a. die Kriterien des Aktenumfangs, der Anzahl und Dauer der Besprechungen mit Mandanten, Sachverständigen und Dritten, der Notwendigkeit der Einarbeitung in Rechtsmaterie, einschließlich des ggfs. notwendigen Studiums von Rechtsprechung und Literatur, Zahl und Umfang der Schriftsätze, auswärtige Beweisaufnahmen, Auswertungen von Beiakten oder Sachverständigengutachten zu berücksichtigen.

Die von der Rechtsprechung entwickelte 20%-Toleranzgrenze ist nicht grundsätzlich und generell anwendbar. Voraussetzung ist in jedem Fall die Ausübung des billigen Ermessens durch den Rechtsanwalt. Unterbleibt dies, ist für die 20%-Toleranzgrenze kein Platz (vgl. Mayer/Kroiß, RVG, § 14 Rdnr. 52-59, beck-online).

Für den vorliegenden Fall gilt unter Berücksichtigung dieser Umstände folgendes:

Die Bedeutung der Angelegenheit für den Betroffenen ist im Hinblick auf seine Tätigkeit als Fahrlehrer und der damit der Möglichkeit einer Eignungsprüfung bei mehreren Verstößen als durchschnittlich anzusehen.

Der Verteidiger hat vorliegend lediglich einen Formular-Einspruch eingelegt und Akteneinsicht beantragt. Zudem musste der Anwalt – zurecht – Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Auslagenentscheidung der Behörde einlegen und begründen.

Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen wurden nicht gemacht.

Angesichts dieser Umstände stellt sich im vorliegenden Einzelfall der Antrag des Rechtsanwalts als im Rahmen des zulässigen dar.“

Lassen wir, da Weihnachten vor der Tür steht, dahin stehen, ob der Ansatz des AG, dem der Beschluss des LG Landshut vom 19.1.2017 (3 Qs 14/17) zugrunde liegt, zutreffend ist. Denn das AG kommt letztlich zur zutreffenden Abwägung, wenn es von dem Mittelgebühren des RVG auch für die Abrechnung im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren ausgeht und dann die jeweiligen Umstände des Einzelfalls abwägt (zur „richtigen“ Gebührenbemessung im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, 6. Aufl. 2021, Vorbem. 5 VV Rn 54 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Von daher sind der Ansatz der Mittelgebühr bei der Grundgebühr Nr. 5100 VV RVG und ein höherer Ansatz als die Mittelgebühr bei der Verfahrensgebühr Nr. 5103 VV RVG nicht zu beanstanden und zutreffend. Der Ansatz der Mittelgebühr bei der zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV RVG folgt aus dem Gesetz.

Was kommt denn nun ggf. neu in StPO, StGB und RVG?, oder: Wahrscheinlich viel Lärm um nichts?

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Ich hatte ja gestern darüber berichtet, dass die FDP noch drei Gesetzesentwürfe zu Änderungen im StGB, in der StPO und im RVG auf den Weg – sprich im Bundestag eingebracht hat (vgl. hier: News: Was kommt morgen noch in den Bundestag???, oder: StGB- und StPO-Modernisierung, aber auch RVG.

Nun gestern standen die zu diesen Vorhaben gehörenden BT-Drucksachen noch nicht auf der Homepage des Bundestages. Heute sind sie dort eingestellt und es soll am Nachmittag um 14.20 Uhr „beraten“ werden, d.h., dass man die Anträge ohne Aussprache in den Rechtsausschuss überweist. Der darf es dann richten, oder auch nicht.

Ich stelle hier mal die drei BT-Drucksachen ein, und zwar:

und

und

Was ist geplant bzw. was soll geändert werden.

Nun, zu den Änderungen des StGB verweise ich auf meinen Beitrag: Was kommt in 2024 „vielleicht“ an neuen Gesetzen, oder: Eckpunkte StGB, RVG-Erhöhung und digitale HV (?).  Da sind/waren die wesentlichen Änderungen aufgelistet. Die FDP-Fraktion hat das übernommen.

Für die Änderungen im Verfahrensrecht – StPO und JGG – ist Folgendes vorgesehen:

  • In den Fällen der notwendigen Verteidigung sollen alle Beschuldigten unabhängig von einem eigenen Antrag spätestens mit Beginn der ersten Vernehmung über einen Verteidiger verfügen.
  • Auch die Anwesenheitsrechte der Verteidigung im Ermittlungsverfahren werden gestärkt und die Kommunikation zwischen dem oder der Beschuldigten und der Verteidigung wird schon bei der Anbahnung eines Mandatsverhältnisses geschützt.
  • Die Nutzung der Videotechnologie bei der Vernehmung von Zeugen soll ausgeweitet und
    optimiert werden, wobei insbesondere auch die Belange von minderjährigen Zeugen in den Blick genommen werden sollen.
  • Urteile sollen künftig auf digitale Dateien verweisen können.
  • Englischsprachige Urkunden sollen in Zukunft nicht mehr in jedem Fall zeitaufwändig übersetzt werden müssen, sondern eine Zulassung im Original soll möglich werden.
  • Ein allgemeines Beweisverwertungsverbotes in Fällen, in denen Personen dazu verpflichtet sind, den Behörden Auskünfte zu erteilen, die möglicherweise sie selbst oder ihre Angehörigen belasten, soll eingeführt werden.
  • Die Zeugnisverweigerungsrechte für Angehörige in der StPO und in der Zivilprozessordnung (ZPO) sollen grundlegend umgestaltet werden. Es sollen neue
    Zeugnisverweigerungsrechte für Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft
    in einem gemeinsamen Haushalt oder Partner, deren Eheschließungstermin amt-
    lich festgesetzt wurde, geschaffen werden. Des Weiteren soll ein Zeugnisverwei-
    gerungsrecht für Personen, die durch eine soziale Eltern-Kind-Beziehung oder so-
    ziale Geschwisterbeziehung verbunden sind, eingeführt werden.
  • Im JGG soll es durch die Aufnahme einer jugendstrafrechtlichen Sonderregelung u.a. ermöglicht werden, zur Vermeidung einer Entwicklungsgefährdung des betroffenen Jugendlichen von einer Anordnung der Einziehung des Wertersatzes ganz oder teilweise abzusehen.

Und dann noch das RVG. Da hat man eine Anpassung der gesetzlichen Rechtsanwaltsvergütung im Auge. Dabei sollen die Betragsrahmen- sowie die Festgebühren um 9 % und die Wertgebühren um 6 % steigen.

Was wird nun daraus? Ich denke, wenn ich die Beiträge bei LTO und die dort zitierten BT-Abgeordneten richtig verstehe – zum StGB und zur StPO hier: StGB- und StPO-Moder­ni­sie­rung kommen noch in den Bun­destag und zum RVG hier: Ampel­par­teien wollen höhere Anwalts­ver­gü­tung durch­boxen – nicht viel. Und das ist m.E. für die Änderungen in StGB und StPO auch gut, denn die gehen m.E. so weit, dass man sie nicht mal eben so im Vorbeigehen beschließen sollte. Etwas anderes ist es beim RVG. Da habe ich noch ein wenig Hoffnung, aber da kommt es auf den politischen Willen an, vor allem darauf, ob SPD und Grüne, der FDP – gerade der 🙂 – den Erfolg gönnen. Also wahrscheinlich: Viel Lärm um nichts.