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OWi I: News zur Verwerfung des OWi-Einspruchs, oder: Verwerfungsurteil, Nebenbeteiligter, Ladungsmangels

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Und dann zum Auftakt für die 52. KW/2024 und zum letzten Arbeitstag (?) vor Weihnachten hier noch einige Entscheidungen aus dem OWi-Verfahren, allerdings ein wenig thematisch zusammengefasst.

In diesem ersten Posting stelle ich dann noch einmal einige Beschlüsse zur Entbindung von der Erscheinenspflicht und den damit zusammenhängenden Fragen vor, sicherlich einer der verfahrensrechtlichen Dauerbrenner aus dem Bußgeldverfahren. Es handelt sich um:

1. Im Fall der Behauptung einer nicht ordnungsgemäßen Ladung ist es erforderlich, dass sich aus der Verfahrensrüge die tatsächlichen Umstände der Ladung und die daraus resultierende fehlende Kenntnis des Betroffenen vom Hauptverhandlungstermin ergeben, die seine Beteiligung an der Hauptverhandlung unmöglich gemacht haben.

2. Hat der Zusteller die Ladung unter der dem Gericht bekannten Anschrift in den Briefkasten eingeworfen, der zu der Wohnung der weiterhin unter dieser Anschrift wohnhaften Eltern des Betroffenen gehört, bedarf es in der Regel Vortrags zu solchen Umständen, die eine Heilung des Ladungsmangels ausschließen (tatsächliche Übergabe der Ladung an den Betroffenen, Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten).

3. Rügevernichte Umstände sind jedenfalls dann mitzuteilen, wenn nach der konkreten Fallgestaltung eine dem geltend gemachten prozessualen Fehler (hier: Ladungsmangel) entgegenstehende Verfahrenslage ernsthaft in Frage kommt.

4. Dies ist der Fall, wenn der Betroffene in einer früheren Hauptverhandlung von der Verpflichtung, persönlich zu erscheinen, entbunden war und hiernach seinen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlegt hat. In diesem Fall ist auch mitzuteilen, dass er überhaupt gewillt war, zur Hauptverhandlung zu erscheinen.

1. § 74 Abs. 2 OWiG knüpft allein an den Betroffenen an. Betroffener im Sinne des Ordnungswidrigkeitengesetzes ist die natürliche Person, gegen die sich das Verfahren richtet.

2. Für eine entsprechende Anwendung des § 74 Abs. 2 OWiG auf nebenbeteiligte juristische Personen und Personenvereinigungen ist kein Raum. Deren Rechtsstellung richtet sich prozessual weitgehend nach den Regelungen für Einziehungsberechtigte.

Das AG muss im Urteil, mit dem der Einspruch eines Betroffenen wegen unentschuldigten Ausbleibens verworfen wird, die vom Betroffenen bzw. dessen Verteidiger vorgebrachten Gründe, die diese vom Erscheinen in der Hauptverhandlung abgehalten haben, mitteilen, da anderenfalls das Rechtsbeschwerdegericht nicht prüfen kann, ob der Tatrichter bei der Würdigung des Entschuldigungsvorbringens von zutreffenden rechtlichen Erwägungen ausgegangen und damit die Verwerfungsentscheidung zu Recht ergangen ist.

Klima: Klimastraßenkleber leisten Widerstand, oder: Bedeutung der Ablösedauer

entnommen wikimedia commons Author Jan Hagelskamp1

Und dann habe ich hier noch den KG, Beschl. v. 10.07.2024 – 3 ORs 30/24 – 161 SRs 26/24zu einem Klimakleberfall.

AG/LG haben die Angeklagte wegen (gemeinschaftlicher) Nötigung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in zwei Fällen verurteilt, und zwar auf der Grundlage folgender Feststellungen:

„Am 12. Juli 2022 beteiligte sich die Angeklagte an einer Straßensitzblockade der Gruppierung „Aufstand der letzten Generation“ auf der BAB 111 im Bereich der Ausfahrt H-Damm in Berlin. Sechs weitere Personen und sie setzten sich aufgrund eines zuvor gefassten gemeinsamen Tatplans um 8:45 Uhr am Ende der Autobahnabfahrt auf die Fahrbahnen, wobei sie sich so gleichmäßig über alle drei Fahrbahnen der Ausfahrt verteilten, dass zwischen ihnen kein Fahrzeug mehr durchfahren konnte, ohne sie zu gefährden bzw. zu verletzen.  Die Angeklagte saß dabei auf der von den Fahrzeugen aus gesehen ganz rechten Fahrbahn. Als die hinzugerufene Polizei erschien, klebten sich ein Aktivist und drei Aktivistinnen, unter anderem die Angeklagte, mit jeweils einer Hand mittels Sekundenkleber auf der Fahrbahn fest, um sich so fest mit dieser zu verbinden. Die Absicht der Angeklagten war es dabei, die Störung des Verkehrs dadurch möglichst in die Länge zu ziehen, dass die von ihr erwarteten polizeilichen Maßnahmen zur Räumung der Straße erheblich erschwert würden. Die Angeklagte klebte sich zumindest auch deswegen fest, um sich der von ihr erwarteten polizeilichen Räumung nach Auflösung der Versammlung zu widersetzen.

Die Versammlung war nicht angemeldet. Durch EPHK Z wurde um 8:54 Uhr über Lautsprecher durchgesagt, dass wegen der Grundrechtseinschränkung für die blockierten Autofahrer der Versammlung ein neuer Ort auf dem Gehweg zugewiesen würde. Dies wurde um 9:00 Uhr nochmals wiederholt. Nachdem die Aktivistinnen und Aktivisten sich nicht an den neuen Versammlungsort begeben hatten, wurde die Versammlung durch Lautsprecherdurchsage durch EPKH Z um 9.08 Uhr aufgelöst. Die Angeklagte befolgte die Aufforderung, die Straße zu verlassen, nicht. Da sie festgeklebt war, konnten die Polizeibeamten sie – wie sie wusste – nicht einfach wegtragen, sondern mussten sie erst von der Straße lösen. Die Ablösung ihrer Hand dauerte von 9:39 Uhr bis 10:05 Uhr. Sodann wurde sie von zwei Polizeibeamten von der Straße getragen.

Die Angeklagte handelte zusammen mit den übrigen Aktivistinnen und Aktivisten, um mindestens die auf der Autobahnabfahrt befindlichen Fahrzeugführer bis zur Beendigung der Räumung der Blockade durch Polizeivollzugsbeamte bzw. bis zu einer rückwärtigen Ableitung aus der Autobahnabfahrt an der Fortsetzung ihrer Fahrt zu hindern und dadurch erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit für die aus ihrer Sicht unzureichenden politischen Maßnahmen gegen ein Fortschreiten des Klimawandels und im Speziellen gegen zu hohen Ölverbrauch zu erzielen. Wie von der Angeklagten und ihren Mitgliedern beabsichtigt, kam es aufgrund der Blockade, welche die gesamte Breite der – im unteren Bereich über zwei und im oberen Bereich über drei Fahrspuren verfügenden – Fahrbahn der Autobahnabfahrt einnahm, zu erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen in Form eines Rückstaus zahlreicher Fahrzeuge. Bereits um 8:46 Uhr war die Autobahnausfahrt zwischen ihrem Beginn bei der Autobahn bis zu der von der Angeklagten und ihren Mittätern gebildeten Menschenkette im oberen Bereich am H-Damm, also über eine Länge von etwa 150 m, vollständig mit Fahrzeugen gefüllt, unter anderem einem Bus der BVG. Diesen Fahrzeugen war es zunächst nicht möglich, die Blockade zu umfahren. Erst nach und nach vermochten die Fahrzeuge – abgeleitet von den Verkehrsdiensten der Polizei – rückwärts von der Autobahnausfahrt auf die Autobahn zurückzufahren und ihren Weg fortzusetzen – wenn auch nicht über die zuvor beabsichtigte Autobahnausfahrt H-Damm. Die Zeugin X, die in der 3. Reihe der blockierten Fahrzeuge stand, steckte dort bis mindestens 9:05 Uhr fest, bevor sie rückwärts von der Polizei auf die Autobahn geleitet wurde. 

Am 15. Juli 2022 strömte die Angeklagte gemeinsam mit zahlreichen weiteren Personen durch das Unterholz neben der Autobahn BAB 103 auf die Fahrbahn der Autobahnausfahrt Sachsendamm einige Meter vor der Ampel auf dem Sachsendamm. Der Polizei war es aufgrund der Anzahl der Aktivistinnen und Aktivisten nicht möglich, diese daran zu hindern, sich – entsprechend eines zuvor gemeinsam gefassten Tatplanes – auf die Fahrbahn zu setzen und teilweise dort zu verkleben. Die Aktivistinnen und Aktivisten formten spätestens um 7:45 Uhr zwei Blockadelinien etwa 15 m voneinander entfernt und schlossen zwischen beiden Linien einen Lkw ein. Die gesamte Breite der drei Fahrspuren wurde durch die Aktivistinnen und Aktivisten blockiert, wobei die Angeklagte – von den zum Stillstand gebrachten Fahrzeugen aus gesehen – in der ersten Blockade, die aus 18 Aktivisten und Aktivistinnen gebildet wurde, links vorne saß. Sie benetzte ihre Hand mit Sekundenkleber und klebte sich auf die Fahrbahn. Damit wollte sie die Störung durch die Blockade möglichst in die Länge zu ziehen, indem die Bemühungen der eingesetzten Polizeibeamten, sie nach der von der Angeklagten erwarteten Auflösung der Versammlung von der Straße zu entfernen, erheblich erschwert und in die Länge gezogen werden sollten.

Durch die Blockade kam es – wie von der Angeklagten beabsichtigt – zu einem erheblichen Rückstau sämtlicher Verkehrsteilnehmer, die sich zum Zeitpunkt des Blockierens auf den Fahrspuren im Bereich zwischen der A 100 und der Blockade befanden. Der Berufsverkehr auf sämtlichen Spuren der Autobahnabfahrt kam mindestens im Bereich bis zur BAB 100 zum Erliegen. Jedenfalls bis 8:30 Uhr standen noch Fahrzeuge auf der Autobahnausfahrt, bevor sie rückwärts von der Polizei aus der Abfahrt abgeleitet wurden und ihren Weg fortsetzen konnten.

Um 7:47 Uhr wurde durch PHK A gegenüber den Protestierenden eine erste beschränkende Verfügung erlassen mit dem Inhalt, dass es sich vorliegend um eine nicht angezeigte Versammlung handele, das Verhalten der Aktivisten und Aktivistinnen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle und deswegen die Fahrbahn zu verlassen sei und die Versammlung zum neu zugewiesenen Versammlungsort auf dem Gehweg zu verlegen sei. Um 7:50 Uhr wies PHK A erneut auf den neu zugewiesenen Versammlungsort hin und gab bekannt, dass bei einem weiteren Nicht-Nachkommen der Beschränkung polizeiliche Maßnahmen folgen würden auch unter Anwendung von unmittelbarem Zwang. Schließlich wurde die Versammlung um 7:56 Uhr durch PHK A aufgelöst. Die Aktivisten und Aktivistinnen wurden darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Polizei unmittelbaren Zwang gegen sie einsetzen würde, sollte der Auflösungsverfügung nicht nachgekommen werden. Die Angeklagte kam der Auflösungsverfügung nicht nach. Das Ablösen der Hand der Angeklagten, die sich mit ihrer Hand auf der Fahrbahn festgeklebt hatte, dauerte über 40 Minuten lang, nämlich von 8:17 Uhr bis 9:01 Uhr.  Die Ablösung einer weiteren Person dauerte bis 9:15 Uhr.

Im Vorfeld dieser beiden nicht als Versammlungen angemeldeten Aktionen wurde von der Gruppierung „Angehörige der letzten Generation“ im Internet angekündigt, es werde Aktionen im Berliner Stadtgebiet geben. Konkrete Zeitpunkte und Orte wurden jedoch nicht genannt. Die Aktivistinnen und Aktivisten breiteten während der Blockaden jeweils zumindest ein Transparent vor sich aus, auf dem es hieß: „Öl sparen statt bohren“.  Ziel war jeweils eine möglichst große – auch mediale – Aufmerksamkeit für dieses Anliegen.“

Das KG hat die Revision verworfen. Hier die Leitsätze der Entscheidung, die m.E., nachdem die Fragen derzeit nicht mehr so aktuell sind, genügen:

1. Eine Bewertung des Gerichts, ob das Anliegen als nützlich und wertvoll einzuschätzen und ob das verfolgte Ziel nach gerichtlicher Beurteilung zu billigen ist, verbietet sich, weil der Staat gegenüber der Grundrechtsbetätigung der Bürger auch im Interesse der Offenheit kommunikativer Prozesse inhaltsneutral bleiben muss.

2. Für das Tatbestandsmerkmal „bei der Vornahme einer Diensthandlung“ reicht es aus, dass der Täter die Kraft schon vor Beginn der Diensthandlung entfaltet, sofern diese – vom Täter auch so gewünscht – das spätere polizeiliche Tätigwerden deutlich erschwert.

3. Entscheidend für die Bewertung der Widerstandshandlung als „mit Gewalt“ ist die Intensität der Kraftentfaltung durch das materielle Zwangsmittel und damit zusammenhängend die Kraft, die aufgewandt werden muss, um diese zu überwinden.

4. Indem der Täter die mit Sekundenkleber benetzte Hand so auf die Fahrbahn drückt, dass Hand und Fahrbahn eine feste Verbindung eingehen, leistet er Widerstand mit Gewalt im Sinne des § 113 Abs. 1 Alt. 1 StGB, wenn hierdurch vorsatzgemäß die nach Auflösung der Versammlung erfolgende polizeiliche Räumung der Fahrbahn durch Polizeibeamte deutlich erschwert wird.

5. Die Ablösedauer ist lediglich ein Anhaltspunkt dafür, wie stark die zu überwindenden Kräfte wirken. Ein schnelles, aber kurzzeitig kraftintensives Wegreißen kann ebenso für einen Widerstand „mit Gewalt“ sprechen wie eine vorsichtige Methode, bei der die die Vollstreckungsmaßnahme erschwerenden Kräfte über einen längeren Zeitraum gelöst werden.

KCanG I: Erneut „alte“ Überwachungserkenntnisse, oder: Einige OLG für, einige gegen Verwertbarkeit

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Und dann heute nach längerer Zeit mal wieder einige Entscheidungen zum KCanG.

Ich beginne mit einer Zusammenstellung der mir vorliegenden Rechtsprechung der OLG zu den Auswirkungen des KCanG auf die Verwertbarkeit „alter“ EncroChat-ANOM_Überwachungsdaten. Dazu habe ich hier vier Entscheidungen, und zwar:

Für eine Verwertbarkeit von vor Inkrafttreten des KCanG gewonnenen Überwachungsdaten haben sich ausgesprochen:

Vergehen nach § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 KCanG rechtfertigen als „schwere Straftaten“ weiterhin die Anordnung einer Telekommunikationsüberwachung nach § 100a StPO (§ 100a Abs. 2 Nr. 7a StPO). Sie gehören indes nicht zu den Delikten, die als „besonders schwere Straftaten“ nach § 100b Abs. 2 StPO die Anordnung einer Online-Durchsuchung erlauben würden. Das hat aber keinen Einfluss auf die Verwertbarkeit von vor dem Inkrafttreten des KCanG durch eine EncroChat-Maßnahme gewonnene Daten.

Zur – bejahten _ Verwertbarkeit von EncroChat- und SkyECC-Daten nach Einführung des KCanG.

Gegen eine Verwertbarkeit von vor Inkrafttreten des KCanG gewonnenen Überwachungsdaten haben sich ausgesprochen:

1. Erkenntnisse aus der Auswertung des über den Kryptomessenger-Dienst ANOM geführten Chatverkehrs sind unter Berücksichtigung des Grundgedankens der Verwendungsschranke des § 100e Abs. 6 StPO verwertbar. Eine Beweisverwertung derart erlangter Daten ist demnach stets unzulässig, sofern diese den Kernbereich privater Lebensführung i. S. v. § 100d Abs. 2 S. 1 StPO betreffen. Darüber hinaus dürfen die Erkenntnisse in einem Strafverfahren ohne Einwilligung der überwachten Person nur zur Aufklärung des Verdachts einer Katalogtat i. S. v. § 100b Abs. 2 StPO oder zur Ermittlung des Aufenthalts der einer solchen Straftat beschuldigten Person verwendet werden. Ferner sind die einschränkenden Voraussetzungen des § 100b Abs. 1 Nr. 2 und 3 StPO zu beachten, wonach die Straftat auch im Einzelfall besonders schwer wiegen und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsorts auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos sein muss.

2. Für die Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Katalogtat i. S. v. § 100b StPO erfüllt sind, ist auf den Zeitpunkt der Verwendung der Beweisergebnisse abzustellen. Vor dem 01.04.2024 im Zuge der Überwachung der „ANOM“-Chats erlangte Erkenntnisse sind demnach nur verwertbar, wenn die betreffenden Delikte auch im Verwertungszeitpunkt noch den Anforderungen des § 100e Abs. 6 StPO genügen, wenn sie also auch nach Inkrafttreten des KCanG zum 01.04.2024 noch als Katalogtaten i. S. v. § 100b Abs. 2 StPO einzustufen sind.

Der Senat hält auch in Anbetracht der zwischenzeitlich zur Frage der Verwertbarkeit der bei dem Krypto-Dienstanbieter EncroChat in Frankreich gesicherten und den deutschen Strafverfolgungsbehörden übermittelten Daten ergangenen, in der Sache divergierenden obergerichtlichen Rechtsprechung daran fest, dass diese Daten nur in denjenigen Fällen verwertbar sind, in denen sich der Tatvorwurf auf eine Katalogtat im Sinne des § 100b Abs. 2 StPO bezieht. Hiervon nicht umfasst sind Straftaten gemäß § 34 Abs. 3 Satz 2 KCanG, also Fälle wie– das gewerbsmäßige Handeltreiben mit Cannabis in nicht geringer Menge gemäß § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 4 KCanG und die Abgabe von Cannabis in nicht geringer Menge gemäß § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG.

Edit: Die Entscheidung des OLG Hamm muss man genau lesen. Das hatte ich erst nicht, habe ich dann aber auf netten Hinweis noch einmal getan und dann den Beitrag und die Überschrift etwas abgeändert

OWi II: Wann ist das Handyverbot „suspendiert“?, oder: Nur das händische Motorausschalten hilft

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Im zweiten Posting dann etwas zum „Handyverstoß“ – dazu hat es m.e. länger keine Entscheidungen mehr gegeben. Das wundert mich allerdings, denn wenn man sich im Straßenverkehr so umschaut, scheint das Verbot der Benutzung von Mobiltelefonen noch nicht überall angekommen zu sein 🙂 .

Hier dann das KG, das sich im KG, Beschl. v. 09.09.2024 – 3 ORbs 139/24 – 122 Ss Rs 32/24 – noch einmal zum Ausschalten des Motor im Hinblick auf das Verbot des § 23 Abs. 1a StVO äußert:

„Tatsächlich dürfte der Vortrag des Rechtsmittelführers eher als Aufklärungsrüge zu verstehen sein, denn im Kern macht er – auch unter Berücksichtigung der Ausführungen im Schriftsatz vom 22. August 2024 – geltend, nicht befragt worden zu sein, ob er den Motor seines Fahrzeugs händisch ausgeschaltet hat oder ob die Abschaltung per Start-Stopp-Automatik geschah. In Abweichung von der vormaligen Rechtslage gilt die automatische Motorabschaltung durch Start-Stopp-Funktion nicht als vollständiges Ab-schalten des Motors i. S. des § 23 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 StVO, so dass nur das händische Ausschalten des Motors das Verbot des § 23 Abs. 1a StVO suspendiert (vgl. Senat ZfSch 2018, 649 [m. Anm. Krenber-ger]; OLG Köln DAR 2019, 398; König in Hentschel/König/Dauer, StVR 47. Aufl., § 23 StVG Rn. 30b).“

OWi I: Dysfunktionales Absehen vom Fahrverbot, oder: Fahrverbot wegen Beharrlichkeit

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Heute dann ein paar OWi-Entscheidungen. Es ist nichts Besonderes, sondern dient der Vollständigkeit 🙂 .

Zunächst will ich hier zwei KG-Entscheidungen zum Fahrverbot vorstellen, und zwar.

Im KG, Beschl. v. KG 26.6.24, 3 ORbs 93/24 – hat das KG noch einmal zur Verhängung eines Fahrverbotes wegen beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kfz-Führers Stellung genommen. Und zwar:

1. Sind die Voraussetzungen für ein Regelfahrverbot nach der BKatV nicht gegeben, bedarf es näherer Feststellungen, ob die Anordnung eines Fahrverbotes dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Nur wenn die Beharrlichkeit der Pflichtverletzung von ähnlich starkem Gewicht wie in der ausdrücklich normierten Konstellation des § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV ist, kommt die Anordnung eines Fahrverbotes wegen der Vorahndungslage in Betracht. Denn nur dann wird es geboten sein, mit der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme auf den Betroffenen gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. StVG i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 1 BKatV einzuwirken.

2. Daher bedarf es in den Urteilsgründen nähere Darlegung zum Zeitmoment (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV), zur Anzahl, zur Tatschwere und zu den Rechtsfolgen früherer und noch verwertbarer Verkehrsverstöße und deren Vergleichbarkeit mit der verfahrensgegenständlichen Zuwiderhandlung.

Im KG, Beschl. v. 11.09.2424 – 3 ORbs 165/24 – 122 SsBs 25/24 – hat das KG sich dann zum sog. dysfunktionalem Absehen vom Fahrverbot geäußert. Die Entscheidung beweist mal wieder, dass das Absehen vom Fahrverbot dem Amtsrichter nicht leicht gemacht wird. Das KG hat seinem Beschluss folgende Leitsätze gegeben:

1. Möchte der Tatrichter vom Regelfahrverbot absehen, so muss sich aus den Urteilsgründen ergeben, dass er sich der gesetzlichen Indizwirkung der BKatV bewusst war.

2. Zur Bewertung einer Einlassung, der Betroffene habe sein Fahrzeug aus technischen Gründen beschleunigen müssen, um dessen Liegenbleiben zu verhindern

3. Aufgrund der Regelung des § 3 Abs. 1 BKatV ist es grundsätzlich fehlerhaft, die Herabsetzung der Regelgeldbuße damit zu begründen, der Betroffene habe keine Voreintragung im Fahrerlaubnisregister.

4. Dass der Betroffene seit 26 Jahren Inhaber einer Fahrerlaubnis ist, gibt nicht ohne Weiteres Anlass, die Regelgeldbuße herabzusetzen.

5. Die tatrichterliche Bewertung, durch eine Geschwindigkeitsüberschreitung (hier: innerorts um 42 km/h) werde die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt, ist nicht nachvollziehbar.

6. Möchte der Tatrichter vom Regelfahrverbot absehen, weil dieses den Betroffenen aus familiären und beruflichen Gründen besonders hart treffe, so ist diese Bewertung mit Tatsachen zu belegen. Gehen diese auf die Einlassung des Betroffenen zurück, bedarf es einer kritischen Würdigung und gegebenenfalls Überprüfung.

7. Andeutungen, die Prozessökonomie hätte Anlass gegeben, die Regelgeldbuße herabzusetzen (hier von 800 auf 55 Euro) und vom Fahrverbot abzusehen, stellen keine tragfähige Grundlage für eine entsprechende Rechtsfolgenentscheidung dar.