Archiv der Kategorie: Gebührenrecht

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Ist auch die Nr. 4142 VV RVG angefallen?

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Am Freitag hatte ich gefragt: Ich habe da mal eine Frage: Ist auch die Nr. 4142 VV RVG angefallen?

Darauf hatte ich wie folgt geantwortet:

„Die Nr. 4143 VV RVG setzt jein förmliches Adhäsionsverfahren voraus. Ggf. kann es Probleme mit der Beiordnung geben. Aber BGH hat die ja wohl nicht mehr. Steht alles im RVG-Kommentar.

Wenn Sie zur Einziehung beraten haben, sollte die Nr. 4142 VV RVG angefallen sein. Siehe auch dazu der Kommentar.“

Ja, steht in der Tat alles in unserem RVG-Kommentar, den man <<Werbemodus an>> hier bestellen kann <<Werbemodus aus>>. Der ist zwar bereits 2021 erschienen, aber immer noch aktuell, denn viel hat sich seitdem im RVG nicht getan. Und es wird sich m.E. auf absehbare Zeit nicht viel tun. das KostRÄndG 2025 ist durch das Scheitern der Ampel „Schnee von gestern“. Und eine neue Regierung wird sicherlich in der ersten Zeit nicht gerade die Anwaltsgebühren erhöhen. Ist ein unschöner Zustand, aber leider nicht zu ändern.

 

Ich habe da mal eine Frage: Ist auch die Nr. 4142 VV RVG angefallen?

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Und dann zum Tagesschluss das „Gebührenrätsel“ am Freitag, und zwar heute wie folgt:

„Mein Mandant erbringt im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs 20.000 € . Wegen des vollständigen Ausgleichs des materiellen Schadens in Höhe von ca. 13.000 € unterbleibt eine Einziehung.

Ich würde gerne forsch 4143 VV RVG ( TOA, ein Adhäsionsverfahren gab es nicht) UND 4142 VV RVG geltend machen. Habe ich Recht ?

Anwaltliche Mitwirkung ist problemlos zu bejahen.“

„Für den heutigen Hauptverhandlungstermin“, oder: Keine Einzeltätigkeit, sondern volle Bestellung

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Und im zweiten Posting habe ich dann noch einmal etwas zu den Gebühren des „Vertreters“. Und zwar hat das AG Gummersbach dazu im AG Gummersbach, Beschl. v. 22.10.2024 – 82 Ls-250 Js 367/18-10/20 – Stellung genommen. Dabei ging es vornehmlich um die Auslegung des der Formulierung „für den heutigen Hauptverhandlungstermin“ in einem Bestellungsbeschluss. Das AG meint: Keine Einzeltätigkeit, was zur Folge hat, dass alle Gebühren, die nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG entstanden sind, erstattet werden:

„Das Gericht folgt insoweit im vollen Umfang den Ausführungen des Nebenklägervertreter, dass es sich bei vorliegender Tätigkeit, auch wenn es sich um eine Abwesenheitsvertretung der beigeordneten Nebenklägervertreterin handelt, nicht um eine Einzeltätigkeit handelt.

Die Formulierung der Strafkammer „Rechtsanwalt pp. wurde für den heutigen Hauptverhandlungstermin in Vertretung für Rechtsanwältin pp. als
Nebenklägervertreterin der Nebenklägerin pp. beigeordnet“ wurde im Rahmen der Festsetzung insoweit fehlerhaft ausgelegt.

Die zu vertretene Nebenklägerverterterin Rechtsanwältin Frau pp. wurde vollumfänglich der Nebenklägerin beigeordnet. Die Formulierung “ für den heutigen Hauptverhandlungstermin“ stellt im vorliegenden Fall lediglich klar, dass die bisherige Nebenklägerinvertreterin weiterhin vollumfänglich weiterhin beigeordnet ist und die Beiordnung von Rechtsanwalt pp. nicht zu einer Entpflichtung der ursprünglichen Nebenklägervertreterin führt. Dies wurde von Seiten des Gerichts im Rahmen der Festsetzung als Einzeltätigkeit gewertet.

Hier revidiert das Gericht seine Auffassung und folgt den Ausführungen des Beschwerdeführers.

Dass im Rahmen der Beiordnung von Seiten der Strafkammer nicht auf einen Verzicht bzgl. der Mehrkosten für die Staatskasse hingewirkt wurde, kann nicht zu Lasten des Rechtsanwaltes pp. gehen.“

 

Übernachtungskosten von nur 150 EUR anerkannt, oder: „Fußläufiges“ „gehobenes Mittelklassehotel“

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Heute am RVG-Tag zunächst mal wieder etwas zu Auslagen, und zwar zu Hotelkosten. Für den Verteidiger, der „vor Ort“ übernachten muss, kann die Frage ja erhebliche Bedeutung haben. Und es kann „teuer“ werden, wenn der Verteidiger das „falsche“ Hotel wählt, nämlich eins, das zu teuer ist. Dann werden die Übernachtungskosten nämlich ggf. nicht vollständig von der Staatskasse übernommen.

So ist es jetzt in einem vom AG Berlin-Tiergarten mit dem AG Berlin-Tiergarten, Beschl. v. 12.03.2024 – 265a Ds 123/23  – entschiedenen Fall geschehen. Der Verteidiger hat seinen Mandanten, der in der JVA Moabit inhaftiert war, besucht. Übernachtet hatte er in einem Hotel am Kurfürstendamm. Die dafür entstandenen Kosten hat das AG nicht vollständig festgesetzt:

„Folgende Absetzungen sind erfolgt:

Die Übernachtungskosten können nur i. H. v. 150,00 € als notwendig anerkannt werden. Der Verteidiger hat nur Anspruch auf Unterkunft in einem gehobenen Mittelklassehotel. Solche Hotels gibt es in fussläufiger Entfernung zur JVA Moabit mit Übernachtungskosten von bis zu 150,00 € pro Nacht. Das vom Verteidiger ausgewählte hochpreisige Hotel am Kurfürstendamm in weiter Entfernung zur JVA Moabit war für die Wahrnehmung eines Haftbesuches nicht notwendig. Die Umsatzsteuer reduziert sich entsprechend.“

Nun ja, mich würde interessieren, ob der Verteidiger Rechtsmittel eingelegt hat. Denn dann würde man etwas dazu lesen (hoffentlich!!), was denn nun „fußläufig“ bedeutet, also wie lange muss der Verteidiger ggf. bis zum Hotel laufen und auch, was ein „gehobenes Mittelklassehotel“ ist. Na ja, vielleicht finde ich dazu noch einen Beschluss. So wird man zunächst mal diesen Beschluss als Richtschnur nehmen müssen.

Pflichti II: Ablehnung im Wiederaufnahmeverfahren, oder: Erstreckung im Adhäsionsverfahren

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Im zweiten Posting dann hier zwei Entscheidungen zu verfahrensrechtlichen Fragen, und zwar einmal BGH und einmal OLG.

Ich beginne mit dem BGH, Beschl. v. 16.10.2024 – StB 58/24. In dem Verfahren hatte das OLG München einen Antrag des Verurteilten auf Bestellung eines Pflichtverteidigers für die Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens hinsichtlich eines rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens abgelehnt. Hiergegen wendete sich der Verurteilte mit seiner Beschwerde, die der BGH als unzulässig verworfen hat. Denn:

„Der auf der Grundlage des § 364b StPO ergangene Beschluss des Oberlandesgerichts ist nach § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 StPO der Anfechtung entzogen, weil keiner der in § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO geregelten Ausnahmetatbestände erfüllt ist. Satz 2 Halbsatz 2 Nummer 5 erfasst Entscheidungen, welche die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffen (§ 372 Satz 1 StPO), nicht aber solche, die gemäß §§ 364a, 364b StPO die Bestellung eines Pflichtverteidigers zum Gegenstand haben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. August 2022 – 3 ARs 9/22, juris Rn. 6; vom 18. Dezember 1975 – StB 64/75, NJW 1976, 431 f.; BeckOK StPO/Singelnstein, 52. Ed., § 364a Rn. 9, § 364b Rn. 10; KK-StPO/Tiemann, 9. Aufl., § 364b Rn. 10). Auch Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 findet keine Anwendung, da ein im Wiederaufnahmeverfahren nach § 364a StPO zu bestellender Verteidiger kein Pflichtverteidiger im Sinne dieser Vorschrift ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10. August 2022 – 3 ARs 9/22, juris Rn. 6).“

Und als zweite Entscheidung hier der OLG Bamberg, Beschl. v. 05.09.2024 – 1 Ws 187/24 – zur Erstreckung der Pflichtverteidigerbestellung auf das Adhäsionsverfahren. Das OLG schließt sich der inzwischen wohl h.M. – Nachweise im Beschluss – in der Frage an und hat, was ja auch gebührenrechtliche Auswirkungen hat, entschieden – hier nur der Leitsatz:

Die Bestellung eines Pflichtverteidigers umfasst auch die Vertretung des Angeklagten im Adhäsionsverfahren.