Schlagwort-Archive: Handeltreiben

BtM III: Minder schwerer Fall des Handeltreibens?, oder: „BtM sind in den Verkehr gelangt….“

Bild von Nattanan Kanchanaprat auf Pixabay

Und zum Tagesschluss dann noch der BGH, Beschl. v. 16.11.2022 – 1 StR 367/22.

Das LG hat bei einer Verurteilung wegen Handeltreibens mit BtM in nicht geringer Menge bei der Prüfung eines minder schweren Falles eine Formulierung benutzt, die dem BGh nicht so ganz gefällt. Aber letztlich setzen sich seine Bedenken nicht durch:

„Ergänzend bemerkt der Senat:

Zwar ist die Formulierung des Landgerichts hinsichtlich der Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Blick auf § 46 Abs. 3 StGB bedenklich, wenn es im Rahmen der Gesamtabwägung bei der Prüfung eines minder schweren Falls abschließend ausführt, dass „ein Großteil des Marihuanas, nachdem es nicht sichergestellt werden konnte, offensichtlich in den Verkehr“ (UA S. 28) gelangt sei. Jedoch hat die Strafkammer – wie dies aus der nachfolgenden Begründung ersichtlich ist – damit lediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass im Gegensatz zu dem Fall, bei der die Eigenkonsummenge abgeurteilt worden ist, eine Sicherstellung des Rauschgifts nicht erfolgt ist.

BtM II: Eigenverbrauch zusammen mit Handel mit BtM, oder: Die Handelsmenge muss nicht gering sein

Bild von Alexas_Fotos auf Pixabay

In der zweiten Entscheidung, dem OLG Hamm, Beschl. v. 20.01.2022 – 2 RVs 60/21 – geht um  unerlaubtes Handeltreiben in nicht geringer Menge. Das AG hatte den Angeklagten deswegen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Dagegen die (Sprung)Revision, die beim OLG Hamm erfolgreich war:

„Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu in ihrer Antragsschrift vom 21.12.2021 folgendes ausgeführt:

„1. Das Amtsgericht hat – soweit hier relevant – folgende Feststelllungen getroffen: Der Angeklagte bewahrte spätestens ab dem 13.05.2019 in seinem Zimmer in der Wohnung pp. in pp. 300 Gramm Marihuana, 10 Ecstasy-Tabletten, 0,5 Gramm netto Haschisch sowie weitere 9,1 Gramm netto Marihuana auf. Von den zum Preis von 3.000 Euro auf Kommission erworbenen 300 Gramm Marihuana waren 250 Gramm zum gewinnbringenden Weiterverkauf durch den Angeklagten vorgesehen, um aus den Erlösen dessen Eigenkonsum zu finanzieren. Die weiteren aufbewahrten Betäubungsmittel – „mit Ausnahme der Ecstasy-Tabletten“ – waren zum Eigenkonsum des Angeklagten bestimmt.

Zum Wirkstoffgehalt der Betäubungsmittel hat das Amtsgericht festgestellt, dass die 300 Gramm Marihuana „mindestens einen Wirkstoffanteil im Bereich oberhalb der nicht geringen Menge besaßen, bei 5% Wirkstoff 15 Gramm THC und bei 10% 30 Gramm THC“.

2. Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht. Verfügt ein Angeklagter – wie vorliegend ¬über verschiedene Einzelmengen von Betäubungsmitteln, die teilweise dem Eigenverbrauch und teilweise dem gewinnbringenden Weiterverkauf zu dienen bestimmt sind, kommt eine Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nur dann in Betracht, wenn die Handelsmenge den Grenzwert der nicht geringen Menge übersteigt (zu vgl. Patzak in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Auflage, § 29a Rdnr. 159 ff.). Wird der Grenzwert der nicht geringen Menge erst durch die Gesamtmenge aus Handelsmenge und Eigenverbrauchsmenge erreicht, die ihrerseits jeweils unter dem Grenzwert liegen, liegt nur Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben gem. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG vor. Dass die vom Angeklagten allein für den Weiterverkauf vorgesehene Menge von 250 Gramm Marihuana – weitere 50 Gramm Marihuana sowie die Kleinmenge Haschisch dienten zum Eigenverbrauch, der Verwendungszweck der Ecstasy-Tabletten wurde nicht festgestellt – jedoch eine für die Annahme einer nicht geringen Menge bei Cannabisprodukten erforderliche Wirkstoffmenge von 7,5 Gramm THC enthielt, hat das Amtsgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Zwar durfte das Amtsgericht den Wirkstoffgehalt des nach den weiteren Feststellungen später an den Verkäufer zurückgegebenen und daher für eine Untersuchung nicht mehr zur Verfügung stehenden Betäubungsmittels grundsätzlich durch Schätzung bestimmen und war dazu auch zur Bestimmung des Schuldgehalts der Tat rechtlich gehalten. Das Amtsgericht hat jedoch nicht in einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Weise dargelegt, auf welcher tatsächlichen Grundlage seine Schätzung beruht. Insbesondere hat es keine weitergehenden Feststellungen zur Qualität des Betäubungsmittels – ggf. unter Berücksichtigung von Kaufpreis, Herkunft oder Beurteilung durch Tatbeteiligte – getroffen oder seine Annahme, das Marihuana habe einen Wirkstoffanteil „im Bereich oberhalb der nicht geringen Menge“ besessen, sonst tragfähig begründet.

Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Schuldspruch nicht auf diesem Rechtsfehler beruht. Insbesondere kann nicht aufgrund der bloßen Menge des Betäubungsmittels sicher davon ausgegangen werden, dass die Grenze zur nicht geringen Menge betreffend die Handelsmenge in jedem Fall überschritten war. Dies wäre – bezogen auf die Handelsmenge von 250 Gramm – zwar noch bei einem Wirkstoffgehalt von 3 Prozent, nicht mehr aber bei einem niedrigeren Wirkstoffgehalt der Fall gewesen. Da der mittlere THC-Gehalt von Marihuana im Jahr 2019 2,6 Prozent betrug (zu vgl. BT-Drs. 19/32520, S. 3) und auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine durchschnittliche Qualität bei Marihuana bereits ab einem Wirkstoffgehalt von 2 Prozent angenommen werden kann (Patzak, aaO, Vor §§ 29ff. Rdnr. 339 ff.), bedarf die Sache insoweit weiterer Aufklärung.“

Dieser Rechtsfehler dürfte gemäß § 357 StPO zur Erstreckung der Aufhebung auch auf den nichtrevidierenden Mitangeklagten pp1. führen, der vom Amtsgericht wegen „gemeinschaftlicher unerlaubter Abgabe“ derjenigen Betäubungsmittelmenge verurteilt worden ist, deren Bewertung als nicht geringe Menge nach dem Vorgesagten nicht frei von Rechtsfehlern ist.“

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an. …“

BtM II: „Kleiner Grundkurs“ zur Strafzumessung bei BtM-Verstößen, oder: Zurück

entnommen wikimedia.org
Author Orlan

Bei der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, handelt es sich um den OLG Braunschweig, Beschl. v. 24.09.2018 –  1 Ss 55/18, den mir der Kollege Funck aus Braunschweig vor einiger Zeit geschickt hat. Das AG hatte den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubten Handeltreibens von Betäubungsmitteln in nicht geringer  verurteilt. Dagegen die Revision.

Das OLG hat das AG-Urteil insgesamt aufgehoben, obwohl der Angeklagte nur den Strafausspruch angegriffen hatte. Begründung für die Aufhebung auch des Schuldspruchs: Unklare und nicht ausreichende Feststellungen zur „nicht geringen Menge“.

Zum Strafausspruch führt das OLG dann weiter aus:

2. Auch der Rechtsfolgenausspruch hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Erwägungen des Amtsgerichts zur Strafrahmenwahl sind nicht rechtsfehlerfrei.

Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass das Amtsgericht zugunsten des An-geklagten gewürdigt hat, dass der Schwellenwert zur nicht geringwertigen Menge nur um mehr als das Doppelte überschritten worden ist. Der 2. Strafsenat vertritt die Auffassung, dass eine geringe Überschreitung der Untergrenze zur nicht geringen Menge einen Strafmilderungsgrund darstellt (vgl. hierzu: BGH, Urt. v. 25. Februar 2016, Az.: 2 StR 39/16; BGH Urt. v. 10. August 2016 — 2 StR 22/16; dem entgegen tretend: 5. Strafsenat Beschluss vom 08. November 2016, 5 StR 487/16; jeweils zitiert nach beck-online). Vorliegend wirken sich diese unterschiedlichen Auffassungen der Senate nicht aus, da der Angeklagten durch die Vorgehensweise des Amtsgerichts nicht beschwert ist.

Allerdings hat das Amtsgericht daneben auch – in der konkreten Form rechtsfehlerhaft – zu Lasten des Angeklagten gewürdigt, dass „die Menge des aufgefundenen Mittels den Schwellenwert immerhin um mehr als das Doppelte“ überschritten hat. Eine Überschreitung des Grenzwertes der nicht geringen Menge von Betäubungsmitteln um das 2 1/2- fache bzw. das Doppelte darf jedenfalls nicht als bestimmender Strafschärfungsgrund gewertet werden (vgl. BGH, Beschl. v. 25. Februar 2016, Az.: 2 StR 39/16; BGH Beschl. v. 14. März 2017, Az.: 4 StR 533/16). Dass das Amtsgericht dies bedacht hat, lässt sich dem Urteil nicht zweifelsfrei entnehmen.

Dass das Amtsgericht zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass es sich bei Amphetamin um eine Droge mit erhöhtem Sucht- und Gefährdungspotential handelt, ist rechtsfehlerfrei (vgl. hierzu Weber, BtMG, vor §§ 29 ff. Rn. 935). Zwar wird Amphetamin als Betäubungsmittel von mittlerer Gefährlichkeit angesehen, die Formulierung des Amtsgerichts, das das Amphetamin insbesondere in Bezug gesetzt hat zu leichteren Drogen wie Cannabis/Marihuana, lässt indes nicht besorgen, dass dieses das in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannte Stufenverhältnis bezogen auf die Gefährlichkeit von Drogen verkannt hat (vgl. hierzu: BGH, Beschluss vom 15. Juni 2016 — 1 StR 72/16, zitiert nach juris). Da das Amphetamin jedoch nur teilweise zum Verkauf bestimmt war, hätte es insoweit einer Einschränkung bedurft, da der Umstand des Vorliegens einer Droge mit erhöhter Gefährlichkeit nicht bei Eigenkonsum straferschwerend berücksichtigt werden darf (Patzak in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, Vorb. §§ 29 ff. Rn. 108, 179 m.w.N.).

Es ist im Ansatz auch nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht zu Lasten des Angeklagten angeführt hat, dass es sich um ein sehr reines Produkt gehandelt hat. Denn die Qualität eines Betäubungsmittels (Wirkstoffkonzentration und Wirkstoffmenge) ist für die Strafzumessung von entscheidender Bedeutung, da schlechte bzw. schwache Betäubungsmittel in der Regel eine geringere Gefährlichkeit als hochprozentige Betäubungsmittel ausstrahlen (Patzak in: Körner/Patzak/Volkmer, Betäubungsmittelgesetz 8. Auflage 2016). Solange das Tatbestandsmerkmal der nicht geringen Menge nicht erreicht wird, ist die verhältnismäßig hohe Wirkstoffmenge des Betäubungsmittels bei der Strafzumessung stets strafschärfend zu berücksichtigen. Im Falle des Vorliegens eines Falles des § 29 a BtMG in dem die nicht geringe Menge zu den Tatbestandsmerkmalen gehört, die nach der Menge des darin enthaltenen Wirkstoffes bestimmt wird, kommt eine strafschärfende Berücksichtigung dieser Menge indes nur dann in Betracht, wenn die Untergrenze der nicht geringen Menge deutlich überschritten wird (vgl. Weber, BtMG, vor §§ 29 ff. Rn. 953).

Sofern das Amtsgericht ausgeführt hat, dass „insbesondere berücksichtigt werden müsse, dass es sich vorliegend nicht nur um einen Besitz zum Eigenkonsum, sondern auch zum Handeltreiben“ gehandelt habe, begegnet dies durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Mit diesen Ausführungen hat das Amtsgericht zu Lasten des Angeklagten einen Umstand in die Gesamtabwägung eingestellt, dessen Berücksichtigung gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB verstößt. Der Angeklagte ist schließlich gerade wegen Handeltreibens verurteilt worden (vgl. hierzu auch: BGH, Beschluss vom 09. November 2010 — 4 StR 532/10, zitiert nach juris).

Im konkreten Fall kann auch nicht strafschärfend gewertet werden, dass hier mehrere Straftatbestände tateinheitlich zusammen treffen. Denn es gilt zwar grundsätzlich, dass das tateinheitliche Zusammentreffen mehrerer Straftatbestände, geeignet ist, den Unrechts- und Schuldgehalt einer Tat zu erhöhen, so dass eine strafschärfende Berücksichtigung in Betracht kommt. Dies darf jedoch nicht bei der tateinheitlichen Begehung zweier Tatbestände durch den Erwerb von Betäubungsmitteln, die teils zum Eigenverbrauch, teils zum Handeltreiben bestimmt sind, erfolgen. Der Tatbestand des unerlaubten Besitzes, den der Angeklagte nach den Feststellungen tateinheitlich mit dem unerlaubten Handeltreiben verwirklicht hat, betrifft jeweils nur die Betäubungsmittel, die er für den Eigenverbrauch erworben hat. Durch diese Betäubungsmittel sind aber andere Personen nicht gefährdet worden. Ausgehend hiervon kann das Zusammentreffen der beiden Straftatbestände nicht strafschärfend gewertet werden (Weber, BtMG, 5. Al., Vorbemerkungen zu den §§ 29 ff Rn. 1071-1072; BGH, Beschluss vom 09. Mai 1990 — 2 StR 172/90, zitiert nach juris).

Soweit das Amtsgericht angeführt hat, dass die bei der Durchsuchung aufgefundenen Gegenstände darauf hindeuten, dass der Angeklagte zur Finanzierung seiner Sucht Straftaten begangen hat, handelt es sich insoweit – da diese Umstände im Urteil nicht näher belegt werden und nicht feststehen- um eine Annahme von Umständen, die ohne hinreichende Substanz ist.“

Also kleiner Grundkurs und dann zurück und insgesamt noch einmal.

BtM II: Das war kein „Handeltreiben“

© macrovector - Fotolia.com

© macrovector – Fotolia.com

Als zweites Posting zum BtM – nach dem BGH, Beschl. v. 16.02. 2016 – 1 StR 525/15 und dazu BtM I: Bitte nicht nur „Vermutungen“, oder der zu „Vertuschungszwecken vorgeschobene Zahlungsempfänger“ – den BGH, Beschl. v. 10.11.2015 – 3 StR 302/15. Der befasst sich noch einmal mit der Frage des Handeltreibens:

„1. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen hatte der Angeklagte S. wegen der zögerlichen Zahlweise des von ihm in den Fällen II. 1. bis 3. belieferten Abnehmers vorübergehend den Kontakt zu diesem abgebrochen. Da er schließlich aber doch an einer Weiterführung der geschäftlichen Bezie-hungen interessiert war, rief der Angeklagte D. , der in die Drogenge-schäfte des Angeklagten S. eingeweiht war, den Abnehmer an und vereinbarte ein persönliches Treffen, um zu „reden und (zu) rechnen“. Mit einem vom Angeklagten D. angemieteten Fahrzeug fuhren die Angeklagten noch am selben Tag zusammen zu der verabredeten Zusammenkunft, bei der besprochen wurde, wie die Lieferbeziehung zwischen dem Angeklagten S. und dem Abnehmer würde fortgeführt werden können. Insbesondere wurde über das Zahlungsverhalten des Abnehmers gesprochen. Der Angeklagte S. machte deutlich, dass er künftig nur gegen unmittelbare Zahlung liefern werde. „Man wurde sich einig“.

2. Das festgestellte Verhalten erfüllt hinsichtlich des Angeklagten S. nicht den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.

Der Begriff des Handeltreibens im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist zwar weit auszulegen. Danach ist Handeltreiben im Sinne dieser Vorschriften jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungs-mitteln gerichtete Tätigkeit (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256, 262). Ein vollendetes Handeltreiben mit Betäu-bungsmitteln liegt damit bereits vor, wenn der Verkäufer dem Kaufinteressenten ein verbindliches und ernsthaftes Verkaufsangebot unterbreitet (BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 1999 – 3 StR 479/99, NStZ 2000, 207, 208; vom 7. Juli 2006 – 2 StR 184/06, NStZ 2007, 100, 101; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 81; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 374 ff.). All-gemein sondierende Gespräche über die Möglichkeit und eventuelle Modalitä-ten künftiger Betäubungsmittelgeschäfte begründen dagegen noch kein vollen-detes Handeltreiben; bei ihnen handelt es sich lediglich um straflose Vorberei-tungshandlungen (Weber aaO, Rn. 367 mwN).

Nach diesen Maßstäben liegt im Fall II. 4. der Urteilsgründe ein strafba-res Verhalten des Angeklagten nicht vor. Ernsthafte Verkaufsverhandlungen zum Abschluss eines näher konkretisierten Betäubungsmittelgeschäfts führte der Angeklagte S. nicht. Nach den Feststellungen besprach er bei dem Treffen mit seinem früheren Abnehmer lediglich, unter welchen Bedingungen er zu einer Fortsetzung der Betäubungsmittellieferungen grundsätzlich bereit sei. Ein Verkaufsangebot unterbreitete er nicht. Der Tatbestand des Handeltreibens ist damit nicht erfüllt.

Da die Feststellungen das Vorliegen der Haupttat nicht tragen, entfällt auch die Strafbarkeit des Angeklagten D. wegen Beihilfe hierzu.“

Wegwerfen ist kein Handeltreiben, wer hätte das gedacht …

Cannabis BlattDas LG hat den zur Tatzeit 74 Jahre alten Angeklagten (also doch: Alter schützt vor Torheit nicht 🙂 ) u.a. wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Nach den Feststellungen des LG hatte der Angeklagte im Jahr 2012 eine professionelle Cannabisplantage in vier von ihm eigens dafür hergestellten Kellerräumen errichtet, um das hierdurch zu erzeugende Marihuana gewinnbringend zu veräußern. Im Februar 20132 wollte der
Angeklagte mit seinem Pkw unverwertbare und teilweise schon angeschimmelte Abfälle von Cannabispflanzen entsorgen, die zusammen mit anderen Pflanzenabfällen in großen Plastiksäcken verpackt waren. Auf seiner Fahrt wurde er von der Polizei kontrolliert, die einen anonymen Hinweis auf einen Cannabisanbau des Angeklagten erhalten hatte. Dabei fand man griffbereit im Seitenfach der Fahrerseite seines Pkw eine teleskopartig ausziehbare Stahlrute, die der Angeklagte zum eigenen Schutz vor Übergriffen mit sich führte. Das führt eben zu der Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.

Beim BGH hält das aber nicht. Der BGH hebt im BGH, Beschl. v. 28.11.2013 – 5 StR 576/13 auf, denn:

„Der Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt voraus, dass der Täter den gefährlichen Gegenstand bei der Tatbegehung bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich seiner jederzeit bedienen kann. Setzt sich die Tat aus mehreren Einzelakten zusammen, so reicht es nach ständiger Rechtsprechung zur Tatbestandserfüllung aus, wenn der qualifizierende Umstand auch nur bei einem Einzelakt verwirklicht ist. Demgemäß sind die Voraussetzungen des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG schon als erfüllt angesehen worden in Fällen, in denen dem Handel treibenden Täter eine Waffe bei Drogenverkaufsfahrten, in seinem Vorratslager oder beim Strecken und Portionieren griffbereit zur Verfügung stand, da es sich hierbei um eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeiten handelt (vgl. BGH, Urteile vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10 f., und vom 22. August 2012 – 2 StR 235/12, NStZ-RR 2013, 150; Beschluss vom 14. November 1996 – 1 StR 609/96, NStZ 1997, 137, jeweils mwN). Hier war die Entsorgung des Pflanzenabfalls durch den Angeklagten jedoch keine mit dem beabsichtigten Umsatz von Betäubungsmitteln dergestalt zusammenhängende Bemühung, dass sie als ein Teilstadium des Handeltreibens angesehen werden könnte (vgl. zur Abgrenzung auch Patzak in Körner, BtMG, 7. Aufl., § 30a Rn. 81). Feststellungen des Landgerichts dazu, ob der Angeklagte die Teleskopstahlrute auch bei Teilakten des Handeltreibens wie etwa seinen unmittelbar der Aufzucht von Cannabispflanzen dienenden Anbautätigkeiten (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2012 – 5 StR 559/11, NStZ 2012, 514; BGH, Beschluss vom 3. August 2011 – 2 StR 228/11, NStZ 2012, 43) mit sich führte, fehlen.