Archiv für den Monat: Juli 2016

BtM II: Das war kein „Handeltreiben“

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Als zweites Posting zum BtM – nach dem BGH, Beschl. v. 16.02. 2016 – 1 StR 525/15 und dazu BtM I: Bitte nicht nur „Vermutungen“, oder der zu „Vertuschungszwecken vorgeschobene Zahlungsempfänger“ – den BGH, Beschl. v. 10.11.2015 – 3 StR 302/15. Der befasst sich noch einmal mit der Frage des Handeltreibens:

„1. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen hatte der Angeklagte S. wegen der zögerlichen Zahlweise des von ihm in den Fällen II. 1. bis 3. belieferten Abnehmers vorübergehend den Kontakt zu diesem abgebrochen. Da er schließlich aber doch an einer Weiterführung der geschäftlichen Bezie-hungen interessiert war, rief der Angeklagte D. , der in die Drogenge-schäfte des Angeklagten S. eingeweiht war, den Abnehmer an und vereinbarte ein persönliches Treffen, um zu „reden und (zu) rechnen“. Mit einem vom Angeklagten D. angemieteten Fahrzeug fuhren die Angeklagten noch am selben Tag zusammen zu der verabredeten Zusammenkunft, bei der besprochen wurde, wie die Lieferbeziehung zwischen dem Angeklagten S. und dem Abnehmer würde fortgeführt werden können. Insbesondere wurde über das Zahlungsverhalten des Abnehmers gesprochen. Der Angeklagte S. machte deutlich, dass er künftig nur gegen unmittelbare Zahlung liefern werde. „Man wurde sich einig“.

2. Das festgestellte Verhalten erfüllt hinsichtlich des Angeklagten S. nicht den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.

Der Begriff des Handeltreibens im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist zwar weit auszulegen. Danach ist Handeltreiben im Sinne dieser Vorschriften jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungs-mitteln gerichtete Tätigkeit (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256, 262). Ein vollendetes Handeltreiben mit Betäu-bungsmitteln liegt damit bereits vor, wenn der Verkäufer dem Kaufinteressenten ein verbindliches und ernsthaftes Verkaufsangebot unterbreitet (BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 1999 – 3 StR 479/99, NStZ 2000, 207, 208; vom 7. Juli 2006 – 2 StR 184/06, NStZ 2007, 100, 101; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 81; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 374 ff.). All-gemein sondierende Gespräche über die Möglichkeit und eventuelle Modalitä-ten künftiger Betäubungsmittelgeschäfte begründen dagegen noch kein vollen-detes Handeltreiben; bei ihnen handelt es sich lediglich um straflose Vorberei-tungshandlungen (Weber aaO, Rn. 367 mwN).

Nach diesen Maßstäben liegt im Fall II. 4. der Urteilsgründe ein strafba-res Verhalten des Angeklagten nicht vor. Ernsthafte Verkaufsverhandlungen zum Abschluss eines näher konkretisierten Betäubungsmittelgeschäfts führte der Angeklagte S. nicht. Nach den Feststellungen besprach er bei dem Treffen mit seinem früheren Abnehmer lediglich, unter welchen Bedingungen er zu einer Fortsetzung der Betäubungsmittellieferungen grundsätzlich bereit sei. Ein Verkaufsangebot unterbreitete er nicht. Der Tatbestand des Handeltreibens ist damit nicht erfüllt.

Da die Feststellungen das Vorliegen der Haupttat nicht tragen, entfällt auch die Strafbarkeit des Angeklagten D. wegen Beihilfe hierzu.“

BtM I: Bitte nicht nur „Vermutungen“, oder der zu „Vertuschungszwecken vorgeschobene Zahlungsempfänger“

entnommen wikimedia.org By Dundak - Own work

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Machen wir heute mal einen BtM-Tag, ist auch mal schön 🙂 . Dazu dann jetzt etwas von höchster Stelle, nämlich den BGH, Beschl. v. 16.02. 2016 – 1 StR 525/15. Es geht um die tatrichterliche Beweiswürdigung und deren Überprüfbarkeit in der Revision. Dazu zunächst der BGh mit (s)einem Textbaustein:

„a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, der sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden hat (§ 261 StPO). Die tatsächlichen Schlussfolgerungen des Tatgerichts müssen nicht zwingend sein; es genügt, dass sie möglich sind und das Tatgericht von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1957 – 2 StR 508/56, BGHSt 10, 208, 209 ff.; BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 – 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18, 20 f.). Das Revisionsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht übereinstimmt oder sich soweit von einer Tatsachengrundlage entfernt, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen letztlich als reine Vermutung erweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, NStZ 2013, 420 mwN).“

Ok, das kennen wir bzw. das hat man so oder ähnlich schon häufiger gelesen. Der BGH wendet die Grundsätze dann auf den konkreten Fall an und kommt dabie dann zu dem Ergebnis: So, wie das LG gewürdigt hat, geht es nicht:

„b) Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht gerecht. Die vom Landgericht gezogenen Schlüsse erweisen sich mangels tragfähiger Tatsachengrundlage als bloße Vermutungen.

aa) Der bislang unbestrafte Angeklagte hat sich zum Tatvorwurf nicht eingelassen. Mitangeklagte oder Zeugen haben den Angeklagten weder direkt noch indirekt der Mitwirkung an dem fraglichen Betäubungsmittelgeschäft (Bestellung von 1,5 kg Marihuana in Belgien) bezichtigt. Die Kammer konnte lediglich feststellen, dass der Angeklagte in Brüssel Empfänger einer über U. durchgeführten Auslandsüberweisung in Höhe von 4.000 Euro war und dieses Geld an den anderweitig Verfolgten L. weitergegeben hat.

L., der Lieferant des Marihuanas, hatte zuvor dem Mitangeklagten W. (Käufer des Marihuanas) den Namen des Angeklagten als Empfänger der Auslandsüberweisung übermittelt. Zwei Tage später kam es in Belgien zur Übergabe des Marihuanas. Zwei Haarproben, die dem Angeklagten ein halbes Jahr nach der Tat entnommen wurden, belegen seinen gelegentlichen Konsum von Kokain, MDMA und Diazepam.7

bb) Auf dieser Grundlage hat die Kammer darauf geschlossen, der Angeklagte habe gewusst oder zumindest billigend in Kauf genommen, dass das Geld zur Bezahlung einer Drogenlieferung dienen sollte. Er konsumiere gelegentlich Drogen und habe deshalb Kontakt zur Drogenszene. Zudem sei nicht vorstellbar, dass er durch den anderweitig Verfolgten L. mit der Empfangnahme einer derart hohen und dringlich benötigten Zahlung betraut worden sei, ohne in die zugrunde liegenden Vorgänge eingeweiht und auch darüber hinaus beteiligt gewesen zu sein.

cc) Diese Schlussfolgerung des Landgerichts entbehrt einer tragfähigen Grundlage. Entgegen der Auffassung der Strafkammer ist es ohne weiteres vorstellbar, dass ein zu Vertuschungszwecken vorgeschobener Zahlungsempfänger gerade nicht in ein umfangreiches Drogengeschäft eingeweiht wird, um den Kreis der Mitwisser möglichst klein zu halten. Vor diesem Hintergrund bildet die Feststellung, dass der Angeklagte gelegentlich verschiedene Drogen konsumiert, keine tragfähige Basis für den Schluss, ihm sei der Zweck der Zahlung zumindest mit Eventualvorsatz bekannt gewesen.“

Der ungeliebte Sicherungspflichtverteidiger, oder: Den will ich nicht

© ernsthermann - Fotolia.com

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Schon etwas älter ist der LG Köln, Beschl. v. 13.08.2015 – 105 Qs 177/15. Er behandelt die ermessensfehlerhafte Beiordnung eines sog. Sicherungspflichtverteidigers. Gegen den Angeklagten ist – zusammen mit einem Mitangeklagten – ein Verfahren wegen Betruges anhängig. In dem ist der Angeklagte von Anfang an durch einen Rechtsanwalt H aus Bonn als Wahlverteidiger verteidigt worden. Im ersten wurde zunächst der Vorsitzende erfolglos wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt; sodann wurden weitere Verfahrensanträge gestellt, die das AG beschieden hat. Anschließend gab der Vorsitzende des Schöffengerichts bekannt, dass die Hauptverhandlung ausgesetzt werde und zu einem späteren Zeitpunkt neu begonnen werden sollte. Dazu müssten mehrere Hauptverhandlungstermine anberaumt werden; den Angeklagten sollten zur Sicherung des Verfahrens Pflichtverteidiger beigeordnet werden; die Angeklagten sollten binnen einer Woche Anwälte benennen, die auch für mehrere Verhandlungstage zur Verfügung stünden. Der Angeklagte hat dann beantragt, ihm Rechtsanwalt H aus Bonn als Pflichtverteidiger und Rechtsanwalt Q2 aus Bonn als (weiteren) Verteidiger beizuordnen. Letzterer habe auch sein Vertrauen. Das AG hat dann dem Angeklagten B Rechtsanwalt H als Pflichtverteidiger bestellt und zusätzlich einen anderen Rechtsanwalt als weiteren Pflichtverteidiger – zur Sicherung des Verfahrens – bestellt. Die Entscheidung gegen Rechtsanwalt Q2 hat das AG damit begründet, dass gerichtsbekannt sei, dass dieser wegen seiner starken Auslastung keine hinreichende Gewähr dafür biete, flexibel auch für mehrere Verhandlungstage zur Verfügung zu stehen. Dagegen die Beschwerde des Angeklagten. Das LG gibt ihm Recht:

„Vorliegend ist nach Aktenlage und bisherigem Verfahrensablauf nicht ersichtlich, dass überhaupt die Voraussetzungen für die Beiordnung von zusätzlichen Pflichtverteidigern gegeben sind.

Konkrete Termine zur Hauptverhandlung sind noch nicht bestimmt. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass der bestellten (Erst-) Pflichtverteidiger für auch mehrere Hauptverhandlungstage nicht zur Verfügung steht. Schließlich hat er dies im Rahmen des Beiordnungsantrags vom 16.04.2015 ausdrücklich versichert. Nimmt man weiter in den Blick, dass sowohl nach der (ersten) Terminierung des Amtsgerichts als auch nach dem Inhalt der Eröffnungsentscheidung des Landgerichts es sich nicht um eine Strafsache besonderen Umfangs handelt, erscheint es derzeit nicht gerechtfertigt, schon jetzt einen weiteren Pflichtverteidiger als Sicherungsverteidiger zu bestellen, ohne dass bezüglich des ersten Pflichtverteidigers konkret Terminverhinderungen feststehen oder zu erwarten sind.

Zwar steht bei der Beurteilung der Frage, ob einem Angeklagten ausnahmsweise ein weiterer Pflichtverteidiger beizuordnen ist, ein weites Ermessen zu. Die Beiordnung kann insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang und die Schwierigkeit der Sache, zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen Ablaufs der Hauptverhandlung oder aus sonstigen Gründen prozessualer Sorge geboten sein. (OLG Celle StV 1988, 379; OLG Düsseldorf NStZ, 47). Insofern ist die Entscheidung durch die Beschwerdekammer nur in eingeschränktem Umfang überprüfbar.

Die Entscheidung war jedoch vorliegend aufzuheben, weil sie von ermessensfehlerhaften Erwägungen ausgeht (vgl. OLG Köln StraFo 2007 aaO.), sie erweist sich insoweit jedenfalls aus den Gründen ihrer Anordnung als ermessensfehlerhaft.

Die Gründe, die (bisher) für die Bestellung eines zweiten Pflichtverteidigers angeführt werden, sind nämlich nicht geeignet, ein ausnahmsweises sachliches Bedürfnis für die angeordnete prozessuale Maßnahme zu begründen. Denn die Anordnung erwähnt mit keinem Wort, weswegen die Durchführung des Verfahrens bei alleiniger Vertretung durch Rechtsanwalt S nicht gesichert sein soll. Dass Rechtsanwalt H terminlich stark ausgelastet sei – wie dies für den als zweiten Pflichtverteidiger benannten Rechtsanwalt ausgeführt wird – ist bezüglich Rechtsanwalt H weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, zumal dieser ausdrücklich angegeben hat, auch für mehrere Tage zur Verfügung zu stehen.

Dass der zeitliche Rahmen für das Verfahren derart ausgeweitet wird, dass die Bestellung eines zweiten Pflichtverteidigers schon allein aus diesem Grund geboten erscheint, ist ebenfalls nach der Aktenlage bislang nicht ersichtlich.

Ebenso wenig kann die Tatsache, dass der Angeklagte B über seinen Verteidiger einen Befangenheitsantrag gestellt hatte, hinreichenden Anlass für die Bestellung eines Sicherungsverteidigers bieten.“

Irrungen/Wirrungen beim OLG Jena – aber repariert

© andris_torms - Fotolia.com

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Ein wenig verwirrt war der Kollege Ch. Schneider aus Leipzig über den OLG Jena, Beschl. v. 01.06.2016 – 2 OLG 181 SsBs 27/16. In dem heißt es im Tenor u.a.:

„Das Urteil des Amtsgerichts Weimar vom 24.11.2015 wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Prüfung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde – an das Amtsgericht Weimar zurückverwiesen.

Der Kollege meinte – zutreffend -, dass das doch wohl nur eine Aufhebung im Rechtsfolgenausspruch sei.

In den Gründen des Beschlusses heißt es dann aber u.a.:

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde, §§ 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Ab. 4 OWiG, hat im Sinne der Tenorierung Erfolg.

In Bezug auf den von dem Amtsgericht angenommenen Verstoß gegen eine Vorschrift über Bremsen tragen die tatsächlichen Feststellungen diesen Schuldspruch nicht. In dem Urteil heißt es lediglich, dass beim Anhänger Mängel an der Bremsanlage festgestellt worden seien; die Feststellbremse sei nicht funktionstüchtig gewesen. Nicht festgestellt ist indes, welche konkreten Tatsachen die Mängel bzw. die fehlende Funktionstüchtigkeit begründen und aus welchen konkreten Umständen die wesentliche Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit folgt.

Zudem tragen die amtsgerichtlichen Feststellungen nicht die Annahme von Fahrlässigkeit des Betroffenen in Bezug auf den Verstoß über Bremsen. ……

Schließlich ist die Rechtsfolgenentscheidung zu beanstanden. ….

Da das angefochtene Urteil im aufgezeigten Sinne keinen Bestand haben kann, war das Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zu neuer Prüfung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde – an das Amtsgericht Weimar zurückzuverweisen, § 79 Abs. 6 OWiG.“

Das, meinte der Kollege, sei aber doch wohl etwas ganz anderes, nämlich die Darlegung, dass auch der Schuldspruch fehlerhaft sei und der deshalb doch wohl auch hätte aufgehoben werden müssen. Recht hatte der Kollege. Und er hat dann mal beim OLG Jena mit einer Gegenvorstellung – was anderes bleibt ja nicht – „nachgefragt“ wegen der Irrungen/Wirrungen. Und siehe das: Das OLG hat dann durch Beschluss vom 28.06.2016 den Tenor berichtigt:

„Der Tenor des Beschlusses des Senats vom 01.06.2016 wird dahingehend berichtigt, dass die Worte „im Rechtsfolgenausspruch“ gestrichen werden.

Gründe:

Die Worte „im Rechtsfolgenausspruch“ sind ausweislich der Gründe der Senatsentscheidung vom 01.06.2016 offenbar versehentlich in den Tenor aufgenommen worden. Die Berichtigung hat daher durch Streichung der Worte zu erfolgen.“

Damit ist es dann jetzt ok. Na ja, noch nicht ganz, denn die Gründe hätte man besser auch noch glatt gezogen, denn da taucht das Wort „Rechtsfolgenausspruch“ auch noch einmal auf. Aber das kann man erklären 🙂 .

Das Akteneinsichtsrecht des Insolvenzverwalters, oder: Yes, he can…

© Haramis Kalfar - Fotolia.com

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Im Strafverfahren gibt es immer wieder Streit/Diskussion um die Akteneinsicht Dritter. Hintergrund ist, dass die Beschuldigten, was verständlich ist, so viele Informationen wie möglich zurück/geheim halten möchten. Der Weg zur Akteneinsicht führt dann über § 475 StPO. Der spielte auch in einem Insolvenzverfahren in Braunschweig eine Rolle. In dem war ein Rechtsanwalt als Sachverständiger beauftragt worden, ein Gutachten gemäß § 5 InsO zu erstellen,  um u.a. festzustellen ob ein Auslandsbezug vorliegt, insbesondere ein grenzüberschreitender Bezug im Sinne der EUInsVO gegeben ist, ob und gegebenenfalls welche Sicherungsmaßnahmen zu treffen sind, welche Verfahrensart einschlägig ist, insbesondere ob der Schuldner, gegen den ein Strafverfahren anhängig war, zurzeit der Stellung des vorliegenden Eröffnungsantrages eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübte. Unter Vorlage des Bestellungsbeschlusses hatte sich der  Rechtsanwalt im Strafverfahren gemeldet und beantragt die Übersendung von Abschriften der Anklageschrift sowie des Arrestbeschlusses beantragt, um seine Aufgabe als Sachverständiger erfüllen zu können. Die Akteneinsicht ist ihm gewährt worden. Dazu der OLG Braunschweig, Beschl. v. 10.03.2016 – 1 Ws 56/16 mit den Leitsätzen:

1. Der im Insolenzverfahren bestellte Sachverständige ist zu einer umfassenden Einsicht in die über den Insolvenzschuldner geführten Strafakten berechtigt, wenn sich daraus Hinweise dazu ergeben können, ob mit der Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Insolvenzschuldner zu rechnen und mit welcher Wahrscheinlichkeit von einer Durchsetzung behaupteter Ansprüche Dritter auszugehen ist.

2. Weil der gerichtlich bestellte Sachverständige im Insolvenzverfahren gem. § 203 Abs. 2 Nr. 5 StGB zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, gilt dies auch für aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes ansonsten Dritten nicht zugänglichen Aktenbestandteilen.