Archiv für den Monat: August 2017

Einsicht in Messdaten im Bußgeldverfahren, oder: Die Flut von Entscheidungen reißt nicht ab…

entnommen openclipart.org

Ich habe schon länger nicht mehr über OWi-Sachen berichtet und noch länger nicht mehr über AG-Entscheidungen zur (Akten)Einsicht in Messdaten im Bußgeldverfahren. Das hole ich heute nach. Die Pause war m.E. aber nicht schlimm, denn der Kollege Gratz vom VerkehrsBlog berichtet ja regelmäßig über „Einsichtsentscheidungen“ – nun, mit der Einsicht ist das allerdings teilweise so eine Sache. Aus seinem Blog habe ich auch  – mit seinem Einverständnis – einen Teil der Entscheidungen, die ich nachfolgend in Form einer kleinen Rechtsprechungsübersicht zusammen gestellt habe. Ich habe die Entscheidungen – aus zeitlichen Gründen – im Wesentlichen auch nicht auf meiner Homepage im Volltext eingestellt. Sie sind fast alle bereits über dejure beim Kollegen Garcia „greifbar. Also dann:

  • KG, Beschl. vom 15.05.2017 – 3 Ws (B) 96/17:  Zum erforderlichen Umfang der Begründung der Rechtsbeschwerde, mit der Nichtherausgabe von nicht in der Akte befindlichen Unterlagen (Rohmessdaten, Lebensakte, Wartungsunterlagen) gerügt wird (vgl. dazu Aufklärungsrüge nach fehlender Akteneinsicht, oder: Schattenboxen beim KG).
  • OLG Celle, Beschl. v. 28.06.2017 – 2 Ss (Owi) 146/17: Kein Anspruch auf Herausgabe einer Lebensakte. Eine solche muss nicht geführt werden (vgl. dazu schon:OLG Celle: Lebensakte muss die Verwaltung nicht führen, aber der Betroffene „tatsachenfundiert vortragen“).
  • OLG Saarbrücken, Beschl. v. 01.02.2017 – Ss Rs 2/17: Wird mit der Rechtsbeschwerde beanstandet, dass der Verteidigung bei einer Geschwindigkeitsmessung mit Videodokumentation das Beweisvideo nicht zur Verfügung gestellt und dadurch das rechtliche Gehör des Betroffenen verletzt worden ist, muss auch vorgetragen werden, ob die Aufnahme in der Hauptverhandlung überhaupt in Augenschein genommen wurde, Verteidiger und/oder Betroffener hierbei anwesend waren und diesen die Möglichkeit gegeben wurde, sich zur Videoaufnahme zu äußern, blieb offen. Die Beanstandung, dass die Aufnahme vor der Hauptverhandlung  nicht hätte überprüft werden konnten, hat ggf. nur Erfolg, wenn mitgeteilt wird, weshalb eine Überprüfung in der Verhandlung nicht ausreichen soll.
  • AG Bad Berleburg, Beschl. v. 09.05.2017 – 7 OWi 73/17 [b]: Keine Übersendung der Daten der kompletten Messserie, wenn es sich um ein standardisiertes Messverfahren – hier TraffiStar S 350 – handelt. Die Rohdaten einer Geschwindigkeitsmessung sind “interne Hilfs- und Arbeitsmittel der Polizeibehörde”, in die kein Einsichtsrecht bestünde. Die Dokumentation über die üblichen Unterlagen wie Beweisfoto, Fall- sowie Messprotokoll hinaus übersteigen die Kapazitäten der Behörden in einem erheblichen Ausmaß
  • AG Bitburg, Beschl. v. 11.04.2017 – 3 OWi 49/17: Die Zentrale Bußgeldstelle ist verpflichtet, dem Verteidiger die digitale Messreihe sowie den Public Key des Messgeräts Poliscan Speed zu überlassen. Bestimmte Messfehler oder Auffälligkeiten lassen sich nur anhand der kompletten Messreihe feststellen. Die Behörde muss dem Verteidiger zudem Auskunft über mögliche Reparaturen oder andere Eingriffe an der Messanlage erteilen. Für den Fall, dass solche Eingriffe vorgenommen worden sind, sind außerdem Nachweise darüber herauszugeben. Die Messgeräteverwender sind gemäß § 31 MessEG zur Aufbewahrung der dort genannten Nachweise verpflichtet, allerdings regelmäßig nur bis zum Ablauf von drei Monaten nach Ende der Eichfrist.
  • AG Freiburg, Beschl. v. 07.06. 2017 – 37 OWi 88/17: Wird eine Lebensakte nicht geführt, hat die Verwaltungsbehörde dem Verteidiger Auskunft zu der Frage zu erteilen, wann und wa­rum das zum Einsatz gebrachte Messgerät eventuell repariert, gewartet, geeicht bzw. nachge­eicht wurde
  • AG Heidelberg, Beschl. v. 26.07.2017 – 16 OWi 432/17: Dem Verteidiger sind die Statistikdatei, die Wartungsunterlagen zum Messgerät (hier: PoliscanSpeed) sowie die Unterlagen zur verkehrsrechtlichen Anordnung der Geschwindigkeitsbegrenzung von der Verwaltungsbehörde herauszugeben, das nur so die die Zuverlässigkeit des verwendeten Messgeräts beurteilt werden kann. Die Messserie selbst muss nur an einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Verkehrsmesstechnik übergeben werden, da Verteidiger in der Regel nicht über die notwendi­ge Auswertesoftware verfügen.
  • AG Heilbronn, Beschl. v. 23.5.2017 – 22 OWi 118/17: Da sich die Messreihe nicht in der Akte befindet, ist sie wie ein amtlich verwahrtes Beweisstück zu behandeln. Daher besteht insoweit nur ein Anspruch auf Besichtigung in den Behördenräumen, nicht aber auf Übersendung in die Kanzlei. Zum Führen einer Lebensakte für das Messgerät ist der Geräteverwender nicht verpflichtet, denn die Aufbewahrungspflicht nach § 31 Abs. 2 Nr. 4 MessEG betrifft nur ungeeichte Messgeräte.
  • AG Mannheim, Beschl., v. 10.08.2017 – 28 OWi 516 Js 8303/17:     Kein Anspruch auf Beiziehung und zur Verfügung Stellung der Lebensakte bzw. der Wartungsprotokolle und Eichnachweise des Messgeräts seit der ersten Inbetriebnahme des Messgeräts (hier Poliscan Speed).
  • AG Neumarkt, Beschl. v. 13.5.17 – 35 OWi 702 Js 102324/17: Dem Verteidiger ist Einsicht in die Lebensakte des Messgeräts zu gewähren. Dazu ist eine Kopie der Lebensakte zur Verfahrensakte zu reichen.
  • AG St. Ingbert, Beschl. v. 02.12.2016 – 2 OWi 356/16: Der Verteidiger hat Anspruch auf Übersendung einer Liste aller am Tattag mit einem Messgerät aufgenommen Verkehrsverstöße sowie der digitalen Falldaten in unverschlüsselter Form für die gesamte Messreihe des Tattages.

Die vorgestellten Entscheidungen zeigen, wie uneinig die Rechtsprechung sich in der für den Betroffenen wichtigen Frage ist. Dabei lässt sich m.E. aus der Rechtsprechung insgesamt die Tendenz ableiten, dass die AG eher die Messdaten zur Verfügung stellen als die OLG. Und die scheuen den BGH/die Vorlage wie der „Teufel das Weihwasser“.

Habe fertig: RVG-Kommentar, 5. Auflage, auf dem Weg in die Druckerei, oder: Auslieferung naht

„Mein“ zuständiger Lektor teilt gerade mit: Die 5. Auflage des RVG-Kommentars – oder richtig: „Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl., 2018“ – befindet sich auf dem Weg in die Druckerei. Sehr schön, denn jetzt müssen wir nicht mehr lange warten, bis die Neuauflage vorliegt. Die Auslieferung ist zum 26.09.2017 angekündigt. Insgesamt sind es 1.904 Seiten geworden. Natürlich topaktuell und mit weiteren Beispielen und „Abrechnungsideen“.

Man kann das Werk natürlich <<Werbemodus an>> vorbestellen, und zwar hier auf der Bestellseite meiner Homepage. Es kommt dann nach Erscheinen automatisch. >> Werbemodus aus.

Neuauflagen sind übrigens immer ein wenig „erschreckend“. Merkt man daran doch, wie die Zeit vergeht. Seit der Veröffentlichung der 1. Auflage des RVG-Kommentars sind mittlerweile 13 Jahre vergangen.

Und <<Werbemodus noch einmal an>>: Ich nutze dann dieses Posting um noch einmal auf mein Ebook „Effektivere und praxistauglichere Ausgestaltung des Strafverfahrens?  Die Änderungen in der StPO 2017 – ein erster Überblick“ hinzuweisen. Das stellt die seit dem 24.08.2017 geltenden Änderungen in der StPO vor (vgl. dazu Sondermeldung: Die Änderungen der StPO 2017 sind da – und dazu gleich ein Ebook). Auch das kann man auf auf der Bestellseite meiner Homepage bestellen. >>Werbemodus aus>>.

Strafvollzug III: Im JVA-Disziplinarverfahren nicht belehrt ==> Beweisverwertungsverbot im Strafverfahren

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Bei der dritten Entscheidung, die ich heute vorstelle, handelt es sich um das LG Detmold, Urt. v. 17.05.2017 – 22 Ns 35/17, das mit der Kollege Dr. Pott aus Detmold übersandt hat. Es geht in der Entscheidung nicht unmittelbar um „Strafvollzug“. Das Verfahren, in dem das Urteil des LG ergangen ist, hat aber seinen Ausgang im Strafvollzug genommen. In der sache geht es um die Unverwertbarkeit einer Aussage im Strafverfahren, die ein JVA-Insasse im Rahmen eines Disziplinarverfahrens ohne Belehrung über sein Auskunftsverweigerungsrecht gemacht hat.

Festgestellt worden ist vom LG in etwa folgender Sachverhalt: Der spätere Angeklagte ist Insasse in einer JVA. Bei einer Kontrolle wird ein Handy gefunden. Es besteht der Verdacht, dass dieses Handy durch einen Strafvollzugsbeamten in die JVA geschmuggelt und an den Angeklagten gegen Zahlung eines Geldbetrages übergeben worden ist. Gegen den Angeklagten wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Im Rahmen dieses Disziplinarverfahrens wird er zweimal von einer Strafvollzugsbeamtin vernommen, aber zu keinem Zeitpunkt über sein Auskunftsverweigerungsrecht belehrt. Der Angeklagte gibt auf mehrfache Nachfrage bei der zweiten Vernehmung dann an, welcher Vollzugsbeamte ihm das Handy in die JVA geschmuggelt habe. Daraufhin wird ein Straf- und Disziplinarverfahren gegen Strafvollzugsbeamten eingeleitet. Da man dem bestreitenden Strafvollzugsbeamten glaubt, wird das Verfahren gegen diesen eingestellt. Gegen den Angeklagten wrid ein Verfahren wegen falscher Verdächtigung eingeleitet und Anklage erhoben. Der Angeklagte macht in dem Strafverfahren selbst keine Angaben zur Sache. Der Verwertung der Zeugenaussage der Strafvollzugsbeamtin, die den Angeklagten in dem Disziplinarverfahren vernommen hatte, wird vom Verteidiger widersprochen. Das LG spricht den Angeklagten A daraufhin frei, nachdem das AG Detmold den Angeklagten noch zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt hatte.

Das LG führt zur Verwertbarkeit der Angaben des Angeklagten bei seiner Anhörung aus:

aa) Wie die Zeugin pp. selbst einräumte, wurde der Angeklagte im Rahmen der disziplinarischen Befragung nicht über sein Auskunftsverweigerungsrecht belehrt. Dies führt dazu, dass seine Angaben über die Herkunft des Mobiltelefons, die in den Vermerken vom 14.03. und 15.03.2016 niedergelegt sind, nicht verwertbar sind. Sie unterliegen aufgrund eines Verstoßes gegen die Belehrungspflicht nach § 136 Abs. 1 StPO einem umfassenden Verwertungsverbot.

Im Einzelnen:

Das Verfahren bei Disziplinarverstößen innerhalb einer Justizvollzugsanstalt ist in § 106 StVollzG geregelt. Eine dem § 136 StPO entsprechende Belehrung im Rahmen einer disziplinarischen Anhörung eines Strafgefangenen ist darin zwar nicht ausdrücklich vorgesehen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein belehrender Hinweis des Gefangenen zu seinem Aussageverweigerungsrecht jedoch dann geboten, wenn dieser Vorwurf zugleich ein mit Strafe bedrohtes Verhalten betrifft (BGH, Urteil vom 09.04.1997 — 3 StR 2/97). Dies folgt daraus, dass der Betroffene aufgrund des Freiheitsentzuges in seiner Rechtsstellung allgemein schon einschneidend beschränkt ist und er sich im Disziplinarverfahren der Gefahr einer Ahndung mit strafähnlichem Charakter gegenüber sieht.

Dies war auch vorliegend der Fall. Wie die Zeugin pp. selbst einräumte, bestand spätestens zum Zeitpunkt der zweiten Vernehmung am 15.06.2016 gegen den Angeklagten nicht nur der Verdacht einer Ordnungswidrigkeit nach § 115 OWiG durch Entgegennahme des Mobiltelefons (dazu Rogall in Karlsruher Kommentar zum OWiG, 4. Aufl. 2014, § 115 Rn. 7 ff.). Vielmehr stand auch der Vorwurf einer Bestechung nach § 334 Abs. 1 StGB im Raum, nachdem der Angeklagte angegeben hatte, dem Justizvollzugsbeamten für das Mobiltelefon 150,00 € bezahlt zu haben, obwohl das Mobiltelefon möglicherweise einen deutlich geringeren Wert hatte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt handelte es sich nicht mehr um eine informatorische Vorabbefragung des Angeklagten, sondern um eine Vernehmung im Rahmen des disziplinarischen Verfahrens. Dass auch die vernehmende Beamtin, die Zeugin pp. dies entsprechend einstufte, zeigt sich bereits daran, dass beide Vermerke über die Befragungen mit „Vernehmungsnotiz“ überschrieben sind. Dem entsprechend hätte der Angeklagte, der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend, spätestens vor der zweiten Vernehmung über sein Schweigerecht belehrt werden müssen.

Der Verstoß gegen die Belehrungspflicht begründet — nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs — im Falle des rechtzeitigen Widerspruchs grundsätzlich ein Verwertungsverbot (BGHSt 38, 214 m.w.N.). Dies gilt nur dann nicht, wenn feststeht, dass der Beschuldigte sein Recht zu schweigen auch ohne Belehrung gekannt hat (Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Auflage 2016, § 136 Rn. 20 m.w.N.). Das ist vorliegend zur Überzeugung der Kammer jedoch nicht festzustellen. Der Angeklagte ist zwar insoweit erfahren, als gegen ihn ausweislich des Registerauszugs bereits mehrere Strafverfahren geführt wurden und er auch bereits mehrere Jahre in Haft saß. Alleine diese ist jedoch nicht ausreichend, um eine sichere Kenntnis von seinen Rechten anzunehmen. Bei der Vernehmung durch die Zeugin pp. handelte es sich gerade nicht um den „klassischen“ Fall einer polizeilichen Vernehmung, wie ihn § 136 StPO vorsieht. Aufgrund der unmittelbar drohenden Disziplinarmaßnahme und seiner Inhaftierung befand sich der Angeklagte vielmehr in einer besonderen Drucksituation. Selbst die Zeugin pp.  als erfahrene Justizvollzugsbeamtin dachte in dieser Situation nicht an das Schweigerecht des Angeklagten, sodass ihm diese Kenntnis nicht ohne weiteres unterstellt werden kann.

Der Verteidiger hat der Verwertung der Aussage der Zeugin pp. als Vernehmungsbeamtin des Angeklagten in beiden Instanzen rechtzeitig widersprochen, sodass auch die formalen Voraussetzungen des Verwertungsverbots erfüllt sind.

Das in der Folge eingreifende Verwertungsverbot ist umfassend und bezieht sich auf sämtliche Angaben des Angeklagten im Rahmen der Vernehmung durch die Zeugin pp. Es betrifft insbesondere auch seine Angaben bezüglich der Täterschaft des Zeugen pp.. Eine Aufspaltung des Verwertungsverbots dahingehend, dass sich das Verwertungsverbot nur auf Angaben zu bereits in der Vergangenheit begangenen Straftaten und nicht auf Angaben bezieht, durch die der Vernommene neue Straftaten begeht, ist nicht möglich. Das Verwertungsverbot ist insoweit spiegelbildlich zu dem Schweigerecht, welches dem Angeklagten zusteht und über welches er zu belehren ist. Auch dieses Schweigerecht ist umfassend und bezieht sich nicht auf einzelne Beweisfragen. Hätte der Angeklagte von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht, hätte  er den Zeugen pp. auch nicht belastet, sodass ein innerer Zusammenhang zwischen dem Schweigerecht und der etwaigen falschen Verdächtigung besteht. Dies gilt umso mehr, als sich der Angeklagte aufgrund der Vernehmungssituation in der Justizvollzugsanstalt und der drohenden disziplinarrechtlichen Maßnahmen — wie bereits dargestellt — in einer besonderen Drucksituation befand.“

Sehr schön begründet vom LG. Ich frage mich, auf welcher Grundlage das AG zu einem anderen Ergebnis gekommen ist. Die BGH-Entscheidung ist immerhin von 1997.

Strafvollzug II: „Gefährliche Lampe“, oder: Morsen mit einer LED-Lampe?

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Author Chlempi

In der zweiten „Strafvollzugsentscheidung“ geht es um die Ausstattung des Haftraums eines Gefangenen, der in der JVA Tegel eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßt. Der Gefangene hat mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Aushändigung einer von ihm im Versandhandel erworbenen LED-Lampe der Marke beantragt. Hintergrund seines Antrags ist,  „dass er in der JVA Tegel einem Studium … nachgehe und dass die in seinem Haftraum festinstallierte Leuchtstoffröhrenbeleuchtung bei ihm – er ist Brillenträger – insbesondere in der dunklen Jahreszeit zu Konzentrationsschwäche und Kopfschmerzen führe. Die genannte Lampe, die er im letzten Jahr für 60 Euro bei Amazon bestellt habe, zeichne sich dadurch aus, dass sie per Fernbedienung einen Raum in unterschiedlichen Farben ausleuchten könne. Zudem könne der Wechsel der Farben sowie der Intensität der Farbspiele gesteuert werden. Nach der Produktbeschreibung könne zwischen 256 verschiedenen Farben gewählt werden. Allerdings eigne sie sich bei einer Lichtleistung von zehn Watt oder 210 Lumen nicht als Leselampe.“

Es geht dann ein wenig hin und her. Jedenfalls wird dem Gefangenen die Lampe von der JVA nicht ausgehändigt. Begründung der Vollzugsbehörde bei der StVK u.a.: „…….. Vor allem stünden Gründe der Sicherheit und Ordnung der Anstalt einer Genehmigung entgegen. Ein Betrieb der Lampe würde dazu führen, dass die Hafträume auch nach außen in unterschiedlichen, individuell gestalteten Farben erschienen. Dies würde das Gesamterscheinungsbild der Anstalt verändern. Vor allem aber könnten auf diese Weise, also über Farbcodierungen, Nachrichten zwischen den Insassen und gegebenenfalls auch nach außerhalb der Anstalt ausgetauscht werden und als Signale dienen. Zudem wären Brände gegebenenfalls schwerer zu erkennen.“

Das KG macht das im KG, Beschl. v. 12.06.2017 – 2 Ws 46/17 Vollz – so nicht mit und nimmt u.a. wie folgt Stellung:

„Die Begründung der Entscheidung ist im Übrigen nicht frei von spekulativen und unlogischen Argumenten. So ist z.B. nicht ersichtlich weshalb eine Lampe, die 256 verschiedene Farbtöne abstrahlen kann (vermutlich nacheinander), zum Morsen besser geeignet sein soll als eine Lampe, die nur weißes Licht abstrahlt, obwohl das Morsealphabet neben Pausen nur kurze und langen Signale kennt. Solche Signale sind im Übrigen auch durch das Betätigen der normalen Haftraumbeleuchtung zu erzeugen.

Was die Sorge angeht, die Lampe könne zu fehlerhaften Brandalarmen führen, fehlt es zum einen an Darlegungen dazu, wie in der JVA Tegel der Brandschutz organisiert ist und zum anderen auch dazu, ob es irgendwelche Anhaltspunkte dafür gibt, dass vergleichbare Beleuchtungseinrichtungen schon entsprechende Probleme beim Brandschutz hervorgerufen haben. Besonders naheliegend erscheint dies dem unbefangenen Betrachter jedenfalls nicht.2

Und der Leitsatz der Entscheidung:

„Die Ausstattung eines Haftraums mit einer Lampe ist durch § 52 Abs. 1 Satz 1 StVollzG Bln gedeckt; auch eine mehrfarbig abstrahlende Lampe ist bei bestimmungsgemäßem Gebrauch grundsätzlich kein gefährlicher Gegenstand.“

Strafvollzug I: Dicke Luft im Knast, oder: Passiv Rauchen

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Urheber ??? ??????

Die mit dem „Passivrauchen“ zusammenhängenden Fragen spielen in der Vollzugsrechtsprechung immer wieder eine Rolle. So auch in dem Verfahren, das mit dem BVerfG, Beschl. v. 18.05.2017 – 2 BvR 249/17 – geendet hat. Dort hatte der beschwerdeführende Gefangene  eine Verletzung der nach der Rechtsprechung aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierenden Schutzpflicht geltend gemacht, weil er vom 08.12.2015 bis zum 05.01.2016 als Nichtraucher in einer Zelle mit rauchenden Häftlingen untergebracht war. Er hatte damit beim AG Bamberg, LG Traunstein und OLG München keinen Erfolg.

Das BVerfG hat in seinem Beschluss noch einmal umrissen, worauf bei diesen Fragen zu achten ist: